was war, was kommt

"Rambo Zambo!" 13 wichtige Lehren aus der deutschen Wahl

Am Sonntag knipste Deutschland seiner Ampel die Lichter aus. Vier Jahre nach Angela Merkel zieht wieder ein CDU-Politiker ins Kanzleramt ein. Was mehr überraschte: wie TikTok den Linken zum Comeback verhalf, wie die Jungen wählten und wie die Frauen.

CDU-Chef Friedrich Merz gewann die Wahl, gewinnt er nun die SPD als Koalitionspartner?
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Christian Nusser
Akt. Uhr
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Der Sonntagabend war schon etwas fortgeschritten, als Friedrich Merz im Berliner Konrad Adenauer das Mikro ergriff. Der schlaksige, 1.98 Meter große Chef der konservativen CDU gilt selbst in seiner eigenen Neigungsgruppe nicht als geborener Entertainer, er ist mehr Typ Ballerina als Typ Ballermann. An diesem Abend aber zeigte er sich durchaus von der Situation ergriffen, der seiner Partei und seiner eigenen.

Die CDU hatte eben die deutsche Bundestagswahl gewonnen. Mit deutlichem Abstand zwar, aber die Hoffnungen vorab hatten höher in den Himmel geragt. Die 30-Prozent-Latte wurde nicht gerissen, man hüpfte sogar deutlich darunter durch.

Das war Merz in diesem Augenblick egal. Im Stile des Direktors einer Kreissparkasse bei der Weihnachtsfeier wollte er seiner guten Laune Ausdruck verleihen. Also rief der 69-Jährige ins Publikum: "Jetzt darf auch mal Rambo Zambo im Adenauer-Haus sein."

Der Satz hat schlicht nichts zu bedeuten, gerade deshalb machte er Karriere, so ist das manchmal in der Politik. Wild zu feiern wird eigentlich mit "Rambazamba machen" umschrieben und nicht mit "Rambo Zambo", den Begriff gibt es eigentlich nicht.

Stefan Raab ist schuld daran, wie an so vielen Entwicklungen im deutschen Unterhaltungsfernsehen. Er hatte in der Woche vor der Wahl ein Lied aufgenommen, in dem kommt Merz im Refrain mit der Kreation "Rambo Zambo" vor, er ist diesbezüglich kein Ersttäter. Von da an bekamen die zwei Worte Flügel.

Randerscheinung einer denkwürdigen Nacht, in der vieles in der deutschen Politik-Landschaft umgepflügt wurde. Was es alles zu beobachten gab:

Wer regiert, verliert

Am 8. Dezember 2021 war Olaf Scholz mit großen Hoffnungen in seine erste Amtszeit gestartet. Eine Koalition aus drei Parteien, SPD, GRÜNEN und FDP sollte es richten. Die Ampel aber erwies sich schnell als Fehlkontruktion. Statt dem Besten aus drei Welten gab es bestenfalls Mittelmaß aus drei Ich-AGs.

Am 6. November 2024 gingen der Ampel dann endgültig die Lichter aus. Scholz ließ Finanzminister Christian Lindner feuern, nach einigem peinlichen Gezerre auch bürokratischer Art, einigte man sich auf einen vorgezogenen Wahltermin 23. Februar. Er brachte der Ampel eine Desaster.

Kanzler Olaf Scholz hat die Wahl vorverlegt, nun muss er seinen Arbeitsplatz verlegen
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Die SPD verlor laut vorläufigem Endergebnis 9,3 Prozentpunkte im Vergleich zu 2021 und erreichte das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte. Scholz schaffte es, aus dem Amtsbonus einen Amtsmalus zu machen. Erstmals landete bei einer deutschen Wahl ein regierender Kanzler nur auf dem dritten Platz.

Die Grünen büßten etwas moderater 3,1 Prozentpunkt ein, die FDP aber flog aus dem Bundestag. Aus den 11,4 Prozent von 2021 wurden 4,3 Prozent, die Liberalen verfehlte die 5-Prozent-Marke deutlich.

