Neue Biographie
Papst Franziskus verrät: Das ist in geheimer Skandal-Kiste
Papst Franziskus hat seine Autobiografie veröffentlicht. Das 88-jährige Oberhaupt der katholischen Kirche erzählt darin, wie seine Wahl wirklich ablief, warum er kein Fernsehen schaut und welche dunklen Geheimnisse ihm sein Vorgänger weitergereicht hat.
Selbst in einer Gemeinschaft mit einer knapp 2.000-jährigen Geschichte geschehen manchmal Dinge zum ersten Mal. Wie jetzt zum Beispiel. Denn mit seiner Autobiografie, die den etwas sperrigen Titel "Hoffe" trägt, betritt Papst Franziskus absolutes Neuland. Nie zuvor hat ein Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche auch nur etwas annähernd Vergleichbares veröffentlicht.
Der Franziskusweg Doch der aktuelle Pontifex maximus ist anders, auch in diesen Belangen. Und so kann man nun auf 384 Seiten Schwarz auf Weiß nachlesen, wie sich der 1936 in Buenos Aires geborene Sohn italienischer Auswanderer zunächst als Labortechniker verdingte, ehe er den Ruf des Glaubens verspürte, vom einfachen Priester zum Erzbischof aufstieg und schließlich am 13. März 2013 als Nachfolger des emeritierten Papstes Benedikt XVI. zum 266. Oberhaupt der katholischen Kirche gewählt wurde.
Weshalb die Biografie jetzt erscheint Dabei war es eigentlich ganz anders geplant. Wie der Co-Autor des Papstes, der italienische Verleger Carlo Musso im Nachwort von "Hoffe" schreibt, hätte die Autobiografie, an der die beiden seit 2019 gemeinsam arbeiteten, nach dem Willen des Papstes eigentlich erst nach seinem Ableben erscheinen sollen.
"Aber das neue Heilige Jahr der Hoffnung und die Erfordernisse unserer Zeit, haben ihn schließlich doch überzeugt, uns dieses kostbare Erbe schon jetzt zugänglich zu machen", schreibt Musso im Nachwort des Buches.
"Pilger der Hoffnung" Das Heilige Jahr 2025, das vom Papst am 24. Dezember 2024 mit der Öffnung der Heiligen Pforte im Petersdom symbolisch eröffnet worden war, steht unter dem Motto "Pilger der Hoffnung". Womit sich auch der programmatische Titel des Buches erklärt. Hoffnung als Leitmotiv für die möglicherweise letzte Phase des Pontifikats von Franziskus.
Gesundheitliche Probleme Denn der 88-Jährige ist nicht bei bester Gesundheit. Mehrere Operationen im Bauchraum, dazu fortwährend Komplikationen mit seinem Knie, weshalb er mittlerweile auf einen Rollstuhl angewiesen ist, haben dem gebürtigen Argentinier zugesetzt. Und auch wenn er darauf beharrt, seine Pflichten weiter ausführen zu wollen, wird ein Rücktritt des Oberhauptes der Kirche aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht ausgeschlossen. Spekulationen, die er selbst dadurch anheizt, indem er bekennt, für den Fall ernsthafter medizinischer Probleme bereits eine Rücktrittserklärung hinterlegt zu haben.
Die Papst-Bio Doch vorerst gilt alle Aufmerksamkeit der Gläubigen dem Heiligen Jahr und der Biografie von Franziskus. Was der Heilige Vater darin aus seiner Vergangenheit berichtet, wie er zu den großen Themen unserer Zeit steht und was sich in jener geheimnisvollen weißen Box befindet, die ihm sein Vorgänger Benedikt XVI. übergeben hat – das sind die wichtigsten Passagen aus dem Buch:
Weshalb die Großeltern von Jorge Mario Bergoglio nur knapp einer Katastrophe entgangen sind
Die Vorfahren des späteren Papstes stammten aus dem Piemont im Nordwesten Italiens und waren bitterarm. Deshalb beschlossen seine Großeltern, mit ihrem Sohn Mario – Jorge Bergoglios Vater – im Jahr 1927 nach Argentinien auszuwandern. Sie buchten eine Passage auf der "Principessa Mafalda", dem damaligen Prunkstück der italienischen Seefahrt. Doch es gelang ihnen nicht, ihre Habseligkeiten rechtzeitig zu verkaufen und sie mussten umbuchen – Glück im Unglück. Denn die "Principessa Mafalda" sank im Atlantik, mehr als 300 Menschen kamen ums Leben. Letztlich reisten die Bergoglios erst im Februar 1929 nach Argentinien.
Von wem er seine Religiosität hatte
Seine Großmutter Rosa, die mit seinem Vater Mario Italien verlassen hatte, sei eine "Alltagsheilige" gewesen, so Papst Franziskus. Sie war Katholikin durch und durch, legte sich vor ihrer Emigration in Italien mit Mussolinis Faschisten an und prägte mit ihrer Religiosität den jungen Jorge Mario nachhaltig: "Oma Rosa war vielleicht die am stärksten religiöse Gestalt in unserer Familie."
