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Olympia-Gold für Österreich kann 278.000 Euro wert sein

Nach der Fußball-EM ist vor Olympia. Das Geldgeschäft hinter den Spielen von Paris. Geld-Expertin Monika Rosen analysiert, wie mit dem Sport Millionen gemacht werden (und umgekehrt).

Diskuswerfer Lukas Weißhaidinger holte bei den Europameisterschaften in Rom 2024 Bronze, diesmal reichte des nur für Platz 5
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Monika Rosen
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Sportliche Wettkämpfe sind wahrscheinlich so alt wie die Menschheit selbst. Es blieb aber dem 21. Jahrhundert vorbehalten, das ungeheure ökonomische Potenzial, das in ihnen steckt, zu heben. Sport ist heute mehr denn je Big Business. Ergeben sich daraus vielleicht auch Investment-Chancen, und zwar auch dann, wenn man nicht das nötige Kleingeld hat, einen ganzen Fußballclub zu kaufen? Hier ein paar sportliche Antworten zum Thema:

Wie groß ist die weltweite Sport-Branche?
Das ist zunächst einmal eine Definitionsfrage. Schätzungen gehen davon aus, dass im Sport pro Jahr rund 500 Milliarden Dollar umgesetzt werden, Tendenz steigend. Da sind aber Sportartikel, Bekleidung und auch Ausgaben für Gesundheit und Fitness noch nicht inkludiert.

Monika Rosen war über 20 Jahre lang Chefanalystin im Private Banking einer österreichischen Großbank. Sie ist auch Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft
Monika Rosen war über 20 Jahre lang Chefanalystin im Private Banking einer österreichischen Großbank. Sie ist auch Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft
Helmut Graf

Bei solchen Beträgen wird doch auch die Börse hellhörig, oder?
Absolut! Die US Investment Bank JP Morgan hat im März 2024 eine eigene Abteilung eingerichtet, die sich mit Finanzmarkt-Transaktionen im Bereich Sport beschäftigt. Ein konkretes Beispiel für eine solche Transaktion wäre der Einstieg des britischen Milliardärs Sir Jim Ratcliffe bei Manchester United. Ratcliffe übernahm im Februar 27,7 Prozent der Aktien des Clubs, über die genaue Summe wurde Stillschweigen vereinbart. Laut BBC geht es hier aber um einen Betrag jenseits von 1,4 Milliarden Euro.

Das ist kein Einzelfall, oder?
Nein, das englische Premier-League-Team Arsenal London gehört etwa mehrheitlich dem US-amerikanischen Milliardär Stan Kroenke, der mit Immobilien reich wurde, zudem mit Ann Walton Kroenke verheiratet ist. Die Erbin der Kaufhausdynastie verfügt laut "Forbes" selbst über ein Vermögen von 11 Milliarden Dollar. Stan Kroenke besitzt neben Arsenal noch das NFL-Football-Team Los Angeles Rams, das NBA-Basketball-Team der Denver Nuggets, das NHL-Eishockey-Team Colorado Avalanche und das MLS-Fußball-Team Colorado Rapids.

Auch das ist gang und gäbe. Dem US-Unternehmer Tood Boehhly gehört der englische FC Chelsea (der vorher lange Roman Abramowitsch zugerechnet wurde), der Herrscherfamilie von Abu-Dhabi (aus rechtlichen Gründen indirekt) der Liga-Konkurrent Manchester City, ebenso indirekt besitzt der saudi-arabische Staatsfonds den größten Happen von Newcastle United.

NBA-Superstar LeBron James wird einer der spektakulärsten Teilnehmer in Paris
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Und wie "schwer" ist dieser Markt insgesamt?
Das weltweite Volumen für Übernahmen im Sport belief sich im Vorjahr auf 22,6 Milliarden Dollar. Mehr als die Hälfte der Beträge floss im Fußball, wobei die Käufer in der Mehrzahl der Fälle Amerikaner waren. Nur 20 Prozent der Investoren kamen aus Europa. Offenbar machen also die Amerikaner mit einer europäischen Sportart einen ordentlichen Schnitt. Vielleicht sollte uns das zu denken geben.

