Wieder da!

Masern-Ausbruch: Muss ich mir jetzt auch Sorgen machen?

In den USA gab es das erste Masern-Todesopfer seit 10 Jahren, in Österreich sind die Infektionszahlen massiv gestiegen. Die Masern sind zurück – und mit ihnen die Angst vor den oft verheerenden Langzeitfolgen der Krankheit. Wo wir stehen, was wir jetzt tun müssen.

Für die Ansteckung reicht es, wenn jemand Infizierter zwei Stunden vor einem im selben Raum gewesen ist
Für die Ansteckung reicht es, wenn jemand Infizierter zwei Stunden vor einem im selben Raum gewesen ist
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Martin Kubesch
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Outbreak in Texas. Der US-Bundesstaat kämpft mit einem massiven Masern-Ausbruch. Laut aktuellen Zahlen gibt es bislang 146 Fälle, 20 Patienten mussten stationär ins Krankenhaus, Ende Februar starb ein Kind im Schulalter an der Virusinfektion.

Es war der erste Masern-Todesfall in den USA seit 10 Jahren und überhaupt das erste Mal seit 2003, das ein Kind der Krankheit erlag. Die US-Gesundheitsbehörde CDC (Centers for Disease Control and Prevention) ist vor Ort und unterstützt die örtlichen Behörden bei der Eindämmung der Krankheit.

Masern in den USA eigentlich ausgerottet Dieser heftige Ausbruch in Texas ist umso erstaunlicher, weil die Masern in Amerika als so gut wie ausgerottet galten. Dank einer strengen Impf-Disziplin in der Vergangenheit, konnte das Virus beinahe auf dem gesamten Kontinent eliminiert werden. Doch nun meldet es sich umso brutaler zurück – und die Gesundheitsbehörden sind derzeit machtlos.

Masern-Schutzimpfung für den 14 Monate alten Niko Turner im Public Health Department von Lubbock, Texas. Die Durchimpfungsrate in den USA ist zuletzt deutlich gesunken
Masern-Schutzimpfung für den 14 Monate alten Niko Turner im Public Health Department von Lubbock, Texas. Die Durchimpfungsrate in den USA ist zuletzt deutlich gesunken
JAN SONNENMAIR / AFP Getty / picturedesk.com

Österreich Masern-Hotspot in Europa In Europa ist Österreich derzeit einer der größten Masern-Hotspots. 2024 gab es bei uns insgesamt 542 Fälle, 120 Personen mussten im Krankenhaus behandelt werden. Und alleine in den ersten beiden Monaten 2025 wurden weitere 53 Masernfälle im Land gezählt. Damit liegt Österreich im EU-Spitzenfeld, was Masern-Infektionen betrifft. Hochgerechnet auf die Gesamtbevölkerung (Österreich 9,1 Millionen – Texas 31 Millionen), hat Österreich sogar mehr Infektionen als der Lone Star State.

Weshalb die Masern derzeit so heftig wüten, was die Krankheit so gefährlich macht, wie groß die Gefahr für jeden Einzelnen ist und wie man sich am besten dagegen schützt – hier die wichtigsten Fakten im Überblick:

Okay, die Basics zuerst: Was sind Masern?
Eine hoch ansteckende Viruserkrankung, die unterschiedliche Symptome hervorrufen kann. Die Masern sind dermaßen ansteckend, dass nahezu jeder Mensch, der mit dem Erreger in Berührung kommt und nicht dagegen geschützt ist, daran erkrankt.

Welche Symptome hat man, wenn man erkrankt?
Der Krankheitsverlauf hat zwei Phasen. "Zum einen kommt es nach 7 bis maximal 21 Tagen zu der sogenannten katarrhalischen Phase", erklärt Mediziner Andreas Reich. Er ist bei der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit AGES Experte für Viruserkrankungen. "Da hat man Fieber, Husten, Schnupfen, Bindehautentzündung und es können im Mund in der Wangenschleimhaut Kalkspritzer-artige Flecken, sogenannte Koplik-Flecken, auftreten."

