Die Signa-Affäre

Warum Benkos Familie nun aus Luxusvilla ausziehen musste

Signa-Pleitier Benko sitzt weiter in Wien in U-Haft. Seine Frau und seine 3 Kinder mussten nun das Nobel-Anwesen der Familie in Innsbruck räumen. Wie es dazu kam, welche Strategie dahinter steckt und was mit der Villa nun weiter passieren soll.

Signa-Pleitier René Benko im Sommer 2024 am Weg zum COFAG-U-Ausschuss im Parlament in Wien
Signa-Pleitier René Benko im Sommer 2024 am Weg zum COFAG-U-Ausschuss im Parlament in Wien
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Martin Kubesch
Akt. Uhr
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Am 23. Jänner wurde der 47-jährige Milliarden-Pleitier René Benko (Signa-Holding) in seinem Innsbrucker Büro festgenommen* und sitzt seither in Untersuchungshaft. Bis dahin wohnte er mit seiner Familie in einer Luxusvilla in Innsbruck-Igls. Doch wann auch immer Benko aus der U-Haft entlassen werden sollte – in das Millionen-Domizil in bester Lage führt für ihn definitiv kein Weg mehr zurück.

Denn wie nun bekannt geworden ist, zog René Benkos Familie in seiner Abwesenheit aus dem Anwesen aus und soll sogar sämtliche Möbel mitgenommen haben. Warum die Benkos die Mega-Villa verlassen haben, was damit nun geschehen soll und welche Auswirkungen das auf die U-Haft von René Benko haben könnte – hier die Fakten im Überblick:

Worum geht es?
Um das Luxus-Anwesen, in dem der ehemalige Immobilien-Unternehmer René Benko im Innsbrucker Stadtteil Igls bis zuletzt gewohnt hat. Die Villa gehört der von Benko 2006 gegründeten Laura Privatstiftung – und die hat nun offenbar beschlossen, das Anwesen einer neuen Nutzung zuzuführen, wie das deutsche Manager Magazin berichtet.

Das Luxusanwesen in Innsbruck-Igls, in dem René Benko am 23. Jänner 2025 festgenommen wurde
Das Luxusanwesen in Innsbruck-Igls, in dem René Benko am 23. Jänner 2025 festgenommen wurde
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Und das heißt?
Benkos Ehefrau Nathalie und ihre 3 gemeinsamen Kinder sind  bereits aus der Immobilie ausgezogen, während Ehemann René in der Justizanstalt Wien Josefstadt in U-Haft sitzt. Sie hätten auch alle Möbel mitgenommen, schreibt das Magazin, das sich auf Informationen aus der Laura Privatstiftung beruft.

Was soll jetzt mit den Anwesen geschehen?
Laut dem Medienbericht möchte die Stiftung daraus ein High-End-Wellnesshotel machen, in dem "gut situierte Menschen fasten und sich seelisch wie körperlich ertüchtigen können". Vorbild dafür könnte der bekannte "Lanserhof" sein, der seit bald 30 Jahren zu den besten Häusern weltweit in diesem Bereich gezählt wird und Luftlinie keinen Kilometer von der Benko-Villa entfernt liegt.

Wie soll das vor sich gehen?
Die Idee sei, so berichtet das Manager Magazin weiter, dass die Villa nun umgebaut und adaptiert werden soll, um den Anforderungen eines Luxus-Wellnessressorts zu entsprechen. Die Kosten dafür würden sich demnach in Grenzen halten, da es im Souterrain der Villa bereits einen großzügigen Wellnessbereich gebe, für den sogar ein Nachbau der berühmten Blauen Grotte auf Capri geschaffen wurde.

Die Blaue Grotte auf Capri – ein Nachbau dieses Naturwunders soll sich im Wellnessbereich im Souterrain der Luxusvilla in Innsbruck befinden
Die Blaue Grotte auf Capri – ein Nachbau dieses Naturwunders soll sich im Wellnessbereich im Souterrain der Luxusvilla in Innsbruck befinden
Getty Images

Und dann?
Will man die Villa verkaufen oder einen Betreiber dafür finden. Die Verkaufs-Chancen werden allerdings als eher schlecht eingeschätzt.

