Kickl "Störenfried"

Meloni, Putin, Kickl: Wer 2025 Europas Politik prägen wird

Das Politik-Magazin "Politico" listet 28 Politiker auf, die im nächsten Jahr die größte Rolle spielen werden – mit dabei ist erstmals FP-Chef Herbert Kickl. An der Spitze gab es eine Überraschung: Italiens Giorgia Meloni ist der mächtigste Mensch Europas.

Niemand in der aktuellen Politik Europas kann so mit Kameras spielen wie Italiens Premierministerin Giorgia Meloni
Niemand in der aktuellen Politik Europas kann so mit Kameras spielen wie Italiens Premierministerin Giorgia Meloni
Picturedesk
Martin Kubesch
Akt. Uhr
Teilen

Wen ruft man heute an, wenn man mit dem politischen Europa sprechen möchte, fragt das Online-Magazin "Politico" – und liefert die Antwort gleich mit: Man wählt am bestem die Nummer von Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni.

Denn die mittlerweile 47-jährige Politikerin der rechtskonservativen Partei Fratelli d'Italia habe geschafft, was ihr bei Amtsantritt 2022 niemand zugetraut hätte: Sie hat nicht nur das notorisch kriselnde Polit-System des Landes stabilisiert, sondern gleichzeitig sehr weit rechts angesiedelte Positionen in die vermeintliche politische Mitte geholt und damit die Neuen Rechten in Europa salonfähig gemacht.

Von der Rechtsaußen-Extremistin zur europäischen Integrationsfigur Obwohl Meloni in Italien einen strammrechten Kurs fährt, ist sie in Brüssel nicht zur Buh-Frau geworden, sondern wird mittlerweile von vielen Staatschefs als Vorbild gesehen. Und selbst wenn sie mit manchen Ideen gehörig daneben schießt – etwa mit dem Plan, Asylsuchende in Lagern in Albanien warten zu lassen, bis ihr Asylgesuch behandelt wird, ein Plan, den ihr das italienische Höchstgericht "abgedreht" hat –, gilt sie auf EU-Ebene als Macherin.

Komm runter, Großer! Giorgia Meloni und Bundeskanzler Karl Nehammer mit Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner im Juni 2023 beim Europa-Forum Wachau
Komm runter, Großer! Giorgia Meloni und Bundeskanzler Karl Nehammer mit Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner im Juni 2023 beim Europa-Forum Wachau
picturedesk.com

"Der mächtigste Mensch Europas" Für "Politico" ist Giorgia Meloni damit zum "mächtigsten Menschen Europas 2025" aufgestiegen. Die italienische Regierungschefin dominiert erstmals das alljährliche "Politico"-Ranking jener Menschen, die nach Ansicht der Redaktion die europäische Politik im kommenden Jahr am stärksten prägen werden.

Österreich mit Herbert Kickl vertreten Auch Österreich ist heuer in der Liste präsent. In der Kategorie "Störenfriede" reihten die Journalisten des Online-Magazins auf Platz 7 Herbert Kickl, den Bundesparteiobmann der FPÖ. Er sei ein "geschickter politischer Stratege", der allerdings auch seine Ankündigung eines möglichen "Öxit", also eines EU-Austritts Österreichs, wahrmachen könnte, so dier Analyse von "Politico". Was man über das aktuelle Politiker-Ranking wissen muss:

Ein Störenfried? Ich? Das will ich sehen! FPÖ-Chef Herbert Kickl vor einer TV-Konfrontation im Vorfeld der Nationalratswahl 2024
Ein Störenfried? Ich? Das will ich sehen! FPÖ-Chef Herbert Kickl vor einer TV-Konfrontation im Vorfeld der Nationalratswahl 2024
Picturedesk

Wie wird diese Liste erstellt?
Sie wird von der "Politico"-Redaktion in Abstimmung mit Polit-Insidern erarbeitet. "Politico" ist eine im Jahr 2007 in den USA gegründete Tageszeitung, die nur an bestimmten Tagen auch gedruckt erscheint. Der Hauptteil der Berichterstattung erfolgt online. Seit 2015 wird auch eine europäische Ausgabe produziert, die nur online veröffentlicht wird. Seit 2021 gehört "Politico" dem deutschen Verlag Springer.

