Serie, Teil 3

Gewalt im Namen Allahs: "Überfahrt sie! Terrorisiert die Kuffar!"

Sittenwächter, Frauenhasser, IS-Fans – unsere Schulen seien voll davon, behaupten manche Kommentatoren. Andere halten derartige Fälle eher für Ausnahmen, die von Hetzern als gesellschaftliche Spaltpilze missbraucht werden. Niki Glattauer sucht Antworten.

Niki Glattauer ist als ehemaliger Schuldirektor in Wien Experte in Bildungsfragen
Niki Glattauer ist als ehemaliger Schuldirektor in Wien Experte in Bildungsfragen
Sabine Hertel
Niki Glattauer
Akt. Uhr
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Die 3 Facetten von Gewalt in der Schule:

  • Die Gewalt unter Schülern hat alarmierende Ausmaße angenommen. In Teil 1 dieser Serie geht es darum, die Umstände dieser Form von Gewalt  zu analysieren und Strategien dagegen aufzuzeigen – aktuelle ebenso wie solche, die vorerst nur auf dem Papier existieren.
  • Die Gewalt gegen Lehrerinnen und Erzieher wäre in ihren aktuellen Auswüchsen noch vor 20 Jahren undenkbar gewesen. Um diese Form der Gewalt geht es in Teil 2 dieser Serie.
  • Und dann gibt es die – vermeintlich – religiös motivierte Gewalt. Die haben wir importiert und wissen nun nicht, was dagegen tun. Darum geht es hier im 3. und letzten Teil der Serie.

Teil 3: Gewalt im Namen Allahs

Anfang Oktober konnte man es auf heute.at zuallererst lesen: Die Staatsanwaltschaft Wien hatte bezüglich des vereitelten Terroranschlags während eines Taylor-Swift-Konzerts den ersten Zwischenbericht der "Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst" (DSN) bekommen. Darin fanden sich Chats, die der 18-jährige Beran A. aus Ternitz in Niederösterreich mit anderen Jung-Dschihadisten des "Islamischen Staats" (IS) in Österreich und Deutschland geführt hatte. Und diese Chats haben's in sich.

Spuckt ihnen ins Gesicht "Kämpft für Allah", schreibt er da. "Geht raus und terrorisiert die Kuffar (Ungläubigen, Anm.). Wenn ihr keine Waffen habt, geht mit Messer raus. Wenn ihr nicht mal Messer habt, überfährt sie. Und wenn ihr sie nicht mal überfahren könnt, dann spuckt ihnen ins Gesicht." Der vermeintliche Komplize des 18-Jährigen, ein 17-Jähriger, sitzt so wie Beran A. in U-Haft und wartet auf seinen Prozess, der möglicherweise noch im Jänner beginnt.

Weil Islamisten angeblich einen Anschlag auf eines der Taylor-Swift-Konzerte im Sommer 2024 in Wien planten, mussten die Gigs abgesagt werden. Daraufhin verwandelten zigtausende Fans des Stars die Wiener Innenstadt in eine Partymeile
Weil Islamisten angeblich einen Anschlag auf eines der Taylor-Swift-Konzerte im Sommer 2024 in Wien planten, mussten die Gigs abgesagt werden. Daraufhin verwandelten zigtausende Fans des Stars die Wiener Innenstadt in eine Partymeile
Starpix / picturedesk.com

"Wo gibt Zündschnur, Bruder?" Von einem 15-Jährigen hatte er wissen wollen, wo man eine Zündschnur kaufen könnte. Wörtlich: "Wo gibt Zündschnur, Bruder?" Das gab der 15-jährige Schüler, der jetzt als Zeuge geführt wird, bei der Polizei zu Protokoll. Auf seine Frage, was er, Beran A., denn vorhabe, habe dieser – im Nachhinein vielsagend – erwidert: "Du wirst davon hören."

Wie "ticken" IS-Sympathisanten? So mancher IS-Sympathisant sitzt nicht in U-Haft, sondern in einer österreichischen Schulklasse. Nicht, dass ich diesen hiermit pauschal Terror-Absichten unterstelle. Aber wie, fragen sich nicht nur Lehrerinnen, "ticken" IS-Sympathisanten? Geht bei allen von ihnen irgendwann die sprichwörtliche Bombe hoch? Wann entwickeln sie aus Verachtung für die westliche Welt und Über-Identifizierung mit dem Islam Gewaltphantasien?

