Podcast-interview

Fall Benko: "Vielleicht finden wir noch einen kleinen Schatz"

Rainer Fleckl spürt René Benko seit Jahren nach und hat einen Bestseller über den Milliarden-Jongleur geschrieben. Das Interview über den Trickser, sein Polit-Netzwerk und den Benko-Film.

Der Benko-Bestseller von Rainer Fleckl soll ab 2025 verfilmt werden
Der Benko-Bestseller von Rainer Fleckl soll ab 2025 verfilmt werden
Christian Nusser
Christian Nusser
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Wer ist René Benko? Wie wurde er zum Immobilien-Hai? Zum Kanzlerflüsterer? Und am Ende zum gefallenen Tycoon? Kaum jemand kann profunder darüber Auskunft geben als Rainer Fleckl. Er ist Investigativjournalist bei "Krone" und "News", vielfach ausgezeichnet und er beschäftigt sich schon seit gut sechs Jahren mit Benko. Sein neues Buch, das er gemeinsam mit Sebastian Reinhart verfasst hat, heißt "Inside Signa. Aufstieg und Fall des René Benko", ist in der Edition a erschienen und mittlerweile ein Bestseller in der sechsten Auflage.

Nun soll der Stoff, der sich tatsächlich wie ein Krimi liest, verfilmt werden. Über das Projekt gibt Rainer Fleckl im Podcast-Interview erste Informationen preis, erklärt ausführlich, wie es zur Milliardenpleite des Benko-Imperiums kam, wer im Hintergrund die Strippen zog, welche Rollen die Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer und Sebastian Kurz spielten. Rainer Fleckl über:

Wer in der Verfilmung des Benko-Buches Benko spielt
Das ist noch zu früh. Ein Filmprojekt ist doch auf Jahre angelegt und braucht viel Vorbereitung. Ich gehe aber davon aus, dass es relativ zügig gehen wird und dass es nicht Jahre, sondern vielleicht nur noch mehrere Monate dauern wird, bis man dazu mehr weiß.

Signa-Gründer René Benko mit Anwalt Norbert Wess am 22. Mai 2024, im COFAG-U-Ausschuss im Parlament in Wien
Signa-Gründer René Benko mit Anwalt Norbert Wess am 22. Mai 2024, im COFAG-U-Ausschuss im Parlament in Wien
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Ob es sich um eine nationale oder internationale Produktion handelt
Soweit man das jetzt sagen kann, wird es eine deutsch-österreichische Produktion. Beteiligt sind die MR FILM als größte österreichische Produktionsfirma und die Constantin Film ist ja eine bekannte große deutsche Produktionsfirma.

Ob der Film ins Kino kommt oder ins Streaming
Es ist ein Großprojekt, so weit kann man das sagen. Man kann davon ausgehen, dass die Dreharbeiten 2025 starten.

Was Menschen an René Benko fasziniert
Weil Sie gerade das Filmprojekt erwähnt haben: Ich habe zu meinem Kollegen Sebastian Reinhart schon vor Jahren, als wir am Beginn der Recherchen waren, gesagt: Wäre man Drehbuchautor, müssten wir eigentlich gewisse Dinge weglassen. Weil es so fiktional klingen würde, dass man sich denkt, das glaubt einem niemand mehr.

Aber was den Reiz ausmacht
Es gibt auf der einen Seite den rasanten Aufstieg des aus heutiger Sicht Möchtegern-Milliardärs mit allen Insignien, die dazugehören. Also überdimensionierter Jet, ganz große Yacht, Einladungen, Partys etc. bis hin zu einem Millionenpferd, das noch im Sommer 2023, als das Geld schon sehr knapp war, gekauft wurde. Und auf der anderen Seite dieser Lebensstil, der – für Milliardäre relativ untypisch – vor sich hergetragen wurde. Wenn man das vergleicht mit dem sehr erfolgreichen Red Bull-Gründer Dietrich Mateschitz, der hat sich zurückhaltend gegeben, auch wenn er eine Flugzeugsammlung hatte. Und er wäre auch nicht mit seinem überdimensionierten Jet Kurzstrecken geflogen. Und da war halt viel drinnen, bis hin zu den Politikern, zu den Ex-Kanzlern, die quasi als Berater eingekauft wurden.

Ausgewählte Unternehmen und Gebäude der Signa-Gruppe
Ausgewählte Unternehmen und Gebäude der Signa-Gruppe
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Zu Beginn des Buches wird eine Party am Gardasee beschrieben, die 650.000 Euro gekostet hat. Xavier Naidoo hat für 280.000 Euro Gage gesungen. Der eigentliche Stargast aber war Sebastian Kurz.
Welche Rolle Kurz in der Affäre einnimmt
Na ja, die größere Rolle, wenn man die beiden Alt-Kanzler Sebastian Kurz und Alfred Gusenbauer betrachtet, hat jedenfalls Gusenbauer, der unmittelbar einen fliegenden Wechsel absolviert hat, 2008/2009 vom Ballhausplatz in die Signa-Gruppe. Sebastian Kurz kam auch relativ kurz nach seinem plötzlichen Ausscheiden als Berater an Bord. Da war die Situation allerdings schon eine andere. Er hat aber, wie wir seit einigen Wochen und Monaten wissen, doch deutlich früher mit seinen Beratungen für René Benko begonnen.

