Schöner scheitern
Warum Benko für 77.000 Euro seinen eigenen Kleiderschrank kaufte
Villa für 200.000 Euro im Monat, teure Garderobe, Schifferlfahren im Sportboot: Im Interview mit der FAZ erläutert Insolvenzverwalter Andreas Grabenweger, wie René Beno sich sein Luxusleben leisten kann. "Persönlich finde ich das ungeheuerlich".
Offiziell arm wie eine Kirchenmaus, tatsächlich hat er immer noch den Tiger im Tank. Am Mittwoch tauchten auf der Titelseite der "Krone" neue Bilder von René Benko auf. Sie zeigen den Immo-Jongleur an Bord eines schnittigen Bootes. Die Fotos sollen laut Zeitung "in der zweiten August-Hälfte 2024" aufgenommen worden sein. Das Problem dabei: Zu diesem Zeitpunkt war Benko schon offiziell pleite.
Insolvenzverwalter Andreas Grabenweger hat nur der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" ein ausführliches Interview gegeben. Darin spricht er über den Lebensstil des Gestrauchelten, warum er sich das Luxusleben trotz seiner angeblichen Geldnöte leisten kann und wieso es so schwer ist, an die Gelder des Tirolers heranzukommen. Das müssen Sie aktuell über die Affäre wissen:
Was hat es mit den neuen Fotos im Boot auf sich?
Sie wurden am Gardasee aufgenommen. Benko steuert ein Sportboot der Marke Mistral. Der Signa-Gründer hatte die Motorjacht laut "Krone" 2020 privat für 150.000 Euro erworben. Ein Gutachter taxierte den Wert des Schinakls am 30. Mai 2024 auf 95.000 Euro. Den Auftrag für die Schätzung hatte er von Masseverwalter Andreas Grabenweger erhalten.
Warum sind die Bilder für Benko ein Problem?
Weil er sich in seinem privaten Insolvenzverfahren als quasi mittellos definiert hatte. Benko tauchte am 24. April 2024 persönlich am Landesgericht Innsbruck auf. Vor allem auch, um einen Entschuldigungsgrund für den gleichzeitig stattfindenden U-Ausschuss in Wien zu haben, für den er eine Ladung hatte.
Was bedeutet "quasi mittellos"?
In dem Verfahren gab der Immobilien-Tycoon a.D. an, mehr oder weniger vom Geld seiner Mutter zu leben. Er verdiene als Angestellter zweier "seiner" Firmen 3.700 Euro im Monat. Unwahrscheinlich, dass man sich davon etwa eine Villa, eine Jagd oder ein Sportboot vom Mund absparen kann, so groß kann der Mund gar nicht sein.
Was verdiente Benko in den guten Zeiten?
Das ist nicht ganz klar. Als "Angestellter" seiner Holding wurde für ihn ein Monatsgehalt von 60.480 Euro brutto ausgewiesen zuzüglich Prämie zuzüglich Gagen aus Beraterverträgen für Signa-Unternehmen. Aus Dokumenten des U-Ausschusses geht hervor, dass Benko 2019 auf rund 29 Millionen Euro Einkommen kam.
Das Podcast-Interview mit Beno-Aufdecker Rainer Fleckl
Der Bootsfahrt war nicht die einzige Sause in letzter Zeit, oder?
Nein, da gab es ja auch noch den Jagdausflug mit Georg "Schorsch" Dornauer, dem damaligen SPÖ-Vizelandeshauptmann von Tirol. Die Bilder bereicherten Mitte November Österreichs Medien. Sie zeigten Dornauer, einen Tiroler Hotelier und Benko hinter einem kapitalen Hirsch, der seine besten Zeiten schon hinter sich hatte.
Warum war das damals eine Erregung öffentlicher Aufmerksamkeit?
Weil sich viele die Frage stellten: Wie kann sich ein einfacher Angestellter mit 3.700 Euro im Monat eine Eigenjagd in der Steiermark leisten?
Und wie konnte er?
Mit viel Geschick, wie man aus dem Interview mit Insolvenzverwalter Andreas Grabenweger herauslesen kann. "Herr Benko hat gute Rechtsberater", sagt er im Interview mit der FAZ.
Was weiß man über den Insolvenzverwalter?