Was muss passieren, dass daraus ein Bekenntnis zum "Terror im Namen Allahs" wird, ein Bekenntnis, das man – wie im Fall Beran A. – sogar durch einen eigenen "Treueschwur" in der Internet-Blase öffentlich zum Ausdruck bringt?

Rüttelt mit seinem neuen Buch auf: Christian Klar, Direktor der Franz Jonas Europaschule in Wien Floridsdorf
Rüttelt mit seinem neuen Buch auf: Christian Klar, Direktor der Franz Jonas Europaschule in Wien Floridsdorf
Robert Newald / picturedesk.com

Ein Buch nennt Beispiele Einer, der darauf zwar keine Antworten (ver)sucht, aber ein Buch mit alarmierenden Beispielen geschrieben hat, "die wachrütteln sollen", ist Christian Klar, seit 13 Jahren Leiter der "Franz Jonas-Europaschule". Einer – anders als es der Name vermuten lassen würde – klassischen Wiener Mittelschule mit viel Migrations- und nullkommanull Universitätshintergrund. Klar ist aber nicht nur Schuldirektor, sondern – das muss dazu gesagt werden, wenn man seine Positionen einordnen will – der ÖVP-Stellvertreter des Bezirksvorstehers. Er arbeitet also "nebenberuflich" für eine Partei, die im Versuch, sich im "roten Wien" neben der FPÖ zu profilieren, einen offen anti-muslimischen Kurs fährt.

Gewalt-Problem Islam "Was ist los in unseren Schulen?", titelte Klar seinen "Schulreport" (erschienen im Seifert-Verlag). Auf gut der Hälfte der rund 200 Seiten widmet der sich dem Problem Gewalt in der Schule, das für ihn primär ein Problem von muslimischer Gewalt in der Schule ist.

Einige Beispiele aus dem Buch "Was ist los in unseren Schulen?"

  • Er schreibt über Zeynep, die sich weigert, bei der Aufzählung der Weltreligionen das Judentum zu nennen, weil sie Angst hat, die "Brüder und Schwestern" im politischen Geist würden mitkriegen, wie sie sich durch das Nennen des Namens "beschmutzt";
  • Er schreibt über Abdul, der eine Mitschülerin bedrängt, sie stalkt, bis er eines Tages zudringlich und übergriffig wird;
  • Von Marouf, der das katholische Kreuz von der Wand reißt und so oft auf den Boden drischt, bis es samt angeklebtem Jesus zerbricht;
  • Von Martin, der unter Androhung, sonst weiterhin gemobbt und schikaniert zu werden, während des Ramadans von seinen moslemischen Mitschülern gezwungen wird, durch "Ablesen" des Glaubensbekenntnisses zum Islam zu konvertieren;
  • Er schreibt über Sittenwächter, die Mitschülerinnen das Kopftuch aufzwängen und Freundschaften zu Ungläubigen verbieten, über Zwangsverheiratungen von Schülerinnen in die muslimische Parallelgesellschaft in Österreich; über Genitalverstümmelung, die man – wie Klar beteuert und dafür seine "Freundin" Waris Dirie zitiert – neuerdings auch wieder in Österreich durchführe;
  • und von Ramazan, der unbedingt einen Schulabschluss machen wollte und dann doch bei Nacht und Nebel nach Syrien aufbricht, um für den islamischen Staat zu kämpfen …
Franz Jonas Mittelschule – Ort der Erzählungen im neuen Buch "Was ist in unserer Schule los?" von Christian Klar
Franz Jonas Mittelschule – Ort der Erzählungen im neuen Buch "Was ist in unserer Schule los?" von Christian Klar
Wolfgang Sos / picturedesk.com

Islam macht Islamismus Ich kenne Christian Klar, zwischen uns passen politisch mehr als nur Blätter, aber wir mögen einander und sprechen Klartext. "Du sagst, du bist ein Gegner des Islam, aber nicht der Moslems. Was meinst du damit?" frage ich ihn. Seine Antwort: "Ich habe nicht prinzipiell etwas gegen Moslems. Aber ich habe etwas gegen den Islam." – Also nicht nur gegen Islamisten?“ – "Islam macht Islamismus. Denn er ist eine Religion, die auf Gewalt setzt."

