High court
Gericht sagt: Schule darf Gebetsverbot verhängen
Londoner "High Court" wies die Klage eines Kindes ab: Die Schule hatte zuvor ihre Regeln klar gemacht. Was hinter dem Fall steckt.
Im März 2023 sah Direktorin Katharine Birbalsingh etwas, dass es vorher an ihrer Schule so noch nicht gegeben hatte. Während der Pause knieten sich rund 30 muslimische Schülerinnen und Schüler am Schulhof auf die Blazer ihrer Uniformen und begannen zu beten. Birbalsingh sprach ein Verbot aus. Es folgte eine Online-Petition, die Lehrerschaft erhielt Todesdrohungen, es gab Beschimpfungen, Vorwürfe der Islamfeindlichkeit und eine falsche Bombendrohung.
Rund ein Jahr später fand der Zwist vor dem High Court in London nun ein (vorläufiges) Ende. In einem 83-seitigen Urteil gab das Gericht der Michaela Community School in Wembley, London, Recht. Die Schule darf ein Gebetsverbot verhängen. Die Prinzipien der Schule stellen das klar, Eltern muss das bekannt sein.
Die Michaela Community School wird von Medien häufig als "strengste Schule Großbritanniens" bezeichnet. Es gibt sie erst seit 2011, sie ist säkular, also glaubensfrei, Direktorin Katharine Birbalsingh arbeitete vorher für die Social Mobility Commission (SMC), eine Behörde, die sich um die Chancengleichheit für Kinder bemüht, berichtet die "Times".
Für Eltern, die ihre Kinder auf die Schule schicken wollen, gibt es spezielle Begrüßungsveranstaltungen, an denen sie verpflichtend teilnehmen müssen, zwei Termine werden angeboten. "Dabei gehe ich alles durch, was die Michaela Community School von anderen Schulen unterscheidet", sagt Birbalsingh. Also: Ständige Aufsicht, gemeinsames Mittagessen, Stille auf den Korridoren, Schuluniformen. Wer gegen Regeln verstößt, muss nachsitzen, Suspendierungen sind möglich. Es gibt keinen Gebetsraum. "Wenn Eltern nicht mögen, was 'Michaela' ist, müssen sie ihre Kinder nicht zu uns schicken."
Die Direktorin sagt auch: "Multikulti funktioniert bei uns, nicht weil wir der Schule jede Identität genommen haben, um allen Unterschieden Rechnung zu tragen, sondern weil wir eine klare Identität haben, für die sich jeder entscheiden kann, wenn er bereit ist, Kompromisse einzugehen." 700 Kinder besuchen die Schule, rund die Hälfte davon ist muslimischen Glaubens.
Im Vorjahr änderte sich das Klima in der Schule gravierend, auch das war im Verfahren vor dem High Court zu hören. "Muslimische Kinder wurden plötzlich dabei beobachtet, wie sie als Gruppe Druck auf andere muslimische Kinder ausübten, sich auf eine bestimmte Weise zu verhalten. Sie wurden dazu gedrängt zu fasten, zu beten, aus dem Chor auszusteigen, einen Hijab zu tragen."
Die Michaela Community School schob dem Vorgehen einen Riegel vor. Die Zulassung von Gebetsritualen würde "die Inklusion und den sozialen Zusammenhalt zwischen den Schülern untergraben", hieß es. Also wurde das Beten untersagt. Ein Kind klagte dagegen, ob es sich um einen Buben oder ein Mädchen handelt, ist unklar, in den Gerichtsunterlagen ist nur von "TTT" die Rede. Die/der Betroffene bestand darauf, zur Mittagszeit fünf Minuten beten zu dürfen, wie es die Glaubensregeln erfordern würden. Das Kind wurde fünf Tage von der Schule suspendiert.
Was die Direktorin erstaunt: Dem Kind wurden umgerechnet 170.000 Euro Rechtshilfe gewährt, das gesamte Verfahren kostete den Steuerzahler bisher fast 600.000 Euro. Und: Die Mutter der/des Betroffenen, die mutmaßlich hinter der Klage steckt, hat angekündigt, ab September auch ihr zweites Kind auf die Michaela Community School schicken zu wollen. Gleichzeitig übermittelte sie den Anwälten der Schule einen Brief und drohte eine zweite Klage an, weil sie ein weiteres, nicht näher definiertes Problem mit der Schule habe.
Der Streit schaukelte sich indes immer weiter auf. "Eine meiner schwarzen Lehrerinnen wurde rassistisch beleidigt, bei einer anderen kam es daheim zu einem Einbruchsversuch, bei einer weiteren wurde ein Ziegelstein durchs Fenster geworfen", sagt Direktorin Katharine Birbalsingh. "Ich habe eine Sorgfaltspflicht allen unseren Schülern gegenüber, aber ich habe auch meine Mitarbeiter zu schützen."
Sie sagt auch: "Es gibt eine falsche Erzählung, sie versucht, Muslime als eine unterdrückte Minderheit an unserer Schule dazustellen. Dabei sind sie in der Tat die größte Gruppe. Diejenigen, die am meisten gefährdet sind, sind andere Minderheiten und muslimische Kinder, die weniger religiös sind."
Das Gerichtsurteil stieß auf unterschiedliche Resonanz. Direktorin Katharine Birbalsingh nannte es "einen Sieg für alle Schulen".