Geld-Profi Monika Rosen
"Deshalb ist Gold derzeit eine Goldgrube"
An den Märkten herrscht keine Krisenstimmung, auch die Inflation fällt. Warum also boomt der Goldpreis? Börsen-Expertin Monika Rosen klärt auf.
Gold glänzt derzeit nicht nur in den Auslagen der Juweliere, sondern auch auf den Kurstafeln an der Börse. Der Goldpreis verbuchte zuletzt ein Rekord-Hoch nach dem anderen, allein seit Mitte Februar hat er rund 14 Prozent zugelegt. Was ungewöhnlich daran ist: Üblicherweise gilt Gold als Krisen-Investment. Wenn die Stimmung unter den Anlegern schlecht ist, dann hat Gold Konjunktur. Das ist aber derzeit nicht wirklich der Fall, auch viele Börsen stürmen von Rekord zu Rekord. Was also treibt den Goldpreis an, wann und wie könnte er an Glanz wieder verlieren?
Der Goldpreis jagt derzeit von einem Rekord zum nächsten - warum?
Dazu muss man zunächst ein paar grundsätzliche Faktoren klären, die den Goldpreis bewegen, und zwar in beide Richtungen. Da sind zum einen die Zinsen. Da Gold keine Zinsen abwirft, sondern nur von der Kursveränderung "lebt", verliert es an Glanz, wenn die Zinsen steigen. Oder wenn der Markt glaubt, dass sie demnächst steigen werden. Wenn ich mit einem Investment, das Zinsen abwirft, potentiell mehr verdienen kann, sinkt mein Interesse an Gold. Umgekehrt gilt das natürlich auch. Wenn die Zinsen sinken, wird Gold wieder attraktiver.
… und in einer solchen Phase sind wir jetzt, oder?
Ja, zuletzt sind die Hoffnungen wieder gestiegen, dass die amerikanische Notenbank die Zinsen noch im ersten Halbjahr senken könnte. Kurz vor Ostern meinte der Chef der US Notenbank, Jerome Powell, die aktuellen Inflationsdaten würden durchaus im Rahmen der Erwartungen liegen. Der Markt gibt daher einer US-Zinssenkung im Juni derzeit eine Chance von rund 60 Prozent. Das ist besser als Fifty-Fifty und bedeutet Rückenwind für den Goldpreis.
Wie steht es mit der Aussage, Gold würde vor Inflation schützen?
Das ist ein Zusammenhang, über den oft diskutiert wird. Es gab Phasen, da hat es gestimmt, aber auch solche, in denen das nicht der Fall war. Bei steigender Inflation hebt die Notenbank die Zinsen an, was an sich keine gute Nachricht für den Goldpreis ist. Vielleicht kann man überhaupt sagen, dass es kaum einen Einflussfaktor gibt, der immer zu 100 Prozent zutrifft. Es kommt schon auch darauf an, was der Markt in einer bestimmten Situation gerade für wichtig hält.
Gibt es neben den Zinsen noch weitere wichtige Faktoren für den Goldpreis?
Ja, direkt mit den Zinsen in Zusammenhang steht der Dollar. Das Edelmetall wird in US-Währung gehandelt. Für alle Anleger, deren Heimatwährung nicht der Dollar ist, wird Gold also teurer, wenn der Dollar steigt. Deshalb sinkt in Zeiten eines stärker werdenden Dollars oft der Gold-, aber auch der ebenfalls in Dollar notierende Ölpreis. Aktuell scheint das beim Gold keine große Rolle zu spielen. Der Dollar ist zum Euro seit Jahresbeginn zwar etwas stärker geworden, das hat der Kauflaune beim Gold aber keinen Abbruch getan. Die Hoffnung auf fallende Zinsen wirkt schwerer.
Und was ist mit der Geopolitik? Gilt Gold nicht als "Krisenwährung"?
Ja, Gold wird oft nachgefragt, wenn die Menschen vor etwas Angst haben, sprich in Zeiten der Unsicherheit. Unmittelbar nach dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine ist Gold zum Beispiel gestiegen. Es gilt als "sicherer Hafen" in Krisenzeiten. Allerdings muss man schon auch anmerken, dass derzeit an den Aktienmärkten selbst sicher keine Krisenstimmung herrscht. Im Gegenteil, auch dort werden regelmäßig Rekorde gebrochen. Ich würde wirklich sagen, aktuell lebt die Rallye im Goldpreis sehr stark von der Hoffnung, dass die nächste Veränderung bei den Zinsen eine Senkung sein wird.
Wenn diese Zinshoffnung enttäuscht würde, was wäre dann?
Das würde ich als problematisch für den Goldpreis ansehen. Es gibt ja durchaus Experten, die der Ansicht sind, die US Zinsen könnten heuer überhaupt nicht gesenkt werden. Das wäre für den Goldpreis wohl keine gute Nachricht.
Eine wichtige Quelle der Nachfrage für Gold sind die globalen Notenbanken. Ist das auch jetzt so?
Ja, hier sind vor allem die Notenbanken in Asien zu nennen. Die chinesische Zentralbank kauft seit über einem Jahr regelmäßig Gold. Das hat zuletzt auch einige große Investmenthäuser dazu veranlasst, ihre Prognosen für den Goldpreis anzuheben. Man spricht jetzt von 2.300 bis 2.500 Dollar pro Unze bis Jahresende.
Heißt das, dass es für einen Einstieg noch nicht zu spät ist?
Naja, auch hier, wie bei jedem Investment, sollte man eine langfristige Strategie verfolgen. Es hat in der Vergangenheit auch schon Zeiten gegeben, wo der Goldpreis über viele Jahre quasi auf der Stelle getreten ist. Also Gold sollte eine Beimischung im Portfolio sein, vielleicht auch eine Absicherung für unvorhergesehene Krisen. Gerade diese können den anderen Bausteinen im Portfolio, wie Aktien, oft zusetzen, und dann kann sich Gold bewähren.