"Keine Gefahr", aber ...

UFO-Rätsel: Jetzt sagt Trump Reise in "Drohnengebiet"ab

Drohnen-Schwärme über US-Städten: nach wie vor ist ungeklärt, was dahinter steckt. Noch-Präsident Joe Biden sieht keine Gefahr, sein Nachfolger Donald Trump dahinter eine geheime Militäraktion – und will in New Jersey nun nicht mehr Golf spielen.

Eine der mysteriösen Drohnen über dem US-Bundesstaat New Jersey: Unerklärbare Drohnenflüge halten die Menschen in den USA in Atem
Eine der mysteriösen Drohnen über dem US-Bundesstaat New Jersey: Unerklärbare Drohnenflüge halten die Menschen in den USA in Atem
Screenshot Homeland Security
Martin Kubesch
Akt. Uhr
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Mysteriöse Lichterscheinungen am Himmel, Überflüge von angeblichen Drohnen, die es nicht gegeben haben soll, eine Regierung, die sagt, es sei alles in Ordnung und es gäbe keinen Grund zur Sorge: Seit mittlerweile einigen Wochen fühlen sich viele Menschen im Osten der Vereinigten Staaten, als wären sie Statisten in einer alten Folge der Mystery-Serie "Akte X". Nur, dass es diesmal keine Außerirdischen sind, die Angst machen, sondern höchst irdische Vorgänge.

Es geht um mysteriöse Drohnensichtungen über zahlreichen Orten im Osten des Landes, die immer mehr Menschen im Land verunsichern. Aber während der designierte US-Präsident Donald Trump Öl ins Feuer gießt und eine innerstaatliche Verschwörung dahinter vermutet – "die Regierung weiß, was da vorgeht, aber aus irgendeinem Grund will sie keinen Kommentar dazu abgeben" sagte er – versucht Noch-Präsident Joe Biden die Gemüter zu beruhigen. Es sei "nichts Böses", kommentierte er die massenhaften Drohnen-Sichtungen. Was Sie über die mysteriösen Drohnenflüge über den USA und die möglichen Erklärungen dafür wissen müssen:

Worum geht's?
Um eine Reihe von angeblichen Drohnensichtungen im Osten der USA, vor allem über dem Bundesstaat New Jersey, westlich von New York. Seit Mitte November - die Angaben gehen auseinander und differieren zwischen 13. und 18. November – werden immer wieder mysteriöse Flugbewegungen über einigen Countys des Bundesstaates wahrgenommen. Aufgrund der Art, wie die Objekte, um die es dabei geht, sich bewegen, ist davon auszugehen, dass es sich dabei um Drohen handelt.

Welche Art von Drohnen?
Das ist nicht bekannt. Es gab zahlreiche Sichtungen, sowohl vom Boden, als auch aus einem Hubschrauber der Staatspolizei, der über einer Drohne geflogen ist. Ihr Durchmesser soll 1,8 Meter betragen, sie haben Positionslichter sowie Scheinwerfer an der Unterseite und sollen eine sehr ungewöhnliche Form aufweisen. Wenn sich ihnen jedoch andere Flugobjekte nähern, erlöschen sofort alle Lichter und die Drohnen verschwinden in der Dunkelheit.

Wem gehören die Drohnen, wer steuert sie?
Auch das ist bislang vollkommen unklar. Keine staatliche Stelle hat sich bisher dazu bekannt, Urheber dieser Drohnenflüge zu sein. Und für private Drohen wirken diese viel zu groß, zu teuer und aufwändig. Glaubt man den Schilderungen der Zeugen, dann handelt es sich bei den Flugobjekten um hochprofessionelle Geräte, wie sie vor allem das Militär verwendet.

Was machen die Drohnen?
Es sollen sowohl einzelne Drohnen beobachtet worden sein, als auch mehrere gemeinsam. Wenn mehrere Drohnen auftauchen, dann sollen diese angeblich zunächst hintereinander anfliegen und dann in eine Rasterformation übergehen und sich im Zickzack über den Boden bewegen. Luftfahrtexperten meinen, das könnte darauf hinweisen, dass die Drohnen den Boden absuchen. Wonach Sie allerdings suchen, erschließt sich bislang überhaupt nicht.

Wie werden die Drohnen gesteuert?
Experten gehen davon aus, dass die Fluggeräte vorgegebene Flugpläne programmiert haben und während der Flüge mittels KI auf aktuelle Ereignisse reagieren. Das würde auch einerseits erklären, weshalb die Lichter der Drohnen sofort ausgehen, sobald sich ihnen andere Flugobjekte nähern. Und andererseits, weshalb keinerlei Kommunikationsdaten von oder zu den Drohnen aufgefangen werden.

