Fotoschau
"Anfangs schlug er mich nicht vor den Kindern"
Eine neue Kunstausstellung am Wiener Burgring sorgt für Aufsehen und wühlt auf. "Warum lachst du nicht?" macht alltägliche Gewalt gegen Frauen öffentlich. In starken Bildern und Worten, die nur schwer zu ertragen sind. Was dahinter steckt.
Das Konzept der Ausstellung ist denkbar simpel – und gerade deshalb so eindringlich: Links ein Foto, rechts ein kurzer Text. Zitate aus Ermittlungsakten, Einvernahmen, medizinischen Protokollen. Behördlich abgefasste Bestandsaufnahmen von Gewalttätigkeiten gegen Frauen. Betont nüchtern, aber nur schwer zu ertragen. Weil dadurch jede Misshandlung, jede zugefügte Verletzung plastisch und nachvollziehbar wird. Fast so, als würde man direkt daneben stehen, während das Unvorstellbare geschieht.
"Warum lachst du nicht? 14 Geschichten über häusliche Gewalt" ist eine Fotoausstellung des Künstlers Robert Fleischanderl. Initiiert wurde das Projekt von Michaela Egger, der ehemaligen Geschäftsführerin des Gewaltschutzzentrum Niederösterreich. Gemeinsam brachten sie 14 Frauen dazu, ihre eigenen Gewalterfahrungen zum Gegenstand der Schau zu machen.
Frauen öffneten ihre Akten und ihre Wohnungen Die 14 Frauen gewährten dem Fotografen Zugang zu den Akten, in denen die Behörden die jeweiligen Gewalttaten, denen sie ausgesetzt gewesen waren, festgehalten haben. Und sie öffneten die Türen zu ihren Wohnungen und Häusern, in denen es zu den gewalttätigen Übergriffen gekommen ist.
Ausstellung von schauriger Intensität Herausgekommen sind dabei dutzende Bilder von geradezu beklemmender Eindringlichkeit. Obwohl – oder gerade weil – auf den Fotos der Wohnungen keine Spuren der Gewaltexzesse mehr zu erkennen sind. Alle Hinweise auf die Verbrechen, die hier verübt worden sind, wurden längst beseitigt (bis auf eine Ausnahme). Und dennoch: In Kombination mit den Zitaten aus den Akten entstehen im Kopf der Betrachter Bilder, die sich anfühlen wie ein Schlag in die Magengrube.
Zu sehen sind die Arbeiten – großflächig affichiert – auf Holzständern, die rund um das Burgtor am Wiener Burgring sowie auf dem Vorplatz des Museumsquartiers aufgestellt wurden. Zwar öffnet die Ausstellung offiziell erst am Freitag, dem 8. November. Aber bereits am Tag davor waren die Motive zu sehen – und wurden von hunderten Passanten interessiert in Augenschein genommen.
Bilder entwickeln einen Sog Wer sich darauf einlässt und die Text-Bild-Kombinationen wirken lässt, kann sich der erschütternden Authentizität der dargestellten Schicksale und der darin spürbaren Gewalt-Dynamik kaum entziehen. In der Einfachheit der Darstellung liegt die Kraft dieser Schau. Und die Bilder und Geschichten wirken noch lange nach. Umso mehr, als ergänzende Texte in der Schau das ganze Ausmaß struktureller Gewalt gegen Frauen in Österreich darlegen.
Die ersten Plakate wurden bereits in der Nacht nach der Aufstellung zerschnitten oder zertreten. Wann und von wem, ist unklar.
Gewalt gegen Frauen – ein alltäglicher Schrecken
- Jede dritte Frau in Österreich erlebt körperliche oder sexualisierte Gewalt, so die Daten der Statistik Austria
- 2023 wurden 26 Frauen Opfer von Femiziden – mit diesem Begriff werden Morde an Frauen oder Mädchen bezeichnet, die nur aufgrund ihres Geschlechts verübt werden
- Zudem kam es zu 41 weiteren Mordversuchen an Frauen oder Mädchen
- Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 15.115 Betretungs- und Annäherungsverbote verhängt – das sind mehr als 40 pro Tag!
"Warum lachst du nicht? 14 Geschichten über häusliche Gewalt", 8. November bis 10. Dezember 2024, Äußeres Burgtor / Burgring und Museumsquartier Vorplatz