Vorläufiges amtliches Endergebnis

  • CDU/CSU 28,52 Prozent
  • AfD 20,80 Prozent
  • SPD 16,41 Prozent
  • Grüne 11,61 Prozent
  • Linke 8,77 Prozent
  • BSW 4,97 Prozent
  • FDP 4,33 Prozent
AfD-Spitzenteam: Alice Weidel und Tino Chrupalla wollen nun noch schärfer auftreten
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Wer Arbeit hat, wählt rechts. Wer keine hat auch

Die Wahl am Sonntag kannte drei Sieger. Die CDU/CSU, die Erster wurde. Die rechte AfD, die 10,42 Prozentpunkte zulegte und das beste Ergebnis ihrer Geschichte erreichte. Und Die Linke, vor wenigen Wochen noch totgesagt, nun sprang sie auf 8,77 Prozent, um 3,9 Prozentpunkte über dem letzten Wahlergebnis.

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) legte um 4,97 Prozent zu, wenn man so will, die Partei trat allerdings neu an. Aber am Ende fehlten 13.435 Stimmen auf den Einzug in den Bundestag.

Den größten Zuwachs schaffte die AfD. 10,3 Millionen Deutsche gaben ihr diesmal ihre Stimme. Besonders gut schnitt die Partei bei den Arbeitern ab. 38 Prozent wählten die AfD, ein Plus von 17 Prozentpunkten. Die einstige Arbeitspartei SPD kam nur mehr auf 12 Prozent, ein Minus von 14 Prozentpunkten.

Aber nicht nur die Arbeiter wählten AfD, sondern auch 34 Prozent der Arbeitslosen, die SPD schaffte in diesem Segment nur 13 Prozent. In der Wählerschaft "mit schlechter wirtschaftlicher Situation" kam die AfD sogar auf 39 Prozent, ein Plus von 20 Prozentpunkten.

So wählten die Arbeiter

  • AfD 38 Prozent
  • CDU/CSU 22 Prozent
  • SPD 12 Prozent
  • Grüne 5 Prozent
  • Linke 8 Prozent
  • BSW 5 Prozent
  • FDP 4 Prozent

Die Jungen wählen links. Oder rechts

Millennials und Generation Z können mit den klassischen Parteien wenig anfangen und da zählen mittlerweile auch die Grünen dazu. Bei den Erstwählern (in Deutschland ab 18 Jahren) und den Jungwählern spielen die rechte AfD und Die Linke die erste Geige.

Das liegt auch an Social Media. Vor einem Jahr lag Die Linke in Umfragen noch bei drei Prozent. Die vorgezogene Wahl traf die Partei auf dem falschen Fuß, die Konkurrenz BSW, die sich abgespaltet hatte, schien übermächtig. Dann kam Heidi.

Heidi Reichinnek ist 36, Feministin, ziemlich goschert und sie hat auf TikTok 560.000 Follower, auf Instagram 450.000. Dort ging ein Auftritt von ihr im Bundestag durch die Decke. Als die CDU am 29. Jänner bei der Verschärfung der Migrationsgesetze mit der AfD gemeinsame Sache machte, hielt Reichinnek eine Wutrede, der Zusammenschnitt wurden inzwischen 30 Millionen Mal gesehen, schreibt der Spiegel.

Plötzlich war Die Linke die eigentliche Gegenkraft zur AfD im Land, die Brandmauer verschob sich, nun stand eine andere Partei dahinter und bei der Wahl am Sonntag zahlte sich diese Konfrontation laut infratest dimap aus. Für Die Linke. Und für die AfD.

Wo wählten die 18- bis 24-Jährigen

  • Linke 25 Prozent
  • AfD 21 Prozent
  • CDU/CSU 13 Prozent
  • SPD 12 Prozent
  • Grüne 10 Prozent
  • BSW 6 Prozent
  • FDP 5 Prozent
Unbändige Freude: Das linke Spitzentrio Heidi Reichinnek (Mitte), Jan van Aken, Ines Schwerdtner
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Die Generation Job sieht sich am rechten Weg

Das sollte bei den etablierten Parteien die nächsten Warnlampen angehen lassen. Bei den Jobeinsteigern, den Karrieremachern, den Familiengründern, den Menschen, die so richtig ins Arbeitsleben starten, bekommen sie derzeit keinen Fuß in die Tür. Die komplette Altersgruppe der 25- bis 44-Jährigen geht an die AfD, in beiden Alterskohorten liegt die rechte Partei vorne.

Bei den 25- bis 34-Jährigen ist der Abstand besonders ausgeprägt. 7 Prozentpunkte Abstand legte die Partei von Alice Weidel zwischen sich und die CDU/CSU.

