Academy Awards
Ein Flitzer, Zwillinge und sieben Oscars für "Oppenheimer"
Der Favorit setzte sich in der Nacht durch, für "Barbie" wurde es finster. Und Songwriterin Diane Warren scheiterte im 15. Anlauf.
15 mal nominiert, 15 mal ist nichts passiert. Die amerikanische Songwriterin Diane Warren ist der größte Pechvogel in der 95-jährigen Oscar-Geschichte. Niemand war so oft für die prestigeträchtige Statuette nominiert wie die heute 67-jährige Vollblutmusikerin aus Van Nuys in Los Angeles. Bei der diesjährigen Oscar-Verleihung versuchte sie Anlauf Nummer 15 – und scheiterte an "What Was I Made For“ aus "Barbie", gesungen von Billie Eilish. Nur dabei zu sein ist Warren auf lange Sicht aber doch zu wenig: "Natürlich würde ich gerne einmal gewinnen."
Flitzer auf der Bühne Es war ein bisschen derb heuer bei den Oscars, das begann schon bei der Begrüßung. "Enjoy the show – don't fuck this up!", bereitete der Saalsprecher das Publikum auf den Beginn der Show vor. Die begann dann auch fünf Minuten zu spät, war dafür eine Stunde vorverlegt worden. Jimmy Kimmel witzelte sich als Moderator bemüht durch den Abend, der seinen Höhepunkt in einem Nackten fand. John Cena, Wrestler und Schauspieler, steht plötzlich auf der Bühne, unbekleidet, nur ein Moderatoren-Kärtchen verdeckt seinen Rüssel. Ein geplanter Gag, mit der Regie abgesprochen. Wie gesagt, bemüht.
Wesentlich bewegender: Der Moment, als Da’Vine Joy Randolph unter Tränen den Oscar als beste Nebendarstellerin gewinnt. Alle stehen auf, sie ist der aktuelle Liebling Hollywoods. Oder: "20 Tage in Mariupol", die beste Doku. Oder: "The Zone of Interest", die beklemmende Studie über den Alltag des Auschwitzkommandanten Rudolf Höß und seiner Familie, die Idylle neben einem KZ – bester fremdsprachiger Film, bester Ton.
"Oppenheimer" überstrahlt alle Christopher Nolans Atombomben-Epos war vorab in einer eigenen Klasse gesegelt: 13 Nominierungen. Am Ende gab es sieben Awards, bester Film, Nolan selbst holte sich den Regie-Oscar, seinen ersten. Bestwert vor Yorgos Lanthimos’ Feminismus-Farce "Poor Things" mit vier Oscars.
Und "Barbie"? Man kann nicht sagen, sie hätten sich nicht bemüht. Ryan Gosling ("I’m Just Ken") trat sogar live auf. Mit matten acht Nominierungen hatte man sich zufriedengeben müssen, darunter zwei für den besten Song. Neben Gosling sang auch Billie Eilish ("What Was I Made For?") bei der Show. Was den Unterhaltungswert betrifft, war "Barbie" deshalb die große Gewinnerin des Abends. Aber: Am Ende reichte es nur für einen einzigen mickrigen Oscar. Billie Eilish bekam ihn, wenigstens ihr Aufwand hatte sich gelohnt.
"Twins" wieder vereint Sonst noch? Ein paar Leute, die man länger nicht gesehen hat. Danny DeVito etwa, der gemeinsam mit Arnold Schwarzenegger auf der Bühne stand. Apropos Österreich: Auch Christoph Waltz kehrte zurück ins Oscar-Auditorium.
Das sind die Oscar-Gewinner 2024
- Bester Film: Oppenheimer
- Bester Hauptdarsteller: Cillian Murphy (Oppenheimer)
- Beste Hauptdarstellerin: Emma Stone (Poor Things)
- Beste Regie: Christopher Nolan (Oppenheimer)
- Bestes adaptiertes Drehbuch: American Fiction (Cord Jefferson)
- Bestes Original-Drehbuch: Anatomy of a Fall (Arthur Harari & Justine Triet)
- Bester Nebendarsteller: Robert Downey Jr. (Oppenheimer)
- Beste Nebendarstellerin: Da’Vine Joy Randolph (The Holdovers)
- Beste Kamera: Oppenheimer (Hoyte van Hoytema)
- Bester Schnitt: Oppenheimer
- Bester fremdsprachiger Film: The Zone of Interest (Großbritannien)
- Bestes Production Design: Poor Things
- Bestes Kostüm-Design: Poor Things (Holly Waddington)
- Beste Filmmusik: Oppenheimer (Ludwig Göransson)
- Bester Original-Song: "What Was I Made For“ (aus "Barbie", gesungen von Billie Eilish)
- Bester Kurzfilm: The Wonderful Story of Henry Sugar
- Bester animierter Kurzfilm: War Is Over! Inspired by the Music of John & Yoko
- Beste Spezialeffekte: Godzilla: Minus One
- Bester Ton: The Zone of Interest
- Bester animierter Film: The Boy and the Heron
- Beste Dokumentation: 20 Days in Mariupol
- Beste Kurz Dokumentation: The Last Repair Shop
- Bestes Makeup und Hairstyling: Poor Things
Für Diane Warren war auch diesmal nichts dabei Dabei hatte alles so gut angefangen, vor 35 Jahren. "Nothing's Gonna Stop Us Now", interpretiert von der Band Starship (ja, da war auch Hollywood-Österreicher Peter Wolf seinerzeit mit an Bord) war ihr erster Hit, der für eine Oscar nominiert gewesen ist, als Filmsong zur eher unauffälligen Komödie "Mannequin", 1987 war das. Und der Songtitel war Programm für Diane Warren, die sich tatsächlich durch nichts aufhalten ließ. Denn sie hatte sich erst kurz zuvor als Songschreiberin selbständig gemacht, nachdem sie zuvor beim deutschen Produzenten Jack White unter Vertrag war und ihm mehrere Hits geliefert hatte.
