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Warum Rüstungs-Aktien jetzt die neuen Börsenstars sind
In den USA hat sich die erste Trump-Euphorie abgekühlt. Die Börse wird skeptisch, Bitcoin brach ein. Weil Europa nun aufrüsten wird (und muss), schießen die Werte für europäische Rüstungsaktien in die Höhe. Geld-Profi Monika Rosen erklärt die Hintergründe.

Donald Trump hält die Politik in Atem. Schon am Dienstag sollen die angekündigten Sonderzölle für Mexiko und Kanada in Kraft treten, kündigte Trump am Montag an. Am 2. April will er den Import von Agrarprodukten extra besteuern, ob aus allen Ländern oder nur aus bestimmten, ist unklar.
Auch die Börse reagiert zunehmend irritiert. Man gewinnt den Eindruck, dass nach der ersten Begeisterung – Stichwort: Trump Trade – jetzt etwas Ernüchterung einsetzt. Trump verstört und verunsichert mit ständig wechselnden Ansagen. Zölle werden angekündigt, dann teilweise ausgesetzt oder verschoben oder vollzogen.
Damit können weder Unternehmen noch Börsianer gut umgehen. Selbst die in den letzten Jahren so hochgelobten US-Tech-Aktien sind neuerdings unter Druck. Wie nachhaltig ist also der Reality Check für die Börsen? Und gibt es im Gegenzug auch Märkte, die von der Schwäche der Wall Street profitieren können? Monika Rosen gibt einen Überblick über den "Trump Trade" 2.0:
2025 läuft für die Börse anders als die Jahre davor. Aber was heißt in dem Zusammenhang "anders"?
In den Jahren 2023 und 2024 legte der große US Leitindex S&P 500 jeweils mehr als 20 Prozent zu. Das ist eine phänomenale Leistung. Die anderen Börsenplätze hatten da de facto wenig mitzureden.

Und heuer?
Heuer ist es genau umgekehrt. Andere Märkte laufen wirklich gut, vor allem jene in Europa. Die Entwicklung der US-Märkte hinkt dem gegenüber hinterher. Wobei man hier ausdrücklich betonen muss, dass es nach zwei Monaten für ein abschließendes Urteil natürlich zu früh ist.
Kann man das mit ein paar Zahlen verdeutlichen?
Per Ende Februar ist der amerikanische S&P 500 Index mit nicht einmal 2 Prozent im Plus, während der Dax in Deutschland über 12 Prozent zugelegt hat.
Und was genau läuft heuer anders als in den letzten Jahren?
Vordergründig muss man schon sagen, dass nach der ersten Trump-Euphorie bei US-Aktien aktuell etwas Ernüchterung herrscht. Der neue Präsident verunsichert die Märkte vor allem durch seine oft erratischen Ansagen. Er droht Zölle an, die er dann wieder verschiebt (Kanada und Mexiko) oder sogar absagt (Kolumbien). Und Verunsicherung ist jener Faktor, den die Börse mit am meisten hasst.
Sind es nur die Zölle, bzw. die Zollandrohungen, die die Kurse belasten?
Vielleicht sollte man es besser so formulieren: In den ersten Wochen nach der Wahl setzten die Anleger große Hoffnungen auf die Wirtschaftskompetenz von Trump. Er würde unternehmerfreundlicher agieren als Biden, Übernahmen und Fusionen würden erleichtert und die Steuern gesenkt werden.

Und jetzt glaubt man das nicht mehr?
Doch schon, aber diese positiven Faktoren gelten weitgehend als bereits in den Kursen enthalten. Die US-Aktien sind gleichsam voller Vorfreude noch im alten Jahr stark angestiegen. Jetzt muss Trump liefern, und da geht es zunehmend nur um die Frage: was kündigt er an, und was wird wann tatsächlich umgesetzt? Da das nicht immer so leicht festzustellen ist, reagieren viele Unternehmen erst einmal abwartend. Und das tun dann auch die Anleger, sprich sie nehmen Gewinne mit oder kaufen zumindest nicht weiter zu.
Das heißt, die Börsianer werden skeptisch?
Das kann man durchaus so sagen. Ein Gradmesser für die Beliebtheit von Trump ist Bitcoin. Der Präsident hatte sich für die Kryptowährung im Wahlkampf stark gemacht, entsprechend deutlich war sie rund um die Wahl gestiegen. Dann geriet Bitcoin aber unter Druck, war zeitweise seit Jahresbeginn 10 Prozent im Minus.
Hat Trump auf den Kursrückgang reagiert?
Der Eindruck entsteht. Für Freitag hat er einen Gipfel im Weißen Haus einberufen, Thema dabei ist die Schaffung einer strategischen Bitcoin-Reserve. Sie soll so ähnlich funktionieren wie die Strategische Ölreserve der USA. Wobei es da schon einige zentrale Fragen gibt.
Nämlich?
Zum Beispiel, ob diese Reserve nur Kryptowährungen halten kann, oder ob sie diese auch kaufen und verkaufen darf. Das hätte wesentlichen Einfluss auf die Kursentwicklung. Und übrigens, die Strategische Ölreserve kann Öl kaufen, aber auch in den Markt abgeben. Verkauft wird das Öl ja eher nicht, sondern man wirkt damit unwillkommenen Preisanstiegen entgegen.