Wie der Arzt seine Geburt einleitete
Jorge war das erste Kind seiner Mutter Regina, einer zarten, eleganten Frau, die ebenfalls aus dem Nordwesten Italiens stammte. Als seine Geburt bereits eine Woche überfällig war, kam der Arzt zu ihr ans Wochenbett, befand die Zeit gekommen und "setzte sich auf ihren Bauch und drückte und wippte auf und ab, um endlich die Geburt einzuleiten". Und so wurde Jorge Mario Bergoglio am 17. Dezember 1936 mit einem Geburtsgewicht von 5 Kilo entbunden.
Die enge Bindung zu Schwester Maria Elena
Insgesamt hatte Mario Bergoglio 4 Geschwister, aber nur mehr die Schwester Maria Elena ist noch am Leben. Als Vater Mario früh an einem Herzinfarkt starb, übernahm Jorge bei der erst 13-jährigen Maria Elena die Vaterrolle. Die beiden sind sich bis heute innig verbunden: "So weit weg von meiner Schwester zu sein, ist sicher eine der größten Verzichtsleistungen, die ich zu bringen habe", so Franziskus in seiner Biografie. "Auch aus diesem Grund rufe ich sie auch heute noch jeden Sonntagabend an."
Seine Begegnungen mit Prostituierten
Jorge Bergoglio wuchs in einem Vorort von Buenos Aires auf und Prostituierte gehörten damals zum alltäglichen Straßenbild. "Auch zwei Frauen aus dem Viertel, Schwestern, arbeiteten als Prostituierte, wenn auch auf gehobenem Niveau: Sie vereinbarten telefonisch Termine und ließen sich von Autos abholen. Man nannte sie la Ciche und la Porota. jeder im Viertel kannte die beiden." Doch die beiden änderten ihr Leben, und als Bergoglio bereits Kardinal von Buenos Aires war, kontaktierte ihn la Porota. "Sie fragte mich, ob ich für sie und ihre Freundinnen eine Messe halten würde. Natürlich sagte ich zu."
Die Leidenschaft für Pizza
Franziskus erinnert sich an Wochenenden, wo der Vater Pizza für alle in einer nahen Pizzeria bestellte: "Den Duft dieser Pizza habe ich heute noch in der Nase (…) Einfach rausgehen und eine Pizza essen zu können, ist eines jener kleinen Dinge, die mir fehlen."
Wer ist Messi?
Franziskus schaut seit 1990 nicht mehr fern – Folge eines Gelübdes, das er sich selbst auferlegt hat und auf dessen Ursache er nicht genauer eingeht. Daher sieht er auch keine Fußballspiele mehr, auch wenn er eigentlich leidenschaftlicher Fußballfan war. Umso schwieriger für ihn, die Leistungen der aktuellen Spieler einzuschätzen– selbst wenn diese mehrfache Weltfußballer sind: "Wer besser ist, Messi oder Mascherano? Auch wenn Lionel Messi einige Male bei einer Audienz im Vatikan zugegen war, könnte ich den Stil der beiden nicht unterscheiden."
Die Zeit der Militärdiktatur
Die Regierung der Militärjunta von 1976 bis 1983 gehört auch für Jorge Mario Bergoglio zu den schwierigsten Phasen seines Lebens. Er versucht nach eigener Erzählung zu helfen, wo es möglich ist, eine seiner engsten Bekannten ist eine Marxistin aus Paraguay, die er – vergeblich – vor den Militärs zu retten versucht. Auch Priester, Nonnen und andere, denen politischer Widerstand vorgeworfen wurde, gerieten ins Fadenkreuz der Militärs. Viele seiner Schilderungen aus jener Zeit sind nur schwer erträglich, das Grauen dieser Zeit ist in jeder Zeile seines Berichtes spürbar.
Warum die Kirche "eine Frau ist" und Frauen benötigt
"Die Kirche ist eine Frau, weil sie eine Braut ist", so Franziskus. Daher müsse man Kriterien und Modalitäten finden, damit Frauen in den verschiedenen Bereichen des sozialen und kirchlichen Lebens ihre Rolle als Protagonistinnen spielen können, so der Papst. Und ganz konkret: Es gäbe keine Gründe, weshalb Frauen in der Kirche keine Führungsrollen übernehmen sollten.
Wie seine Papst-Wahl ablief
Jorge Mario Bergoglio, der Kardinal von Buenos Aires, wurde bereits am Vorabend des Konklave von zahlreichen Glaubensbrüdern auf seine Tauglichkeit hin "abgeklopft", will aber nach eigenem Bekunden davon nichts mitbekommen haben. Erst am Nachmittag des 13. März, als die Wahl bereits in vollem Gang war, dämmerte ihm, dass er möglicherweise ein ernstzunehmender Kandidat sein könnte: "Irgendwann hatte ich das Gefühl, mitten in einer mündlichen Prüfung zu stecken (…) Sie nahmen mich unter die Lupe."
