pariser Rocky
"Macron hat das nicht so im Griff wie Putin"
Der französische Präsident inszeniert sich auf neuen Fotos als Boxer. Polit-Experte Josef Kalina erklärt, warum das "sehr problematisch" ist.
It's a Man's Man's Man's World. Wir sehen Emmanuel Macron, er trägt die Grübchen von Jean Paul Belmondo, den Gesichtsausdruck von Sylvester Stallone und den Bizeps von Dwayne "The Rock" Johnson. Rocky "The Rock" Macron schlägt auf einen Boxsack ein, die Adern am Arm sind am Platzen, Oberarm und Schulter haben Größe und Form eines Osterschinkens für eine fünfköpfige Familie. Appetit hat Rocky "The Rock" Macron auch, zumindest geben seine gefletschten Zähne diesen Eindruck her, vielleicht wurde der Boxsack vorher mit irgendetwas eingerieben.
Immerhin ein T-Shirt Inszenierungen wie diese kannte man bisher nur von Wladimir Putin, der seinen Oberkörper immer wieder zur Schau stellt. Beim Angeln, beim Reiten, beim Bootfahren inmitten der Natur – die angespannte Versorgungslage im Russland hat offenbar dazu geführt, dass der 87-Prozent-Präsident zu 100 Prozent mit nacktem Oberkörper zu sehen ist. Rocky "The Rock" Macron hat immerhin ein schwarzes T-Shirt an.
Leibfotografin wie bei Obama Am Donnerstag fanden die neuen Fotos des französischen Staatspräsidenten ihre Verbreitung. Sie sind in schwarz-weiß gehalten und wurden über die Medienkanäle von Soazig de la Moissonnière verteilt. Sie ist die offizielle Leibfotografin von Macron, hat ihn schon mit weit aufgeknöpftem Hemd abgelichtet oder mit Hoodie im Élysée-Palast. Die 42-Jährige arbeitete bereits 2016 (geheim) für Macron, seit 2017 ist sie die offizielle "Fotografin der Präsidentschaft der Republik", diesen Job gab es vor ihr nicht.
"Ich finde die Bilder sehr problematisch", sagt Josef Kalina. "Macron hat das - anders als Putin – nicht so im Griff. Er kann nicht kontrollieren, ob diese Fotos überbordender Männlichkeit von allen Medien so positiv bis heldenhaft gezeigt beziehungsweise interpretiert werden, wie das wohl gewünscht ist." Kalina kennt das Politikgeschäft von beiden Seiten. Der nunmehrige Agenturbesitzer ("Unique Relations") war Sprecher von Bundeskanzler Viktor Klima, dann Reporter bei der "Kronen Zeitung", später Kommunikationschef der SPÖ.
Kalina rätselt, was der tiefere Sinn der Inszenierung sein soll. "Macron kommt bestenfalls kämpferisch rüber und als Mann mit festem Bizeps. Aber ich habe Zweifel, ob das positiv ist", sagt er. "Die Kehrseite ist eine große Verbissenheit und ein unsympathischer Gesichtsausdruck. Wenn er Pech hat, wird es ihm als Hang zur Brutalität ausgelegt."
Macron hat aber offenbar eine Mission Er will sich als der wahre Gegenspieler von Wladimir Putin in Europa positionieren, auf dieses Ziel arbeitet er seit Wochen, wohl seit Monaten hin. Mit Worten und Botschaften, jetzt eben auch visuell. Am 27. Februar hatte er die Welt am "Ukraine-Gipfel" in Paris mit der Festlegung überrascht, dass er sich nicht festlegen wolle, ob nicht doch die Entsendung westlicher Truppen in die Ukraine eine gute Idee wäre. Den 21 anwesenden Regierungschefs, Österreichs Kanzler Karl Nehammer inklusive, klappten die Kinnladen runter.
Sololauf ohne Deutschland Seither ist Macron hyperaktiv, was das Ausfüllen seiner neuen Rolle betrifft. Seit dem Abgang von Angela Merkel als deutsche Kanzlerin hat die EU keine weltweit anerkannte Führungskraft mehr, genau diese Schuhe will sich der französische Präsident jetzt anziehen. Den deutschen Kanzler hat er am Weg verloren, dessen Landsleuten ist vielleicht noch gar nicht so bewusst, wie ihre Bedeutung schwindet. Das wird nicht besser werden, wenn der nächste US-Präsident Donald Trump heißt und Europa lernen wird müssen, auf eigenen Beinen zu stehen. Auf den Beinen von Macron.
Fälschung wie bei Kate? Abseits der politischen Debatte beschäftigt das einschlägige Publikum vor allem der Bizeps von Rocky "The Rock" Macron. Kann der echt sein? Wurde er von Photoshop aufgeblasen? Im vergangenen Jahr hatte Ehefrau Brigitte Macron in einem Interview mit "Paris Match" enthüllt, dass ihr Präsident zweimal pro Woche boxe. Möglicherweise übt er für die Olympischen Spiele, die im Sommer in Paris stattfinden. Und vielleicht kommt ja Putin auch.