3D-Darstellung eines Masern-Virus (violett) mit einer Blutzelle
3D-Darstellung eines Masern-Virus (violett) mit einer Blutzelle
Getty Images

Und der typische Ausschlag?
Das ist die zweite Phase der Krankheit. Andreas Reich: "Nach weiteren 3 bis 4 Tagen, kommt es zum typischen Masern-Exanthem, das ist ein fleckig-knotiger Ausschlag, der am Kopf anfängt, sich dann über den ganzen Körper und zum Schluss an den Extremitäten, also auch auf den Armen und Beinen, ausbreitet und in der gleichen Reihenfolge nach 3 bis 7 Tagen wieder verschwindet."

Kann man sich nur bei Menschen anstecken, oder gibt es auch andere Überträger?
Das Virus wird nur von Mensch zu Mensch übertragen. Wenn erkrankte Personen husten oder niesen, werden infektiöse Viruspartikel als Tröpfchen ausgeschieden. Diese können mehrere Stunden in der Luft zirkulieren und auf Oberflächen bis zu zwei Stunden überleben.

Braucht es also keinen direkten Kontakt, um sich anzustecken?
Nein, es reicht aus, dass eine an Masern erkrankte Person zwei Stunden vor einem in einem Raum gewesen und längst wieder weg ist, ehe man selbst diesen Raum betritt, erläutert AGES-Experte Reich. "Ist man gegen Masern nicht geschützt, kann man sich so infizieren."

Ist man die ganze Zeit über auch ansteckend?
Nein, infizierte Personen gelten ab etwa vier Tagen vor bis vier Tage nach Auftreten des charakteristischen Ausschlags als ansteckend. Die höchste Ansteckungsgefahr besteht vor Auftreten des Hautausschlags, die 2 bis 4 Tage andauert und durch starkes Husten charakterisiert ist. Alles Details dazu finden sich auf der AGES-Homepage.

Der typische rote Masern-Ausschlag juckt teuflisch, Salben bringen Linderung
Der typische rote Masern-Ausschlag juckt teuflisch, Salben bringen Linderung
Getty Images

Klingt unangenehm, aber nicht besonders gefährlich …
Das täuscht, denn bei etwa jeder dritten Masern-Infektion kommt es zu Komplikationen, die sehr gefährlich werden können.

Was kann geschehen?
"Diese Komplikationen können vielseitig sein", so AGES-Mediziner Reich. "Zum einen können Patienten Infektionen am Ohr entwickeln, eine Mittelohrentzündung zum Beispiel. Eine weitere Komplikation ist Durchfall. Es kann auch zu Lungenentzündungen kommen, zum einen durch die Viren selbst, oder durch darauf aufgesetzte bakterielle Infektionen."

Weiters könne es zu Schädigungen der Hornhaut kommen, vor allem in Ländern, wo Kinder Vitamin-A-Mangel haben. Reich: "Am gefährlichsten ist aber, wenn sich eine Gehirnentzündung entwickelt." Davon ist etwa einer von 1.000 Fällen betroffen und es kann dadurch zu Langzeitfolgen und sogar zum Tod kommen.

Gibt es noch weitere Nebenwirkungen?
Ja, die allerschlimmste ist eine Entzündung des gesamten Gehirns. Dieser Krankheitsverlauf ist immer tödlich.

Das klingt ja schrecklich! Was passiert da?
"Diese sogenannte subakute sklerosierende Panenzephalitis tritt nicht sofort auf, sondern oft erst nach mehreren Jahren", so Virus-Spezialist Andreas Reich. "Das ist eine Entzündung des gesamten Gehirns, das sich dabei mehr oder weniger zersetzt."

Im Covenant Children's Hospital im texanischen Lubbock starb Ende Februar ein Kind im Schulalter an einer Masern-Infektion. Es war der erste Masern-Todesfall in den USA seit 10 Jahren
Im Covenant Children's Hospital im texanischen Lubbock starb Ende Februar ein Kind im Schulalter an einer Masern-Infektion. Es war der erste Masern-Todesfall in den USA seit 10 Jahren
Mary Conlon / AP / picturedesk.com

Und dagegen kann man gar nichts tun?
Nein, gegen diesen Verlauf gibt es keine Therapie.