Um wie viele Sichtungen geht es hier?
Auch das ist vollkommen unklar. Die Rede ist von bis zu 180 Sichtungen. Der demokratische Senator von New Jersey, Andy Kim, hat sich erst am Freitag mit einer persönlichen Beobachtung an die Medien gewandt. Er habe mit eigenen Augen fünf bis sieben Lichter gesehen, erklärte er. Allerdings weiß man nicht, ob es sich bei jeder Sichtung auch wirklich um eine Drohnen handelt oder um andere Objekte.

Hat mit eigenen Augen mehrere Drohnen am Nachthimmel beobachtet: Der demokratische Senator von New Jersey, Andy Kim
Hat mit eigenen Augen mehrere Drohnen am Nachthimmel beobachtet: Der demokratische Senator von New Jersey, Andy Kim
Seth Wenig / AP / picturedesk.com

Wo tauchen die Drohnen auf?
Zunächst in der Nähe des Picatinny Arsenals, einer Forschungs- und Produktionsanlage des US-Militärs, und über einem Golfplatz des designierten US-Präsidenten Donald Trump in Bedminster. Später wurden sie an zahlreichen weiteren Orten gesehen, vermehrt auch in Küstennähe, teilweise über militärischen Anlagen. Deshalb ist auch das Gerücht entstanden, die Drohnen könnten von einem Schiff, das im Atlantik vor der Küste der USA liegt, losgeschickt werden. Dafür gibt es bislang aber keinerlei Beweise.

Wurde denn überhaupt nach fremden Schiffen gesucht?
Ja, ganz offensichtlich. Auf der Online-Plattform Flightradar24 waren zuletzt mehrere Flugzeuge der US Airforce dabei zu beobachten, wie sie den Atlantik vor der Küste von New Jersey und New York in einem offensichtlichen Such-Modus überflogen. Wenn da draußen ein unidentifiziertes Schiff wäre, das als Urheber der Drohnenflüge in Frage käme, dann hätte man es vermutlich bereits ausgeforscht.

Der "Trump National Golf Club" in Bedminster, New Jersey, war einer der ersten orte, wo die unbekannten Drohnen Mitte November beobachtet wurden
Der "Trump National Golf Club" in Bedminster, New Jersey, war einer der ersten orte, wo die unbekannten Drohnen Mitte November beobachtet wurden
MIKE STOBE / AFP Getty / picturedesk.com

Was sagt die Regierung?
Bis jetzt nichts, das die Sorge in der Bevölkerung gemindert hätte. John Kirby, der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, sagte zunächst am Donnerstag, dem 12. Dezember, bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus, dass man derzeit keine Beweise dafür habe, dass die gemeldeten Drohnen-Sichtungen eine Bedrohung der nationalen oder öffentlichen Sicherheit darstellen würden.

Und das war's schon?
Nicht ganz. Kirby weiter: "Wir verstehen, dass die Menschen besorgt sind. Wir verstehen, dass sie Fragen haben. Wir haben auch Fragen - und wir arbeiten mit Hochdruck daran, die Antworten darauf zu bekommen." Und dann sagte er noch: "Wir sind ebenfalls besorgt."

Was wird deshalb von der Regierung unternommen?
Das Heimatschutzministerium und das FBI würden in der Sache eng mit örtlichen Behörden zusammenarbeiten, so Kirby weiter. "Durch den Einsatz hoch entwickelter elektronischer Erkennungstechnologien (...) konnten wir keine der gemeldeten visuellen Sichtungen bestätigen", sagte Kirby. Eine Überprüfung von Bildmaterial habe im Gegenteil ergeben, dass es sich bei vielen der Sichtungen wohl um ganze normale Flugzeuge gehandelt habe.

Also doch keine Drohnen?
Jedenfalls bei weitem nicht alles, was derzeit auf Social Media an angeblichen Drohnen-Sichtungsvideos hochgeladen wird. Doch für ein gesteigertes Sicherheitsgefühl bei der Bevölkerung – und auch bei vielen lokalen Politikern – sorgen diese Aussagen nicht gerade.