Weshalb das?
Der Wert der Villa wird – vor dem geplanten Umbau – auf etwa 50 bis 70 Millionen Euro geschätzt. Gleichzeitig würde die Zahl der möglichen Gästezimmer aufgrund der räumlichen Voraussetzungen aber eher gering sein. Branchenkenner gehen daher davon aus, dass es schwierig wird, mit solch einem kleinen Hotel in absehbarer Zeit die nötigen Investitionen – also Kaufsumme und Kosten der Umgestaltung – auch nur annähernd einzuspielen. Die Variante, einen externen Betreiber zu finden, wird da als realistischer angesehen.

Wie lange gehört die Villa bereits René Benko?
Da muss man vorsichtig sein, denn weder Haus noch Grund gehören Benko persönlich. Vielmehr erwarb eine eigens zu diesem Zweck gegründete Gesellschaft im Jahr 2016 das alte Schlosshotel Igls um 11,1 Millionen Euro, das ab den 1970er-Jahren als Luxushotel 18 Zimmer und Suiten auf 3 Stockwerken an illustre Gäste vermietete. Das alte Haus wurde geschliffen und die Luxusvilla errichtet.

Das alte Schlosshotel Igls beherbergte jahrzehntelang internationale Gäste. Es wurde 2017 abgerissen, um Platz für Benkos neue Villa zu machen
Das alte Schlosshotel Igls beherbergte jahrzehntelang internationale Gäste. Es wurde 2017 abgerissen, um Platz für Benkos neue Villa zu machen
BERNHARD GROSSRUCK / AP / picturedesk.com

Und die Villa gehört jetzt wem?
Die Gesellschaft, der die Villa gehört, ist Teil des Vermögens der Laura Privatstiftung, eine der Stiftungen, die René Benko gegründet hat. Mittlerweile alleinige Stifterin ist Benkos Mutter Ingeborg. Die Geschäfte der Stiftung führt ein Vorstand. Der Vorsitzende dieses Vorstandes ist seit Dezember 2024 der deutsche Manager und Investor Thomas Limberger.

Aber weshalb wohnten die Benkos dann nach wie vor in der Villa?
Das war eine abenteuerliche Konstruktion, die im Zuge der Ermittlungen nach dem Zusammenbruch von Benkos Immobilienimperium ab Ende 2023 bekannt geworden ist. Demnach hatten Benko und seine Familie auch nach dessen Privatinsolvenz im Zuge der Pleite ein Wohnrecht in der Villa, weil Benkos Mutter Ingeborg für ihren Sohn monatlich die Miete für das Objekt bezahlte.

Wie hoch war diese Miete?
Die belief sich auf stolze 238.500 Euro – pro Monat. Das Geld dafür kam aus anderen Stiftungen und floss auf diesem Weg in die Laura Privatstiftung. Da auf diese Art eine gewerbliche Nutzung der Immobilie ans Finanzamt gemeldet wurde, könnten sich durch diese Konstruktion auch Steuervorteile für Benko bzw. seine Stiftungen ergeben haben, sicher ist das aber nicht. Es ist einer der vielen Schauplätze rund um die Pleite des Benko-Imperiums, bei dem es nach wie vor mehr Fragen als Antworten gibt.

René Benko mit Ehefrau Nathalie bei der Eröffnung des Luxuskaufhauses KaDeWe in Berlin. Sie musste mit den Kindern nun die Villa verlassen
René Benko mit Ehefrau Nathalie bei der Eröffnung des Luxuskaufhauses KaDeWe in Berlin. Sie musste mit den Kindern nun die Villa verlassen
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Und was geschah mit den 238.500 Euro pro Monat?
Die wanderten von einer Stiftung Benkos in die andere, im Grunde ein Nullsummenspiel. Und Benko behielt offiziell das Wohnrecht.