Wie häufig tritt diese Nebenwirkung auf?
"Laut Berechnungen der MedUni Wien, besteht statistisch bei einem von 650 Säuglingen, also Kindern unter einem Jahr, das Risiko, daran zu erkranken", erläutert AGES-Mediziner Reich.

Und lässt sich eingrenzen, wer daran erkrankt?
Die Gefahr, daran zu erkranken, ist umso größer, je jünger das Kind zum Zeitpunkt der Infektion ist. Kinder, die kurz nach der Geburt oder im ersten Jahr mit Masern-Viren infiziert werden, sind am gefährdetsten.

Wie viel später kann diese Nebenwirkung auftreten?
"Das kann schon einige Jahre später sein", sagt Andreas Reich. "Aber man muss nicht denken, dass jetzt in einem eine tickende Zeitbombe existiert, weil man vor Jahrzehnten eine Masern-Infektion durchgemacht hat", beruhigt der Mediziner.

Tödliche Nebenwirkungen: Laut Berechnungen der MedUni Wien liegt das Risiko, nach einer Masern-Infektion an einer Panenzephalitis zu erkranken, für Kinder, die sich bereits im 1. Lebensjahr mit Masern infizieren, bei 1:650.
Tödliche Nebenwirkungen: Laut Berechnungen der MedUni Wien liegt das Risiko, nach einer Masern-Infektion an einer Panenzephalitis zu erkranken, für Kinder, die sich bereits im 1. Lebensjahr mit Masern infizieren, bei 1:650.
AKH Wien/Christian Hudek / OTS

Aber gibt es ein Alter, ab dem man sicher davor ist?
Virus-Experte Andreas Reich: "Soweit ich weiß sind Fälle, wo das erst nach 20, 30 Jahren auftritt, sehr selten. Ich kenne Beschreibungen, dass das auch nach fünf bis sechs Jahren noch auftreten kann. In den meisten Fällen sind das Kinder, die im Säuglingsalter oder im sehr jungen Alter eine Maserninfektion hatten, bei denen sich nach einigen Jahren so eine Panenzephalitis entwickeln kann. Aber ich denke, nach 30, 40 Jahren passiert das eher nicht mehr."

Ist Masern eigentlich meldepflichtig?
Ja, Masern ist in Österreich eine meldepflichtige Krankheit. Laut dem Epidemiegesetz müssen sowohl Verdachts-, Erkrankungs-, als auch Todesfälle von Masern den Gesundheitsbehörden gemeldet werden. Die Meldung erfolgt durch Ärzte, Labore und Krankenhäuser an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde oder das Gesundheitsministerium.

Und gibt es eine spezielle Behandlung gegen Masern?
Nein, eine spezifische Therapie gibt es nicht, es können nur die jeweiligen Symptome gelindert werden. Bei einer bakteriellen Superinfektion in Folge einer Maserninfektion kommen Antibiotika zum Einsatz.

Wie ist die aktuelle Infektionslage in Österreich?
Grundsätzlich stark steigend. In den Jahren 2021 und 2022 gab es jeweils nur einen Masernfall in Österreich. 2023 stieg die Zahl auf 186, 2024 waren es bereits 542. Und heuer hatten wir bis Ende Februar 53 Fälle, von denen fast jeder Dritte (15 Fälle) im Spital behandelt werden musste. Momentan gehen die Infektionszahlen zwar nach unten, aber es ist zu erwarten, dass sie nach Aschermittwoch wieder steigen. Mediziner Reich: "Es wird angenommen, dass der Fasching die Ausbreitung fördert, weil die Kinder da enger zusammen sind."

Die Schutzimpfung ist die einzige zuverlässige Möglichkeit, eine Masern-Infektion zu verhindern
Die Schutzimpfung ist die einzige zuverlässige Möglichkeit, eine Masern-Infektion zu verhindern
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Weshalb dieser starke Anstieg der Fälle?
Das hat ursächlich mit der Covid-Pandemie zu tun. Von 2020 bis 2022 waren Kinder sehr stark sozial isoliert, weshalb es kaum zu Ansteckungen kommen konnte. Gleichzeitig wurden aber weniger Schutzimpfungen verabreicht, was sich jetzt durch die hohen Infektionszahlen rächt. Und auch die Migration trägt das Ihre bei, da viele der Menschen, die zu uns kommen, ungeschützt sind.

