Auto-REvolution

Warum Nissan und Honda eine Elefantenhochzeit planen

Mischt sich der Automarkt neu? Die japanischen Hersteller Nissan und Honda planen die Fusion zur Nr. 3 in der Welt, Mitsubishi könnte mit an Bord gehen. Die Hintergründe, was das für die Branche heißt und wie es um den Verkauf von E-Autos steht.

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An der Börse in Tokio zirkulieren derzeit brisante Gerüchte: Laut einer Meldung der japanischen Wirtschaftszeitung "Nikkei" sollen die beiden Autohersteller Nissan und Honda über eine Fusion nachdenken.

Hinter den Überlegungen steht der zunehmende Druck, den vor allem die Hersteller von Elektroautos auf die klassischen Autobauer ausüben. Aber ist eine derartige "Elefantenhochzeit" wirklich die Lösung? Wo liegen die Stolpersteine? Und was ist mit der Beteiligung, die Renault an Nissan hält? Monika Rosen gibt Vollgas … und Antworten!

Wie geht es dem Autohandel eigentlich?
Vom Verkauf her in Österreich nicht so übel. Laut Statistik Austria wurden heuer im Zeitraum Jänner bis November 232.100 Pkw neu zugelassen. Das bedeutet ein Plus von 5,2 Prozent oder 11.447 Fahrzeuge im Vergleich zum Vorjahr. Insgesamt wurden seit Jahresbeginn 332.536 Kraftfahrzeuge (also Pkw, Lkw, Busse etc.) neu zugelassen, ein Zuwachs von 4,5 Prozent.

Pkw-Zulassungen in Österreich (Jänner bis inkl. November)

  • VW 33.819 (Marktanteil 14,6 %)
  • Skoda 23.478 (10,1 %)
  • BMW 17.433 (7,5 %)
  • Audi 14.595 (6,3 %)
  • Seat 11.838
  • Mercedes 11.357
  • Toyota 9.981
  • Dacia 9.946
  • Hyundai 8.279
  • Tesla 6.759
  • Renault 6.748
  • Peugeot 6.621
  • Kia 6.614
  • Mazda 6.318
  • Cupra 6.236
Makoto Uchida (l), Präsident von Nissan, und Toshihiro Mibe, CEO von Honda
Makoto Uchida (l), Präsident von Nissan, und Toshihiro Mibe, CEO von Honda
Picturedesk

Wie schaut die Bilanz bei E-Autos aus?
Durchwachsen. Zwischen Jänner und November 2024 wurden um 7,4 Prozent weniger rein elektrisch betriebene Pkw (40.359 Fahrzeuge) zugelassen, knapp weniger als ein Viertel für den Privatbereich, drei Viertel entfielen auf "juristische Personen, Firmen und Gebietskörperschaften".

Sind E-Autos folglich die Verlierer?
Das lässt sich so nicht sagen. Denn die Zahl der Pkw mit Benzin-Hybridantrieb ist um 23 Prozent auf 60.521 Fahrzeuge in die Höhe geschossen. Die Zulassungszahlen von Diesel-Hybrid-Pkw blieben am Niveau vom Vorjahr.

Wie teilt sich der Markt also in Österreich auf?
Ziemlich halbe-halbe. Der Anteil der konventionell betriebenen Pkw betrug 50,8 Prozent und ist leicht gestiegen. Grob gesagt wurden mehr Benziner (plus 7,7 Prozent) und weniger Diesel (minus 4,9 Perozent) gekauft. Der Marktanteil der alternativen Antriebssysteme (also rein Elektro oder Hybrid) erreichte 49,2 Prozent.

Was sind dann aber die Probleme des Autohandels?
Die Verkaufszahlen täuschen. Der Branche galoppieren die Kosten davon. In Deutschland rechnet sich die Produktion billiger Modelle nicht mehr. Weltweit kommt es zu rasanten Marktverschiebungen, weil China mit staatlich hochsubventionierten Autos global den Fahrzeughandel erobert. In Europa dämpft die schwache Konjunktur vor allem den Verkauf von E-Autos.

Monika Rosen war über 20 Jahre lang Chefanalystin im Private Banking einer österreichischen Großbank. Sie ist auch Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft
Monika Rosen war über 20 Jahre lang Chefanalystin im Private Banking einer österreichischen Großbank. Sie ist auch Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft
Helmut Graf

Worum geht es nun bei Nissan und Honda?
Angeblich sprechen die beiden japanischen Autokonzerne über einen Zusammenschluss. Demnächst könnte ein diesbezügliches "Memorandum of Understanding" unterzeichnet werden. Indirekt Dritter im Bunde könnte die Nissan-Tochter Mitsubishi sein. Alle drei gemeinsam würden etwa 8 Millionen Fahrzeuge pro Jahr produzieren und wären die Nummer drei weltweit, hinter Toyota und VW.