Wie das Verhältnis zwischen Benko und Kurz war
Es gibt ein Naheverhältnis, das war auch schon vorher bekannt, das gab es auch schon, als Kurz noch ein Berufspolitiker war. Aber Kurz hat dann letztlich durchaus erfolgreich noch Finanzierungen aus dem arabischen Raum aufgestellt, dafür nur mehr einen Teil seines Millionenhonorars erhalten. Aber es war ein sehr enges Verhältnis. Allerdings, die wesentlich wichtigere Rolle im Konstrukt hatte Alfred Gusenbauer, der sich auch als Aufsichtsratsvorsitzender der wichtigsten Signa-Firmen da durchaus wohl kritische Fragen gefallen lassen wird müssen.

Ganz nah dran an René Benko: Der frühere SPÖ-Chef und Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer
Ganz nah dran an René Benko: Der frühere SPÖ-Chef und Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer
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Ob Gusenbauer von der Schieflage des Unternehmens nichts mitbekommen haben kann
Das halte ich für wenig glaubwürdig. Wir wissen zwar, dass durchaus interessante Geflogenheiten in der Signa vorherrschend waren, zum Beispiel schon 2014 im berühmten Chalet N eine Aufsichtsratssitzung, die um 16 Uhr begonnen hat und um 16.10 Uhr beendet war. Das deutet schon darauf hin, dass man sich nicht ganz intensiv mit den Zahlen und Daten auseinandergesetzt hat im Kontrollgremium. Ich würde laut unseren aktuellen Recherchen auch sagen, dass vor allem in der Schlussphase vor allem Alfred Gusenbauer sehr tief involviert war und natürlich mitbekommen hat, dass die Liquidität an allen Ecken und Enden klamm wird.

Benko hatte nicht die Strumpftant' als Geldgeber, sondern viele "gestandene" Unternehmen, Logistik-Milliardär Klaus-Michael Kühne, Hans Peter Haselsteiner, Ernst Tanner von Lindt & Sprüngli.
Warum sich Unternehmer von Benko täuschen ließen
Das ist eine völlig berechtigte Frage. Die haben nicht ganz so genau hingesehen wie bei anderen Investments. Klaus-Michael Kühne ist auch Großaktionär der Lufthansa. Wenn er bei Lufthansa oder Hapag-Lloyd so hingesehen hätte, dann wäre er nicht der reichste Deutsche.

Der Privatjet der Signa Gruppe, eine Bombardier Global Express XRS, in Wien-Schwechat
Der Privatjet der Signa Gruppe, eine Bombardier Global Express XRS, in Wien-Schwechat
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Ob das niemandem aufgefallen ist
Es gab den ehemaligen Porsche-Chef Wendelin Wiedeking, der rechtzeitig noch 2016/17 ausgestiegen ist und den Zahlen schon damals nicht mehr geglaubt hat. Es war immer so, dass es durchaus auch kritische Stimmen gab unter den Gesellschaftern, unter den Investoren. Allerdings hat es René Benko geschafft, immer wieder neue am Bord zu holen. Es kamen der milliardenschwere Mubadala-Fonds, die Peugeot-Brüder. Das hat nachweislich die Co-Investoren wieder beruhigt.

Wie ein Investigativjournalist arbeitet
Nicht so geheimnisvoll wie es vielleicht von außen hin wirken mag. Wir sind weder Hobby-Sheriffs noch Hobby-Staatsanwälte und liegen auch nicht mit Schlapphütten irgendwo in Autos. In erster Linie geht es ganz klassisch um den Aufbau von Vertrauensbeziehungen, dass man genau darauf schaut, wer könnte gewisses Wissen haben, gibt es Menschen, die sich über den Tisch gezogen fühlen?

Warum das relevant ist
Es gibt einen bekannten, alten US-Investigativjournalisten, Seymour Hersh, der gesagt hat: Es gibt immer einen Drei-Sterne-General, der der Meinung ist, er hätte den vierten Stern bekommen sollen, aber jemand anderer hat den bekommen. Es geht um die Beziehungspflege und vor allem darum, dass man den Quellenschutz und den Informantenschutz ganz hoch hält und nie verletzt.

Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz war unter anderem Stargast einer Benko-Party am Gardasee
Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz war unter anderem Stargast einer Benko-Party am Gardasee
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Ob er jemals direkten Kontakt mit René Benko hatte
Habe ich ja, inoffiziell zumindest, das war ein sehr langes Treffen, allerdings sehr diskret und sehr verschwiegen. Ohne, dass dann letztlich offizielle Zitate rauskamen.

