Party-Hit des jahres

"Wär ich ein Möbelstück": Wieso dieses Lied so ins Ohr geht

Mit dem Ski-WM-Kracher "Wackelkontakt" hat der Liedermacher Oimara den Party-Hit des Jahres fabriziert. Jetzt ist der Song sogar bis auf Platz 1 der deutschen und der österreichischen Charts geklettert. Die Geschichte eines Pop-Phänomens.

Mit dem Mitgröl-Song "Wackelkontakt" hat der Oimara alias Beni Hafner – hier bei seinem Auftritt am letzten Tag bei der Ski-WM in Saalbach – den Soundtrack des Jahres 2025 geliefert
Mit dem Mitgröl-Song "Wackelkontakt" hat der Oimara alias Beni Hafner – hier bei seinem Auftritt am letzten Tag bei der Ski-WM in Saalbach – den Soundtrack des Jahres 2025 geliefert
EXPA / APA / picturedesk.com
Martin Kubesch
Akt. Uhr
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Zwei Zeilen, mehr braucht es nicht, um den nachfolgenden Text in Sekundenschnelle abzurufen:

Wär ich ein Möbelstück,
dann wär ich eine Lampe aus den Siebzigern …

I GLÜH GERN VOR, I GEH GERN AUS,
MIR HAUTS DIE SICHERUNGEN NAUS!

Ausgelassene Fans bei der Ski-WM in Saalbach-Hinterglemm: Hier nahm die Erfolgsgeschichte von "Wackelkontakt" ihren Anfang
Ausgelassene Fans bei der Ski-WM in Saalbach-Hinterglemm: Hier nahm die Erfolgsgeschichte von "Wackelkontakt" ihren Anfang
Jens Büttner / dpa / picturedesk.com

Denn dieser Song brennt sich schon beim ersten Mal hören so nachhaltig ins Gehirn, dass man meint, er wäre schon immer da gewesen. Dabei hat ihn vor 4 Wochen noch kaum jemand gekannt. Doch dann startete die SKi-WM in Saalbach – und mit ihr der kometenhafte Aufstieg vom "Oimara", dem Mann hinter "Wackelkontakt", wie der Song eigentlich heißt. Aber alles der Reihe nach:

Okay, wovon reden wir hier eigentlich?
Von dem Song "Wackelkontakt" des bayrischen Künstlers Oimara. Er wurde im Zuge der alpinen Ski-WM in Saalbach, die Anfang Februar stattgefunden hat, schlagartig bekannt und braust seither mit Affengeschwindigkeit durchs deutschsprachige Europa.  Ob Skihütte, Faschingsumzug, Dorfdisco oder rauschende Ballnacht, ohne "Wackelkontakt" geht derzeit gar nichts.

Warum ist der Song so erfolgreich?
Wer das fragt, hat ihn noch nicht angehört. Denn "Wackelkontakt" gräbt sich durch die Gehörgänge ins Kleinhirn, jenen uralten Teil unseres Denkzentrums, in dem unsere Ur-Triebe gespeichert sind. Und dort bleibt es dann für immer und ewig – oder zumindest solange, bis ein anderer Song die selben Knöpfe in uns zu drücken versteht.

Bitte, wer drückt hier welche Knöpfe?
"Wackelkontakt" ist eine Hymne im besten Sinn. Der Song geht sofort ins Ohr, man merkt ihn sich instinktiv. Die stampfenden Beats sorgen dafür, dass man im Takt mithüpfen möchte, der eingängige Refrain will hinaus gegrölt werden, je lauter desto besser. "Wackelkontakt" sorgt für ein Gemeinschaftsgefühl. Wenn es von hundert oder noch mehr Menschen gemeinsam gesungen wird, dann entsteht eine Energie, die größer ist als die Summe ihrer einzelnen Teile. Ob man es jetzt auf der Tribüne bei einer Sportveranstaltung singt, auf der Skihütte, während man in Skischuhen auf dem Tisch tanzt, oder bei einem Faschingsumzug, ist vollkommen gleich. Das Lied "funktioniert" einfach. Wer schon einmal "Schifoan" von Wolfgang Ambros mitgegrölt hat weiß, was damit gemeint ist.

