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Hotzenplotz! Warum Schule nicht mehr Preußler heißen will
Der Kinderbuch-Starautor ist wegen seiner Vergangenheit in Verruf geraten. Ein Gymnasium in Bayern will nun den Namenspatron loswerden.
Noch ist nichts passiert. Ab 11. März lädt das Otfried-Preußer-Gymnasium in Pullach bei München zum "Oberstufentheater", gegeben wird das Stück "(K)ein Mord in Aussicht". Das mag stimmen, aber die Schule in Oberbayern hat tatsächlich etwas in Aussicht. Eine Umbenennung nämlich. Zehn Jahre nach der Namensgebung will sie den Beinamen "Otfried Preußler" lieber heute als morgen loswerden. Die Debatte dazu bewegt seit rund einer Woche Deutschland und das nicht nur ein bisschen, sondern ziemlich.
Hexen und Räuber Otfried Preußler kennt so gut wie jedes Kind. Seine Bücher gehören zu den Leseklassikern der Jugend: Die drei Bände des "Räuber Hotzenplotz", erschienen ab 1962, mehrfach verfilmt und auf der Bühne aufgeführt, "Die kleine Hexe", die schon 1957 auf den Markt kam, "Das kleine Gespenst". Generationen fanden in den Werken des Autors, geboren 1923 in der damaligen Tschechoslowakei, den ersten Lesestoff. Preußler starb 2013 am Chiemsee, kurz danach wurde das Gymnasium in Pullach mit seinem Namen geschmückt. Und dieser Zierrat soll nun wieder weg.
Alle sind für Umbenennung Lehrerkonferenz, der Elternbeirat und der Schülerausschuss haben sich bereits darauf geeinigt, auch der Pullacher Gemeinderat zieht mit. 16 der 18 Gewählten stimmten dafür. Aber auch in Deutschland darf eine Schule nicht so einfach heißen wie sie heißen mag, dafür gibt es einen Instanzenzug, also wird es wohl nicht dauern. Am Ende muss das Kultusministerium seinen Segen geben, der Antrag dazu liegt noch nicht vor. Das Staatsministerium wird von der Partei "Freie Wähler" geführt.
Preußler bejubelte Hitlerjugend Es bleibt also noch Raum für Debatten und der wird eifrig genutzt. Die Erregung dreht sich vor allem um ein Jugendwerk Preußlers. Mit 17 Jahren schrieb er zwischen 1940 und 1942 "Erntelager Geyer", er bejaht darin vor allem die Werte der Hitlerjugend. Nun ließe sich einwenden, dass der Lebenswandel der "Kleinen Hexe" durchaus als anarchistisch bezeichnet werden kann und der "Räuber Hotzenplotz" jetzt auch nicht gerade den Idealtypus eines Nazihelden verkörpert, aber das fällt in der öffentlichen Abwägung wenig ins Gewicht.
Freiwillig in den Krieg Preußler war im Nazi-Deutschland drei Jahre lang als Offiziersanwärter an der Ostfront eingesetzt, saß fünf Jahre in sowjetischen Kriegsgefangenenlagern, magerte auf 40 Kilo ab. Er hatte sich freiwillig für die Wehrmacht gemeldet, sprach von einem "gerechten Krieg", seine Begeisterung war greifbar. "Ostern werden wir vereidigt und ich hoffe nun bald ebenfalls hinaus ins Feld zu kommen. Heil Hitler", schrieb er in einem Brief an einen Freund.
"Fragwürdige Lösung" Für das Pullacher Gymnasium war aber die Glorifizierung der Hitlerjugend nicht der allein ausschlaggebende Grund, warum nun die Notbremse gezogen werden soll. "Problematisch für die Lernenden erscheinen auch die in einigen Werken dargestellten fragwürdigen Konfliktlösungsstrategien durch Gewalt und/oder Hexerei“, zitiert die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" die Schulleitung. Preußler-Anhänger entgegnen, dass der Autor gerade in "Krabat" gute Lösungen aufgezeigt habe.
In Deutschland tragen 22 Schulen den Namen von Otfried Preußler im Titel. Reichenberg, das heutige Liberec, die Heimatstadt des Autors, will den berühmten Sohn nun mit einer Auszeichnung ehren.