Und: "Menschen sind nicht grundsätzlich schlecht, aber durch den Islam werden es viele." Christian Klar hat seine Position gefunden.

Angst durch Terror Manchmal schreibt er auch für den Exxpress, einen der Rechtsausleger in der heimischen Medienbranche. Dort liest sich der Schuldirektor dann z. B. so (Ausgabe 24. Okt. 2024): "Einer meiner ehemaligen Schüler wird von einem jungen Mann mit Migrationshintergrund schwer verletzt und krankenhausreif geschlagen, weil er sich mit einem Mädchen unterhält, das aus Sicht dieses Jugendlichen 'ihm gehört'. Das Krankenhaus erstattet Anzeige gegen Unbekannt, weil das Opfer die Identität des Täters nicht preisgeben möchte, zu groß ist die Angst vor weiterem Terror durch den Täter und dessen Freunde."

Werden sie mir auflauern? In dieser Tonart geht es weiter: "Ähnlich geht es auch Schulleitern und Schulleiterinnen, Lehrern und Lehrerinnen. Neben der Angst vor dienstrechtlichen Konsequenzen fürchtet man sich vor allem vor den Eltern, der Familie oder den Freunden der Täter. Werden sie mit Gewalt reagieren, mir privat auflauern, das Auto demolieren, oder Ähnliches?"

Ein 10-köpfiges "Islamisten-Netzwerk" wurde laut Innenministerium im Herbst 2024 in St. Pölten aufgedeckt und ausgehoben
Ein 10-köpfiges "Islamisten-Netzwerk" wurde laut Innenministerium im Herbst 2024 in St. Pölten aufgedeckt und ausgehoben
Helmut Fohringer / APA / picturedesk.com

Netzwerk aus 13- bis 15-Jährigen Die Politik ist auf diesen Zug inzwischen medienwirksam aufgesprungen. So liest man auf der Homepage des Innenministers, dass das "Landesamt für Staatsschutz und Extremismusbekämpfung Niederösterreich (LSE NÖ)" im vergangenen Oktober in St. Pölten ein 10-köpfiges "IS-Netzwerk" enttarnt habe. Außer der Kopf der Bande, ein im März 2023 als "IS-Sprayer von St. Pölten" zu 5 Jahren Haft verurteilter 20-jähriger nordmazedonischer Staatsangehöriger, seien alle anderen "Mitglieder des Netzwerkes" noch Schüler – zwischen 13 und 15 Jahre alt.

Ist schon in der Schule aufgefallen Bei einem der 15-Jährigen, der sich auch als "Rekrutierer" betätigt haben soll, sei die "Radikalisierung durch Kleidung, einen IS-Ring und seine Ablehnung von weiblichem Lehrpersonal in der Schule" aufgefallen, hieß es bei der Pressekonferenz zu diesem Fahndungserfolg.

Spezielle Ausbildung für 200 Beamte "Um also in den Schulen Präventionsarbeit leisten zu können", so Innenminister Gerhard Karner wenige Wochen später im Kurier, hätten bereits 160 Beamte "eine spezielle Ausbildung abgeschlossen", weitere 40 würden folgen. Ziel sei es, nicht nur Schüler, sondern auch Lehrer und Eltern gegen politischen und religiösen (gemeint: islamischen) Extremismus zu wappnen. Bundesweit seien im Vorjahr 260 solcher Präventionsworkshops abgehalten worden. Etwa 10.000 Schüler und Lehrer habe man dadurch erreicht.

Auf den Anti-Islam-Zug aufgesprungen: Innenminister Gerhard Karner
Auf den Anti-Islam-Zug aufgesprungen: Innenminister Gerhard Karner
Helmut Graf

Und antisemitisch sind sie auch Der Kurier besuchte die 5. Klasse des BRG Bad Vöslau-Gainfarn, die sich für einen solchen Workshop angemeldet hatte. Da ging es dann um nationalsozialistische Wiederbetätigung. Mit dem Islam, so ein Spin von FPÖ und ÖVP, habe man nämlich gleichzeitig auch den Antisemitismus in Österreichs Schulen importiert.

