Minister-rundschreiben

Ex mit Sex: Wieso an Schulen (nicht mehr) "aufgeklärt" wird

Per Erlass verunmöglicht Bildungsminister Christoph Wiederkehr die Sexualerziehung durch externe Pädagogen. Auch eine Lehrerin und selbst ernannte "Orgasmuspäpstin" wird wohl keine Schüler mehr unterrichten. Niki Glattauer klärt auf, warum.

Erste Liebe: Bei der pädagogischen Vermittlung der Grundlagen dafür wird jetzt der Sparstift angesetzt
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Niki Glattauer
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Eigentlich hätten bei den Aufklärern der Nation schon im Februar die Alarmglocken läuten müssen. Da gab es nämlich bereits dieses vielsagende "Rundschreiben" des Bildungsministeriums an alle Schulen … (mehr dazu weiter unten).

Später dann danach befragt, wie er denn in seinem Ressort einzusparen gedenke, ließ der Bildungsminister die Katze immerhin mit den Pfoten aus dem Sack: Sparen könnte man, so Christoph Wiederkehr, "indem weniger externe Beauftragungen gemacht werden". Inzwischen ist klar, wer damit gemeint war: Es geht der "externen Sexualerziehung" ans Gemächt.

Niki Glattauer ist als ehemaliger Schuldirektor in Wien Experte in Bildungsfragen
Niki Glattauer ist als ehemaliger Schuldirektor in Wien Experte in Bildungsfragen
Sabine Hertel

Schließen, was Pornhub offen lässt In den letzten Jahren war es an immer mehr Schulen Usus geworden, "externe Sexualpädagogen" in die Klassen zu lassen, auf dass dort geschlossen werde, was Pornhub & Co. offen gelassen haben mögen. Den Lehrerinnen* war's Recht – sie ersparten sich die heikle Arbeit. Den Schülern war's Recht – ein paar Stunden mit Menschen aus dem "richtigen Leben". Und den Vereinen und Organisationen im weiten Themenfeld "Sexualpädagogik" war's Recht. Sie lukrierten ein feines Körberlgeld – zuletzt kosteten vier Stunden pro Klasse zwischen 500 und 700 Euro …

Aus die Maus Damit ist künftig wohl Schluss. Nicht offiziell per Verbot, sondern auf "gut österreichisch", durch "praktische Verunmöglichung". Wer nämlich künftig als Verein, Organisation oder Einzelperson (dies mehr Theorie als Praxis) für "externe Sexualerziehung" an Schulen gebucht werden will, kann sich zwar weiterhin dafür anmelden – muss nun aber eine strenge Vor- und Nachbeurteilung über sich ergehen lassen.

Die Lehrer müssen feedbacken Vorher durch ein (beim Jugendrotkreuz verortetes) Expertenboard mit Prüfern aus den Bereichen Biologie, Psychiatrie, Psychotherapie, Familienforschung und Pädagogik. Nachher mittels Feedback durch die Lehrer, die den Workshop gebucht haben (verpflichtend!) sowie durch die Eltern und Schüler (optional).

Kein leichter Stoff: Viele Lehrer waren froh, dass der Sexualkunde-Unterricht ausgelagert gewesen ist
Kein leichter Stoff: Viele Lehrer waren froh, dass der Sexualkunde-Unterricht ausgelagert gewesen ist
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Also besser "intern" statt extern Wer weiß, wie die meisten Lehrerinnen auf Angebote anzuspringen pflegen, die ihnen zusätzlich Arbeit bereiten (verpflichtendes Feedback, noch dazu – Gottseibeiuns! – digital), kennt auch ihren Reflex: Kartoffel heiß - Finger weg! Den Wink mit dem Zaunpfahl bekamen die Schulen inzwischen auch schon. Den Schulen, heißt es in einem Rundschreiben, stehe es auch "weiterhin offen, sexualpädagogische Aufklärungsarbeit selber zu leisten und intern zu organisieren".

Wie beim Familiennachzug Die Analogie zu Österreichs neuem Zu- und Umgang mit Asylwerbern und Familiennachzüglern ist jedenfalls kaum zu übersehen: Darum ansuchen wird man auch in Zukunft dürfen, nehmen wird einen halt keiner.

