Trump, Putin

Was der "Waffenstillstand light" für die Welt bedeutet

In einem zweieinhalbstündigen Telefonat besprachen die Präsidenten von Russland und den USA einen möglichen Frieden für die Ukraine. Das Ergebnis blieb deutlich hinter den Erwartungen zurück. Weil Putin der bessere Pokerspieler ist als Trump?

Russlands Präsident Wladimir Putin auf einer Tagung am Dienstag, er ließ Donald Trump warten
Russlands Präsident Wladimir Putin auf einer Tagung am Dienstag, er ließ Donald Trump warten
Picturedesk
Newsflix Redaktion
Akt. Uhr
Teilen

Die Welt schaute nach Moskau und Washington, aber sie schaute zunächst vergeblich. Für Dienstag 14 Uhr sei ein Telefonat zwischen US-Präsident Donald Trump und Russlands Präsident Wladimir Putin vereinbart, hieß es zunächst. Aber es dauerte eine Stunde länger, ehe es losging und was danach als Ergebnis präsentiert wurde, blieb eher mager. Was man über das Gespräch weiß und was nicht:

Wann fand das Telefonat statt?
Es begann am Dienstag um 15 Uhr MEZ und dauerte rund zweieinhalb Stunden. Eigentlich sollte das Telefonat bereit eine Stunde früher beginnen. Aber um 14 Uhr MEZ saß Putin noch entspannt beim Jahreskongress des Russischen Industrie- und Unternehmerverbandes.

Typisch Putin, oder?
Ja, es war wie immer eine Machtdemonstration. Seit 2013 hat kein Termin mit ihm pünktlich begonnen. Sogar die Queen ließ er 14 Minuten warten, den Papst vor zehn Jahren sogar 50 Minuten. Den Rekord hält Angela Merkel. 2014 ließ Putin sie 4 Stunden und 15 Minuten sitzen.

US-Präsident Donald Trump im John F. Kennedy Center for the Performing Arts in Washington, DC
US-Präsident Donald Trump im John F. Kennedy Center for the Performing Arts in Washington, DC
Picturedesk

Auch diesmal machte er wohl eine Show daraus?
Ja! Kremlsprecher Dmitri Peskow wies ihn (abgesprochen?) drauf hin, dass es nur mehr fünf Minuten bis zum Trump-Telefonat seien. Putin lächelte und entgegnete: "Hören Sie nicht auf ihn." Das Publikum lachte, Putin blieb sitzen.

Was war nun das Ergebnis?
Zunächst meldete sich Karoline Leavitt, Sprecherin des Weißen Hauses, zu Wort und gab für Trump eine "Zusammenfassung des Telefonats" ab. Sie blieb eher allgemein.

Wie reagierte der Kreml?
Er veröffentlichte ein längere Zusammenfassung der Unterhaltung, aber blieb ebenfalls recht vage. Man habe über "eine Reihe globaler Krisen" gesprochen. Putin habe Trump gegenüber seine Dankbarkeit für seine Bemühungen zum Ausdruck gebracht, "das noble Ziel zu erreichen, die Feindseligkeiten und die menschlichen Verluste zu beenden".

Was wurde laut der Trump-Sprecherin vereinbart?
Trump ließ verlautbaren, "dass die Friedensbewegung mit einem Waffenstillstand im Energie- und Infrastrukturbereich sowie technischen Verhandlungen über die Umsetzung eines maritimen Waffenstillstands im Schwarzen Meer, eines vollständigen Waffenstillstands und eines dauerhaften Friedens beginnen wird. Diese Verhandlungen werden umgehend im Nahen Osten beginnen."

Wolodymyr Selenskyj mit Ehefrau Olena Zelenska am Dienstag auf Staatsbesuch in Finnland
Wolodymyr Selenskyj mit Ehefrau Olena Zelenska am Dienstag auf Staatsbesuch in Finnland
Picturedesk

Was wurde laut Russland vereinbart?
Putin habe dem Militär den Befehl zu einem Stopp der Angriffe auf ukrainische Energieanlagen gegeben. Ab wann das in Kraft treten soll, blieb unerwähnt, von "unmittelbar" war die Rede. Am Mittwoch sollen je 175 Kriegsgefangene ausgetauscht werden. 23 schwer verletzte ukrainische Soldaten könnten in die Heimat gebracht werden, so der Kreml und bezeichnete das "als Geste des guten Willens".

Aber es weichen beide Darstellungen voneinander ab, oder?
Ja, in der russischen Stellungnahme ist nichts von einem Stopp der Angriffe auf die Infrastruktur die Rede, es geht nur um Energieanlagen.

Wer hat sich nun bei dem Telefonat durchgesetzt?
Nach der Beurteilung mehrerer Experten Wladimir Putin. In Russland wurde das Ergebnis jedenfalls bejubelt. "It is official now - a PERFECT call" – als perfekten Anruf bezeichnete Kirill A. Dmitriev das Gespräch. Er ist CEO des Russian Direct Investment Fund (RDIF), eines von der russischen Regierung geschaffenen Staatsfonds im Wert von 10 Milliarden US-Dollar.

Kein Jubel für Trump?
Doch, doch. David Sacks, Trump-Freund und früher Tech-Investor etwa in Facebook, Uber, SpaceX oder Airbnb, sprach auf X von einer "großartigen Leistung".

Karoline Leavitt ist Sprecherin des Weißen Hauses
Karoline Leavitt ist Sprecherin des Weißen Hauses
Picturedesk

Was schrieb Leavitt noch über das Telefonat?
Trump ließ über sie ausrichten, dass beide Staatschefs sich einig gewesen seien, "dass dieser Konflikt mit einem dauerhaften Frieden enden muss. Das Blut und die Mittel, die sowohl die Ukraine als auch Russland in diesem Krieg vergeudet haben, wären besser für die Bedürfnisse ihrer Bevölkerung eingesetzt. Dieser Konflikt hätte nie ausbrechen dürfen und hätte schon vor langer Zeit durch ernsthafte Friedensbemühungen beendet werden müssen."