Die Frage, ob ihm ein Lungenflügel fehlt
Zwischen zwei Wahlgängen kam ein Spanisch sprechender Kardinal auf Bergoglio zu und fragte ihn konkret, ob ihm ein Lungenflügel fehle. "Nein, man hat mir nur einen Teil des oberen Lungenflügels entfernt, weil ich dort drei Zysten hatte", so seine Antwort. Wann das gewesen sei? "Bereits 1957", so die Antwort. Worauf der Kardinalskollege zischte: Immer diese Manöver in letzter Minute. "Da fing ich langsam an zu begreifen."
Die Kür im 5. Wahlgang
Schließlich erhielt der Argentinier im 5. Wahlgang die erforderliche Mehrheit von über 77 der 115 Kardinals-Stimmen, wobei jeder Stimmzettel einzeln vorgelesen wurde. "Als mein Name das 77. Mal fiel, erhob sich Applaus", so Jorge Bergoglio. "ich weiß nicht, wie viele Stimmen es zuletzt geworden sind. ich hörte nicht mehr zu."
Warum Bergoglio nicht vorbereitet war
Der neue Papst hatte nach eigenem Bekunden weder einen Namen parat, noch hatte er eine Rede vorbereitet – schlicht weil er nicht mit seiner Wahl gerechnet hatte. Auf die Frage, wie er sich nennen wolle, antwortete er kurzentschlossen: Vocabor Franciscus – "ich werde mich Franziskus nennen". Auch die Insignien seines neuen Amtes lehnte er ab - einen goldenen Ring, ein goldenes, prächtiges Kreuz. Und auch die traditionellen ochsenblutroten Schuhe sowie weiße Hosen: "Rote Schuhe? Nein, ich muss ohnehin orthopädische Schuhe tragen." Am Balkon des Peterdoms bat er schließlich um den Segen des Volkes, während ihm zigtausende Gläubige zujubelten.
Das geheime Erbe seines Vorgängers
Von seinem Vorgänger, dem emeritierten Papst Benedikt XVI., dem deutschen Kardinal Josef Ratzinger, erhielt Franziskus wenig später eine geheimnisvolle weiße Kiste. "Da ist alles drin", sagte dieser. Die Akten zu Missbrauch , Korruption, all den dunklen Momenten und Missetaten, so Franziskus in seiner Biografie. Franziskus zitiert Benedikt: "Bis hierher bin ich gekommen. Ich habe diese Vorkehrungen getroffen, jene Menschen aus dem Dienst entfernt. Nun ist das deine Aufgabe." Und Franziskus schreibt, dass er den Weg seines Vorgängers fortgesetzt hätte – in welchen Angelegenheiten konkret, bleibt jedoch weiterhin das Geheimnis des Pontifex.
Sein Spaziergang während der Corona-Pandemie
Als die Pandemie Italien fest im Griff hatte und es bis zu 1.000 Corona-Tote täglich im Land zu beklagen gab, pilgerte Franziskus zur Kirche Santa Maria Maggiore, um dort vor der Heiligen Jungfrau Salus populi romani zu beten. Danach spazierte er durch das nahezu menschenleere Rom, nur bewacht von seinen Schweizergardisten in Zivil, zur Kirche von San Marcello, wo ein Kruzifix aus der Zeit der Großen Pest aufbewahrt wird. Franziskus über seinen schweren Weg: "Ich ging allein und trug im Herzen die Einsamkeit aller."
Sein angeschlagener Gesundheitszustand
2021 wurde eine Divertikelstenose beim Heiligen Vater diagnostiziert und er musste operiert werden, zwei Jahre später folgte ein weiterer Eingriff im Bauchraum. Doch inzwischen gehe es ihm wieder gut, beteuert Franziskus. Weit mehr Probleme bereite ihm sein kaputtes Knie: "Anfangs machte es mich verlegen, auf den Rollstuhl angewiesen zu sein, aber das Alter bringt eben so einiges mit sich und man muss es nehmen, wie es kommt." Denn die Kirche lenke man mit Herz und Kopf und nicht mit den Beinen.
Ob er überlegt, zurückzutreten
Wenn es einem papst schlecht gehe, wehe ein Hauch von Konklave durch die Welt, scherzt Franziskus. Aber er hätte nicht einmal in den Tagen seiner Operationen ans Aufgeben gedacht. Doch diese Möglichkeit bestehe immer: "Ich habe schon kurz nach der Wahl dem Kardinalkämmerer einen Brief anvertraut, in dem ich meinen Rücktritt erkläre für den Fall, dass es dafür medizinische Gründe gibt." Dann würde er als emeritierter Bischof weiterhin in Rom bleiben. Doch bis dahin heiße es, nach vorne schauen: "Der Herr ist die Uhr des Lebens. Und ich mache einfach weiter."
"Hoffe. Die Autobiografie", Papst Franziskus mit Carlo Musso, Kösel Verlag, 384 Seiten, 24,70 Euro