Aber musikalisch ist das doch Schrott, oder?
Ganz im Gegenteil. "Wackelkontakt" ist eine ebenso clevere wie geschmeidige Mischung unterschiedlicher musikalischer Elemente, die man aufs erste kaum miteinander verbinden würde. Hier treffen bayrische Mundartdichtung à la Fredl Fesl (wer ihn noch kennt) auf Slapstick, wie ihn die EAV jahrzehntelang verlässlich geliefert hat. Dazu kommt ein bisschen volkstümliche Blasmusik im modernen Anstrich (dieses Genre wird Brass genannt), Sprechgesang, wie man ihn aus dem HipHop kennt, uns stampfende, dampfende Beats, die ohne Umwege in die Eingeweide fahren. Das ist musikalisch absolut ausgefuchst und hochprofessionell. Sogar die elitäre FAZ hat bereits die Qualität des Liedes erkannt und ihm eine Geschichte gewidmet.

Der bayrische Mundartdichter und Songwriter Fredl Fesl (1947-2024) war ein Wegbereiter für moderne Dialektlieder im Alpenraum. Viel von ihm steckt auch in den Liedern von Oimara
Der bayrische Mundartdichter und Songwriter Fredl Fesl (1947-2024) war ein Wegbereiter für moderne Dialektlieder im Alpenraum. Viel von ihm steckt auch in den Liedern von Oimara
Impress / United Archives / picturedesk.com

Und der Gaga-Text?
Ja, der ist das größte Kunststück dabei. Diesen Text muss man sich häppchenweise zu Gemüte führen.

Scherz jetzt, oder?
Gar nicht. Hier der komplette Text zum Mitlesen:

Wär ich ein Möbelstück, dann wär ich eine Lampe aus den Siebzigern
I glüh gern vor, i geh gern aus, mir hauts die Sicherungen naus
Wär ich ein Möbelstück, dann wär ich eine Lampe aus den Siebzigern
I saug die Kernkraftwerke leer, i lauf auf achttausend Ampere

Wär ich ein Möbelstück, dann wär ich eine Lampe aus den Siebzigern
I glüh gern vor, i geh gern aus, mir hauts die Sicherungеn naus
Wär ich ein Möbelstück, dann wär ich einе Lampe aus den Siebzigern
I saug die Kernkraftwerke leer, i lauf auf achttausend Ampere

I hob an Wackel-Wackel-Wackel-Wackel-Wackel-Wackel-Wackelkontakt
Wos hod er? (An Wackelkontakt)
I hob an Wackel-Wackel-Wackel-Wackel-Wackel-Wackel-Wackelkontakt
Wos hod er? (An Wackelkontakt)
I hob an Wackel-Wackel-Wackel-Wackel-Wackel-Wackel-Wackelkontakt
Wos hod er? (An Wackelkontakt)
I hob an Wackel-Wackel-Wackel-Wackel-Wackel-Wackel-Wackelkontakt
Wos hod er? (An Wackelkontakt)

I bin ned so helle, helle in der Kapelle
I bin retro, ausschaun dua i geht so
Pietro Lombardi is a Intelligenzbolzn gegen mich
Aber hin und wieder flackert bei mir oben auch ein Licht
Und des is geil so, i steh gern auf da Leitung
Mei Birndl leidet oft amoi an Spannungsüberschreitung
Gleichstrom, Wechselstrom, Highway to Hell
(Hell, hell, da Hellste is er ned!)

