guide michelin 2025

Warum Österreichs Top-Köche jetzt wieder Sterne sehen

Nach 15 Jahren Pause wurden wieder Michelin-Sterne für Österreich vergeben. Ergebnis: Österreichs Gastronomie ist flächendeckend top, mit dem "Steirereck" gibt es jetzt ein zweites Drei-Stern-Lokal und insgesamt wurden 333 Lokale ausgezeichnet.

Österreichs beste Köche: Michael Bauböck und Heinz Reitbauer vom "Steirereck" (2. und 3. v. l), und Juan Amador vom "Amador", mit Guide Michelin-Chef Gwendal Poullennec und der Moderatorin der Verleihung, Karina Toth
Österreichs beste Köche: Michael Bauböck und Heinz Reitbauer vom "Steirereck" (2. und 3. v. l), und Juan Amador vom "Amador", mit Guide Michelin-Chef Gwendal Poullennec und der Moderatorin der Verleihung, Karina Toth
Österreich Werbung Julian Schmidt
Martin Kubesch
Akt. Uhr
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In nicht wenigen Restaurants des Landes blieb am vergangenen Dienstag die Küche kalt. Denn die besten Köchinnen und Köche pilgerten in den Salzburger "Hangar-7", um dem Österreich-Comeback des internationalen Gourmetführers Guide Michelin beizuwohnen.

Viele neue Michelin-Sterne Und die Franzosen geizten nicht mit Gastgeschenken: Sie brachten unzählige neue Sterne – das Auszeichnungs-Kriterium des Guides – mit und verteilten diese großzügig im ganzen Land. So dürfen sich nun dutzende Lokale erstmals mit der begehrtesten Trophäe der internationalen Gourmet-Welt schmücken.

Bei der Verleihung der Auszeichnungen im Salzburger "Hangar-7" wurde auch groß aufgetischt
Bei der Verleihung der Auszeichnungen im Salzburger "Hangar-7" wurde auch groß aufgetischt
Österreich Werbung Julian Schmidt

"Steirereck" erstmals ganz oben Und sogar einen neuen Drei-Sterner gibt es, also ein weiteres Mitglied in der obersten Kulinarik-Liga: Das legendäre "Steirereck" in Wien darf sich, als erst zweites Restaurant in Österreich überhaupt, mit dieser Auszeichnung schmücken.

Wie Österreich auf die Michelin-Weltkarte kam, weshalb darüber nicht alle Gourmets im Land glücklich sind und wer die (neuen) Ausgezeichneten unter den Köchen und Gastronomen Österreichs sind – der große Kulinarik-Überblick:

In Frankreich und ausgesuchten weiteren Ländern erscheint der Guide Michelin auch noch in gedruckter Form. Die neue Österreich-Ausgabe gibt es nur mehr digital
In Frankreich und ausgesuchten weiteren Ländern erscheint der Guide Michelin auch noch in gedruckter Form. Die neue Österreich-Ausgabe gibt es nur mehr digital
Gao Jing Xinhua / Eyevine / picturedesk.com

Zunächst: Was ist der Guide Michelin eigentlich?
Der bekannteste und international renommierteste Kulinarik-Führer der Welt. Er testet und bewertet Lokale in zahlreichen Ländern und Städten rund um den Erdball, wobei immer die gleichen Bewertungskriterien Anwendung finden. Das macht die Urteile in den einzelnen Länder-Ausgaben vergleichbar – ein nicht zu unterschätzendes Kriterium in der Gourmet-Welt.

Seit wann gibt es den Guide Michelin?
Ursprünglich war der Guide ein Werkstätten- und Tankstellenführer, der anlässlich der Pariser Weltausstellung im Jahr 1900 von dem Reifenhersteller herausgegeben worden war. Erst 1923 wurden erstmals Lokale und Hotels darin aufgeführt, ab 1926 gab es auch Sterne-Bewertungen für Lokale, wie man sie heute noch kennt. Mittlerweile gibt es unzählige Länder- und Städteausgaben, viele davon nach wie vor gedruckt, aber noch viel mehr nur Online.

