filmfestspiele venedig

Tränen, Trubel, Träume: Jolie in "Venicewood", das war große Oper

So viele Stars wie selten zuvor, dazu ein Programm, als hätten sich die Studios ihre Blockbuster extra aufgehoben und gleich zu Beginn hochemotionale Szenen: die 81. Filmfestspiele von Venedig geben ein starkes Lebenszeichen.

Angelina Jolie posiert auf dem roten Teppich der Filmfestspiele Venedig, ihr Film "Maria" wurde am Donnerstag gezeigt
Angelina Jolie posiert auf dem roten Teppich der Filmfestspiele Venedig, ihr Film "Maria" wurde am Donnerstag gezeigt
Reuters
Newsflix Redaktion
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Am Ende des Abends stand sie da, fasste sich immer wieder ans Herz, versuchte, die Tränen zurückzuhalten, nicht immer gelang das. Venedig ist sowieso nah am Wasser gebaut, an diesem Tag war das auch Angelina Jolie. Sie hatte bisher niemand als große Schauspielerin am Radar. Dann flog ihr die Rolle der griechischen Operngöttin Maria Callas zu und sie wusste zu begeistern. Zwischen acht und zehn Minuten dauerte, je nach Zählweise, am Donnerstagabend der tosende Applaus bei der Premiere von "Maria" und alle waren sich einig: Hier hat man einen Favoritenfilm für den nächsten Oscar gesehen.

Die Standing Ovations bildeten den Schlusspunkt eines ohnehin schon empathiegeschwängerten Tages. Schon bei der Pressekonferenz uferte Leidenschaft aus. Zwei Journalistinnen erzählten, wie sie bei der Filmvorführung in Tränen ausgebrochen waren, einer kamen bei der Schilderung ihrer Tränen die Tränen. Jolie trieb das ebenfalls Wasser in die Augen, sie legte ihre Hand erneut auf ihr Herz und flüsterte: "Danke." Um großes Kino zu sehen, muss man in Venedig heuer gar nicht ins Kino gehen.

Jolie ist unbestritten der Star unter den Stars der ersten Tage Schon 24 Stunden vor der Vorführung von "Marie", stellten die ersten Fans Zelte und Sonnenschirme auf und campierten bei 32 Grad im Schatten, um ihrem Ideol auf dem roten Teppich nah zu sein. Und Jolie lieferte, posierte für Selfies, schrieb Autogramme, stieg dann die Treppen empor. In einem Bett wartete ein schwerkranker Fan auf sie, er leidet an der tödlich verlaufenden Muskelkrankheit ALS (Amyotrophe Lateralsklerose. Jolie kniete sich vor ihm nieder, sprach mit ihm.

Fast banal wirken da die Schlagzeilen, mit denen die US-Schauspielerin in Venedig empfangen worden war. Sie kreisten um die Frage: Treffen sie sich, oder treffen sie sich nicht? Sie, das sind "Brangelina", also die Filmstars Angelina Jolie und Brad Pitt. Hollywoods schönstes Paar der Nuller-Jahre kam 2005 bei den Dreharbeiten zu "Mr. und Mrs. Smith" zusammen, 2014 wurde schließlich geheiratet, 2016 reichte sie die Scheidung ein. Seither ist das Klima zwischen den (Adoptiv-)Eltern von insgesamt sechs Kindern toxisch.

Erblondet: Jolie trug ein maßgeschneidertes trägerloses beiges Kleid von Tamara Ralph mit einer Pelzstola über den Armen
Erblondet: Jolie trug ein maßgeschneidertes trägerloses beiges Kleid von Tamara Ralph mit einer Pelzstola über den Armen
Reuters
Berührende Szene: Jolie kniet am roten Teppich neben einem Fan, der an Amyotropher Lateralsklerose (ALS) erkrankt ist
Berührende Szene: Jolie kniet am roten Teppich neben einem Fan, der an Amyotropher Lateralsklerose (ALS) erkrankt ist
Picturedesk

Das so sehr, dass sie sich auch physisch so weit wie möglich aus dem Weg gehen, um jedes Risiko eines explosiven Aufeinandertreffens zu vermeiden. Und nun sind beide in Venedig zu Gast – sie um ihr neues Biopic "Maria" über die Sopranistin Maria Callas zu präsentieren, er um seinen Actioner "Wolfs", den er gemeinsam mit Kumpel George Clooney gedreht hat, vorzustellen. Lange wurde getüftelt, um den Zeitplan so zu arrangieren, dass eine Begegnung schlichtweg unmöglich ist.