Gibt es eine Liste oder mehrere?
Es gibt insgesamt drei Listen und in jeder Liste stehen neun Namen. Diese Listen sind aufgeteilt in die Kategorien "Macher" – da finden sich diejenigen, die ihren Willen am geschicktesten durchsetzen können, "Störenfriede" – für diejenigen, die den Status quo ins Wanken bringen, und "Träumer" – für jene, deren mutige Ideen die Diskussion antreiben. Und über allen thront der "mächtigste Mensch Europas".

Der Axel Springer Verlag in Berlin: Seit 2021 gehört auch das englischsprachige Online-Polit-Magazin "Politico" zum Verlagsimperium
Der Axel Springer Verlag in Berlin: Seit 2021 gehört auch das englischsprachige Online-Polit-Magazin "Politico" zum Verlagsimperium
Schoening / imageBROKER / picturedesk.com

Gibt es heuer große Überraschungen in der Liste?
Die größte Überraschung ist sicher die Wahl von Italiens Giorgia Meloni zum "Mächtigsten Menschen Europas 2025". Nicht minder spannend ist aber auch, dass heuer weder Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, noch Deutschlands Kanzler Olaf Scholz, in den Rankings vorkommen. Als Führer der einflussreichsten Länder der EU sollten die beiden eigentlich ganz vorne rangieren. Dazu "Politico": "Die Liste ist eine Momentaufnahme der Macht und spiegelt wider, wer gerade das Sagen hat - und nicht, wer es vielleicht haben sollte."

Was fällt an den Rankings noch auf?
Dass zum einen heuer extrem viele Beamte darin vorkommen, also keine Berufspolitiker, sondern hochrangige Verwalter, die die EU am Laufen halten. Und zum anderen, dass zunehmend Politiker vom rechten Rand des Spektrums in den Fokus der medialen Aufmerksamkeit kommen, während es derzeit kaum linke Politiker mit Einfluss in Europa gibt.

Europas größte Macherin: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
Europas größte Macherin: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
JOHN THYS / AFP / picturedesk.com

Die Liste der 9 wichtigsten "Macher" in Europa

Von der Leyen bis Putin: Diese Menschen werden als die wichtigste Umsetzer im Jahr 2025 gesehen

  • Ursula von der Leyen Für "Politico" ist die EU-Kommissionspräsidentin "die einzige Erwachsene, die Europa durch die bevorstehenden Gefahren führen kann".
  • Wladimir Putin "Indem er geduldig auf lange Sicht spielt", scheint er "sein Ziel zu erreichen, den Westen zu spalten und Teile der Ukraine zu erobern".
  • Donald Tusk Der polnische Premierminister "ist auf dem besten Weg, einer der mächtigsten Köpfe im Europäischen Rat" zu werden.
  • Nadia Calviño Die spanische Ökonomin ist Präsidentin der Europäischen Investitionsbank. Ihre Prioritäten: Energieinfrastruktur, Dekarbonisierung der Industrie, Sicherheit und Verteidigung.
  • Piotr Serafin Der polnische Ökonom verantwortet das Haushaltsressort und muss die EU-Länder zu dringend notwendigen internen Reformen drängen.
  • Rachel Reeves Die britische Schatzkanzlerin muss neue Steuern einheben, um zusätzlich nötige Milliarden in Infrastruktur, Gesundheit, Pensionen und Bildung investieren zu können.
  • Stephanie Riso Die französische Ökonomin muss alleine 2025 mehr als 1,2 Billionen Euro nutzen, um die Union in eine global wettbewerbsfähige Großmacht zu verwandeln.
  • Antonio Costa Als Präsident des Europäischen Rates muss der Portugiese Brücken zwischen den Institutionen der EU errichten, um die Abläufe geschmeidiger zu machen.
  • Sabine Weyand Die Generaldirektorin der Handelsabteilung der EU-Kommission ist das wichtigste Bollwerk Europas gegen die von Donald Trump angedrohten Strafzölle für EU-Güter.
Bleibt in der Ukraine bei seinem – menschenverachtenden – Kurs: Russlands Präsident Wladimir Putin, hier bei einem Selfie mit Soldaten auf dem Roten Platz in Moskau
Bleibt in der Ukraine bei seinem – menschenverachtenden – Kurs: Russlands Präsident Wladimir Putin, hier bei einem Selfie mit Soldaten auf dem Roten Platz in Moskau
Picturedesk

Wie bitte, Putin als "Macher"?
Die Liste ist wertfrei zu sehen, insofern ist das nicht falsch. "Politico" schreibt: Putins Angriffskriege habe "die Moral und das Vertrauen des Westens in einen ukrainischen Sieg untergraben. Auf beiden Seiten des Atlantiks schwindet die Unterstützung für den Krieg, und die Wiederwahl Donald Trumps ist praktisch eine Garantie dafür, dass Kiew sein ehrgeiziges Ziel, alle russischen Truppen zu vertreiben und seine postsowjetischen Grenzen wiederherzustellen, nicht erreichen wird."