Englische Werbung für den Michelin Reise-Guide aus dem Jahr 1920 – "für Trips zu den Schlachtfeldern des 1. Weltkriegs". Die Restaurant-Tipps gab es erst ab 1923
Englische Werbung für den Michelin Reise-Guide aus dem Jahr 1920 – "für Trips zu den Schlachtfeldern des 1. Weltkriegs". Die Restaurant-Tipps gab es erst ab 1923
Illustrated London News Ltd / Mary Evans / picturedesk.com

Wie kommt man als Restaurant in den Guide?
Man wird getestet, wenn die Redaktion des Guides der Meinung ist, dass ein Lokal für die Leserschaft interessant sein könnte. Wer ein Lokal testet, wann und wie oft es getestet wird, wissen die Gastronomen allerdings nicht. Auch die Identität der Tester wird von Michelin streng geheim gehalten. Diese reservieren auch für gewöhnlich unter falschen Namen, um keine Anhaltspunkte zu bieten.

Wozu all dieser Aufwand?
Um den Guide so weit wie möglich objektiv zu halten. Man darf nicht vergessen, dass die Hardcore-Kulinarikszene in einem Land relativ klein ist und sich die Foodies untereinander kennen. Zumal wenn schon das Land an sich nicht wahnsinnig groß ist. Um hier auch nicht den Hauch einer Beeinflussung möglich zu machen, stellt sich die Redaktion des Guides quasi selbst unter Kuratel.

Lenkt das Guide-Universum des Michelin-Konzerns: International Director Gwendal Poullennec
Lenkt das Guide-Universum des Michelin-Konzerns: International Director Gwendal Poullennec
ALAIN JOCARD / AFP / picturedesk.com

Und in Österreich gab es bisher keinen Guide Michelin?
Doch, von 2006 bis 2009 erschien eine eigene gedruckte Länderausgabe. Diese wurde dann allerdings wegen fehlender Rentabilität eingestellt. Seither wurden nur Wien und Salzburg getestet und fanden in einem eigenen City-Guide, zusammen mit anderen Kulinarik-Metropolen, Aufnahme in die Michelin-Welt.

Weshalb gerade Wien und Salzburg?
Weil es die Städte mit dem internationalsten Publikum und dem (nicht zuletzt auch deshalb – Stichwort Salzburger Festspiele) breitesten kulinarischen Angebot in Österreich sind.

Und warum ist der Guide nun wieder "zurückgekehrt"?
Hintergrund dieses Comebacks war eine Initiative der Österreich Werbung und der Landestourismusorganisationen, die gemeinsam mit der Wirtschaftskammer diese Idee anschob. Man wollte Österreich damit wieder gänzlich auf die internationale Kulinarik-Landkarte zurückholen und dadurch auch neues Gourmet-Publikum ansprechen und ins Land bringen.

Drei der Initiatoren des neuen Österreich-Guides: Steiermarks Landestourismusdirektor Michael Feiertag (l.), Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler (3. v. l.) und Österreich Werbung-Chefin Astrid Steharnig-Staudinger (4. v. l.) mit Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer und Moderatorin Karina Toth
Drei der Initiatoren des neuen Österreich-Guides: Steiermarks Landestourismusdirektor Michael Feiertag (l.), Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler (3. v. l.) und Österreich Werbung-Chefin Astrid Steharnig-Staudinger (4. v. l.) mit Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer und Moderatorin Karina Toth
Österreich Werbung Julian Schmidt

Und Michelin hat dazu einfach Ja gesagt?
Nicht gleich, es bedurfte schon einiger "Überredungskunst". Besser gesagt eines finanziellen Engagements der öffentlichen Hand, um die Franzosen zu motivieren, ihre Tester wieder ins ganze Land zu entsenden.

Von wie viel Geld sprechen wir da?
Das ist ein ganz großes Geheimnis, über das keiner gerne sprechen wollte. Es kursierten im Vorfeld Zahlen – so sollen insgesamt 2,1 Millionen Euro für insgesamt 3 Jahre nach Paris fließen. Aber bestätigen wollte das niemand, was schon einigermaßen kurios ist, da es sich hier um öffentliche Gelder handelt.