"Alles Gute Opa" nicht am 20. April Ein Beispiel hatte der Referent schnell zur Hand. Wenn jemand beispielsweise, so informiert er, an einem 20. April per WhatsApp ein Bild von Adolf Hitler aus dem Geschichtebuch mit dem Text "Alles Gute Opa" versende, sei das nach dem NS-Verbotsgesetz strafbar, weil es sich um den Geburtstag Hitlers handle. Ebenso, wenn man sich über den Holocaust lustig mache: "Das sind kein Kavaliersdelikte. Sofern ihr strafmündig seid, sitzt ihr dann vor einem Geschworenengericht."

Mit der Keule auch auf Fleißige Von manchen Politikern wird hier, medial flankiert, die große Keule geschwungen. Das verursacht Kollateralschaden. Was Schuldirektor Christian Klar nur schwer über die Lippen kommt – nämlich der Satz: "Durchaus berechtigt ist die Befürchtung, durch diese realen Erzählungen und Situationsbeschreibungen zugewanderten Menschen zu schaden, die großen Integrationswillen haben, fleißig sind, ein positiver Teil unserer Gesellschaft sein wollen" –, ist für einen anderen Schuldirektor Credo.

Islamistischer Antisemitismus: Gedenkkundgebung der Israelitischen Kultusgemeinde für die israelischen Opfer des Hamas-Terrors am 7. März 2024 in Wien
Islamistischer Antisemitismus: Gedenkkundgebung der Israelitischen Kultusgemeinde für die israelischen Opfer des Hamas-Terrors am 7. März 2024 in Wien
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Die Religion ist nicht das Problem Horst Pintarich, der viele Jahre Wiener Brennpunkt-Volksschulen leitete – unter anderem die größte Wiens, die durch den Film "Favoriten" österreichweit Bekanntheit erlangte –, ist seit einem Jahr "Schulqualitätsmanager" im 10. Bezirk. Als solcher ist er jetzt gemeinsam mit einer Kollegin schulbehördlich für 60 Schulen "zuständig". Dem Falter sagte er schon vor längerer Zeit: "Unsere Probleme sind nicht religiöser Natur, auch wenn das vielleicht viele glauben mögen."

Wer hat das Wasser geschaffen? Allah! Als ihn Redakteurin Nina Brnada besucht, führt er sie auch in eine Religionsstunde "Islam". Sie hält fest: "Die 1D singt die Schahada, das islamische Glaubensbekenntnis. Die Islamlehrerin redet über Mohammeds Eltern und sein Leben als Waisenkind. Und wenn sie fragt, wer das Wasser geschaffen hat, dann antworten alle Kinder im Chor: 'Allah'".

Der Nikolo war nie ein Problem Pintarich noch einmal: "Das sind nicht unsere Probleme. Nicht der Nikolo, denn der kommt jedes Jahr und keiner hat sich je beschwert. Auch nicht, dass Kinder aus Glaubensgründen nicht mitturnen oder die Mädchen nicht den Schwimmunterricht besuchen würden. Und auch schon vor dem Kopftuchverbot an Volksschulen (Anm.: inzwischen aufgehoben) haben lediglich fünf unserer Schülerinnen Kopftuch getragen." Horst Pintarich ist mit diesem Zugang das Pendant zu Christian Klar.

Die im sehenswerten Dokumentarfilm "Favoriten" porträtierte Volksschule in Wien 10 war lange die Wirkungsstätte von Horst Pintarich
Die im sehenswerten Dokumentarfilm "Favoriten" porträtierte Volksschule in Wien 10 war lange die Wirkungsstätte von Horst Pintarich
Filmladen

Die ganz große Sprachlosigkeit Ich treffe Horst Pintarich in einem Café in Favoriten. Wie sei das also nun mit den importierten Problemen?, spreche ich ihn auf die Falter-Reportage an. Pintarich: "Bei der Zuwanderung ist das wirkliche Problem die ganz große Sprachlosigkeit." Und er erzählt von seiner alten Schule mit sechs 1. Klassen, von der 1a bis zur 1f und mit insgesamt 1.340 Kindern. Zwei Drittel von diesen seien mit mangelhaften Deutschkenntnissen gestartet. "Das waren aber nicht Kinder, die kürzlich nach Österreich gezogen sind, nicht die syrischen oder afghanischen Flüchtlinge, sondern solche, die schon hier geboren sind."