Nun kommt er, wenn sie schon weg ist Angelina Jolie verlässt Venedig gleich am Freitag Richtung USA, wo sie ihren Film am Festival von Telluride vorstellen wird. Und Brad Pitt wird erst am Samstag anreisen, um am Tag drauf gemeinsam mit George Clooney den Lido zu rocken. So weit, so gut geplant.

Das Team von "Maria": Regisseur Pablo LarraÌn, Angelina Jolie, Alba Rohrwacher und Pierfrancesco Favino (v. l.) unterwegs auf den Kanälen der Stadt
Das Team von "Maria": Regisseur Pablo LarraÌn, Angelina Jolie, Alba Rohrwacher und Pierfrancesco Favino (v. l.) unterwegs auf den Kanälen der Stadt
Starpix / picturedesk.com

Zu wenig Fünfstern-Betten Aber auch anderen Stars ist in Venedig derzeit öfters zum Weinen. Etwa wenn nicht genügend Fünfstern-Betten für alle zur Verfügung stehen. Denn die Filmfestspiele gehen draußen vor der Lagunenstadt, am elf Kilometer langen Lido über die Bühne. Doch die Insel verfügt nur über ein einziges Luxushotel, das "Excelsior". Und während der Festspiele geben sich dort die Stars und Macher der Filmwelt fast wortwörtlich die Klinke in die Hand – wenn sie überhaupt eines der begehrten Zimmer bekommen haben. Denn längst ist nicht für jeden, der am Lido schlafen möchte, auch Platz.

Sehen nur aus wie Secret-Service-Agenten: Oscar-Regisseur Alfonso Cuaron , Apple-Chef Tim Cook sowie die Stars Cate Blanchett und Kevin Kline präsentierten in Venedig die neue Miniserie "Disclaimer", die ab Oktober auf Apple TV+ laufen wird
Sehen nur aus wie Secret-Service-Agenten: Oscar-Regisseur Alfonso Cuaron , Apple-Chef Tim Cook sowie die Stars Cate Blanchett und Kevin Kline präsentierten in Venedig die neue Miniserie "Disclaimer", die ab Oktober auf Apple TV+ laufen wird
Starpix / picturedesk.com

20 Minuten Motorbootfahrt Für alle anderen heißt es, abends mit dem Motorboot zurück in die Lagune tuckern, wo die übrigen Luxushotels ihre Gäste umsorgen. Das dauert schon einmal 15 oder 20 Minuten – aber vor allem offenbart es, wer gerade wo steht in der Hackordnung von Hollywood. "Wir müssen die Leute davon überzeugen, in andere Hotels zu gehen", klagt Festivals-Direktor Alberto Barbera. Nicht die einfachste Aufgabe, wenn gerade so viele Stars in der Stadt sind, dass man sie stapeln könnte.

Star-Dichte wie anno dazumal Denn die 81. Filmfestspiele, die noch bis Samstag, den 7. September gehen, sind so prominent besetzt wie seit vielen Jahren nicht mehr. Man muss mindestens fünf Jahre zurückgehen, um auf eine ähnliche Star-Dichte zu kommen. Danach kam Corona und im letzten Jahr der große Schauspielerstreik in Hollywood, der den Veranstaltern einen Strich durch die Rechnung machte. Aber heuer ist es, als wären sie weg gewesen. Und die Gästeliste der Festspiele liest sich wie ein Who is who der Traumfabrik.

