Kurse auf Kurs

Warum Schreckgespenst Trump die Börsen beflügelt

Der "Trump Trade": Die Weltpolitik schlägt die Hände über dem Kopf zusammen, die Finanzmärkte reißen jubelnd die Arme in die Höhe. Geld-Profi Monika Rosen analysiert die Folgen des Wahlsiegs für die Börsen.

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"Es ist die Wirtschaft, du Dummkopf." Mit diesem Slogan ("It’s the economy, stupid") hatte schon Bill Clinton die Präsidentschaftswahl 1992 gegen Bush sen. gewonnen. Und offenbar hat sich auch mehr als dreißig Jahre später nichts geändert.

Die Amerikaner (und eventuell nicht nur diese) stimmen "mit der Brieftasche" ab, das heißt, ihr Wahlverhalten wird wesentlich von ihrem wirtschaftlichen Wohlbefinden beeinflusst. Und das hatte unter Biden angesichts der hohen Inflation sehr gelitten. Dieser Frust sorgte wohl für den entscheidenden Rückenwind, der Donald Trump im Jänner zum zweiten Mal ins Weiße Haus befördern wird.

Monika Rosen war über 20 Jahre lang Chefanalystin im Private Banking einer österreichischen Großbank. Sie ist auch Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft
Monika Rosen war über 20 Jahre lang Chefanalystin im Private Banking einer österreichischen Großbank. Sie ist auch Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft
Helmut Graf

Die Börse war nach dem deutlichen Wahlsieg von Trump in Partylaune, es gab starke Kursgewinne bei Aktien, aber auch bei Bitcoin. Was erwarten sich die Finanzmärkte also vom neuen, alten Präsidenten? Was ist von seinen wirtschaftlichen Plänen zu halten, und gibt es eventuell auch Anlageklassen, die das alles weniger aufregend finden? Hier die wichtigsten Antworten:

Warum wurde der Wahlsieg von Donald Trump vom Aktienmarkt so gefeiert?
Das hat wohl zwei Gründe: einerseits gab es bei der US Wahl am 5. November überraschend schnell ein überraschend eindeutiges Ergebnis. Trump siegte nicht nur nach Wahlmännern, sondern er errang auch knapp über 50 Prozent der Stimmen. Das heißt, auch ohne Wahlmännersystem hätte er gewonnen.

Da die Börse Unsicherheit hasst, kam es offenbar zu einer Art Erleichterungs-Rallye. Der zweite Grund liegt wohl in der Tatsache, dass man Trump mehr wirtschaftliche Kompetenz zuschreibt als Kamala Harris (bzw. damit indirekt auch Joe Biden).

Zweite Amtszeit: Noch nicht einmal im Amt, aber Donald Trump dominiert schon die Weltpolitik
Zweite Amtszeit: Noch nicht einmal im Amt, aber Donald Trump dominiert schon die Weltpolitik
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Gibt es dafür nachvollziehbare Gründe?
Eigentlich schon. Trump ist Unternehmer, noch dazu aus der Immobilienbranche, Harris hingegen Staatsanwältin. Insofern kann man dem Gedankengang, er sei wirtschaftsaffiner, schon etwas abgewinnen.

Welche Rolle hat die wirtschaftliche Performance von Biden dabei gespielt?
Eine große. Biden wird (teilweise zu Unrecht) für die hohe Inflation in der ersten Hälfte seiner Amtszeit verantwortlich gemacht. Gerade die Lebensmittelpreise im Supermarkt sind unter Biden massiv gestiegen. Im Sommer 2022 betrug die Inflation bei Nahrungsmitteln über 11 Prozent, das war damals der höchste Wert seit 1979!

Diese Form der Teuerung trifft die unteren Einkommensschichten überdurchschnittlich, da sie wenig zur Seite legen können und ihr ganzes Geld in den Konsum stecken (müssen). Die Dimension zeigt ein Vergleich der Teuerungsraten unter allen US-Präsidenten seit dem Zweiten Weltkrieg.

Joe und Jill Biden: Der amtierende Präsident wird für die Hohe Inflation verantwortlich gemacht
Joe und Jill Biden: Der amtierende Präsident wird für die Hohe Inflation verantwortlich gemacht
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Warum wird das Biden zu Unrecht vorgeworfen?
Weil einige der Faktoren, die die Inflation befeuert haben, jenseits seiner Kontrolle lagen. Die Nachwirkungen der Pandemie (Unterstützungsgelder und Lieferkettenprobleme) spielen hier ebenso eine Rolle wie der Anstieg der Energiepreise zu Beginn des Ukraine Krieges.

Davon abgesehen muss man feststellen, dass die Inflation in den letzten beiden Jahren deutlich zurückgegangen ist. Und bei Wachstum und Beschäftigung zeigt sich die US Konjunktur nach wie vor überaus robust. Es ist also der Verlust beim verfügbaren Einkommen, den die Wähler den Demokraten offenbar nicht verziehen haben.