Worum ging es in dem Telefonat noch?
Laut Leavitt um die Weltlage. Naher Osten, die "Notwendigkeit, die Verbreitung strategischer Waffen zu stoppen." Dass "der Iran niemals in der Lage sein sollte, Israel zu zerstören". Die Verbesserung der "bilateralen Beziehungen". "Dazu würden umfangreiche Wirtschaftsabkommen und geopolitische Stabilität gehören, sobald Frieden erreicht ist."

Äußerte sich Trump auch direkt?
Ja, nach 20 Uhr MEZ setzte er auf seinem Social Media-Kanal Truth Social ein Posting ab. Er nannte das Telefonat mit Putin darin "gut" und "produktiv". Der Prozess sei nun in vollem Gange. "Wir werden den Job hoffentlich im Interesse der Menschheit schaffen!"

Putin ließ Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel 2014 über vier Stunden warten
Putin ließ Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel 2014 über vier Stunden warten
Picturedesk

Was darf als handfestes Ergebnis gesehen werden?
Russland stimmte einem begrenzten Waffenstillstand zu. Fix ist allerdings nur, dass er die Energie-Infrastruktur beider Ländern umfasst. Und: Nötig war, dass die Ukraine der Vereinbarung zustimmt.

Hat die Ukraine dem Deal zugestimmt?
Ja. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die 30-tägige Feuerpause am Dienstagabend gegenüber dem ukrainischen öffentlich-rechtlichen Sender Suspilne begrüßt. Auch er sprach, wie Putin, nur von der Energieinfrastruktur. Selenskyj will sich nun mit Präsident Trump über das Telefonat unterhalten, um Details zu erfahren.

Warum ist das zumindest ein kleiner Erfolg?
Weil es sich um die erste einvernehmliche Aussetzung der Angriffe in dem seit drei Jahren andauernden Krieg handelt. Das Weiße Haus sieht das deutlich positiver als viele Beobachter und spricht von einem ersten Schritt hin zu einem umfassenderen Frieden.

Was kommt nicht?
Eine 30-tägige Kampfpause, wie es die USA und die Ukraine vorgeschlagen hatten. Russland lehnt das in dieser Form ab. Das bedeutet, dass die Angriffe auf ukrainische Zivilisten, Städte und Häfen fortgesetzt werden können, auch der Kampf um Gebiete geht weiter.

Ein russischer Soldat fährt durch Kazachya Loknya, der Ort wurde von Putins Truppen jüngst erobert
Ein russischer Soldat fährt durch Kazachya Loknya, der Ort wurde von Putins Truppen jüngst erobert
Pucturedesk

Wem hilft der "Waffenstillstand light"?
Auf den ersten Blick natürlich der Ukraine. Russland hatte die diesbezüglichen Angriffe im Winter massiv ausgeweitet. Allerdings sorgt das auch in Russland für eine Atempause. Die Ukraine hat ebenfalls umfangreiche Angriffe auf Öl- und Gasanlagen tief im Herzen Russlands durchgeführt und damit Moskaus wichtigste Einnahmequelle gefährdet.

Wie nahm Russland die Energie-Infrastruktur ins Visier?
Das passierte schon die ganzen vergangenen Monate über. Am 8. März führte Russland zuletzt massive Raketen- und Drohnenangriffe auf Ziele in der Ukraine durch. Vor allem Anlagen der Gas- und Energieinfrastruktur standen im Mittelpunkt. Der Ukraine gelang es nur mehr, rund die Hälfte der Geschosse abzuwehren.

Was fordert Putin eigentlich?
Was er in dem Gespräch konkret alles an Forderungen auf den Tisch legte, ist unbekannt. Was man vorab als Bedingung für einen Waffenstillstand wusste: Er will, dass die USA und ihre Verbündeten die militärische Unterstützung für die Ukraine einstellen.

Die beiden zentralen Figuren der Friedenverhandlungen als Matrjoschka
Die beiden zentralen Figuren der Friedenverhandlungen als Matrjoschka
Picturedesk

Warum enttäuschte das Ergebnis des Telefonats?
Weil mehr erwartet worden war. Donald Trump hatte die Erwartungen hochgeschraubt. Im Wahlkampf versprach er, den Ukrainekrieg innerhalb eines Tages zu beenden, nach der Wahl räumte er sich ein halbes Jahr Zeit dafür ein. In den vergangenen Tagen klang er erneut sehr optimistisch, einen Waffenstillstand erreichen zu können.

Was war der Inhalt des geplanten Waffenstillstandes?
Die USA und die Ukraine hatten sich in Saudi-Arabien auf ein Schriftstück verständigt. Demnach sollte es einen alles umfassenden, 30-tägigen Waffenstillstand geben.

Das lehnte Putin ab?
Ja und nein. Er sagt dazu nicht direkt Njet, weil er Trump nicht verärgern will, sondern er nennt die Idee "richtig", fordert dafür aber umfassende Zugeständnisse. Das habe er laut Kreml auch im Telefonat deutlich gemacht. Wichtig sei ihm auch die Klärung, wer den Waffenstillstand entlang der 2.000 Kilometer langen Grenze überwacht und wer Verstöße neutral feststellt.

Was heißt das nun für den Frieden?
Dass man weiter darauf warten muss.

Akt. Uhr
#News
Newsletter
Werden Sie ein BesserWisser!
Wissen, was ist: Der Newsletter von Newsflix mit allen relevanten Themen des Tages und den Hintergründen dazu.