Gibt es auch Gründe jenseits von Trump, die für das vergleichsweise schwache Abschneiden der US-Aktien verantwortlich sind?
Die chinesische KI-Anwendung DeepSeek hat im Jänner ebenfalls für Verunsicherung gesorgt. Plötzlich war man sich nicht mehr so sicher, ob die gigantischen Investitionen der Tech-Unternehmen in die KI in dem vollen Ausmaß gerechtfertigt sind. Das hat den Kursen der Tech-Aktien heuer einen Dämpfer versetzt.
Vorige Woche kamen die Quartalszahlen von Nvidia …
… und die Wall Street reagierte verschnupft, obwohl das Unternehmen sowohl bei Gewinn als auch Umsatz die Erwartungen der Analysten übertroffen hatte. Der Aktienkurs von Nivdia hat seit Jahresbeginn über 10 Prozent nachgegeben.
Gründe?
Da gibt es viele, von den drohenden Zöllen auf Chips aus Taiwan bis zur Konkurrenz durch DeepSeek. Auch die Tatsache, dass das Wachstum von Nvidia langsam an Dynamik verliert, hat nicht gerade geholfen.
Und was ist mit Tech-Aktien insgesamt?
Die können heuer ebenfalls nicht an den sensationellen Lauf der letzten beiden Jahre anschließen. Die US-Tech-Börse Nasdaq hat in den ersten beiden Monaten des heurigen Jahres per Saldo über 2 Prozent eingebüßt. Das ist per se natürlich noch nicht dramatisch. Aber die Zeiten, in denen US-Tech-Aktien alles geschlagen haben, scheinen für den Moment vorbei zu sein.

Gibt es auch Börsenplätze, die von der Konsolidierung in den USA profitieren können?
Da ist vor allem Europa zu nennen. Die Indizes hierzulande haben seit Jahresbeginn 10 Prozent und mehr zugelegt und damit die Wall Street deutlich geschlagen.
Ist das angesichts der Zollandrohungen nicht ein bisschen verwunderlich?
Ja, durchaus. Trump hat ja angekündigt, Waren aus der EU mit einem Zoll von 25 Prozent belegen zu wollen. Das würde besonders europäische Autowerte treffen, die im Zuge dieser Ankündigung gleich einmal um 4 Prozent eingeknickt sind. In Summe halten sich die europäischen Märkte angesichts der Rahmenbedingungen aber recht gut. Viele stellen sich nur die Frage, wie lange das noch halten wird.
Gibt es auch Sektoren, die im derzeitigen Umfeld profitieren?
Ja, und zwar europäische Rüstungsaktien. Nach dem dramatischen "Gespräch" zwischen Selenskyj und Trump vor laufender Kamera herrscht unter vielen europäischen Nationen Einigkeit darüber, die Ausgaben für Verteidigung deutlich anheben zu müssen.
Von welchen Summen sprechen wir da?
Eine aktuelle Studie von Morningstar geht davon aus, dass die europäischen Verteidigungsbudgets bis 2035 um rund 6 Prozent pro Jahr steigen werden. Damit lassen sie selbst die USA (+1,7 Prozent) als auch Russland und China (jeweils +3 Prozent) hinter sich. Bis 2029 soll der europäische Anteil an den globalen Rüstungsausgaben von derzeit 16 Prozent auf 21 Prozent anwachsen.

Und schlägt sich das an der Börse nieder?
Ja, europäische Rüstungsaktien kennen derzeit kein Halten. Schon per Ende Februar hatte Rheinmetall über 60 Prozent und Thyssen Krupp fast 90 Prozent zugelegt (jeweils seit Jahresbeginn). Tagesgewinne im zweistelligen Bereich sind keine Seltenheit.
Kann man also sagen, dass Rüstungsaktien jetzt die Führungsrolle übernommen haben, die zuvor US-Tech-Aktien innehatten?
Das ist vielleicht etwas viel gesagt, aber der europäische Rüstungssektor hat derzeit sicher viel Rückenwind. Denn fast egal, was in der politischen Arena passiert, die Ausgaben für Verteidigung werden auf alle Fälle steigen, und steigen müssen. Davon profitieren diese Unternehmen, und das wird in den Kursen vorweggenommen.
Was sagen Sie einem Anleger auf die Frage: Soll ich Rüstungsaktien jetzt noch kaufen, oder ist der Zug schon abgefahren?
Es ist wie immer eine Frage der Gesamtstrategie. Eine fundierte Beratung ist durch nichts zu ersetzen. Und einzelne Ideen, so à la jetzt Rüstung, oder jetzt Gold, das ist immer problematisch. An der Börse gibt es wie überall Trends, denn die Märkte reagieren auf das, was in der Welt passiert. Wichtig ist, sein langfristiges Ziel nicht aus den Augen zu verlieren.
Monika Rosen war mehr als 20 Jahre bei einer heimischen Großbank tätig, ist Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft und gefragte Spezialistin rund um alle Geldthemen