Pansexuell, bisexuell – pardauz! Nun ist Sexualpädagogik freilich ein heikles Terrain. Erst Ende März hatte die harsche, vorgeblich mütterliche Kritik an den Methoden eines solchen Workshops, die über die Zeitung Heute lanciert wurde, die Gemüter erregt. An der Mittelschule Herzgasse in Wien Favoriten hätten Schüler (12 bis 14 Jahre alt) im Rahmen eines Workshops des Vereins "queerfacts" unter anderem die sexuelle Orientierung der beiden Vortragenden erraten "müssen". Danach wären sie genötigt worden, deren "Outings" als – pardauz! – "pan-" bzw. "bisexuell" über sich ergehen zu lassen.

Christopher Street Day Parade 2024 in Berlin: Die diversen Zugänge zum Thema Sex können vor allem für junge Menschen verwirrend sein
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Bernd Elmenthaler / SZ-Photo / picturedesk.com

Das roch nach LGBTQ Jetzt muss man wissen: "queerfacts" ist ein Bildungsprojekt, das LGBTQIA+-Themen aufgreift. "Wir geben die Möglichkeit", heißt es auf der Homepage des Vereines, "über unterschiedliche und doch verbindende Erfahrungen ein gemeinsames Verständnis von einem gelungenen und gleichberechtigten Miteinander zu entwickeln und zu fördern." Und: "Ziel ist es, einen Konsens zu finden, der sich klar gegen Diskriminierung und für Demokratisierung richtet. In unseren Workshops schöpfen die Teilnehmenden aus ihren eigenen Erfahrungen und Erlebnissen und bringen sich ein."

Das erregte Frau Mutter Nach "Einbringen" war dann auch der Mutter einer betroffenen Schülerin – allerdings bei der FPÖ. Mit den Worten "Meine Tochter ist eh schon die gefühlt einzige Österreicherin in der Klasse, jetzt mussten die Kinder auch noch ohne Vorwarnung oder Wissen der Eltern über Pansexualität sprechen", soll sich die Frau (Tarnname Elisabeth) an die Blauen gewandt haben.

Pan-Sex auf Steuerzahlerkosten Prompt forderte der Wiener FPÖ-Chef und Stadtrat Dominik Nepp "den sofortigen Rücktritt" von NEOS-Neo-Bildungsstadträtin Bettina Emmerling und der neuen SPÖ-Bildungsdirektorin Elisabeth Fuchs. "Die Frühsexualisierung von Kindern in den Schulen ist auf das Schärfste abzulehnen. Sexualität ist kein Ratespiel für Schulkinder."

Auch der Hinweis auf die Kosten eines solchen Workshops und wer diese zu tragen habe, durfte natürlich nicht fehlen: "Auf der eigenen Homepage spricht 'queerfacts' von einer Gebühr von 399 Euro pro Klasse – bezahlt wird dies wohl aus Steuergeldern."

Die Bandbreite der externen Berater, die bislang für sexualpädagogische Einheiten gebucht werden konnten, war sehr breit: Von LGBTQIA+ und queer …
Die Bandbreite der externen Berater, die bislang für sexualpädagogische Einheiten gebucht werden konnten, war sehr breit: Von LGBTQIA+ und queer …
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Raus mit den Externen Prompt landeten dann auch die passenden Leser-Posts in meinem E-Postkasten. "Als ehem. Biologielehrer halte ich fest, dass Externe im Sexualpädagogik-Unterricht in der Schule absolut nichts verloren haben", war noch der vornehmste und freundlichste unter diesen. Ob sich da – Scherz! – der Bildungsminister inkognito zu Wort gemeldet hat?

"TeenSTAR" versus "HOSI" Ein Workshop mit ganz anderer Ausrichtung und Zielsetzung hatte schon 2018 einen Reformprozess der schulischen Sexualpädagogik-Angebote eingeleitet. Da war es (einmal mehr) der Falter, der die Lawine lostrat, und zwar mit der Veröffentlichung interner Schulungsdokumente der konservativ-katholischen Organisation "TeenSTAR". Die Homosexuellen-Initiative "HOSI" Salzburg hatte der Wochenzeitung geleaktes Material einer Kursaussteigerin von "TeenSTAR" weitergeleitet.

"Wichsen macht egoistisch" In den Unterlagen wurde Homosexualität als Identitätsproblem und "heilbar" dargestellt und Selbstbefriedigung als schädlich. So wurden Schüler in den Workshops darüber "aufgeklärt", dass Masturbation zu verstärktem Egoismus und einem "geringen Schuld- bzw. Selbstwertgefühl" führen könne. Gepredigt wurde der Verzicht auf vorehelichen Sex. Verhütungsmittel wie die Pille seien abzulehnen. Stattdessen seien, falls denn notwendig, "natürliche Empfängnisregelungen" (z. B. die Knaus-Ogino-Methode) zu treffen.