So wählten die 25- bis 34-Jährigen

  • AfD 24 Prozent
  • CDU/CSU 17 Prozent
  • Linke 16 Prozent
  • Grüne 14 Prozent
  • SPD 12 Prozent
  • BSW 6 Prozent
  • FDP 5 Prozent

So wählten die 35- bis 44-Jährigen

  • AfD 26 Prozent
  • CDU/CSU 24 Prozent
  • Grüne 14 Prozent
  • SPD 13 Prozent
  • Linke 8 Prozent
  • BSW 6 Prozent
  • FDP 4 Prozent
CDU-Chef Friedrich Merz ist 69, sein Kernwähler-Publikum gehört ebenfalls dieser Altersgruppe an
CDU-Chef Friedrich Merz ist 69, sein Kernwähler-Publikum gehört ebenfalls dieser Altersgruppe an
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Der Begriff Altparteien hat einen wahren Kern

Je älter desto konservativer, das galt schon immer, aber nun hat das gravierende politische Konsequenzen. Denn die Älteren und die Alten sind die mittlerweile einzigen Wählergruppen, die der Mitte das Überleben sichern. Anders gesagt: Union und SPD spielen politisch deshalb noch eine so große Rolle, weil es die Generation 45 plus gibt.

Bei den über 60 Jahre alten Menschen rutscht die SPD auf Platz zwei vor, bei den über 70-Jährigen kommt die CDU/CSU gleich auf 43 Prozent. Die AfD liegt hier mit 10 Prozent im abgeschlagenen Feld. Auf den politischen Alltag übertragen: Eine radikale Rentenreform ist von einem Kanzler Merz eher nicht zu erwarten. Außer er verspürt Lust auf eine politischen Harakiri.

So wählten die 45- bis 59-Jährigen

  • CDU/CSU 33 Prozent
  • AfD 22 Prozent
  • SPD 15 Prozent
  • Grüne 12 Prozent
  • Linke 5 Prozent
  • BSW 5 Prozent
  • FDP 4 Prozent

So wählten die 60- bis 69-Jährigen

  • CDU/CSU 33 Prozent
  • SPD 21 Prozent
  • AfD 19 Prozent
  • Grüne 11 Prozent
  • Linke 5 Prozent
  • BSW 5 Prozent
  • FDP 4 Prozent

So wählten die über 70-Jährigen

  • CDU/CSU 43 Prozent
  • SPD 25 Prozent
  • AfD 10 Prozent
  • Grüne 7 Prozent
  • Linke 5 Prozent
  • BSW 4 Prozent
  • FDP 5 Prozent
FPÖ-Chef Herbert Kickl auf einer Pressekonferenz 2023 mit AfD-Chefin Alice Weidel in Wien
FPÖ-Chef Herbert Kickl auf einer Pressekonferenz 2023 mit AfD-Chefin Alice Weidel in Wien
Helmut Graf

Die AfD wurde zur Volkspartei

Das werden viele nicht gerne hören, auch die AfD selbst nicht, aber sie gehört in Deutschland nun zum Mainstream. In Österreich nahm die FPÖ der Volkspartei das Etikett Volkspartei weg, auch im Nachbarland ist die AfD keine Protestpartei mehr. Sie wird mehrheitlich nicht mehr gewählt, um es anderen Parteien heimzuzahlen, sondern aus politischer Überzeugung.

Zahlen von des Umfrageinstituts infratest.dimap belegen das. 2017 gaben 61 Prozent der Befragten an, die AfD vor allem aus "Enttäuschung über andere Parteien" zu wählen. Am Sonntag dreht sich der Trend. Nur mehr 39 Prozent wählten Protest, aber 54 Prozent gaben an, der AfD aus "Überzeugung für meine Partei" die Stimme gegeben zu haben, berichtet die F.A.Z.

Das macht es für politische Gegner schwieriger, Wählerschaft zurück zu sich zu holen. Wer aus Protest wechselt, ist einfacher zu gewinnen als jemand, der eine neue Heimat gefunden hat.

Gesittete Party statt Rambo Zambo: Friedrich Merz im Konrad Adenauer Haus
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Frauen wählen links, Männer rechts

In Österreich ist das inzwischen anders, da gelten die Freiheitlichen nicht mehr als Männerklub. Bei der Wahl am 29. September gaben der FPÖ fast so viele Frauen (28 Prozent) wie Männer (30 Prozent) ihre Stimme.