Und an dieser Konstruktion hat sich niemand gestoßen?
Doch, natürlich. Der saudi-arabische Staatsfonds, der zu den Gläubigern der Signa gehört, forderte erst im letzten Februar die Räumung der Villa und die Einstellung aller Leistungen der Laura-Privatstiftung für Benko. Die Saudis, wie auch viele weitere Gläubiger, hoffen, dass sie zumindest Teile ihrer offenen Forderungen aus dem Vermögen der Laura Privatstiftung erhalten.

War noch wer damit nicht einverstanden?
Auch der Innsbrucker Rechtsanwalt Andreas Grabenweger, der als Masseverwalter René Benkos Privatinsolvenz abwickelt, klagte, um Benkos Mutter die Laura Privatstiftung zu entziehen und selbst die Stifterrechte zu übernehmen, schreibt das Manager Magazin. Doch diese Klage sei vom Landesgericht Innsbruck erst vor wenigen Tagen abgewiesen worden.

Nur das alte Einfahrtstor des Schlosshotel Igls blieb erhalten. Der Eigentümer der Immobilie, die Laura Privatstiftung, möchte aus der Villa ein Wellnesshotel machen
Nur das alte Einfahrtstor des Schlosshotel Igls blieb erhalten. Der Eigentümer der Immobilie, die Laura Privatstiftung, möchte aus der Villa ein Wellnesshotel machen
Weingartner-Foto / picturedesk.com

Bezieht Benko noch weitere Zuwendungen aus den Stiftungen?
Davon ist auszugehen. Bis zu seiner Festnahme letzten Jänner, führte Benko jedenfalls sein Luxusleben weitgehend so weiter, wie er es vor dem Zusammenbruch des Signa-Imperiums tat. Von den 3.700 Euro, die er nach eigenen Angaben nur mehr verdiente, ließe sich das nicht bestreiten. Und als Masseverwalter Grabenweger Benkos Garderobe versteigern lassen wollte, brachte seine Familie flugs 77.000 Euro auf, um die ganzen Sakkos und Pullis von Bottega Veneta und Brunello Cucinelli nicht in fremde Kleiderschränke wandern zu lassen.

Wie vermögend sind diese Stiftungen eigentlich?
Offenbar enorm. Alleine in der Laura Privatstiftung wird laut Manager Magazin eine mittlere dreistellige Millionensumme vermutet, das meiste davon in Form von Immobilienvermögen. Auch die Innsbrucker Villa gehört, wie gesagt, zum Vermögen der Stiftung. Alleine ihre Errichtung kostete geschätzte 60 Millionen Euro. Deshalb sehen sich auch mehrere Stiftungen mit Klagen von Gläubigern konfrontiert.

Aber weshalb wurde die Villa nun dennoch geräumt? Doch Angst vor den Saudis?
Eher weniger. Die Laura Privatstiftung habe die Villa aus eigenem Antrieb geräumt, hieß es aus der Stiftung gegenüber dem Manager Magazin, Details dazu gab es keine. Die Vermutung des Wirtschaftsmagazins ist, dass die Stiftung auf diese Art nach und nach aus der Einfluss-Sphäre ihres Gründers – eben René Benko – herausgelöst werden soll.

Der deutsche Manager Thomas Limberger ist seit Dezember 2024 neuer Vorstandsvorsitzender der Laura Privatstiftung
Der deutsche Manager Thomas Limberger ist seit Dezember 2024 neuer Vorstandsvorsitzender der Laura Privatstiftung
Reuters

Zu welchem Zweck?
Darüber kann man nur spekulieren. Aber es ist gut möglich, dass auf diese Art versucht werden soll, die Begründung für die U-Haft Benkos zu entkräften und ihn so bald frei zu bekommen. Das Argument dafür könnte lauten, dass er ja inzwischen keine Zuwendungen mehr aus den Stiftungen erhält – dafür war ja die Innsbrucker Villa das offensichtlichste Symbol.

