X, Facebook, Insta
Hilfe! Wieso bin ich plötzlich Follower von Trump & Melania?
Viele Menschen weltweit und auch in Österreich wunderten sich: Mit ihren Accounts auf Social Media folgten sie plötzlich dem neuen US-Präsidenten, seinem Vize und First Lady Melania – und das ohne ihr Zutun. Wie das geschehen konnte.
Familie kann man sich nicht aussuchen, Freunde in der Regel schon. Aber selbst das scheint nicht mehr ganz zu stimmen. Am Mittwoch tauchten plötzlich überall Nachrichten der Verwunderung auf. Nutzer etwa von X, Facebook oder Instagram war mitgeteilt worden, dass sie nun Donald Trump, Vizepräsident JD Vance und Melania Trump folgen. Die wenigsten wollten das.
Den Stein brachte "Distill Social" ins Rollen. Die in Michigan ansässige Grassroots-Organisation schrieb ausgerechnet auf X: "Facebook zwingt Konten dazu, Donald Trump zu folgen – das berichten Nutzer. Ihr jüngster Schritt riecht nach Verzweiflung – Nutzer zu zwingen, Trump zu folgen, ist ein eklatanter Verstoß gegen die Autonomie der Nutzer."
Daraufhin meldete sich Andy Stone zu Wort, er ist der Kommunikations-Direktor der Facebook-Mutter Meta. Der Pressesprecher versuchte die Sachlage zu erklären, aber wie so oft ins solchen Situationen erzeugte das mehr Fragen als befriedigende Antworten.
Stone ist in der Branche eine bekannte Größe Vor seinem Job bei Meta arbeitete er für den US-Senat, das Democratic Congressional Campaign Committee und den US-Kongress. In Abwesenheit wurde er in Russland zu sechs Jahren Straflager verurteilt. Er war der "Förderung des öffentlichen Aufrufs und der Rechtfertigung des Terrorismus" für schuldig befunden worden.
Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine hatte Meta im März zeitlich begrenzte Änderungen in den Hatespeech-Regeln auf Facebook bekannt gegeben. Man sei nachsichtig mit politischen Ausdrucksformen wie "Tod den russischen Invasoren", schrieb Stone. Also Straflager!
Seine nunmehrigen Äußerungen hatten damit nichts zu tun, erzeugten aber ebenso Wirbel. Trump dominiert den Medienmarkt in den USA derzeit in bisher nicht gekannter Weise, da ist jede Nachricht herzlich willkommen. Die Sache mit den Followern sei "Teil des Standardverfahrens bei einem Regierungswechsel", schrieb Stone, eine weitere Erklärung blieb aus.
Tatsächlich ist man in den USA nicht so schlampig wie in Österreich. Der Rechnungshof hatte hierzulande vor Kurzem die Vermischung von privaten und öffentlichen Accounts von Spitzenpolitikern kritisiert. In den Vereinigten Staaten gibt es dafür eine genau festgelegte Vorgangsweise. Wenn ein Präsident aus dem Amt geht, wird sein Auftritt auf Social Media archiviert, sein Nachfolger übernimmt.
Bisher fiel das Usern selten auf. Diesmal allerdings war das anders, da ging es schließlich um Donald Trump.
Der Ablauf ist auf allen Social Media-Portalen gleich, aber nehmen wir X. Hier betrieb Joe Biden bis zum Montag den offiziellen Account des US-Präsidenten, @POTUS46 (für den 46. Präsidenten der Vereinigten Staaten). Biden hatte etwas über 37 Millionen Follower.
Mit der Angelobung von Donald Trump ging der offizielle Account des Präsidenten auf Donald Trump über. Aus @POTUS46 wurde @POTUS46Archive, der gesamte Inhalt von Biden wurde quasi versiegelt, ist aber nach wie vor bis in die Vergangenheit lesbar. Biden wurde als Präsident mitsamt seinen 37 Millionen Followern eingefroren.
Den offiziellen Account des Präsidenten übernahm Donald Trump, er ist jetzt @POTUS. Trump musste bei null anfangen, hat aktuell aber schon über 1,6 Millionen Follower bei erst sechs Postings.
Trump hat natürlich noch seinen bisherigen X-Account unter @realDonaldTrump, hier hat er nicht ganz 100 Millionen Follower. Er war X, das damals noch Twitter hieß, im März 2009 beigetreten (und zwischendrin einmal gesperrt).
Es gibt natürlich auch noch den alten Trump aus der Zeit seiner ersten Präsidentschaft, @POTUS45. Der Account wurde am 8. Jänner 2021 eingefroren, alle Tweets bis dahin sind weiter zu lesen. Followerzahl: fast 31,5 Millionen.
Um das Ganze noch ein bisschen knuspriger zu machen, hat natürlich auch Joe Biden einen zweiten Account @Joe Biden, das ist sein privater, den kann er jetzt wieder frei nutzen. Der, laut Eigenbeschreibung, nunmehrige "husband to Dr. Biden, proud father and grandfather" hat 38,2 Millionen Follower.
Dieses Mischmasch, das eigentlich eine saubere Lösung ist, verwirrte viele. Denn sie waren Biden gefolgt. Da der offizielle Account aber nun von Trump betrieben wurde, folgten sie eben automatisch Trump. Oder JD Vance. Oder Melania Trump.
Deren X-Account ist nun auch neu, unter @Flotus (First Lady of the United States of America) hat sie rund 127.000 Folllower. Ihr ursprünglicher Account (3.6 Millionen Follower) wurde offenbar auch eingefroren.
Vermutet wurde allerdings eine Schützenhilfe für Trump von seinen neuen Techno-Kumpels und das sorgte für Erregung. Auch weil viele plötzlich vermehrt rechte Inhalt in ihrer Timeline gespült bekamen. Meta, die Mutter von Facebook und Instagram, trat dem entgegen. Das sei auch bei den vergangenen Präsidentschaften so abgelaufen.
Katie Harbath, eine ehemalige Facebook-Mitarbeiterin, postete auf Threads , dass ihr ehemaliges Team die Umstellung der Präsidentenkonten nach Trumps Sieg im Jahr 2016 eingerichtet habe und dass die Kontoübertragung auch im Jahr 2020 auf die gleiche Weise funktioniert habe.
Womit Meta derzeit tatsächlich ein Problem hat: Bestimmte politische Schlagworte funktionieren momentan nicht. Wer Hashtags wie #democrat oder #democrats eingab, erhielten statt der Ergebnisse einen Hinweis, dass "wir diese Ergebnisse ausgeblendet haben" oder dass "Ergebnisse für den von Ihnen gesuchten Begriff möglicherweise sensible Inhalte enthalten".
Auch #Biden, #DNC (Democratic National Committee), #Harris oder #abortion (Abtreibung) führten ins Nichts.
Facebook-Chef Mark Zuckerberg hatte zuletzt mit einem Video für Verstörung gesorgt. Darin kündigte er an, auf der Plattform für "mehr Meinungsfreiheit" zu sorgen, also mehr Hassbotschaften und Fake News zuzulassen. Das System der Faktenchecker werde abgeschafft. Viele interpretierten das als Kniefall vor Trump.
Andy Stone, Kommunikationsdirektor von Meta, stritt das ab. Es gebe "ein Problem, das die Suche nach einer Reihe verschiedener Hashtags auf Instagram beeinträchtigt – nicht nur nach denen auf der linken Seite. Wir arbeiten schnell daran, das Problem zu lösen."
User glauben das nicht wirklich. Die Suche nach #republicans liefert nämlich weiterhin über 3,3 Millionen Ergebnisse.