Und das gab kein böses Blut?
Naja, die heimischen Mitbewerber im Markt der Kulinarik-Guides – primär die Magazine Gault Millau und Falstaff – waren im Vorfeld nur mäßig happy mit dieser Taktik, da sie finanziell durch die Finger schauen. Allerdings muss man ehrlicherweise schon zugeben, dass die journalistische Strahlkraft der Restaurant-Guides dieser Häuser international in keiner Weise mit jener des Guide Michelin vergleichbar ist. Und um den internationalen Werbewert geht es den Touristikern auch hauptsächlich, wenn man neue Gäste ansprechen möchte.

Möchte jeder Gastronom neben seiner Eingangstüre haben: Eine Stern-Auszeichnung des Guide Michelin
Möchte jeder Gastronom neben seiner Eingangstüre haben: Eine Stern-Auszeichnung des Guide Michelin
Marcus Brandt / dpa / picturedesk.com

Also gibt es jetzt wieder einen Guide Michelin, den ich auch kaufen kann?
Nicht ganz, die Bewertungen erscheinen nur Online und wurden mit den bisher bereits vorhandenen Bewertungen der Lokale in Salzburg und Wien vereint. Insgesamt sind damit jetzt 333 Restaurants in Österreich vom Guide Michelin getestet und bewertet worden.

Und alle 333 Lokale haben Stern-Bewertungen bekommen?
Nein, es gibt verschiedene Kategorien und nur die obersten 3 Kategorien haben auch Sterne.

Weshalb so kompliziert?
Weil Michelin von Beginn an nur maximal 3 Sterne vergeben hat und an dieser Praxis nichts ändern wollte, gleichzeitig aber ein Interesse entstanden ist, nicht nur die Top-Liga der Restaurants abzubilden, sondern auch günstigere und einfachere Lokale, die aber dennoch herausragende Qualität bieten. Und um eben die Zahl der Sterne nicht erhöhen zu müssen, wie das andere Führer mit der Zeit getan haben – Gault Millau etwa verleiht inzwischen maximal 5 Hauben, bei Falstaff sind es 4 Gabeln – , wurden andere Kategorien etabliert.

Stießen mit ihrem "Steirereck" im Wiener Stadtpark erstmals in die höchsten Gefilde der internationalen 3-Sterne-Gastronomie vor: Heinz und Birgit Reitbauer
Stießen mit ihrem "Steirereck" im Wiener Stadtpark erstmals in die höchsten Gefilde der internationalen 3-Sterne-Gastronomie vor: Heinz und Birgit Reitbauer
Starpix / picturedesk.com

Welche Kategorien der Guide Michelin Österreich bewertet

  • 3 Sterne – die Besten der Besten – nach Michelin-Definition wird hier "einzigartige Küche" geboten. Davon gibt es seit heuer 2 Restaurants in Österreich (bisher 1)
  • 2 Sterne – hier gibt es nach Michelin-Kriterien "Spitzenküche". 2 Sterne haben jetzt 18 Restaurants in Österreich (bisher waren es 5)
  • 1 Stern – diese Restaurants bieten "eine Küche voller Finesse". Mit dem neuen Guide darf sich Österreich über 62 1-Stern-Restaurants freuen (bisher waren es 9)
  • Bib Gourmand – als Bib wird das kugelige Michelin-Männchen bezeichnet und mit dieser Auszeichnung werden Lokale mit "dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis" bewertet. Mit dem neuen Guide hat das Land jetzt 43 solcher Lokale (bisher waren es 5)
  • Ausgewählte Restaurants – hier wird "Gute Küche" geboten, nicht mehr, nicht weniger. Insgesamt 208 Restaurants tragen jetzt diese Auszeichnung.
  • Grüner Stern – das ist eine zusätzliche Auszeichnung, die Restaurants mit einem großen Augenmerk für dass Thema Nachhaltigkeit vorbehalten ist. Im neuen Guide tragen 33 Restaurants zusätzlich einen grünen Stern (bisher waren es 2)
Österreichs Top-Köche und -Gastronomen waren nahezu geschlossen zur Präsentation des Guide Michelin Österreich ins "Hangar-7" in Salzburg gekommen
Österreichs Top-Köche und -Gastronomen waren nahezu geschlossen zur Präsentation des Guide Michelin Österreich ins "Hangar-7" in Salzburg gekommen
Österreich Werbung Julian Schmidt