Weshalb sitzt René Benko eigentlich in U-Haft?
Die offizielle Begründung lautete "sowohl Tatbegehungsgefahr als auch Verdunkelungsgefahr". In Bezug auf die Laura Privatstiftung begründete die zuständige Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wie folgt: "Insbesondere soll René Benko unter anderem faktischer Machthaber und wirtschaftlich Berechtigter der Laura Privatstiftung sein und dies im Rahmen seiner persönlichen Insolvenz verheimlicht haben. Damit habe er Vermögenswerte verschleiert und das in der Stiftung vorhandene Vermögen weiterhin dem Zugriff von Behörden, Masseverwaltern und Gläubigern entzogen."

Was weiß man über die Villa?
Wenig. Das Areal, auf dem sie steht, ist etwa 5.500 Quadratmeter groß und liegt am Sonnenplateau von Igls, einem der privilegiertesten Wohngebiete von Innsbruck. Die gesamte Nutzfläche soll Nutzfläche laut Kronen Zeitung 4.427,45 Quadratmeter betragen, ausgeführt auf 3 Stockwerken, dazu ein Pool mit 97,73 Quadratmeter. Insgesamt sollen etwa 2 Dutzend Angestellte das Anwesen in Schuss halten.

Die Benko-Villa, von der Gartenseite aus gesehen: Der Pool ist knapp 100 Quadratmeter groß, der Wert der Immobilie soll bei mindestens 60 Millionen Euro liegen
Die Benko-Villa, von der Gartenseite aus gesehen: Der Pool ist knapp 100 Quadratmeter groß, der Wert der Immobilie soll bei mindestens 60 Millionen Euro liegen
Johann Groder / EXPA / picturedesk.com

Gibt es irgendwelche Besonderheiten?
Für den Neubau wurde eine 12 Meter tiefe Baugrube ausgehoben, obwohl den Plänen für einen unterirdischen Wellness-Bereich seinerzeit behördlich eine Absage erteilt worden war. Wenn die Informationen des Manager Magazins aber richtig sind, dass sich eine Nachbildung der Grotta Azzurra unter der Villa befindet, könnten sich für den Innsbrucker Magistrat daraus einige Fragen ergeben.

Und darüber hinaus?
Das gesamte Gelände ist von einer Mauer umgeben und wird rund um die Uhr überwacht. Es gibt eine Tiefgarage für mehr als ein Dutzend Autos, einen Hubschrauberlandeplatz, wie ihn Benko ebenfalls wollte, erlaubte die zuständige Baubehörde allerdings nicht.

Benkos momentaner Aufenthaltsort, die Justizanstalt Wien Josefstadt: Hier lebt er in einem videoüberwachten Einzelhaftraum, der nächste Haftprüfungstermin ist spätestens am 28. April
Benkos momentaner Aufenthaltsort, die Justizanstalt Wien Josefstadt: Hier lebt er in einem videoüberwachten Einzelhaftraum, der nächste Haftprüfungstermin ist spätestens am 28. April
Weingartner-Foto / picturedesk.com

Wie geht es denn nun weiter?
Während Nathalie Benko und ihre Kinder an einen unbekannten Ort umgesiedelt sind, sitzt René Benko weiterhin in Wien in Untersuchungshaft in einem videoüberwachten Einzelhaftraum. Laut Informationen der Kronen Zeitung bespricht er sich nahezu täglich "stundenlang" mit seinen Anwälten. Nicht zuletzt deshalb ist davon auszugehen, dass die aktuellen Entwicklungen um die Innsbrucker Villa mit ihm abgestimmt sind.

Wann könnte Benko aus der Haft entlassen werden?
René Benkos Untersuchungshaft wurde am 27. Februar um 2 Monate verlängert. Das heißt, spätestens am 28. April muss geprüft werden, ob Gründe für eine weitere Verlängerung bestehen. Außer die zuständige Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft erhebt bereits vorher Anklage. Ob sich die Aufgabe der Villa zugunsten von Benko niederschlägt, wird man spätestens dann sehen.

*Am 9.3. wurde der Festnahmeort korrigiert

Akt. Uhr
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