Wär ich ein Möbelstück, dann wär ich eine Lampe aus den Siebzigern
I glüh gern vor, i geh gern aus, mir hauts die Sicherungen naus
Wär ich ein Möbelstück, dann wär ich eine Lampe aus den Siebzigern
I saug die Kernkraftwerke leer, i lauf auf achttausend Ampere

Wär ich ein Möbelstück, dann wär ich eine Lampe aus den Siebzigern
I glüh gern vor, i geh gern aus, mir hauts die Sicherungen naus

I hob an Wackel-Wackel-Wackel-Wackel-Wackel-Wackel-Wackelkontakt
Wos hod er? (An Wackelkontakt)
I hob an Wackel-Wackel-Wackel-Wackel-Wackel-Wackel-Wackelkontakt
Wos hod er? (An Wackelkontakt)
I hob an Wackel-Wackel-Wackel-Wackel-Wackel-Wackel-Wackelkontakt
Wos hod er? (An Wackelkontakt)
I hob an Wackel-Wackel-Wackel-Wackel-Wackel-Wackel-Wackelkontakt
Wos hod er? (An Wackelkontakt)

Und wenn i feiern geh, feier i mit Lampen aus die Sechzger Jahr
Die gliahn no länger vor, die gengan öfter aus
Da haust die Sicherung ganz sicher naus
Wär ich ein Möbelstück

Wird mit der Textzeile "Gleichstrom, Wechselstrom, Highway to Hell" geehrt: Musik-Legende Angus Young von der australischen Hardrock-Band AC/DC
Wird mit der Textzeile "Gleichstrom, Wechselstrom, Highway to Hell" geehrt: Musik-Legende Angus Young von der australischen Hardrock-Band AC/DC
Christoph Speidel / Action Press / picturedesk.com

Erklärung bitte!
Die prägende Textzeile "Wenn ich ein Möbel wär …" ist so dermaßen schräg, dass sie alleine deshalb hängen bleibt. Und jeder Mensch fragt sich: Bitte, wer vergleicht sich mit einem Möbelstück? Was soll das? Und sie ist eingängig, man vergisst sie nicht mehr.

Okay. weiter?
Der Refrain "I  hob an Wackel–Wackel …" hält die sehr unterschiedlichen Lied-Elemente zusammen, der Kinderchor im Hintergrund erinnert nicht von ungefähr an Pink Floyd und "Another Brick In The Wall". Aber die große Reim-Kunst ist im HipHop-Teil. Wie Oimara hier Passagen verbindet und in eine Reimform bringt, die eigentlich gar nicht zusammenpassen, ist Sprechgesang in Reinkultur. einfach mal den Song anhören und den HipHop-Teil mitlesen – echt gekonnt.

Ein paar Details vielleicht?
Die Textzeile "Gleichstrom, Wechselstrom, Highway to Hell" ist eine Anspielung auf und zugleich eine Verbeugung vor Musik-Legende Angus Young und der australischen Hardrock-Band AC/DC. Das englische Buchstabenkürzel ist die Abkürzung für die begriffe Gleichstrom und Wechselstrom, der Song "Highway to Hell" war der größte Hit der Gruppe.

Noch was, auf das man achten sollte?
Auch die deutsche Schlager-Ikone Wolfgang "Wolle" Petry bekommt eine Anerkennung. Die Textzeile "Hell, Hell, da Hellste is er ned!" soll wohl auf seinen Mega-Hit "Wahnsinn" anspielen, bei dem das Publikum bei der Zeile "Wahnsinn, warum schickst du mich in die Hölle?" regelmäßig mitgrölt "Hölle! Hölle! Hölle! Hölle!"

Interessant. Was noch?
Dann sind da noch die permanenten Tempowechsel, das Ohr kann sich nie ausruhen, in dem Song spielt es sich von der ersten bis zur letzten Sekunde ab. Es ist eigentlich vollkommen gleich, ob der Künstler das genau so gewollt hat, es ist ihm jedenfalls gelungen.