Irgendwo ist der Hund begraben Und weiter: "Es sind Kinder, die in Österreich aufwachsen, die hier in den Kindergarten gegangen sind. Ich frage mich oft, warum das so ist. Irgendwo liegt der Hund begraben. Manchmal erlebe ich völlig sprachlose Kinder. Sie sprechen nicht nur schlecht Deutsch, sie haben auch ihre jeweilige Muttersprache nicht präsent."

"Führt aber nicht eben Sprachlosigkeit oft zu Gewalt?" Ja, sagt Pintarich, es gebe Einzelfälle von Gewalt. Aber es seien nie mehr als eine Handvoll Schüler, alle in Schulen mit extremen Herausforderungen, die ernsthaft Probleme bereiteten. Und es steckten jedes Mal tragische Geschichten und Biographien dahinter.

Fans des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan feiern dessen Wiederwahl im Frühling 2023 am Reumannplatz in Favoriten – das Zentrum des 10. Bezirks steht in den Augen vieler Wiener für alles, was in Sachen Integration schief läuft
Fans des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan feiern dessen Wiederwahl im Frühling 2023 am Reumannplatz in Favoriten – das Zentrum des 10. Bezirks steht in den Augen vieler Wiener für alles, was in Sachen Integration schief läuft
SAMUEL WINTER / APA / picturedesk.com

Dann steht der Syrer wieder in der Zeitung Das Schlimme dabei sei, so Pintarich, "dass diese paar Fälle, so schlimm sie mitunter sein mögen, die gesamte mediale Wahrnehmung bekommen, während die Hunderten und Tausenden von Schülern aus Zuwandererfamilien, die keine Probleme machen, die sich Jahr für Jahr bemühen, um weiterzukommen, die lernen und sich wirklich abmühen, dass die nicht wahrgenommen werden." Und noch einmal: "Da läuft monatelang alles gut, aber dann macht einer aus Syrien oder Afghanistan wieder eine Dummheit, die sofort in der Zeitung steht, und alle anderen Syrer und Afghanen sind wieder unter Generalverdacht."

Die angebliche Gruppenvergewaltigung Unter mehr als nur "Dummheit" fällt die landauf landab als "Gruppenvergewaltigung" bezeichnete Serie an sexuellen Missbräuchen an einer zum Tatzeitpunkt 12-Jährigen in Wien-Favoriten durch 20 Schüler und Jugendliche, großteils zwischen 13 und 16 Jahre alt, durch die Bank mit Migrations-Hintergrund, die meisten mit syrischen und türkischen Wurzeln. Gleich vorweg: Von "Gruppenvergewaltigung" kann heute, ein Jahr und zwei Freisprüche später, nicht mehr gesprochen werden.

Die römische Göttin Justitia im Justizpalast in Wien: Im Zweifel für den Angeklagten
Die römische Göttin Justitia im Justizpalast in Wien: Im Zweifel für den Angeklagten
Michael Gruber / EXPA / picturedesk.com

Zwei Freisprüche Die Begründung für die beiden Freisprüche durch Strafgerichte in Wien, verkürzt dargestellt: Für keinen der beiden Burschen, beide zum Tatzeitpunkt 15 Jahre alt, beide aus Syrien, sei erkennbar gewesen, dass das Mädchen mit den sexuellen Handlungen – einmal Geschlechts-, einmal Oralverkehr – letztlich nicht einverstanden gewesen wäre. Daher mussten beide im Zweifel freigesprochen werden.

Es wird wohl nicht der letzte sein Dazu muss ich sagen: Als langjähriger Prozessberichterstatter (für die "Kronen Zeitung" in den 1980er-Jahren) hatte ich ähnliche Urteile erwartet – und erwarte sie in der Causa "Gruppenvergewaltigung" auch für die allermeisten noch offenen Verfahren (siehe Jugendliche: Das Strafrecht löst nichts).

