Designerin über Politiker-Mode: "Oh ja, ein gewagter Move"

Sie gehört zu den bekanntesten Designerinnen Österreichs. Und zu den auffälligsten. Ihre Kreationen sind grell, sie treibt es gern bunt, arbeitet viel mit Leder, Korsetts und Gürteln, setzt Teddybären als Augenfang ein, lässt Models halbnackt über den Laufsteg gehen. Stars wie Lady Gaga oder Rihanna wurden schon in Mode von Marina Hoermanseder gesehen. Sie gestaltet Dirndln, entwarf Dienstkleidung für die Austrian Airlines und die deutsche Telekom und berät CSU-Bundestagsabgeordnete Dorothee Bär in Style-Fragen.

Hoermannseder hat einen WU-Abschluss in Internationaler Betriebswirtschaft, vor elf Jahren gründete sie ihr eigenes Modelabel. Sie lebt inzwischen in Berlin, hat eine Tochter (3) und einen Sohn (1). Für Newsflix schaute sie sich die Spitzenkandidaten für die Wahl am Sonntag modisch an. Was sie tragen sollten, was eher nicht. Marina Hoermanseder über:

Sollen Politiker Krawatten tragen?
Die Krawatte war einst ein Symbol für Macht und Seriosität, nun wird sie zunehmend als überflüssig angesehen. Männer haben die Freiheit gefunden, ihren persönlichen Stil zu zeigen, ohne sich in formelle Konventionen zu zwängen. Das Fehlen von Krawatten und sogar von Stecktüchern kann als Befreiung von veralteten Normen interpretiert werden. Es ist ein Zeichen der Zeit, in der Individualität und Authentizität geschätzt werden.

Spricht also nichts mehr für die Krawatte?
Ich muss sagen, ich mag Krawatten an Männern :) Sie sind eine gute Möglichkeit, einen Look mit Farbe zu akzentuieren und zu individualisieren. Ich bin immer noch eine kleine Spießerin und kann die Meinung verstehen, dass ein seriöses Auftreten in der Politik auch einfach durch die Kleidung erzielt wird.

Ist geschniegelt oder salopp besser?
Ich finde, diese Mischung aus formell und informell, die man oft sieht, wirkt manchmal echt komisch. Es ist, als ob die Leute nicht wissen, was sie wollen – entweder ganz schick oder ganz lässig. Ein klarer Stil wäre echt besser! Ein durchdachter, gut kombinierter Look strahlt Eleganz aus, während ein verworrener Stil den Eindruck von Unsicherheit hinterlässt.

Ist Andreas Babler gut angezogen?
Sein Anzug sieht oft recht klassisch aus, aber vielleicht ein bisschen zu langweilig. Ein bisschen mehr Farbe oder ein cooles Muster würden ihm echt gut tun!

Macht Werner Kogler das besser?
Er hat da auch nicht viel mehr Pep. Seine Looks sind solide, aber oft nicht wirklich aufregend. Babler und Kogler könnten sich ruhig mal etwas trauen und ihren persönlichen Stil zeigen. Ein Anzug sollte die Menschen reflektieren – und das tun sie in gewissem Maße, aber da geht noch mehr!

Gehen Sneakers im politischen Umfeld?
Turnschuhe in der Politik? Oh ja, das ist ein gewagter Move! Es kann lässig wirken und eine Verbindung zur jüngeren Generation herstellen, aber man muss das mit Bedacht machen. Man sollte dennoch nicht wie im Freizeitlook aussehen, wenn man in der Politik ist - das macht man in keinem Beruf (haha, außer in der Modebranche!)

Soll die Figur kaschiert werden?
Die Offenheit über Gewicht und Körperform ist in der heutigen Zeit erfrischend und wichtig. Body Positivity ist ein starkes Statement, aber der Schlüssel liegt in der Präsentation. Es ist wichtig, sich so zu kleiden, dass es der eigenen Figur schmeichelt – das ist der feine Unterschied zwischen casual und sloppy.

Muss ein Kanzler Krawatte tragen?
Nehammer in seiner Krawatte ist schon ganz klassisch. Es ist das, was man von einem Kanzler erwartet, strahlt Autorität aus. Aber manchmal sieht es auch ein bisschen angestrengt aus. Wenn er sich in seinem Look wohlfühlt, ist das super – wenn nicht, merkt man das auch.