… bis zum konservativ-katholischen Verein "TeenSTAR" reichte das Angebot für die österreichischen Schulen
… bis zum konservativ-katholischen Verein "TeenSTAR" reichte das Angebot für die österreichischen Schulen
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Suche nach Antworten Zwischenbemerkung: "TeenSTAR" – Teen steht für Teenager und STAR als Abkürzung für "Suchen Tragfähige Antworten in ihrer Reifezeit" – ist eine konservativ-katholische Organisation mit Vereinen in weltweit 25 Ländern. Vertreten ist man in Nord- und Südamerika, Asien, Afrika und Europa, neben Österreich u. a. in Deutschland, Frankreich, Italien, Kroatien, der Schweiz und Spanien sowie in Australien.

Man kann buchen – theoretisch Laut Verein wurden die oben zitierten Materialien inzwischen überarbeitet. Heute könnten Schulen ein "Kids-Programm" buchen. Und zwar für Volksschüler bzw. MS- und AHS-Schüler der 5. Schulstufe im Rahmen des Regelunterrichts, für Schüler der 8. Schulstufe gibt es außerdem ein "Jugendprogramm" in Form von Workshops. Oder besser: gäbe es.

Hürde von Amts wegen Der Konjunktiv ist angebracht, denn leicht haben es "TeenSTAR", "queerfacts" & Co. seit heuer nicht mehr, ihre Sexualpädagogik an den werdenden Mann bzw. die werdende Frau zu bringen – siehe oben. Da gibt es einerseits das Expertenboard und zudem eine weitere neue Hürde, die Mitte Februar per "Rundschreiben 2/2025" direkt in den Schulen aufgestellt wurde - als Erlass mit dem Titel "Neue Richtlinien für die Einbindung externer Angebote im Bereich der Sexualpädagogik".

Die geänderten Regeln für externe Sexualkunde-Berater erinnern an jene für den neuen Umgang mit Asylwerbern und Familiennachzüglern: Ansuchen darf man, nehmen wird einen halt keiner
Die geänderten Regeln für externe Sexualkunde-Berater erinnern an jene für den neuen Umgang mit Asylwerbern und Familiennachzüglern: Ansuchen darf man, nehmen wird einen halt keiner
Willfried Gredler-Oxenbauer / picturedesk.com

Sexunterricht nun "qualitätsgesichert" In dem Rundschreiben unterweist das Bildungsministerium Österreichs Schulleitungen, "im Bereich Sexualpädagogik" künftig nicht nur solche Angebote extern anzufordern, "die ein Qualitätssicherungsverfahren durchlaufen haben". Sie müssten auch künftig in allen Bewertungskategorien ein "Sehr gut" oder "Gut" aufweisen. Befriedigend wäre nicht genügend.

Sie wünschen, wir spielen Abrufbar sind die geeigneten Kandidaten auf der Webseite über den Link "Angebotspool für Schulen". Ich habe mich dort umgesehen. Gefunden habe ich etwa unter "Burgenland" (für das gewünschte Bundesland), "Sekundarstufe 1" (für die Altersgruppe) und "Sprache, Kommunikation, Sexualität" (für den Themencluster) genau drei Angebote.

Kaum Angebote verfügbar Für "Kärnten", "Primarstufe", "Sexualität: Was ist das?" spuckte die Seite genau ein Angebot aus. Für "Steiermark", "Sekundarstufe II", "Prostitution und Sexarbeit" kann man inzwischen gar niemanden mehr buchen. Für "Wien", "Sekundarstufe 1" und "Missbrauch, sexuelle und sexualisierte Gewalt" stehen immerhin sechs Angebote mit der nötigen Bewertung zur Verfügung, "TeenSTAR" und "queerfacts" waren allerdings nirgends dabei. Tja …

Keine Orgasmuspäpstin Auch Monika-Rahel Ring aus Niederösterreich war nicht dabei. Sie arbeitete in Oberösterreich als Volksschullehrerin, bis die OÖ-Bildungsdirektion von ihrer "Nebenerwerbstätigkeit" als Sexualberaterin und TikTok-Influencerin in Sachen "selbstbewusste Nacktheit" erfuhr und die selbsternannten "Orgasmuspäpstin" wegen "ungebührenden Verhaltens" fristlos vor die Schultür setzte. Das war vor zwei Jahren.