Kann man aber auch anders sehen Tatsächlich hatte für den Tatbestand der Vergewaltigung meiner Einschätzung nach juristisch nie Evidenz bestanden. Auch wenn das nicht alle so sehen. Die Rechtsanwältin Katharina Braun schrieb in einem Gastkommentar im Kurier am 15. Jänner: "Die gegenständliche Urteilsbegründung (…) wird von vielen als Richtungswechsel in der Rechtsprechung dergestalt verstanden, dass es nun zur Legitimierung eines von der Frau nicht gewollten Sex ausreicht, im Nachhinein zu behaupten, die Frau habe sich halt dann irgendwie "überreden" lassen.

Maßte sich eine "Nachverurteilung" der österreichischen Justiz in einem Vergewaltigungsfall an: Tech-Milliardär Elon Musk
Maßte sich eine "Nachverurteilung" der österreichischen Justiz in einem Vergewaltigungsfall an: Tech-Milliardär Elon Musk
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Vorverurteilung durch Medien Ich konnte mich des Eindrucks jedenfalls nie erwehren, dass der Umstand, dass es sich bei den "Tätern" um Ausländer der bestimmten Art handelte (Syrer, Türken, Mazedonier, etc.), zu einer medialen Vorverurteilung par excellence geführt hat. So wie derselbe Umstand später zur medialen Nachverurteilung führte.

Nachverurteilung durch Elon Musk Nach dem zweiten Freispruch maßte sich sogar Tech-Milliardär Elon Musk an, die Richtersprüche als Fehlurteile zu kritisieren; Und auch Herbert Kickl gab auf heute.at seinen Senf dazu: "Sollten wir Regierungsverantwortung übernehmen, werden wir alles Erdenkliche unternehmen, damit es schleunigst zu einer völligen Trendumkehr in der Asyl- und Migrationspolitik kommt. Der illegalen Massenzuwanderung, die so viel Unheil gebracht hat, wird ein Riegel vorgeschoben!"

Bitterer Nachgeschmack bleibt Wobei das mit der "Massenzuwanderung" und dem "Unheil" so deplatziert nicht ist. Was nach den Freisprüchen nämlich bleibt, ist ein sehr bitterer Nachgeschmack: Denn hatten die Schüler – wie gesagt überwiegend muslimisch kultiviert – die heute 13-jährige rein rechtlich auch nicht vergewaltigt, so sind sie mit ihr doch umgegangen, umgesprungen wie mit einem "Ding", dessen man sich rücksichtslos bedient: Würde? Mitgefühl? Nicht für Kuffar.

Rücksicht? Mitgefühl? In der verdrehten Welt selbsternannter islamischer "Sittenwächter" stehen diese Werte Ungläubigen ("Kuffar") nicht zu
Rücksicht? Mitgefühl? In der verdrehten Welt selbsternannter islamischer "Sittenwächter" stehen diese Werte Ungläubigen ("Kuffar") nicht zu
Dwi Anoraganingrum / Action Press / picturedesk.com

Bedrängt, verwendet, weitergereicht Das Opfer wurde überredet, bedrängt, gedrängt, verwendet, weitergereicht. Die Täter haben damit ein weiteres Gesicht von "religiös motivierter Gewalt" gezeigt. Rücksicht? Mitgefühl? Ist für sie "in der kulturellen Fremde" unter die Räder gekommen. Das Recht einer Frau auf sexuelle Selbstbestimmung? Gibt es vielleicht, wenn überhaupt, sofern sie sich "halal" verhält. Die Würde eines Menschen? Gilt für Kuffar nicht.

Das ist religiös motivierte Menschenverachtung. Von dieser Schuld wird man keinen der 20 freisprechen können.

* Wie stets, verwende ich die weibliche und männliche Form willkürlich wechselnd, alle anderen sind jeweils freundlich mit gemeint

Nikolaus "Niki" Glattauer, geboren 1959 in der Schweiz, lebt als Journalist und Autor in Wien. Er arbeitete von 1998 an 25 Jahre lang als Lehrer, zuletzt war er Direktor eines "Inklusiven Schulzentrums" in Wien-Meidling. Sein erstes Buch zum Thema Bildung, "Der engagierte Lehrer und seine Feinde", erschien 2010

Akt. Uhr
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