In Deutschland wählten am Sonntag Männer tendenziell eher mitte-rechts oder rechts. Die Union kam auf 30 Prozent der Stimmen, die AfD lag über ihrem Wahlergebnis, SPD und Linke landeten darunter. Dafür hätte es die FDP in den Bundestag geschafft, wären allein die Männer am Wort. Oder solo an der Urne gewesen.

Anders bei den Frauen, da bekam die SPD gleich viele Stimmen wie die AfD. Die Rechtspartei landete um 6 Prozentpunkte tiefer als bei den Männern. Das Bündnis Sahra Wagenknecht hätte es in den Bundestag geschafft, die FDP dagegen nicht.

So wählten die Männer

  • CDU/CSU 30 Prozent
  • AfD 24 Prozent
  • SPD 15 Prozent
  • Grüne 11 Prozent
  • Linke 7 Prozent
  • BSW 4 Prozent
  • FDP 5 Prozent

So wählten die Frauen

  • CDU/CSU 27 Prozent
  • AfD 18 Prozent
  • SPD 18 Prozent
  • Grüne 13 Prozent
  • Linke 11 Prozent
  • BSW 6 Prozent
  • FDP 4 Prozent
13.435 Stimmen fehlten: Sahra Wagenknecht schaffte es nicht in den Bundestag und überlegt nun eine Klage
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Deutschland wollte nicht Österreich werden und wurde Frankreich

"Deutschland steht vor seinem schlimmsten Albtraum – es wird zu Frankreich", schrieb der britische Telegraph in seiner Analyse zur deutschen Wahl. "Während der Eurokrise haben deutsche Politiker Ländern wie Griechenland, Italien und Spanien für ihre verantwortungslose Geldverschwendung Vorwürfe gemacht". Nun seien die "glorreichen Tage" vorbei.

Tatsächlich hatten deutsche Spitzenpolitiker im Wahlkampf vor "österreichischen Verhältnissen" gewarnt. "Es bedrückt mich, was in Österreich geschieht", sagte Kanzler Olaf Scholz zuletzt im Kurier. Sein Nachfolger Freidrich Merz meinte ebenda, er sehe "die Entwicklung Österreichs mit Sorge".

Nun hat  das gewohnt vollmundige Deutschland ähnliche Probleme vor der Brust. Der künftige Kanzler hat die AfD als Partner ausgeschlossen (wie zunächst die ÖVP), Merz bleibt also nur die Auswahl aus einem Koalitionspartner, die SPD. Oder er bildet eine Dreier-Koalition (wie Österreich).

Dazu drohen französische Verhältnisse. Explodierende Staatsschulden, weil mehr Geld für die Verteidigung, den Kampf gegen die Inflation oder die Rentenkrise nötig ist. Seit 2008 gilt in Deutschland eine Schuldenbremse im Verfassungsrang, Merz will sie lösen. Sehr zur Schadenfreude anderer EU-Staaten.

"Für die Deutschen wird es eine zutiefst beunruhigende Erfahrung sein, wenn sie voller Sorge auf die französischen Staatsschuldenberge blicken und sich fragen: 'Werden das wir in ein paar Jahren sein?'", schreibt der Telegraph.

Raus aus dem Bundestag, raus aus der Politik: FDP-Chef Christian Lindner trat zurück
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Hamburg ist für die SPD nicht für die Fische

Der Blick auf Regionalergebnisse lohnt. Hamburger haben ihren eigenen Kopf, heißt es und das Wahlergebnis am Sonntag macht deutlich, was damit gemeint ist. SPD-Kanzler Olaf Scholz kennt das, er war hier von 2011 bis 2018 Erster Bürgermeister und hätte der Bund so gewählt wie die zweitgrößte Stadt des Landes, wäre es tutto bello für ihn ausgegangen.

Hamburg wird Rot-Grün regiert, die SPD wurde hier am Sonntag mit 28 Prozent deutlich Erster. Die CDU kam auf 22,2 Prozent, die Grünen holten 20,1 Prozent, die AfD kam über 11 Prozent nicht hinaus.

Am 2. März wird wieder gewählt, Umfragen sagen dem Bündnis aus Rot-Grün erneut eine deutliche Mehrheit voraus. Geographisch gesehen ist Hamburg keine Insel, politisch irgendwie schon.

Die CDU freut sich sakrisch, dass sie Bayern hat

Am Samstag rasierte sich Markus Söder den Bart ab, zog sich ein verhaltensauffälliges Kostüm an und setzte sich eine Sonnenbrille auf. So erschien er als Elvis Presley auf der Franken-Fastnacht und sang in Veitshöchheim "You are always on my mind". Einen Tag später stand der Elvis aus München im Konrad Adenauer Haus in Berlin an der Seite von Friedrich Merz und grinste wie ein Hutschpferd.

