schauen, Was es geschlagen hat
So ticken sie richtig: Die Trends der Uhrenmesse in Genf
Die "Watches & Wonders" ist die größte und wichtigste Uhrenmesse der Welt. Hier wird gezeigt, wofür das Herz von Uhrenfans als nächstes schlagen wird.
Was Mailand für die Möbelindustrie ist, ist Genf für die Uhrmacherei: Zumindest einmal im Jahr für ein paar Tage der Nabel der Welt, an denen gezeigt wird, was es alles gibt, welche Trends angesagt sind, was man kann und wie man sich die Zukunft vorstellt. In Norditalien ist es der "Salone del Mobile", der Fachwelt, Journalisten und Interessierte für eine Woche beherbergt, am Genfer See die "Watches & Wonders", wie die Leistungsschau der Schweizer Uhrenindustrie (mit einigen ausgesuchten Gästen aus dem Ausland) seit dem Jahr 2020 offiziell heißt. Hier wird gezeigt, was an Neuheiten in den nächsten Monaten in die Schaufenster wandern wird, hier werden neue Modelle präsentiert, hier wird entschieden, in welchem Rhythmus die Uhrenwelt tickt.
Die größte Watches & Wonders Insgesamt 54 Marken sind heuer auf der Messe präsent, acht mehr als im letzten Jahr. Neben den Branchenriesen Rolex, Patek Philippe, TAG Heuer, Hublot oder den Marken des Luxuskonzerns Richemont (u.a. Cartier, Jaeger leCoultre, IWC Schaffhausen, Panerai oder Montblanc), sind es vorm allem kleine und kleinste Hersteller aus der Schweiz, die sich hier präsentieren dürfen. Die Auftritte der Kleinsten werden von den großen Marken querfinanziert, um den Standort Schweiz in seiner Gesamtheit zu stärken und zu repräsentieren.
Die Messe in Zahlen Bis kommenden Montag, den 15. April, werden insgesamt 45.000 Besucher am Messeort unweit des Genfer Flughafens erwartet. Bis Freitag ist die "Watches & Wonders" dem Fachpublikum vorbehalten, von Samstag bis Montag sind dann wieder alle Interessierten willkommen.
Der große Abwesende Von den Big Playern im Uhrengeschäft fehlt in Genf vor allem die Swatch Group, Mutterkonzern nicht nur der namensgebenden Plastikuhr, sondern auch von traditionsreichen Marken wie Omega, Breguet, Blancpain oder Glashütte Original. Nach dem Untergang der weltgrößten Uhrenmesse in Basel im Jahr 2019, an der die Swatch Group alljährlich der größte Aussteller war, konnte sich der Konzern bis jetzt nicht dazu durchringen, seine Neuheiten auch in Genf zu präsentieren.
Die Branche spürt Gegenwind Aber die Abwesenheit der Swatch-Erfinder ist. nicht die einzige dunkle Wolke, welche die "Watches & Wonders" heuer begleitet. "Das Jahr 2024 ird eine Herausforderung", attestiert Jean-Frédéric Dufour, Generaldirektor von Rolex und gleichzeitig Präsident jener Stiftung, die für die Ausrichtung der "Watches & Wonders" verantwortlich zeichnet, in einem Interview in der "NZZ". Dufour ist seit mehr als 30 Jahren im Uhrenbusiness und leitet den Btrancheprimus Rolex (2023 mehr als zehn Milliarden Franken Umsatz) seit 2015. Er weiß besser als die meisten, wie das Geschäft läuft – und für heuer ist er nicht rasend optimistisch.
Drei aktuelle Probleme Ein starker Franken, der hohe Goldpreis sowie die anhaltenden geopolitischen Krisen sind aktuell die Spielverderber für die Uhrenbranche. Auch der Second-Hand-Markt für wertvolle Zeitmesser und Sammlerstücke, der in den letzten Jahren von einem Hoch zum nächsten gejagt ist, hat merklich abgekühlt. Und so können sich die Hersteller heuer nicht darauf verlassen, dass ohnedies jedes Modell gehypt wird, das sie zeigen. Vielmehr müssen sie sich auf ihre ureigenen Stärken besinnen, um auch weiterhin am Markt bestehen zu können. Und ein Blick auf die neuen Modelle zeigt, dass die Produzenten mit dieser Herausforderung ganz hervorragend umgehen.
Die wichtigsten Trends auf der "Watches & Wonders"
Trend 1: Never Change A Winning Theme Vor allem die großen und etablierten Hersteller machen das, was sie am besten können: die Wünsche ihrer Kunden erfüllen. Oft genügen dafür bereits Nuancen an Veränderungen, um die Fan-Boys (Fan-Girls gibt es in der Uhrensammlerszene überraschend wenige) zum jubeln zu bringen.
Beispiel Rolex: Der Hersteller von Uhren-Ikonen wie der "GMT Master", der "Submariner" oder der "Daytona", bringt auch heuer minimale Änderungen an ausgesuchten Klassikern - und die Fans flippen aus. Dieses Jahr erhält etwa die "GMT Master II" eine neue Lünette und Grau-schwarz, das gab es so noch nie. Und die "SeaDeweller Deepsea", eine Taucheruhr für Tiefen bis 3.900 Meter, gibt es nun erstmals in massivem Gelbgold - Luxus brachial.
Auch bei der "Schwesternmarke" Tudor setzt man auf die Fortführung beliebter Motive, indem der "Black Bay"-Serie ein GMT-Modell sowie ebenfalls ein Gelbgoldmodell spendiert wird. Patek Philippe wiederum bringt mit der Ref. 5330G die erste nicht limitierte Weltzeituhr mit einem Globettrotter-affinen Jeans-Armband, was bei einer Uhr um gut 75.000 Euro ein charmanter Move ist.
Trend 2: Das große Retro-Theater Uhren, die ungeniert Modelle aus der großen Vergangenheit zitieren, sind seit Jahren ein Mega-Erfolg, weshalb also nicht da weitermachen. An dieses Motto hält man sich etwa bei Zenith, wo mit der "Defy Revival" eines der auffälligeren Modelle aus den 1970er-Jahren zu neuen Ehren kommt. TAG Heuer interpretiert den großen Klassiker, die "Carrera", sanft neu und die kleine Marke Angelus lässt mit ihrem Modellen Rennsporterinnerungen an die Fünfziger- und Sechzigerjahre neu aufleben.
Trend 3: Color me beautiful Ein bisschen Farbe schadet nie, dachten sich heuer viele Marken bei der Gestaltung ihrer neuen Modelle. Ergebnis: Schon lange nicht mehr gab es so viele bunte Modelle wie heuer!
Trend 4: Große Uhrmacherkunst Ob IWC Schaffhausen, Jaeger LeCoultre oder A. Lange & Söhne aus Glashütte in Sachsen, Modelle mit Großen Komplikationen werden immer ihre Liebhaber finden. Der Vogel in dieser Disziplin schießt heuer IWC ab – die "Portugieser Eternal Calendar" kennt die Schaltjahre für die nächsten 400 Jahre sowie die Mondphasen für die kommenden 45 Millionen (!) Jahre.
Trend 5: Ein bisschen verspielt Das Modehaus Chanel, in dem auch hervorragende und komplizierte Uhren gefertigt werden, huldigt seiner Gründerin Coco Chanel mit einer ganzen Serie, die sich auf ihr Genie als Modemacherin beruft, ein Model ist dabei hübscher als das andere! Aber auch andere Hersteller können das kleine Verspielte!