Warum suchen die Unternehmen gerade jetzt den Schulterschluss?
Für den Wunsch, enger zusammen zu rücken, gibt es eine Reihe von guten Gründen. Da ist einerseits die harte Konkurrenz durch die Hersteller von E-Autos. Neben Tesla sind das vor allem die Chinesen, wie BYD oder Nio. Andererseits hoffen die beiden Hersteller, durch einen Zusammenschluss mehr Gewicht auf dem amerikanischen Markt zu erlangen. Durch eine gesteigerte Produktion in den USA hätten sie eher die Chance, den von Trump angedrohten Zöllen zu entgehen.

Wie wären die Kräfteverhältnisse in dem fusionierten Unternehmen?
Das ist, wenig überraschend, einer der großen Knackpunkte. In der Paarung wäre Honda der dominierende Partner. Mit einer Börsenkapitalisierung von über 40 Milliarden Euro ist Honda mehr als viermal so groß wie Nissan, deren Börsenwert unter 10 Milliarden Euro liegt. Daher ist wohl davon auszugehen, dass die Frage, wer wie viel an dem fusionierten Unternehmen hält, Gegenstand intensiver Verhandlungen sein wird.

Schlägt sich dieses Ungleichgewicht auch im Aktienkurs nieder?
Ja, die Börse betrachtet den Zusammenschluss vor allem als Rettungsanker für Nissan, auf Kosten von Honda. Nachdem die Fusionsgerüchte durchsickerten, legte der Kurs von Nissan in Tokio um 23 Prozent zu, jener von Honda gab um 3 Prozent nach.

Mitarbeiter der Gießerei „Fonderie de Bretagne“, einer Tochtergesellschaft von Renault, streikten am Mittwoch
Mitarbeiter der Gießerei „Fonderie de Bretagne“, einer Tochtergesellschaft von Renault, streikten am Mittwoch
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Gibt es noch andere Hersteller, die hier eventuell mitmischen könnten?
Interessant ist in dem Zusammenhang das Interesse des Apple-Zulieferers Foxconn an einem Einstieg bei Nissan. Laut Bloomberg will das taiwanesische Unternehmen sein Engagement im Bereich E-Mobilität verstärken und dies auch über eine Beteiligung an Nissan vorantreiben.

Wo liegen die Stolpersteine der Fusion?
Neben der Frage, wer wie viel vom gemeinsamen Kuchen bekommt, geht es laut Analysten vor allem um den drohenden Arbeitsplatzabbau. Ein Kahlschlag bei den Beschäftigten könnte zu erheblichen politischen Diskussionen in Japan führen.

BYD erobert den Weltmarkt rasend schnell, hier Chinas Ferrari, der BYD Yangwang U9, er kostet 215.000 Euro.
BYD erobert den Weltmarkt rasend schnell, hier Chinas Ferrari, der BYD Yangwang U9, er kostet 215.000 Euro.
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Und was ist mit der Beteiligung, die Renault an Nissan hält?
Offenbar hat Renault nach 25 gemeinsamen Jahren genug von der Allianz und überlegt den Ausstieg. Seit 2023 halten die Franzosen nur mehr 15 Prozent an Nissan, in der Spitze waren es über 40 Prozent. Renault sei nicht abgeneigt, seine Anteile an Honda abzugeben, heißt es. Gleichzeitig braucht Nissan unbedingt einen strategischen Partner. Eine anonyme Quelle spricht von 12 bis 14 Monaten, die Nissan noch ohne Kapitalspritze von außen überleben kann.

Wäre Renault mit einem Ausstieg aus dem Engagement bei Nissan gut bedient?
Die Börse ist auf alle Fälle dieser Ansicht. Die Franzosen könnten ihre Beteiligung an dem japanischen Autobauer bei gutem Wind abstoßen. Das wurde an der Börse schon mal honoriert, der Kurs von Renault legte zeitweise um mehr als 6 Prozent zu.

Was heißt all das für die europäischen Autoaktien?
Auch wenn die Fusionsgerüchte bei einigen Autoaktien für Kursphantasie sorgen, steht der Sektor doch erheblich unter Druck. Die Konkurrenz aus China, der Übergang in Richtung E-Mobilität und die von Trump angedrohten Zölle stellen starke Belastungen dar. Autoaktien notieren heuer gegenüber dem breiten Stoxx 600 Index mit dem größten Abschlag seit 1999! Das ruft aber schon die ersten Schnäppchenjäger auf den Plan. Ein Fondsmanager drückte es so aus: VW ist eine großartige Story für 2025. Mal schauen, ob er recht behält …

Monika Rosen war mehr als 20 Jahre bei einer heimischen Großbank tätig, ist Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft und gefragte Spezialistin rund um alle Geldthemen

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