Ist Kickl zu schmal für Slim Fit?
Kickl in seinem Anzug? Da könnte man denken, dass er fast darin verschwindet! Der Anzug passt nicht richtig und der Look sieht eher nach Schreibtisch als nach Politik aus. Ein bisschen gewagter, ein paar Akzente und ein bisschen Italo-Chic könnten ihm stilistisch gut tun :)

Wie gut ist die einzige Frau in der Runde angezogen?
Beate Meinl-Reisinger entscheidet sich öfter dafür, Pink zu tragen. Das spiegelt nicht nur die Identität der NEOS wider, sondern setzt auch ein kraftvolles und frisches Zeichen für Vielfalt und Modernität in der politischen Landschaft. Indem Politikerinnen, wie auch meine Freundin Dorothee Bär (CSU-Abgeordnete im deutschen Bundestag, Anm.) mutige Farben wählen, zeigen sie, dass sie bereit sind, sich in einem oft männlich dominierten Umfeld hervorzuheben und ihre Persönlichkeit zu feiern.

Worauf kommt es bei Politiker-Styles grundsätzlich an?
Vor allem auf Authentizität und Professionalität. Politiker sollten Outfits tragen, die ihre Persönlichkeit widerspiegeln, aber auch Respekt und Vertrauen vermitteln. Ein gutes Beispiel dafür ist erneut Dorothee Bär, die oft einen modernen, frischen Look hat, der gleichzeitig professionell und zugänglich wirkt. Politiker sollten darauf achten, wie Kleidung ihre Botschaften unterstützt, ohne übertrieben modisch oder unangemessen zu wirken.

Wie wichtig ist es, dass der Style zur "Marke" passt?
Es ist extrem wichtig. Der Stil sollte die Werte und die Botschaft unterstützen, die der Politiker vermitteln möchte. Um das zu entwickeln, sollte man sich zunächst seiner Stärken und Vorlieben bewusst werden und dann gezielt Outfits wählen, die diese Aspekte betonen. Ein konsistenter Stil hilft, ein einprägsames Bild zu schaffen und Vertrauen aufzubauen.

Woher kommt der generelle Trend zum "Downdressing"?
Aus einer zunehmenden Sehnsucht nach Authentizität und Nähe. Die Menschen wollen Politiker sehen, die "wie sie" aussehen und nicht in übertrieben formellen Outfits, die oft distanziert wirken. Dieser Trend hat in den letzten Jahren zugenommen, besonders mit dem Aufstieg von sozialen Medien, wo der persönliche Stil viel stärker zur Geltung kommt. Viele Wähler schätzen Politiker, die nicht nur kompetent, sondern auch bodenständig sind.

Welchen Styling-Tipp würden Sie Herbert Kickl geben?
Vielleicht einmal bei einem italienischen Herrenausstatter vorbeischauen. Die haben oft so gut geschnittene, schmale Anzüge. Das könnte ihm helfen, frischer und zeitgemäßer zu wirken. Vielleicht etwas Farbe oder ein cooles Muster ausprobieren!

Und Andreas Babler?
Ein bisschen mehr Experimentierfreude mit Farb- und Stoffkombinationen würde seinen klassischen Look aufpeppen. Ein lässiges Hemd unter einem Blazer könnte gut ankommen.

Und Werner Kogler?
Gern etwas entspannter. Aber ein durchdachter Look könnte ihm helfen, zugänglicher zu wirken. Eine Kombination aus Smart-Casual-Teilen könnte hier den Unterschied machen.

Und Beate Meinl-Reisinger?
Sie könnte weiterhin mit Farben spielen, vielleicht auch schicke Accessoires einfügen, um ihren Look lebendiger zu gestalten und noch mehr Persönlichkeit zu zeigen.

Was lässt sich zusammengefasst sagen?
Politiker sollten ihren individuellen Stil finden, der sowohl ihre Persönlichkeit, als auch ihre politische Botschaft unterstreicht. Ein wenig Mut zur Veränderung kann oft viel bewirken!