Angelobung
Eugen Freund: "Wieso es in Trumps-Amerika jetzt eng wird"
Die Inauguration als Ausnahme-Ereignis. US-Experte Eugen Freund schaute sich die Amtseinführung des neuen Präsidenten an und bekam ein Gefühl der Beklemmung. Klima, Migranten, Justiz, Andersdenkende, das neue Amerika engt sich ein.
Das große Amerika war auf 250 Quadratmeter zusammen geschrumpft: so klein(kariert) hat kaum noch eine Inauguration ausgesehen.
Zuletzt hat sich diese Amtseinführungs-Zeremonie ins Innere das Capitols vor 40 Jahren zurück gezogen, weil es angeblich zu kalt dafür sei. Auch wenn er es nicht - nie! - zugeben würde, es war wohl auch Donald Trumps Sorge, dass diesmal noch weniger Zuseher die Mail vor dem Parlamentsgebäude füllen würden als vor acht Jahren.
Schon damals hatte Trump fälschlicherweise behauptet, niemals zuvor seien so viel Leute im Freien gestanden wie bei ihm.
Es ist - und es wird - eng
Diesmal konnte man die Besucher mit einem Zeigefinger zählen, denn in der Rotunde haben nur rund 700 Menschen Platz. Sie ist eindrucksvoll, ich selbst war vor ein paar Jahren dort, doch wenn man diesen Raum gemeinsam mit zehn anderen besucht, gibt es ein Gefühl der Enge.
Dieses Gefühl der Enge hat mir auch Donald Trumps erste Rede als Präsident vermittelt: es wird eng für Andersdenkende („In offiziellen Dokumenten gibt es nur mehr Mann und Frau“), es wird eng für illegale Immigranten („Ab morgen beginnen wir mit dem größten Abschiebeprogramm, dass die USA je gesehen haben.“)
Es wird eng für die Beamten des Justizministeriums („Die gemeine, gewalttätige Attacke des Ministeriums - und ich weiß, wovon ich rede - wird enden.“). Eng wird es für Panama und den Golf von Mexiko - der eine soll heim ins Reich geholt, der andere umgenannt werden.
Eng wird es für die Klimapolitik, ja sogar für E-Autos - leider hat man uns das Gesicht von Elon Musk nicht gezeigt, als der Präsident ankündigt, sich nicht länger an die Umweltvorschriften zu halten, wonach Elektroautos eine bestimmte Anzahl haben müssen.
Es wird eng. Ausser in den Bohrlöchern der Ölplattformen, dort soll nach "flüssigem Gold" gebohrt werden, was das Zeug hält. Oder um es mit den Worten Donald Trump auszudrücken: "Drill, baby, drill!"
Der überragende Trump
Doch kommen wir zurück zum Atmosphärischen: den größten Unterschied zur Amtseinführung Donald Trumps vor acht Jahren verkörpert sein Sohn Barron. Er ist (sieht man von den Kindern des Vizepräsidenten JD Vance ab, der Jüngste und der Größte: wem immer er die Hand schüttelt, sein Gegenüber muss weit noch oben in das Gesicht von Barron blicken.
Beim ersten Mal war er knapp zehn Jahre alt und wohl vier Köpfe kleiner.
Mehr als eine halbe Stunde müssen die Vorgänger-Präsidenten, bis auf Barack Obama alle schon deutlich über siebzig, stehend auf die Ankunft der Hauptpersonen warten: Joe Biden zieht mit seiner Frau Jill ein, Kamala Harris und ihr Ehemann, danach kommen JD Vance und seine indisch-stämmige Frau und als vorletzte Melania Trump.
Statt und Religion sind eins
Sie trägt ein elegantes, schwarzes Kostüm und dazu einen breitkrempigen Hut, der so viel Schatten in ihr Gesicht wirft,, dass kaum ein Gesichtsausdruck vom Fernsehen eingefangen werden kann. Schließlich marschiert Donald Trump ein, unter heftigem Applaus seiner Gefolgsleute.
Wie immer in den USA bleibt auch die Trennung von Religion und Staat nur ein Gerücht: Gebetet wurde um die Mittagszeit in Washington um die Wette, jede Religion konnte einen Vertreter entsenden. Beim letzten Priester, einem Schwarzen, der sich geradezu in Rage redet, („Thank You God - we are free again!“) kann Trump sogar ein Lächeln nicht verkneifen.
Das wiederum gefriert seinem Vorgänger Joe Biden, als er von Trump das Land beschrieben bekommt, das er in den vergangenen vier Jahren durch schwierige Zeiten, keineswegs erfolglos, geführt hat.
46 und 47 - es trennen sie Welten
Donald Trump und Joe Biden, im selben Raum, doch es trennt sie Welten. Nr. 46 kann kaum glauben, was ihm Nr. 45 und 47 vorhält: Er zeichnet ein grimmiges Bild, spricht vom Niedergang, ja, vom Verfall der USA, der ein Ende nehmen wird. "Unser Land hat gelitten, aber wir führen es wieder zurück!"
Ohne konkret zu werden, spricht er vom Verrat an den USA, den er zurück nehmen werde. Insgesamt beschreibt er sein Land als ein korruptes, kaputtes Territorium, das nur er, Trump, wieder zum größten Land der Welt aufbauen kann.
Dazu soll auch das Militär beitragen. Weniger als Kampftruppe, die irgendwo im Ausland Stützpunkte errichten soll, andern vorwiegend an der Grenze zum Süden, also Mexikos, um dort gegen Einwanderer vorzugehen. Eine Frage bleibt dennoch offen: wie soll Panama dazu gebracht werden, den Kanal wieder unter die Fittiche der Vereinte Staaten zu bringen. Etwa doch militärisch?
Eugen Freund war Moderator der ZiB 1, lebte von 1979 bis 1984 in New York und war von 1995 bis 2001 in Washington als ORF-Korrespondent tätig. Er war Teil der SPÖ-Delegation im Europa-Parlament und ebendort Mitglied der USA-Delegation (2014-2019)