MMag. Dr. Andreas Grabenweger hat in Innsbruck Betriebswirtschaftslehre, in Wien und Innsbruck Rechtswissenschaften studiert. 1999 legte er die Rechtsanwaltsprüfung ab. Er war in Wien Universitätsassistent am Institut für Strafrecht und in verschiedenen Kanzleien tätig. Seit August 2024 ist er selbstständiger Rechtsanwalt in Innsbruck.
Seit wann hat er mit Benko zu tun?
Grabenweger wurde am 8. März 2024 vom Landesgericht Innsbruck zum Insolvenzverwalter bestellt.
Wie reagierte er auf die Bootsausflug-Fotos?
"Es musste jedem Beteiligten klar sein, dass ab der Insolvenzeröffnung das Boot nicht mehr in Betrieb zu nehmen war", sagte Grabenweger zur Austria Presse Agentur. Er sehe darin ein "Indiz dafür, dass die Kooperationsbereitschaft des Schuldners nicht in dem mir immer wieder zugesicherten Maße vorhanden ist“. Direkte rechtliche Folge habe das Vorgehen keine, da es zu keiner Wertminderung gekommen sei. Das Boot wurde inzwischen verkauft.
Was hält der Insolvenzverwalter vom Lebensstil Benkos?
"Persönlich finde ich das ungeheuerlich. Diesen Protz trotz aller Forderungen, trotz der Insolvenzen, trotz des Scheiterns der gesamten Signa Gruppe einfach ungeniert weiterzuleben", sagte er der FAZ.
Warum er dagegen nichts unternimmt?
Ihm seien die Hände gebunden, sagt Grabenweger. Er verstehe den öffentlichen Groll. "Die Leute hätten gern, dass der Insolvenzverwalter den Lebenswandel abstellt. Es ist aber nicht meine Kompetenz, Benko aus der Villa entfernen zu lassen. Ich schöpfe meinen Handlungsspielraum aus."
Wieso kann Benko weiter in seiner Villa wohnen?
Sein imposantes Anwesen in Innsbruck-Igls ist derzeit weithin sichtbar – wegen der opulenten Weihnachtsbeleuchtung. An der Stelle stand früher ein Schlosshotel, Benko ließ es abreißen und auf dem 5.501 Quadratmeter großen Grundstück für 60 Millionen Euro einen recht protzigen Bau errichten. Nutzfläche laut "Krone" 4.427,45 Quadratmeter, dazu ein Pool mit 97,73 Quadratmeter. Die Liegenschaft gehört offiziell einer Gesellschaft, die zu Benkos Laura Privatstiftung gezählt wird.
Aber wie geht der Trick genau?
Laut Grabenweger ist Igls Benkos Hauptwohnsitz, die Villa werde von einem Sicherheitsdienst bewacht. Es gebe "dort Personal mit rund zwei Dutzend Personen". Die Finanzkonstruktion sei so: "Die Mutter überlässt das Haus dem Sohn unentgeltlich. Dafür bekommt sie von einer Stiftung eine Miete von gut 200.000 Euro im Monat. Das Haus gehört der Schloßhotel Igls Betriebs GmbH &Co KG. Kommanditistin ist die Laura Privatstiftung."
Wie viel Geld liegt in den Stiftungen?
Es gibt mehrere davon, in denen sich laut Grabenweger "viele hunderte Millionen Euro" befinden. "Allein die Laura Privatstiftung in Österreich verfügt über einen höheren dreistelligen Millionenbetrag. Sie verfügt schließlich über sehr viele Immobilien in Österreich und in Deutschland."
Warum spielte die Kleidung von Benko eine Rolle?
Der Insolvenzverwalter nahm zunächst eine Einschätzung vor, was von den persönlichen Gegenständen zu Geld zu machen wäre. So wurden 350.000 Euro erlöst, auch Kleinvieh macht Mist. Dann kam Grabenweger bei einer Besichtigung der Tiroler Villa am Kleiderschrank vorbei und tat etwas, was sonst selten ist: er entschloss sich, auch die Bekleidung von Benko zu verwerten.
Wer trägt jetzt Benko-Prada?
Niemand, denn es wurde ein spezieller Deal gemacht. Benko besaß "eine umfangreiche Garderobe ... mit sehr hochwertigen Marken", erzählte Grabenweger der FAZ. Gegen den geplanten Verkauf aber habe es "vehementen Widerstand vonseiten Herrn Benkos" gegeben. Also kaufte dessen Familie, wir denken da vor allem an Mama, die Kleidungsstücke um 77.000 Euro, damit sie nicht versteigert werden – "das Dreifache des angenommenen Verkehrswertes".