Apropos – wer steckt eigentlich hinter dem Künstlernamen Oimara? Ist das südamerikanisch?
Nein, oberbayrisch. Oimara ist die lautmalerische Schreibweise von "Almerer", im Dialekt ausgesprochen. Und der Almerer heißt eigentlich Beni Hafner, ist 33 Jahre alt, kommt vom Tegernsee in Oberbayern und ist auf einer Alm aufgewachsen – daher Oimara.

Beni Hafner alias Oimara macht seit 12 Jahren professionell Musik, hat beiretis 3 CDs veröffentlicht und eine ganz gewaltige musikalische Bandbreite
Beni Hafner alias Oimara macht seit 12 Jahren professionell Musik, hat beiretis 3 CDs veröffentlicht und eine ganz gewaltige musikalische Bandbreite
Thomas Willibald

Okay, alles klar. Muss man den kennen?
Naja, inzwischen schon. Aber die Geschichte von Beni Hafner ist so eine typische Musiker-Geschichte. Als Oimara macht er eigentlich bereits seit gut 12 Jahren professionell Musik. Er hat bislang 3 CDs veröffentlicht und zahlreiche Single-Auskopplungen. Und wer da einmal reinhört erkennt rasch, was für ein Riesentalent Beni Hafner ist und wie groß seine musikalische Bandbreite ist. Auf Youtube gibt es zahlreiche Videos, die davon zeugen, als Beispiel ist hier etwa die Nummer "Busheislparty" aus 2020 – musikalisch ganz anders als "Wackelkontakt", aber auch sehr gut. Aber bis "Wackelkontakt" blieb seine Strahlkraft auf Oberbayern und den Alpenraum beschränkt.

Aber jetzt wird das anders, oder?
Davon ist auszugehen. Denn "Wackelkontakt" geht derzeit ab wie eine Rakete und hat nicht nur die österreichischen, sondern auch die deutschen Single-Charts erobert. Mit anderen Worten: Ein bayrisches Dialektlied steht in Deutschland seit zwei Wochen ganz an der Spitze der Charts. Das gab es so überhaupt noch nie. Und im Sog dieses Erfolges gehen auch die Tickets zu seiner aktuellen Konzerttour weg wie die warmen Weißwürste.

Wo und wann kann man den Oimara denn live sehen?
Im März spielt er etwa in Schladming und Wagrain, im April in Dornbirn und Linz ("Posthof"), das Konzert in Wien im "B72" am 17. Mai ist bereits ausverkauft. Und zwischendurch geht's auch nach Mallorca, denn nach den Skihütten ist vor dem Ballermann – am 24. April spielt der Oimara im "Bierkönig" in Palma.

Irgendwie erinnert der Hype um "Wackelkontakt" an "Barbaras Rhabarberbar" …
Schöner Vergleich, und ziemlich richtig. Wie damals, so ist auch jetzt vor allem das Netz der große Treiber und Verstärker des Hypes. Und so unterschiedlich die beiden Künstler, also der Wortakrobat Bodo Wartke mit seinem "Barbaras Rhabarberbar" und Beni Hafner mit seinen Dialektliedern im modernen Outfit auch sind, so gut harmonieren die beiden, wie ein Clip auf Instagram beweist.

Also Erfolg auf allen Linien, oder?
Sieht ganz so aus. Und inzwischen hat auch die Werbung den sympathischen Bayern für sich entdeckt. Für die Erdinger Brauerei bringt er der deutschen Trainer-Legende Jürgen Klopp, der inzwischen ja bei Red Bull als "Head of Football" angeheuert hat, gerade ein bissl bayrisch bei. Klingt nicht nur witzig, sondern ist es auch …

Bleibt nur mehr die Frage: Was kommt nach "Wackelkontakt"?
Que Sera, wie Doris Day sagen würde – man wird sehen. Aber jetzt freuen wir uns einmal über "Wackelkontakt" und schauen, wie lange der Hype um den Hitfabrikanten von der Alm anhält.

Akt. Uhr
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