Urteil am 8. Mai Dagegen ist Monika Ring damals mit einer Klage am Arbeits- und Sozialgericht Linz in den Ring gestiegen – und kämpft nun bereits in der dritten Runde. Zwei mehrstündige Tagsatzungen brachten bislang kein Ergebnis. Auch Vergleichsgespräche im Hintergrund scheiterten. Am 8. Mai will eine Richterin – sollte es bis dahin keine außergerichtliche Einigung geben – ein Urteil sprechen.

Die Chancen auf Einigung stehen schlecht Denn die "Orgasmuspäpstin" – wie sich Monika Ring nach einem Crash-Kurs als "Energetikerin" zu nennen begann – akzeptiert weder ein Berufsverbot, noch will sie sich einen Maulkorb umhängen lassen. Mit dem Wunsch, ihren Personalakt einsehen zu können, soll sie vor wenigen Wochen bei der Schulbehörde jedenfalls abgeblitzt sein. Stand so am 3. April in der Kronen Zeitung.

Tätigkeit "nicht standesgemäß" Umgekehrt ist für die Bildungsdirektion OÖ eine Wiederanstellung als Lehrerin unter diesen Umständen "völlig undenkbar". Frau Ring habe ihren Nebenerwerb nicht gemeldet, sich dann geweigert, ihre "nicht standesgemäße" und "auf Pseudowissenschaft" aufbauende Tätigkeit zu beenden und ihre Accounts – neben Instagram auch auf Facebook und TikTok – zu löschen. Dadurch sei ein "massiver Vertrauensverlust" entstanden, der eine fristlose Entlassung und das Berufsverbot, so die Vertreterin der Schulbehörde, durchaus rechtfertige.

Zwei mehrstündige Tagsatzungen in Sachen "Orgasmuspäpstin" brachten kein Ergebnis. Am 8. Mai will eine Richterin am Arbeits- und Sozialgericht Linz nun ein Urteil sprechen
Zwei mehrstündige Tagsatzungen in Sachen "Orgasmuspäpstin" brachten kein Ergebnis. Am 8. Mai will eine Richterin am Arbeits- und Sozialgericht Linz nun ein Urteil sprechen
Daniel Scharinger / Pressefoto Scharinger / picturedesk.com

Schwerpunkt G-Punkt Dazu ein wenig Background-Info: Ausgebildet als Religions- und Volksschullehrerin, unterrichtete die 48-Jährige Monika Ring von 2016 bis 2023 an der Volksschule Grein Turnen sowie ein paar andere Nebenfächer und gab Kindern mit Migrationshintergrund Förderstunden. Was, so die Schulbehörde, mit ihrer offensichtlich wahren Leidenschaft, der "Energetik mit Schwerpunkt G-Punkt" (das formuliere ich jetzt so), unvereinbar sei. Denn vor allem auf TikTok seien schließlich auch Kinder – und damit potentielle Schüler – aktiv.

Tipps für wunderschönes Sexualleben um 49 Euro Tatsächlich war es der Vater einer Schülerin, der in den sozialen Medien auf den Account der "Frau Lehrerin" gestoßen war. "Lass dich von mir berühren" habe es da geheißen, versehen mit dem Hashtag "multiple Orgasmen" und Videobotschaften über "Probleme beim Sexleben".

Konkret beworben wurde u.a. ein Workshop, bei dem man von der "Orgasmuspäpstin" für 49 Euro Tipps "für ein wunderschönes Sexualleben" bekommen würde. Da entstanden im Kopf des Vaters spontan mehrere Fragezeichen. Die Antworten darauf suchte er ohne lange zu fackeln beim Schuldirektor seiner Tochter, und der holte sich von seinem Bildungsdirektor die passenden Rufzeichen.