Wer erkrankt eigentlich an den Masern? Nur Kinder?
Nein. 2024 war das Durchschnittsalter der Erkrankten 14 Jahre. 20 Prozent – also jeder fünfte Infizierte – waren älter als 30.

Wo steht Österreich im internationalen Vergleich?
"In Europa sind wir von der Inzidenz her vorne mit dabei", erläutert AGES-Mediziner Andreas Reich. "In Rumänien gab es einen sehr großen Ausbruch mit Tausenden Fällen. In Bosnien-Herzegowina gab es im letzten Jahr ebenfalls einen größeren Ausbruch. Aber es gibt sehr viele Länder weltweit, in denen die Fallzahlen derzeit nach oben gehen."

Ist das Masern-Virus eher ein Sommer- oder Winter-Virus?
"Es ist ist verhältnismäßig labil gegenüber Hitze und Licht", so Mediziner Reich, "deshalb sieht man die Infektionen gehäuft in den kälteren und dunkleren Monaten im Jahr."

In Texas wird massiv Stimmung für die Masern-Schutzimpfung gemacht
In Texas wird massiv Stimmung für die Masern-Schutzimpfung gemacht
Bob Daemmrich / Zuma / picturedesk.com

Aber wie schütze ich mich jetzt am besten gegen Masern?
Die beste Vorbeugung gegen Masern ist die Impfung. Und wer einmal eine Masern-Infektion durchgemacht hat, ist ebenfalls immun. Alle Infos rund um die Impfung bietet das Gesundheitsministerium auf seiner Homepage.

Wie funktioniert der Impfschutz?
"Es ist ein Lebendimpfstoff mit abgeschwächten Viren, der zusammen mit Mumps und Röteln gegeben wird", erläutert Andreas Reich. "Man gibt in Österreich die erste Impfung ab dem 9. Lebensmonat und die zweite ab drei Monate darauf. Wenn man die erste Impfung erst nach einem Jahr erhält, dann kann man die zweite Impfung schon ab vier Wochen darauf geben. Der Impfschutz funktioniert so, dass Antikörper gebildet werden, die vor Infektionen schützen. In der Regel sind solche Antikörper schon nach zwei Wochen nachweisbar und bei einem Großteil der Geimpften ist nach 3-4 Wochen von einem Schutz auszugehen."

Weshalb wird schon so früh geimpft?
Mediziner Andreas Reich: "Vor allem Säuglinge, aber auch Kleinkinder haben das größte Risiko eines schweren Verlaufs einer Masern-Erkrankung. Dadurch liegt natürlich der Gedanke nahe, sie möglichst frühzeitig durch eine Impfung zu schützen. Säuglinge, deren Mutter geimpft ist oder Masern durchgemacht hat, bekommen von der Mutter Antikörper mit. Allerdings weiß man nicht, wie lange dieser Schutz anhält und wie stark er ist, denn die Antikörper von der Mutter verschwinden wieder, das ist individuell sehr unterschiedlich."

Und eine Impfung zu diesem Zeitpunkt würde sich wie auswirken?
"Verabreicht man während dieser Zeit eine Masernimpfung, wirken diese mütterlichen Antikörper gegen das Impfvirus und die Impfung kann dadurch keinen langanhaltenden Schutz gewährleisten. Deshalb wird die erste Impfung erst ab dem vollendeten 9. Lebensmonat verabreicht." Um die Säuglinge auch während der Zeit zwischen dem Verschwinden der mütterlichen Antikörper und der ersten Impfung zu schützen, wäre es am besten, diese zu dieser Zeit gar nicht mit dem Masernvirus in Kontakt kommen zu lassen.

Die Masern-Schutzimpfung wird mit Wirkstoffen gegen Mumps und Röteln kombiniert
Die Masern-Schutzimpfung wird mit Wirkstoffen gegen Mumps und Röteln kombiniert
JAN SONNENMAIR / AFP Getty / picturedesk.com

Wie viele Impfungen benötigt man insgesamt?
Es braucht in der Regel zwei Impfungen.