Söders CSU hatte maßgeblich zum Sieg der Union im Bund beigetragen und Merz wusste, wem er zu danken hatte. In Bayern holten die Christdemokraten mit 37,2 Prozent überlegen den Platz 1, alles andere wäre auch in Nähe der Gotteslästerung gefallen. Die CSU legte um 5,2 Prozentpunkte zu und hielt die AfD (19 Prozent) in Schach.

Zweckgemeinschaft, mehr nicht: CDU-Chef Friedrich Merz mit Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern und CSU-Vorsitzender
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Der Osten wendete sich die Wende zum Westen

Am 9. November 1989 begann der Fall der Berliner Mauer. DDR und BRD wurden ein Land, aber wiederum auch nicht, wie die Wahl am Sonntag zeigte. Der Osten Deutschlands, die ehemalige DDR, färbte sich blau ein. Im ehemaligen Westen verdoppelte sich die rechte Partei im Vergleich zu 2021, im Osten allerdings wurde sie zur Nummer 1.

Die AfD kam auf 34,5 Prozent, sie gewann 45 der 48 Ost-Wahlkreise, holte alle fünf Bundesländer. In allen landete sie deutlich über 30 Prozent, in Thüringen sogar bei 38,6 Prozent.

Die Dimension macht erst der Abstand deutlich. Die CDU landete bei 18,4 Prozent, also 16,1 Prozentpukte (!) hinter der AfD auf dem zweiten Platz. die Linke kam auf 12,9 Prozent, hier hatte die Abspaltung von Sahra Wagenknecht (9,9 Prozent) bittere Folgen. Und die SPD? 10,9 Prozent.

Das Gefühl vieler Bürger, von Westdeutschland abgehängt, auch geringschätzig betrachtet zu werden, der wirtschaftliche Abschwung, der Wegzug, gleichzeitig die Migration, der Wunsch nach einer "starken Partei", die schwache Zustimmung zur Demokratie – es gibt eine Vielzahl von Gründen für den Erfolg der AfD. Vor allem ist sie im Osten längst eine Volkspartei, auch medial ist das zu merken.

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Berlin gewann die Linke mit links

Die deutsche Hauptstadt ist die Antwort auf den Wahlerfolg der AfD im Osten. Hier holte Die Linke am Sonntag 19,9 Prozent der Stimmen, verdoppelte sich, holte vier der zwölf Wahlkreise und landete damit auf Platz 1. Gemeinsam mit der Abspaltung BSW (Bündnis Sahra Wagenknecht) wählte über ein Viertel der Einwohner links. Die AfD kam "nur" auf 15,2 Prozent.

Der Grund für den Wahlerfolg erinnert stark an die KPÖ in Salzburg und Graz. Auch in Berlin setzte Die Linke stark auf das Thema zu hohe Mieten. Sie bot Apps an, über die sich Betroffene von Mietwucher beraten lassen konnten.

Kanzler Olaf Scholz bleibt einfacher Abgeordneter im Bundestag, "Pannen-Saskia" Esken will als SPD-Chefin nicht gehen
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Es gibt sichere Jobs als Parteichef

Vor 27 Jahren erreichte die SPD bei den Bundestagswahlen noch 40,9 Prozent, am Sonntag waren es nur mehr 16,1 Prozent. Olaf Scholz ist als Kanzler Geschichte, er will als einfacher Abgeordneter weitermachen.

Viele in der Partei werfen ihm vor, nicht schon vor der Wahl für Verteidigungsminister Boris Pistorius Platz gemacht zu haben. Erstaunlich auch: SPD-Chefin Saskia Esken, deren Geschick zuletzt vor allem darin bestand, jedes Fettnäppchen gut zu treffen, schloss am Montag einen Rücktritt aus.

Dafür gehen andere, mindestens drei Parteichefs werden das Wahlergebnis politisch nicht überleben. Scholz tritt auf Raten ab. FDP-Chef Christian Lindner kündigte seinen Abgang schon am Sonntag an, sein Generalsekretär Marco Buschmann folgte tags darauf. Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck will in der Partei keine Führungsrolle mehr übernehmen, sagte er.

Der Wandel in Deutschland wird auch personell augenfällig sein.

Akt. Uhr
#Menschenwelt
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