Was sagt dieses Ergebnis über die österreichische Kulinarik-Szene aus?
Die wichtigste Schlussfolgerung ist vermutlich, dass Österreich relativ flächendeckend über eine riesige Auswahl an ausgezeichneten Restaurants verfügt, auch abseits der "Kulinarik-Metropolen" Wien und Salzburg. Anders ist der große zahlenmäßige Anstieg bei den Sterne- und den Bib-Gourmand-Lokalen nicht zu erklären. Und damit wurde erreicht, was sich die Tourismus-Experten der Österreich Werbung gewünscht haben. Nämlich dass die große Dichte an Top-Lokalen quer durch das Land internationale Würdigung erfährt.

Und wo sind die meisten Sterne-Lokale?
Überraschenderweise nicht in Wien, sondern in Tirol. Hier wurden insgesamt 30 Restaurants ausgezeichnet – der gehobene Wintertourismus macht sich hier offensichtlich bemerkbar. Auf Platz 2 liegt die Steiermark mit 27 ausgezeichneten Lokalen, in Wien sind es "nur" 22. Allerdings sind beide 3-Stern-Restaurants in Wien.

Und welches sind nun die besten Lokale Österreichs?
Nach Meinung der Michelin-Tester sind das das "Amador" des Deutschen Juan Amador in Wien Grinzing sowie das "Steirereck" der Familie Reitbauer im Stadtpark in der Innenstadt. Beide waren schon bisher vom Guide Michelin getestet und im City Guide Wien gelistet worden. Allerdings trug bislang nur das "Amador" die 3 Sterne. Das "Steirereck" wurde vom Guide Michelin upgegraded und erhielt erstmals die begehrten 3 Sterne.

Michlins Maskottchen Bib bei einer Shinto-Zeremonie in Japan: In dem ostasiatischen Land ist die Top-Gastronomie extrem vielfältig, insgesamt gibt es dort 14 Drei-Stern-Restaurants
Michlins Maskottchen Bib bei einer Shinto-Zeremonie in Japan: In dem ostasiatischen Land ist die Top-Gastronomie extrem vielfältig, insgesamt gibt es dort 14 Drei-Stern-Restaurants
TORU YAMANAKA / AFP / picturedesk.com

Wie viele Lokale weltweit haben 3 Sterne?
Nicht so viele, wie man meinen möchte. In Deutschland tragen 10 Lokale diese Auszeichnung, in Italien und in den USA sind es jeweils 14, in Japan 20 und im "Mutterland" Frankreich sind es auch "nur" 30. Das alleine sagt bereits aus, wie sparsam die Tester mit diesem Qualitäts-Siegel umgehen. Insofern liegt das kleine Österreich mit 2 "Drei-Sternern" im internationalen Vergleich ziemlich gut.

Alle vom Guide Michelin 2025 ausgezeichneten Lokale in Österreich

  • 3 Sterne – nur das "Amador" in Wien Grinzing und das "Steirereck" im Stadtpark tragen diese Auszeichnung
  • 2 Sterne – insgesamt gibt es österreichweit nun 18 Restaurants mit 2 Michelin-Sternen
  • 1 Stern – 62 Restaurants dürfen sich nun über "ihren" Michelin-Stern freuen
  • Bib Gourmand – 43 Restaurants wurden im neuen Österreich-Guide damit dekoriert
  • Ausgewählte Restaurants – mehr als 200 Lokale wurden so ausgezeichnet
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