Gibt es ein spezielles Wachstumssegment?
Ja, und zwar Frauensport. Immer mehr Gelder werden spezifisch für Frauenprojekte gewidmet, da macht der Sport keine Ausnahme. Bei den Übernahmen entfielen im Vorjahr immerhin schon 14 Prozent des globalen Volumens auf den Frauensport.

Was ist mit Übertragungsrechten?
Die gehören zu den Cash Cows im Sport. Besonders im linearen TV-Betrieb, also im klassischen Fernsehen alter Schule, sind Live-Sportübertragungen eine wesentliche Stütze. Das größte Wachstumssegment ist aber Streaming, wo jährliche Zuwachsraten jenseits der 20 Prozent erreicht werden. Heuer sollen die weltweiten Übertragungsrechte im Sport erstmals die Marke von 60 Milliarden Dollar übersteigen, bis 2028 sollen es dann knapp 90 Milliarden Dollar sein.

Kletterer Jakob Schubert gehört zu den Gold-Hoffnungen für Österreich
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Wie viel Geld fließt bei Olympia?
Die Spiele in Paris haben ein Budget von knapp 4,4 Milliarden Dollar. Die TV-Rechte wurden weltweit für 750 Millionen Euro verkauft. Seit den Olympischen Spielen 2018 hält die US-amerikanischen Discovery-Gruppe auch die TV-Rechte für Europa. Discovery wurde 2022 mit Warner Bros. fusioniert und ist seither unter dem Namen Warner Bros. Discovery nach Disney der weltweit zweigrößte Unterhaltungskonzern nach Umsatz.

Sind die Olympischen Spiele also nicht im Free-TV zu sehen?
Im Gegenteil. Zunächst einmal: 2014 hat Discovery den TV-Sender Eurosport gekauft und der zeigt Olympia "gratis". Über die EBU (Verbund der öffentlich-rechtlichen Sender) haben TV-Anbieter wie der ORF oder ARD/ZDF Sublizenzen erworben und übertragen Olympia ebenfalls in voller Länge. Der ORF etwa insgesamt 490 Stunden.

Wandert Olympia wie die Fußball-EM zu den Privaten?
Nein, im Jänner 2023 wurde bekanntgegeben, dass der Deal zwischen Warner Bros. Discovery und der EBU weitergeht und zwar für die vier Olympischen Spiele im Zeitraum 2026 bis 2032, Sommer und Winter.

Verabschiedung durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen: Österreich kleidet sich in Paris eher traditionell
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Was bekommt man eigentlich für Olympia-Gold?
Im Vergleich zu den TV-Geldern ging es hier lange um Peanuts (weil viele Athleten ihr Geld ohnehin mit Sponsoren machen), aber auch hier ist in Paris etwas anders. Erstmals erhalten Sportlerinnen und Sportler direkt Prämien. Das International Olympic Committee (IOC) hat lange dagegen angekämpft. Geld floss nur an die nationalen Sportverbände, die schütteten Prämien aus. Nun aber ging Sebastian Coe, selbst doppelter Olympiasieger und Präsident des Leichtathletik-Weltverbandes World Athletics, einen anderen Weg. Er beschloss: Jeder Gewinner, jede Gewinnerin einer Goldmedaille in den 48 Leichtathletik-Bewerben erhält 50.000 Dollar (46.000 Euro), für Silber und Bronze gibt es nichts. Ein Dammbruch.

Gab es Nachahmer?
Ja, etwa den internationalen Boxverband (IBA). Er belohnt jede Goldmedaille mit 100.000 Dollar, jede Silbermedaille mit 50.000 Dollar  und jede Bronzemedaille mit 25.000 Dollar (23.000 Euro).

Was bekommen die Österreicher?
Wie üblich gibt es vom ÖOC für Gewinner und Gewinnerinnen von Medaillen Münzen. Welche konkret, das legt das Österreichische Olympische Komitee fest. Für Gold gab es bei den letzten Olympischen Spielen eine Philharmoniker-Kollektion der Münze Österreich AG im Wert von rund 17.000 Euro, für Silber 13.000 Euro, für Bronze 11.000 Euro. Das liegt im internationalen Rahmen und wird auch diesmal so beibehalten.