Die geplanten Maßnahmen von Trump bergen aber auch Inflationsrisken, oder?
Absolut. Vor allem seine Pläne bei den Zöllen würden, wenn sie wie angekündigt umgesetzt werden, die Waren verteuern. Aber auch die Abschiebung von illegalen Migranten befeuert die Inflation, da dadurch viele billige Arbeitskräfte wegfallen. Damit steigen die Löhne und in weiterer Folge klettert eben auch die Teuerung nach oben.

Trump wird mehr Ahnung von Wirtschaft unterstellt: Ein Aktienhändler an der New Yorker Börse
Trump wird mehr Ahnung von Wirtschaft unterstellt: Ein Aktienhändler an der New Yorker Börse
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Die Aktienmärkte zeigten sich von derartigen Szenarien aber bisher unbeeindruckt?
Ja, die Aktienmärkte haben auf die Aussichten einer steigenden Inflation noch nicht reagiert, sehr wohl aber die Anleihen. Dort sind die Renditen nach dem Sieg von Trump kräftig gestiegen, obwohl die US-Notenbank zwei Tage nach der Wahl die Zinsen um 25 Basispunkte gesenkt hat.

Die Anleihenmärkte haben also eine klare Botschaft für den kommenden Präsidenten: wir beobachten deine Maßnahmen genau und ignorieren die Inflationsgefahren auf keinen Fall.

Die Aktien sehen das alles aber noch etwas lockerer?
Noch ja. Sollte aber die Inflation wirklich wieder stärker anspringen und die US-Notenbank die Zinsen weniger deutlich senken können als derzeit erwartet, so könnte das die Börsenkurse sehr wohl belasten. Immerhin drücken steigende Finanzierungskosten auf die Unternehmensgewinne, was sich irgendwann auch in den Kursen widerspiegelt.

Kamala Harris, Kandidatin der Demokraten, wurde wenig Wirtschaftskompetenz zugetraut
Kamala Harris, Kandidatin der Demokraten, wurde wenig Wirtschaftskompetenz zugetraut
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Woraus speist sich dann die Euphorie der Börse über den Sieg von Trump?
Er steht für weniger Regulierung, deshalb sind die Aktien von US-Banken deutlich gestiegen. Auch Fusionen sollten mit ihm leichter durchzubringen sein, da er Wettbewerbs-Bestimmunen laxer sieht. Außerdem will er die Unternehmenssteuern senken, auch das beflügelt die Aktienkurse.

Und was ist mit den europäischen Börsen?
Die werden tendenziell eher als Verlierer gesehen. Trump richtet seine Politik stark auf inneramerikanische Themen aus, nicht umsonst lautet sein Motto "America First". Die Zölle sollen ja für alle Importe (10 bis 20 Prozent) und nicht nur für jene aus China (60 Prozent) gelten. Das würde vor allem den europäischen Export, und hier wiederum die deutsche Autoindustrie, empfindlich treffen.

Auch Bitcoin stieg im Sog des Sieges von Trump auf einen neuen Rekord. Warum?
Trump hat sich im Wahlkampf für Kryptowährungen stark gemacht. Er hat angekündigt, eine strategische Kryptoreserve anlegen zu wollen, analog der strategischen Ölreserve. Und er will die Rolle der US Wertpapieraufsicht bei der Regulierung von Bitcoin & Co zurückdrängen. Ob er das alles auch so umsetzen kann, bleibt allerdings abzuwarten. Kryptowährungen behalten sicher ihren hochriskanten Charakter.

Sein wichtigster Unterstützer: Tesla-Milliardär Elon Musk hüpfte in Butler zu Trump auf die Bühne, seine Aktien profitierten vom Wahlsieg
Sein wichtigster Unterstützer: Tesla-Milliardär Elon Musk hüpfte in Butler zu Trump auf die Bühne, seine Aktien profitierten vom Wahlsieg
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Auch die Aktie von Tesla schoss zuletzt nach oben. Hat das mit der Unterstützung von Elon Musk für Trump zu tun?
Ja natürlich. Man erwartet, dass Musk für sein Engagement im Wahlkampf belohnt wird. Die Marktkapitalisierung von Tesla ist unmittelbar nach Bekanntwerden des Wahlergebnisses über die Marke von einer Billion Dollar gesprungen.

Zum Abschluss die schwierigste Frage: wie lange kann es dauern, bis der Rallye die Luft ausgeht?
Das ist tatsächlich nicht so einfach zu beantworten. Aber an einem Anstieg von über 25 Prozent seit Jahresbeginn im breiten S&P 500 Index kann man schon ablesen, dass viele positive Impulse in den Kursen bereits enthalten sind.

Die Börse konzentriert sich derzeit stark auf die Chancen und blendet eventuelle Risken etwas aus. Sollte aber die Inflation wieder vermehrt zum Thema werden, oder die US Notenbank bei einer der kommenden Sitzungen einmal die Zinsen nicht senken, könnte rasch Ernüchterung einkehren. Kein Höhenflug währt ewig, das wird auch dieser nicht tun.

Monika Rosen war mehr als 20 Jahre bei einer heimischen Großbank tätig, ist Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft und gefragte Spezialistin rund um alle Geldthemen

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