Und wie reagiert der Präsident?
US-Präsident Joe Biden meldete sich am Mittwoch zu Wort und erklärte den Medien, man beobachte die Situation aufmerksam, aber es bestehe "kein Gefühl der Gefahr" angesichts der zahlreichen immer noch ungeklärten Drohnensichtungen. Und er betonte, dass das Auftauchen möglicher Drohnen auch kein Beweis für ein Fehlverhalten von wem auch immer sei: "Es gibt dort oben viele zugelassene Drohnen", sagte er. "Ich glaube, einer hat angefangen und alle wollten mitmischen."

Informierte am Mittwoch die Nation darüber, dass eigentlich alles okay sei: US-Präsident Joe Biden mit Ehefrau Jill
Informierte am Mittwoch die Nation darüber, dass eigentlich alles okay sei: US-Präsident Joe Biden mit Ehefrau Jill
Picturedesk

Gibt es sonst keine neuen Erkenntnisse?
Mitglieder des Geheimdienstausschusses des US-Repräsentantenhauses, die am Dienstag, dem 17. Dezember, hinter verschlossenen Türen von Pentagon-Pressesprecher und Air Force-Generalmajor Pat Ryder vom aktuellen Stand der Untersuchungen unterrichtet wurden, versuchten am Mittwoch die Öffentlichkeit zu beruhigen.

Was gab es Beruhigendes zu berichten?
Demnach sei "bis heute nichts gefunden worden, was darauf hinweisen würde, dass es ausländische Einflussnahme, ausländische Akteure oder sogar kleine grüne Männchen gibt, die auf das amerikanische Volk einwirken", erklärte die Demokratin Chrissy Houlahan. Der Abgeordnete Jim Himes aus Connecticut sagte, es gebe "keinerlei Beweise dafür, dass die Drohnen Gesetze gebrochen hätten". Und: "Bei der überwältigenden Mehrheit der Sichtungen" hätte es sich um normale Flugzeuge oder legal eingesetzte Drohnen gehandelt.

Und was sagt Donald Trump dazu?
Der designierte US-Präsident meinte, die Regierung wisse, was vor sich gehe, aber aus irgendeinem Grund wolle sie keinen Kommentar abgeben. Er könne sich jedoch nicht vorstellen, dass es der Feind sei. Und Trump sagte einen Trip zu seinem Golfclub in Bedminster in New Jersey ab, da dort ebenfalls bereits einige der mysteriösen Drohnen gesichtet worden waren.

Das Verteidigungsministerium – hier der Amtssitz der Behörde im Pentagon in Washington – sieht "keine fremde Macht" hinter den merkwürdigen Drohnenflügen
Das Verteidigungsministerium – hier der Amtssitz der Behörde im Pentagon in Washington – sieht "keine fremde Macht" hinter den merkwürdigen Drohnenflügen
DANIEL SLIM / AFP / picturedesk.com

Welche Reaktionen gibt es sonst noch?
Politiker der Demokraten ebenso wie Republikaner, fordern sofortige Aufklärung darüber, was vorgeht. Zwei republikanische Kongressabgeordnete aus New Jersey haben sich an Verteidigungsminister Lloyd Austin gewandt und um militärische Hilfe "im Kampf gegen die Drohnen" ersucht. Sie forderten das Militär auf, die Fluggeräte abzuschießen. Und in der Bevölkerung nimmt die Nervosität, aber vor allem auch der Ärger über die Nicht-Information seitens der Regierung, immer weiter zu.

Was macht eigentlich das Militär?
Das Pentagon gab ebenfalls eine Pressekonferenz. Dabei erklärte man, dass es sich "unserer ersten Einschätzung nach hierbei nicht um Drohnen oder Aktivitäten einer ausländischen Einheit oder eines Gegners handelt". Ob es sich aber eventuell um eigene Aktivitäten handelt, wurde freilich nicht kommuniziert.

Weshalb werden die Drohnen nicht einfach abgeschossen, um zu sehen, worum es sich dabei handelt?
Das ist gar nicht so einfach, es fehlt schlicht die rechtliche Grundlage für solch einen Schritt. John Miller, der frühere Sprecher der New Yorker Polizei, erklärte auf CNN: "Es ist grundsätzlich nicht illegal, eine Drohne über New Jersey zu fliegen, weder bei Tag, noch bei Nacht." Und Miller weiter: "Dazu kommt: Die Drohnen tun nichts, das nachvollziehbar eine Bedrohung für irgend jemanden wäre. Also mit welcher Berechtigung sollte man sie abschießen?"

Und was, wenn die Menschen selbst zur Waffe greifen?
Das FBI warnt mittlerweile eindringlich davor, auf Drohnen zu schießen oder zu versuchen, diese mit Laswerpointern "zu blenden". Demnach würde es mittlerweile häufig zu gefährlichen Situationen kommen, weil die Piloten von Flugzeugen auf diese Art geblendet würden, da viele der mysteriösen Lichter doch nicht zu Drohnen, sondern eben zu Flugzeugen gehören würden.