Bekam den Goldenen Löwen für ihr Lebenswerk: Sigourney Weaver, 74 (u.a. "Alien", "Ghostbusters", "Hesrtbreakers")
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MARCO BERTORELLO / AFP / picturedesk.com

Who is who Antonio Banderas, Monica Bellucci, Cate Blanchett, Adrien Brody, Tim Burton, Jane Campion, George Clooney, Sacha Baron Cohen, Kevin Costner, Daniel Craig, Alfonso Cuaron, Willem Dafoe, Lady Gaga, Isabelle Huppert, Angelina Jolie, Michael Keaton, Nicole Kidman, Kevin Kline, Jude Law, Jenna Ortega, Guy Pearce, Joaquin Phoenix, Brad Pitt, Winona Ryder, Patti Smith, Justin Theroux, Sigourney Weaver – sie alle haben sich in den nächsten Tagen angesagt oder sind bereits da und winken sich durch das Gewusel. Denn Venedig ist drauf und dran, das wichtigste Filmfestival der Welt zu werden. Und damit der "Place To Be" für jede Produktion, die ein möglichst großes und breites Publikum erreichen möchte.

Die wichtigsten Filme Wie jedes Jahr laufen in den diversen Haupt- und Nebenbewerben weit über 100 Filme, ganz zu schweigen von jenen Streifen, die außerhalb des Wettbewerbs gezeigt werden, sprich die rein aus Werbezwecken aufgeführt werden. Aber ebenfalls wie jedes Jahr stechen einige dieser Filme weit aus der breiten Masse heraus:

Hat gut lachen: Regisseur Tim Burton mit Ehefrau Monice Bellucci. Sein neuer Film "Beetlejuice Beetlejuice" erhielt überraschend positive Kritiken
Hat gut lachen: Regisseur Tim Burton mit Ehefrau Monice Bellucci. Sein neuer Film "Beetlejuice Beetlejuice" erhielt überraschend positive Kritiken
Picture Desk

Die Filme des Festivals

  • "Beetlejuice Beetlejuice" von Regisseur Tim Burton. Die Fortsetzung seiner Horrorkomödie von 1988 war der Eröffnungsfilm des Festivals am Mittwoch – und gleich eine riesige Überraschung. Denn der Streifen, der außerhalb des Wettbewerbs gezeigt wurde, bekam überraschend gute Kritiken, wird als Burtons bester Film seit Jahren gefeiert. In Österreich wird "Beetlejuice Beetlejuice" am 13. September anlaufen.
  • "Wolfs" mit George Clooney und Brad Pitt. Die Thriller-Komödie über zwei "Problemlöser", die gegen ihren Willen zusammenarbeiten müssen, hat bereits viele Vorschusslorbeeren erhalten und läuft in Österreichs Kinos am 27. September an.
  • "Joker: Folie à Deux" ist die Fortsetzung des Venedig-Siegerfilms von 2019 und rittert auch heuer um die Auszeichnung. Joaquin Phoenix als Batman-Gegenspieler und Lady Gaga als seine Gefährtin Harley Quinn sind alleine schon Garanten für einen außergewöhnlichen Film. Österreich-Start wird am 2. Oktober sein.
  • "Maria" mit Angelina Jolie als Maria Callas, die berühmteste Sopranistin der Geschichte. Der Film von Regisseur Pablo Larraín erhielt nach seiner Uraufführung in Venedig Donnerstagabend tosenden Beifall, Angelina Jolie bekam sage und schreibe acht Minuten lang Standing Ovations. Nicht die schlechtesten Voraussetzungen für einen Goldenen Löwen. "Ein Starttermin für Österreich steht noch nicht fest.
  • "Babygirl" mit Nicole Kidman als toughe Managerin, die mit ihrem Protegé eine SM-Beziehung beginnt. Klingt spekulativ, ob es auch so ist, wird sich zeigen. Läuft im offiziellen Wettbewerb, Österreich-Kinostart ist am 16. Jänner 2025.
  • "Queer" mit Ex-007 Daniel Craig als homosexueller Schriftsteller William S. Borroughs. Läuft ebenfalls im offiziellen Wettbewerb. Ein Österreich-Starttermin ist noch nicht fixiert.
  • "Disclaimer" ist ausnahmsweise kein Film, sondern die erste TV-Serie von Oscar-Regisseur Alfonso Cuaron. Unter seiner Regie spielen Cate Blanchett, Kevin Kline und Sacha Baron Cohen in einem siebenteiligen Thriller nach dem Bestseller "Deadline". Die Serie wurde von Apple finanziert und läuft auf dem Apple-Streamingkanal im Oktober an.
Hat ein strenges Auge auf alles: die Jury-Vorsitzende Isabelle Huppert, 71, hält Frankreichs Fahnen in Venedig hoch
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