Und auch wenn der russische Präsident dafür bereits geschätzte 700.000 Soldaten auf dem Schlachtfeld geopfert habe – "seine Macht bleibt unangefochten"

Nun mal schön langsam! Friedrich Merz, Vorsitzender der CDU, wird aller Voraussicht nach Deutschlands nächster Kanzler
Nun mal schön langsam! Friedrich Merz, Vorsitzender der CDU, wird aller Voraussicht nach Deutschlands nächster Kanzler
Picturedesk

Die Liste der 9 aufdringlichsten "Störenfriede" in Europa

Von Kickl bis Wagenknecht: Diesen Menschen werden Umstürze zugetraut

  • Friedrich Merz Der wahrscheinliche nächste deutsche Kanzler will Infrastruktur und Bürokratie modernisieren, die Autoindustrie zu alter Größe führen und die Atomkraftwerke wieder hochfahren.
  • Teresa Ribera Die spanische Umweltpolitikerin ist neue Wettbewerbskommissarin der EU und muss als solche auch die ehrgeizigen Klimaschutzziele der Union weiter vorantreiben.
  • Rafał Trzaskowski Der progressive Warschauer Bürgermeister will nächster polnischer Präsident werden und könnte das Land auf die Überholspur in Europa bringen.
  • Marine Le Pen Die Führerin der rechtsextremen Partei Rassemblement National könnte bei der aktuellen Regierungskrise in Frankreich das Zünglein an der Waage werden.
  • Raffaele Fitto Der Italiener ist einer von 6 EU-Kommissions-Vizepräsidenten, mit der Aufsicht über einen 400-Milliarden-Euro-Topf betraut und ein Vertrauter von Italiens Premierministerin Giorgia Meloni.
  • Péter Magyar Der Politiker (seine neue Partei heißt "Respekt und Freiheit") und Anwalt aus Budapest ist mittlerweile der erste politische Herausforderer von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán.
  • Herbert Kickl Seine FPÖ war Wahlsieger 2024, doch sein Traum von der Kanzlerschaft wurde von Bundespräsident Alexander Van der Bellen zunächst blockiert. Bei Neuwahlen könnte die FPÖ noch stärker werden.
  • Sahra Wagenknecht Die ehemalige Politikerin der deutschen Linkspartei beweist mit ihrem Bündnis Sahra Wagenknecht, wie nahe rechte und linke Extreme in der Politik beieinander liegen.
  • Udo Zolleis Der Bayer versteht sich auf EU-Ebene als Brückenbauer zwischen "seiner" Europäischen Volkspartei EVP und den Kräften am rechten Rand des EU-Parlaments.
"Make Austria Great Again" – Herbert Kickl könnte bei Neuwahlen einen noch größeren Sieg einfahren
"Make Austria Great Again" – Herbert Kickl könnte bei Neuwahlen einen noch größeren Sieg einfahren
Helmut Graf

Was schreibt "Politico" über Herbert Kickl?
Es wird zunächst der Karriereweg Kickls geschildert, vom Redenschreiber Jörg Haiders bis zum Innenminister unter Kanzler Kurz und zum Parteivorsitzenden nach dem Rücktritt von Heinz-Christian Strache. Und dann folgt die Analyse:

"Seitdem hat er seine 'Make Austria Great Again'-Rhetorik verschärft und dabei Maßnahmen zum Kulturkampf in den Vordergrund gestellt, wie etwa die Verpflichtung von Kindern, auf Schulhöfen Deutsch zu sprechen, oder die Subventionierung von Gasthäusern in kleinen Städten, die traditionelle Spezialitäten servieren. Die Strategie hat sich bei den Österreichern bewährt: Bei den Nationalratswahlen im vergangenen Herbst erhielt die FPÖ die meisten Stimmen."