Ist das das erste Mal, dass solche Drohnenflüge gesichtet werden?
Nein. 2023 gab es über 17 Tage hinweg Sichtungen von Drohnen über Militäranlagen in Norfolk, Bundesstaat Virginia. Und aktuell werden immer mehr angebliche Sichtungen gemeldet, aus verschiedenen Bundesstaaten. Auch aus dem Ausland kommen Meldungen.

Die Marinebasis in Norfolk, Virginia, ist eine der größten Marineanlagen an der Ostküste. Hier wurden 2023 an 17 Tagen unbekannte Drohnenflüge gezählt
Die Marinebasis in Norfolk, Virginia, ist eine der größten Marineanlagen an der Ostküste. Hier wurden 2023 an 17 Tagen unbekannte Drohnenflüge gezählt
PAUL J. RICHARDS / AFP / picturedesk.com

Konkret welche?
So sollen etwa derzeit in Deutschland und Großbritannien verdächtige Drohnenflüge über Industrie- und Infrastrukturanlagen, aber auch über Militäreinrichtungen der USA, etwa der Luftwaffenbasis Rammstein, wahrgenommen werden. Auch hier soll es sich um keine Hobby-Drohnen, sondern um professionelle Geräte, teils auch mit Starrflügeln, also einem Flugzeug vergleichbar, handeln.

Gibt es Zahlen, wie viele Sichtungen unbekannter Drohnen es pro Jahr gibt?
Es gibt Zahlen aus Deutschland. Dort wurden 2022 von der Bundeswehr  172 Sichtungen gezählt, 2023 waren es  schon 446 Sichtungen.

Und was wird dagegen unternommen?
Die rechtliche Problematik von New Jersey haben die deutschen Behörden erst recht. Dort darf die Bundeswehr nicht auf eigenem Staatsgebiet aktiv werden, außer um ihre eigenen Einrichtungen zu schützen. Aber für zivile Objekte, die ins Interesse von Drohnenpiloten geraten, sind Bundespolizei und Bundeskriminalamt zuständig. Denen es allerdings am Material mangelt, um effektiv etwas gegen die unbemannten Flugobjekte unternehmen zu können.

Die US Air Force Base im deutschen Ramstein: Hier kam es erst vergangene Woche zu Drohnensichtungen
Die US Air Force Base im deutschen Ramstein: Hier kam es erst vergangene Woche zu Drohnensichtungen
Ronald Wittek / EPA / picturedesk.com

Wer hätte überhaupt ein Interesse daran, auf diese Art Daten zu sammeln?
Ganz bestimmt jede Macht, die darüber nachdenkt, Sabotageakte gegen die Infrastruktur eines anderen Landes zu setzen. Dazu benötigt man Daten, um zu wissen, wo sich Sabotage überhaupt lohnt. Und dafür ist Luftaufklärung eine der effektivsten Möglichkeiten, an solche Daten zu gelangen. Nicht überraschend, dass in Europa vor allem Russland immer wieder als Urheber derartiger Aufklärungseinsätze verdächtigt wird.

Und in den USA?
Da ist die Lage schon komplizierter, weil alle möglichen strategische Gegner hier nicht in der Nähe sitzen, sondern einen Kontinent weit entfernt. Sollten die Drohnen hier von einer anderen Macht als den USA selbst gesteuert werden, so müsste es eine Basis geben, zu der diese regelmäßig zurückkehren können. Ob diese irgendwo im Hinterland der USA liegt oder auf dem Ozean, ist dabei vollkommen gleich.

Wie geht es jetzt weiter?
Das ist die große Frage. In den USA schaukelt sich die Situation immer weiter auf, da die Verunsicherung in der Bevölkerung von Tag zu Tag zunimmt. Sollten die US-Behörden – allen voran das Militär – doch wissen, was hinter diesen Flügen steckt, so wird man wohl bald Erklärungen liefern müssen, will man keine landesweite Hysterie riskieren – oder zum Gespött der ganzen Nation werden.

Der in den USA sehr bekannte Astrophysiker Neil deGrasse Tyson brachte es auf CNN auf den Punkt: "Das Pentagon hat mittlerweile ein Billionen-Dollar-Budget und kann nicht sagen, was es mit ein paar Drohnen auf sich hat? Das ist nur schwer vorstellbar."

Akt. Uhr
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