Ist es wirklich die Verantwortung der Eltern, wenn Kinder ihre "Frau Lehrerin" auf Social Media als "Orgasmuspäpstin" finden?
Ist es wirklich die Verantwortung der Eltern, wenn Kinder ihre "Frau Lehrerin" auf Social Media als "Orgasmuspäpstin" finden?
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Fundiert, wunderbar, toll Monika Ring heute: Sie habe den Account damals nicht gelöscht, weil er mit ihrer Volksschultätigkeit nichts zu tun gehabt habe. "Volksschulkinder dürften sich auf diesen Kanälen gar nicht aufhalten. Wenn Kinder dort sind, wurde die Aufsichtspflicht von den Eltern extremst vernachlässigt." Und: "Meine Expertise ist wissenschaftlich fundiert, wunderbar und toll." Ring selbstbewusst: "Ich bin eine, die die Hände auflegt, Energie lenkt und Blockaden löst. Das kann ich." Und: "Ich würde mir wünschen, dass das in der Oberstufe auch unterrichtet wird."

Badesalz und Aufklärung Aber nicht von ihr – oder doch? Auf die Frage eines Krone-Redakteurs, ob sie im Falle eines Berufsverbots als Privatperson Sexualworkshops in Schulen anbieten wolle, gab es ein glasklares "derzeit eher nicht". Dafür habe sie eine neue Homepage online gestellt, auf der sie sich als "Theologin mit Hingabe und Liebe" bezeichnet und selbstkreierte, vorgeblich besonders aphrodisierende Kosmetika anbietet, vom Badesalz für 29 Euro bis zu Parfum um 69 Euro.

Grottenschlechter Sex Aufklärung in eigener Sache gibt es gleich dazu. Da heißt es etwa: "Geht es dir auch so wie ganz vielen Menschen, dass du ein komplett schlechtes und monotones Sexualleben hast bzw. gar keines mehr hast. Du lebst schon länger in einer Art Liebesbeziehung – aber ohne Sex!? Oder nur mit grottenschlechtem Sex? Da bist du bei (Anm.: das Wort "mir" fehlt im Text) genau richtig – denn auch ich hatte jahrelang keinen bzw. komplett schlechten Sex." Ob da bei Bildungsminister Christoph Wiederkehr große Lust aufkommen wird, seine Bildungsdirektion in Linz zum Überdenken ihrer Position zu ermuntern?

Der eine gibt, die andere empfängt Auch Österreichs neue, taffe Frauen- und Wissenschaftsministerin Eva-Maria Holzleitner wird die "Orgasmuspäpstin" vulgo "Energetikerin" alias "Theologin" vermutlich nicht unbedingt für sich gewinnen können, auch wenn die Ministerin eine OÖ-Landsfrau ist. Unter Frau Rings "Vision von der Lust als Lebensenergie" findet sich zuerst der Satz: "Die sexuelle Verbindung zweier Menschen ist die stärkste und intensivste Verbindung zwischen Mann und Frau, zwischen Yang und Yin." Hm. Und dann: "Der Mann gibt und die Frau empfängt." Oje.

"Funktioniert der Sex, funktioniert auch die Beziehung", so die Volksschullehrerin und "Energetikerin" Monika Ring auf ihrer Homepage
"Funktioniert der Sex, funktioniert auch die Beziehung", so die Volksschullehrerin und "Energetikerin" Monika Ring auf ihrer Homepage
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Apropos Energie und Sexismus Dazu wartete der Physiker, Buchautor und Wissenschaftserklärer Florian Aigner im Kurier jüngst mit einem eindrucksvollen Beispiel aus der Geschichte der Sexualpädagogik auf:

Ideen von Vorgestern Im 19. Jahrhundert hatte man das Gesetz der Energieerhaltung entdeckt – Energie kann demnach niemals aus dem Nichts erzeugt werden. Daraus, so Aigner, schloss der britische Psychiater Henry Maudsley messerscharf, dass Mädchen ab 12 Jahren nicht mehr in die Schule gehen sollten. Da nämlich beim Lernen wertvolle Energie vergeudet werde, würde Mädchen in der Pubertät dadurch jene Energie fehlen, die sie eigentlich bräuchten, um Mädchenkörper in schöne Frauenkörper zu verwandeln.

Okay, dagegen sind sogar "TeenSTAR" und die Orgasmuspäpstin hehre Wissenschaft.

* Wie stets, verwende ich die weibliche und männliche Form willkürlich wechselnd, alle anderen sind jeweils freundlich mit gemeint

Nikolaus "Niki" Glattauer, geboren 1959 in der Schweiz, lebt als Journalist und Autor in Wien. Er arbeitete von 1998 an 25 Jahre lang als Lehrer, zuletzt war er Direktor eines "Inklusiven Schulzentrums" in Wien-Meidling. Sein erstes Buch zum Thema Bildung, "Der engagierte Lehrer und seine Feinde", erschien 2010

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