Kann man sich auch  später, als Erwachsener, impfen lassen?
Ja. Wenn Personen gar nicht geschützt sind oder wenn in der Kindheit eine der zwei Impfungen versäumt wurde, könne man sich auch als Erwachsener jederzeit impfen lassen und dadurch schützen, so AGES-Experte Reich.

Und wenn man die Masern hatte?
Andreas Reich: "Dann ist man geschützt, denn man kann Masern in der Regel kein zweites Mal bekommen. Einen Schutz vor Masern bekommt man entweder durch eine durchgemachte Infektion, oder durch eine Impfung. Das ist der Vorteil gegenüber anderen Impfungen, etwa gegen Covid oder Influenza: Eine Masernimpfung schützt nicht nur von einem schweren Verlauf, sondern auch zuverlässig vor einer Infektion. Und das zu einem sehr hohen Prozentsatz."

Wenn ich eine Infektion durchgemacht habe, kann ich mich trotzdem noch impfen lassen?
"Wenn man Masern hatte und es mit einem Labornachweis bestätigt ist, dann braucht man sich nicht mehr gegen Masern impfen zu lassen", erklärt der AGES-Arzt. "Aber wenn man jetzt Masern schon hatte, Röteln und Mumps aber noch nicht, ist es kein Nachteil, wenn man sich trotzdem impfen lässt, das ist kein Problem. Es kann sogar wie ein Booster auf den Masern-Schutz wirken."

Gibt es irgendeine Altersgrenze, bis zu der es einen Sinn hat, sich impfen zu lassen?
Mediziner Andreas Reich: "Man kann davon ausgehen, dass Menschen, die um oder vor 1970 geboren worden sind, mit einer verhältnismäßig hohen Wahrscheinlichkeit selbst Masern durchgemacht haben und dadurch über diesen natürlichen Schutz verfügen. Wer danach geboren wurde, sollte sich impfen lassen, wenn er keine nachgewiesene Infektion durchgemacht hat."

Für die Masern-Schutzimpfung gibt es keine Alters-Obergrenze
Für die Masern-Schutzimpfung gibt es keine Alters-Obergrenze
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Aber wenn ich jetzt um oder vor 1970 geboren wurde und nicht sicher weiß, ob ich eine Infektion hatte: Soll ich mich dann sicherheitshalber impfen lassen? Oder einen Test machen, ob ich eventuell Antikörper habe?
"Letzteres wird schwierig", sagt der AGEs-Experte. "Denn man geht zwar davon aus, dass eine natürliche Infektion oder zwei Masernimpfungen eine lebenslange Immunität auslösen. Das heißt aber nicht, dass man die Antikörper auch bis zum Lebensende nachweisen kann. Es kann sein, dass diese deutlich zurückgehen oder vielleicht gar nicht mehr nachweisbar sind, obwohl ich immer noch geschützt bin. Ein Antikörpertest bringt also nicht unbedingt Sicherheit und wird in der Regel nicht von den Kassen bezahlt."

Wenn man auf der sicheren Seite sein möchte, dann könne man sich in jedem Alter gegen Masern impfen lassen, solle das aber vorher auch mit seinem Arzt besprechen.

Was kostet die Schutzimpfung?
In Österreich gar nichts, sie wird von der Gesundheitskasse bezahlt und ist an allen öffentlichen Impfstellen kostenlos erhältlich.

Wie hoch ist die Durchimpfungs-Rate gegen Masern in Österreich?
Nicht hoch genug, um eine sogenannte Herdenimmunität zu erreichen. Und vor allem in den letzten Jahren generell sinkend. Eine Evaluierung aus dem Jahr 2023 bescheinigte, dass 78 Prozent der 1-jährigen Kinder eine Schutzimpfung erhalten haben, zwei Schutzimpfungen hatten in dem Alter erst 42 Prozent. Erst bei 5-Jährigen steigt die Durchimpfungsrate für die 1. Dosis auf über 95 Prozent – der Wert, von dem Experten ausgehen, dass er erreicht werden muss, um eine Herdenimmunität zu erreichen. Die Rate für die 2. Impfdosis erreicht allerdings nie mehr als 93 Prozent (ebenfalls bei den 5-Jährigen).