Welche Prognose hat "Politico" für Kickl?
"Kaum jemand glaubt, dass eine (Ampel-, Anm.)Regierung, die ein so breites ideologisches Spektrum abdeckt, lange im Amt bleiben wird. Und man kann davon ausgehen, dass der rechtsextreme Führer jede Gelegenheit nutzen wird, um sein Anti-Establishment-Image aufzupolieren, von dem er hofft, dass es ihm bei Neuwahlen einen noch größeren Sieg bescheren wird."

"Falls das passiert, ist Vorsicht geboten. Die FPÖ liebäugelt schon lange mit der Idee eines "Öxit" – eines Brexits nach österreichischem Vorbild –, aber Kickl könnte es vorteilhafter finden, sich mit anderen populistischen, russlandfreundlichen Politikern aus Mitteleuropa zusammenzutun, die die Europäische Union von innen heraus grundlegend verändern wollen."

Die ehemalige estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas ist jetzt die oberste Diplomatin der EU
Die ehemalige estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas ist jetzt die oberste Diplomatin der EU
NICOLAS TUCAT / AFP / picturedesk.com

Die Liste der 9 größten "Träumer"

Vom NATO-Chef bis zu Viktor Orbán: Wer Europa seinen ganz persönlichen Stempel aufdrücken möchte

  • Mark Rutte Der neue NATO-Generalsekretär muss einerseits die Verteidigungsausgaben der Bündnisstaaten in die Höhe treiben und andererseits verhindern, dass die USA unter Donald Trump tatsächlich aus der NATO austreten.
  • Andriy Jermak Der Stabschef des ukrainischen Präsidenten Selenskyj muss alles daran setzen, dass die Zugeständnisse seines Landes für einen möglichen Frieden so gering wie möglich ausfallen.
  • Kaja Kallas Als Außenbeauftragte ist die ehemalige estnische Ministerpräsidentin so etwas wie die oberste Diplomatin der EU, die vor allem eine gemeinsame Linie der 27 zum Ukraine-Krieg finden muss.
  • Viktor Orbán In Ungarn hat der Ministerpräsident seine Idee einer illiberalen Demokratie bereits umgesetzt, jetzt möchte er das selbe auf EU-Ebene in Brüssel in Angriff nehmen.
  • Armin Papperger Der Vorstandsvorsitzende von Deutschlands größtem Rüstungskonzern Rheinmetall möchte in der Union einen militärisch-industriellen Komplex nach US-Vorbild aufbauen.
  • Radosław Sikorski Der polnische Außenminister hat beste Kontakte in die USA. An ihm wird es liegen, die Beziehungen mit der Regierung Trump auf einem gedeihlichen Niveau zu halten.
  • Papst Franziskus Das "Heilige Jahr" 2025 wird die letzte Chance für den seit längerem kränklichen Papst sein, seine Vision eines "mitfühlenden Katholizismus" an Millionen Gläubige weiter zu reichen.
  • Pedro Sánchez Der spanische Ministerpräsident ist einer von derzeit nur 3 sozialistischen Regierungschef unter den EU-27, hat aber in Brüssel bessere politische Karten als ins einer Heimat.
  • Arthur Mensch Der KI-Forscher gründete 2023 Mistral, Frankreichs Antwort auf KI-Tools wie ChatGPT, und muss nun beweisen, dass er weiterhin das Potenzial hat, Europa zum Schwergewicht in der KI-Branche zu machen.
Stehaufmännchen: Spaniens Ministerpräsident Pedro Sanchez ist einer von nur mehr drei sozialistischen Regierungschefs in der EU
Stehaufmännchen: Spaniens Ministerpräsident Pedro Sanchez ist einer von nur mehr drei sozialistischen Regierungschefs in der EU
Picturedesk

Welchen Schluss man aus dieser Auswahl ziehen kann
"Politico" gibt sich da keinen Illusionen hin: "Je nach politischer Ausrichtung können die Persönlichkeiten auf den Listen bewundernswert, respektabel oder sogar verachtenswert sein. Aber eines haben sie alle gemeinsam: ein übergroßes Potenzial, Europas Schicksal im kommenden Jahr zu prägen."

Akt. Uhr
#Menschenwelt
Newsletter
Werden Sie ein BesserWisser!
Wissen, was ist: Der Newsletter von Newsflix mit allen relevanten Themen des Tages und den Hintergründen dazu.