Selbständig und erfolgreich Es folgten Hit um Hit: "Because You Loved Me" mit Celine Dion für den Film "Aus nächster Nähe" (mit Robert Redford und Michelle Pfeiffer) – Oscar-Nominierung 1996. "How Do I Live" mit LeAnn Rimes für "Con Air" – Oscar-Nominierung 1997. "I Don't Want To Miss A Thing" mit Aerosmith für den Weltraum-Blockbuster "Armageddon" – Oscar-Nominierung 1998. " There You'll Be" mit Faith Hill für "Pearl Harbour" – Oscar-Nominierung 1999.
Und auch, wenn ihre Songs nicht für Filme geschrieben wurden, waren diese mega-erfolgreich. "If I Could Turn Back Time" schrieb sie für Cher, "Un-Break My Heart" für Toni Braxton, es wurden zwei ihrer größten Erfolge.
In guter Gesellschaft Niemand wurde bisher so oft von der Academy-Jury übergangen wie Diane Warren, aber es gibt berühmte Schauspiel-Kolleginnen und -Kollegen, die der Musikerin nachfühlen können, wie deprimierend sich diese Flaute anfühlen muss. Die Schauspielerin, die am öftesten nominiert gewesen ist, ohne je einen Oscar zu erhalten, ist Glenn Close. Zwischen 1983 und 2021 ging sie acht Mal als Beste Haupt- oder Nebendarstellerin ins Rennen, erfolglos. Und Kollege Peter O'Toole ("Lawrence von Arabien") war ebenfalls acht Mal nominiert, bei ihm hatte die Academy jedoch Gnade und verlieh ihm 2003 einen Ehren-Oscar für sein Lebenswerk.
Detail am Rande: Der bis heute erfolgreichste Künstler bei den Oscars war Walt Disney. Der Erfinder der Micky Maus und große Innovator der Zeichentrickfilm-Kunst erhielt insgesamt 26 Goldstatuen bei 63 Nominierungen. Ein Rekord für die Ewigkeit.
Neuer Anlauf mit Snack-Song Zurück zu Diane Warren. Ihre 15. Oscar-Nominierung erhielt sie nun für "The Fire Inside", den Titelsong für den den Film "Flamin' Hot". Darin geht es um den Erfinder eines scharfen Knabbersnacks, es ist die erste Hollywood-Regiearbeit von Ex-Desperate-Housewife Eva Longoria. Der Ball lag bei der Academy, wieder schoss sie daneben.
Die Künstlerin selbst nimmt ihre Pechsträhne mit überraschend gelassen: "Es ist immer wieder eine große Ehre, nominiert zu sein", sagte sie der deutschen "Zeit" erst unlängst. "Schließlich trifft das jedes Jahr nur auf fünf Songs zu. Aber ich will nicht lügen: Natürlich würde ich auch gerne einmal gewinnen."
Ehren-Oscar 2022 Dass die Academy scheinbar genau weiß, was sie an Diane Warren hat, lässt sich daraus ableiten, dass man der Vielschreiberin 2022 einen Ehren-Oscar verlieh, während sie gleichzeitig im selben Jahr auch wieder mit einem Song nominiert war, aber erneut leer ausging. Eine recht frühe Ehre, die sonst nur Künstlern zuteil wird, die am Ende ihrer Karriere stehen.
Bei Diane Warren ist das wohl noch lange nicht der Fall. Viel zu viel Freude hat sie daran, was sie tut. Und so wird sie weitermachen, auch wenn es mit dem Snack-Song heuer wieder nichts wurde. Mindestens bis zu ihrer 16. Nominierung.