Was bedeutet das?
Dass es bei uns viel zu viele gar nicht oder nur unzureichend geimpfte Kinder gibt, um Masern-Ausbrüche rasch wieder einzudämmen. Mediziner Andreas Reich: "Wenn ein Masernvirus kommt, und wir haben eine Durchimpfungsrate von 95 Prozent oder mehr, dann wird es nicht auf genügend Menschen treffen, auf die es übertragen werden kann und dann limitiert sich der Ausbruch von selbst. Davon sind wir aber weit entfernt momentan."

Seit Corona und den diversen Demos herrscht generell eine größere Impf-Skepsis – nicht nur in Österreich
Seit Corona und den diversen Demos herrscht generell eine größere Impf-Skepsis – nicht nur in Österreich
Helmut Graf

Woher diese Impf-Skepsis? Hat das mit Corona zu tun?
"Der Rückgang bei der Masern-Impfrate könnte damit zusammenhängen, dass während und nach Corona generell eine vermehrte Impfskepsis zu beobachten war", so AGES-Mediziner Reich. "Wir haben in Österreich generell die Situation, dass Erkrankungen, die sich durch Schutzimpfungen sehr weit eindämmen ließen, in den letzten Jahren wieder verstärkt aufgetreten sind. Masern ist dafür ein Beispiel, Keuchhusten wäre ein weiteres. Die Durchimpfungsraten sind bei uns eher im suboptimalen Bereich."

Ist Österreich da ein Einzelfall?
Nein, das ist offensichtlich ein weltweiter Trend. Die weltweite Impfrate ist zuletzt (die aktuellsten Zahlen sind aus 2023) von 86 Prozent (2019) auf 83 Prozent (2023) gesunken.

Welche Ursachen hat das?
Einerseits wird dafür die Corona-Pandemie verantwortlich gemacht. In vielen Ländern bekam die Masern-Vorsorge nicht mehr die nötige Unterstützung durch Politik und Gesundheitspersonal, weil sich alle Anstrengungen auf Covid richteten. Und andererseits hat sicher auch die Impfskepsis bei den Menschen generell zugenommen.

Woran lässt sich das festmachen?
Eine Aussage von US-Gesundheitsminister Robert F. Kennedy - einem langjährigen Impf-Skeptiker – ist prototypisch. Angesichts des Masern-Ausbruchs in Texas erklärte er zwar, dass er die Bundes-Gesundheitsbehörden anweisen werde, unterstützend einzugreifen. Zur Schutzimpfung wolle er aber nicht raten: "Wir werden dem amerikanischen Volk zum ersten Mal in der Geschichte ehrlich sagen, was all die Tests und Studien eigentlich sind, was wir wissen und was wir nicht wissen. Und das wird einige Leute verärgern, die einen ideologischen Ansatz für die öffentliche Gesundheit wollen", zitiert ihn CNN. Ein Statement fürs Impfen sieht anders aus.

Impfskeptiker Robert F. Kennedy Jr., bei der Anhörung im Senat. Er rät trotz Masern-Ausbruchs in Texas nicht zur Schutzimpfung
Impfskeptiker Robert F. Kennedy Jr., bei der Anhörung im Senat. Er rät trotz Masern-Ausbruchs in Texas nicht zur Schutzimpfung
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Weiß man eigentlich, wie viele Menschen weltweit an Masern erkranken?
Laut Weltgesundheitsorganisation WHO waren es 2023 (von da sind die letzten Daten erhältlich) etwa 10,3 Millionen Menschen, die sich mit Masern infiziert haben. Etwa 107.500 Menschen sind an der Krankheit gestorben, wobei die meisten von ihnen ungeimpfte Menschen oder Kinder unter 5 Jahren waren. Die absolut häufigsten Fälle traten in Afrika, dem Nahen Osten und in Asien auf.

Heißt unterm Strich?
"Es ist sehr, sehr wichtig, dass die Impfraten wieder steigen", so AGES-Experte Andreas Reich. "Und zwar nicht nur bei all jenen Jahrgängen, die neu dazu kommen – wie gesagt, die erste Impfung sollte bereits mit 9 Monaten gegeben werden. Es sollten auch Impflücken geschlossen werden in jenen Jahrgängen, wo zu wenig geimpft wurde – ob jetzt wegen Corona oder aus anderen Gründen."

Akt. Uhr
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