Von wem die Initiative ausgegangen ist
Nach Fragen von mir ging die Initiative von ihm aus.

Ob das schon länger her ist
Das ist schon etwas länger her, ja.

Benko war ja einmal der reichste Österreicher, "Forbes" hat ihn 2018 auf fünf Milliarden Dollar geschätzt.
Ob Benko aktuell reich ist oder arm wir eine Kirchenmaus
Er versucht, sich seit vielen Monaten sowohl in der Firmengruppe, als auch privat durch diese Quasi-Insolvenz als Unternehmer arm wie eine Kirchenmaus zu rechnen. Was sicher sehr interessant im ganzen Komplex ist, dass es vier Stiftungen gibt, zwei in Österreich, zwei in Liechtenstein. Bei der Laura-Stiftung in Österreich vermuten einige seiner ehemaligen Geldgeber, dass er da ein kleineres Immobilien-Schattenreich aufgebaut hat, mit klassischen Zinshäusern in Österreich und in Ostdeutschland. Die Ingbe-Stiftung in Liechtenstein, die nach seiner Mutter benannt ist, hat auch einige interessante Deals gemacht. Also dort sind noch Vermögenswerte vorhanden.

Ein Blick in das Büro Benkos in der Beletage der Zentrale der Signa Holding in Wien
Ein Blick in das Büro Benkos in der Beletage der Zentrale der Signa Holding in Wien
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Viele Menschen beschäftigen sich mit dem Firmenkonstrukt von René Benko und sie sagen: Je näher man dem tritt, desto weniger kennt man sich aus.
Ob er den Überblick über die Firmenkonstruktion hat
Ich maße mir nie an, den Gesamtüberblick zu haben. Ich glaube, kurz vor dem Zusammenbruch waren es circa 1.580 Gesellschaften. Vereinfacht gesagt, ist das ein Konstrukt der vorsätzlichen Verschleierung, wo auch der organisierte Gesetzesbruch mitgespielt hat. Es wurde bewusst mit Steuerberatungskanzleien und Experten darauf geschaut, dass es eben keine konsolidierte Bilanz gibt, also kein finanzielles Gruppenbild.

Die Gläubiger der Signa Prime haben im März einem Sanierungsplan zugestimmt. Wolfgang Peschorn, Leiter der Finanzprokurator, also der Anwalt der Republik, hat sich dagegengestemmt und nun hat ihm das Oberlandesgericht als zweite Instanz quasi recht gegeben.
Was jetzt mit dem Benko-Imperium passiert
Die Begründung des Oberlandesgerichts ist schon sehr stark. Es gibt nur mehr die Möglichkeit, zum Obersten Gerichtshof zu gehen. Es steht in Frage, ob da tatsächlich dann in zwei Jahren mit der Verwertung das rauskommt, was man den Gläubigern versprochen hat. Wir sind hier wieder beim Armrechnen wie eine Kirchenmaus. Da bin ich bei Herrn Peschorn. Wenn man vor allem die Innenstadt-Immobilien der Signa Prime in den Top-Lagen vernünftig verwertet, dann kann am Ende des Tages durchaus mehr rauskommen. Abgesehen davon, dass Peschorn der Meinung ist, dass dieses Konstrukt ausgeleuchtet gehört bis in die letzte dunkle Ecke. Und das passiert bei einer Zerschlagung.

Rainer Fleckl mit seinem Bestsellerbuch über René Benko
Rainer Fleckl mit seinem Bestsellerbuch über René Benko
Christian Nusser

Ob Benko in seinem Konzern die Zügel in der Hand gehalten hat
Er hat sich wirklich um Details gekümmert. Es ist nichts ohne sein Wissen passiert in diesem Konzern-Konglomerat.

Warum sich Benko an Krone und Kurier beteiligt hat
Interessant ist, dass seine sämtlichen Co-Investoren nicht verstanden haben, was er damit wollte. Das hat wenig Sinn ergeben. Das war das eine, aber unsere Recherchen ergeben auch, dass er schon für den einen oder anderen Politiker, der im nahe stand oder steht, da auch Hintergedanken hatte.

Was aus René Benko und seinem Firmenimperium wird
Es deutet viel darauf hin, dass es jetzt zahlreiche Verfahren geben wird. Es gibt sehr viele Investoren, die sich über den Tisch gezogen fühlen, die ganz großen Aufwand betreiben und viel Geld in die Hand nehmen, um für Transparenz zu sorgen. Es wird sicher lange Ermittlungen geben. Ich wünsche mir, dass es nicht jahrelang dauert, bis gewisse Fakten abgearbeitet sind. Ich hoffe, dass wir auch Gelder zurückholen. Es wäre schön, wenn es da nicht nur um mögliche Untreuhandlungen geht, sondern dass man auch sagt, vielleicht finden wir da noch den einen oder anderen kleinen Schatz.

Das Interview wurde gestrafft, das gesamte Gespräch finden Sie im Podcast.

Akt. Uhr
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