Für die sieben österreichischen Leichtathleten, die in Paris mit dabei sind, könnte eine Medaille aber zu einem kleinen Geldregen werden. Denn der nationale Leichtathletikverband ÖLV lobt, zusätzlich zu den Prämien des ÖOC, in Kooperation mit der Helvetia-Versicherung für eine Leichtathletik-Goldmedaille 205.000 Euro aus. Für Silber gibt es 100.000 Euro, für Bronze 50.000 Euro. Gewinnt kein österreichischer Leichtathlet eine Medaille, erhält der/die am Ende Bestplatzierte eine Prämie von 17.500 Euro, unabhängig davon, wo er platziert ist.

Der ÖLV hat noch ein weiteres Prämiensystem etabliert, bei dem den Leichtathleten sowie ihren Trainern zwischen 2.000 Euro (Platz 16) und 10.000 Euro (Goldmedaille) ausbezahlt werden. Schafft also etwa Diskuswerfer Lukas Weißhaidinger Gold in Paris, dann ist er (alle nationalen und internationalen Prämien berücksichtigt) um rund 278.000 Euro schwerer.

Tschechien (hier die Judoka Lukas Krpalek and David Klammert) ist bei der Bekleidung schon einmal medaillenverdächtig
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Kann der E-Sport inzwischen nennenswert mitmischen?
E-Sport, also die wettkampfmäßige Austragung von Computerspielen, ist in Summe zwar noch eine kleine Nische, aber ebenfalls eine mit eindrucksvollen Wachstumsraten. Bis Jahresende 2024 soll der weltweite E-Sport-Markt ein Volumen von 2,4 Milliarden Dollar erreicht haben, die jährlichen Zuwächse bewegen sich in einer Größenordnung jenseits der 20 Prozent.

In welchen Sportarten verdienen die Athleten am meisten?
Das Feld wird von Formel-1-Fahrern angeführt, das durchschnittliche Jahresgehalt lag hier im Vorjahr bei knapp 11 Millionen Dollar. Ebenfalls jenseits der 10 Millionen Dollar (gemeint ist immer durchschnittliches Jahresgehalt) liegt Basketball. Mit einem gewissen Respektabstand folgt auf Platz drei Baseball mit knapp 5 Millionen Dollar. Auf Platz 6 mit 1,5 Millionen Dollar liegt Golf, und gerade noch in die Top Ten schaffen es die Boxer. Das Durchschnittsgehalt liegt zwar nur bei 50.000 Dollar im Jahr, einzelne Kämpfe bringen den Athleten aber oft Einkünfte im dreistelligen Millionenbereich. Das unter anderem auch deshalb, weil sie oft einen Anteil an den Übertragungsrechten erhalten.

Portugals Nationalspieler Cristiano Ronaldo ist der bestverdienende Sportler der Welt
Portugals Nationalspieler Cristiano Ronaldo ist der bestverdienende Sportler der Welt
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Welche Sportler verdienen am meisten?
Da liegt dann nicht mehr die Formel 1 an der Spitze, sondern der Fußball. Bestverdiener 2024 ist laut "Forbes" der Portugal-Kicker Cristiano Ronaldo (inzwischen bei al-Nassr in Saudi-Arabien zugange) mit einem Jahresverdienst von 260 Millionen Dollar, Werbegeld inklusive. Zweiter ist der spanische Golfer Jon Rahm (218 Millionen), Dritter der Argentinier Lionel Messi (135 Millionen). Die zehn bestbezahlten Sportler der Welt kommen gesamt auf eine Jahresgage von 1,38 Milliarden Euro und nein, gendern muss man nicht, es ist keine Frau dabei.

Kann der Privatanleger an diesem Boom-Kuchen mitnaschen?
Prinzipiell ja, man sollte sich der besonderen Risken aber bewusst sein. Es gibt Fonds, die in börsennotierte Wettanbieter oder Produzenten von Videospielen investieren. Man kann natürlich auch die Aktien von Sportartikelfirmen wie Nike kaufen. Auch Titel wie Disney oder Netflix haben eine Sport-Komponente, da sie beim Geschäft mit Übertragungsrechten mitmischen. Reine Sport-Investments sind diese Aktien aber natürlich nicht. Grundsätzlich gilt: Man sollte nie die Begeisterung für eine bestimmte Sportart mit einer Investmentstrategie verwechseln.

Monika Rosen war mehr als 20 Jahre bei einer heimischen Großbank tätig, ist Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft und gefragte Spezialistin rund um alle Geldthemen

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