Neue Biographie
Was die Queen tatsächlich von Trump hielt (herzlich wenig)
"A Voyage Around the Queen": Der britische Bestseller-Autor Craig Brown schildert die Treffen von Elisabeth II. mit Weltlenkern und was sie von ihnen dachte. US-Präsident Trump fand sie "unhöflich" und sie machte sich Gedanken über seine Ehe.
Es erstaunt oft, wie ein- und dasselbe Ereignis von zwei Menschen vollkommen unterschiedlich gesehen werden kann. Donald Trump dachte, Elisabeth II. wäre geradezu verzückt von ihm gewesen. Die Queen freilich fand ihn unmöglich und das hatte auch mit Tee zu tun, ein bisschen mit First Lady Melania und mit einer Schulter.
Craig Brown (67) ist auf der Insel eine Institution. Der britische Satiriker hat für die BBC gearbeitet, in allerlei Medien von der Times abwärts Kolumnen geschrieben und mindestens 18 Bücher verfasst. Für die Biographie "One Two Three Four: The Beatles in Time", die am 10. April 2020 auf den Markt kam – auf den Tag genau 50 Jahre nach der Auflösung der Band – erhielt er den Baillie Gifford Prize, dotiert immerhin mit 50.000 Pfund.
Knapp zwei Jahre nach dem Tod von Elisabeth II. am 8. September 2022 erschien nun "A Voyage Around the Queen" in Großbritannien, mit 672 Seiten ist die Mischung aus Biographie, Essay, Reisebericht, Kulturgeschichte und Satire nicht gerade schmalbrüstig geraten, aber das war das Leben der längstdienenden Monarchin der Briten auch keineswegs. 70 Jahre Königin, im Alter von drei Jahren das erste Mal am Cover des Time-Magazins, danach für Jahrzehnte die berühmteste Frau der Welt. Als sie mit 96 starb, konnten sich die meisten Menschen auf der Welt nicht an ein Leben ohne die Monarchin erinnern.
Elizabeth II. erlebte 14 amerikanische Präsidenten, 13 traf sie persönlich, den ersten, Harry S. Truman, 1951 noch bevor sie Königin wurde. Dwight D. Eisenhower war 1957 der erste US-Präsident, den sie in offizieller Funktion besuchte, nur Lyndon B. Johnson, zwischen 1963 und Anfang 1969 Präsident, ließ sie aus.
In Großbritannien ist "A Voyage Around the Queen" längst auf dem Weg zum Bestseller, die "Daily Mail" druckt Teile als Serie ab. So erfährt die Öffentlichkeit Schritt für Schritt, was sich hinter den Kulissen bei Treffen mit Staatschefs wie Robert Mugabe, Präsident von Simbabwe, Russlands Wladimir Putin, Syriens Diktator Bashar al-Assad oder Ugandas Gewaltherrscher Idi Amin abspielte.
Am plakativsten aber fällt die Beschreibung der Zusammenkünfte mit Donald Trump aus. Die Queen empfing ihn gemeinsam mit First Lady Melania während ihrer Amtszeit offiziell zwei Mal, am 13. Juli 2018 zum Tee in Windsor Castle, schlicht als "Arbeitsbesuch" deklariert und begleitet von vielen Protesten auf der Straße, und im Rahmen eines Staatsbesuchs ebenfalls mit Ehefrau Melania ein Jahr später, vom 3. bis 5 Juni 2019.
Bei der ersten Zusammenkunft schickte ihm die Königin über die Auswahl ihrer Broschen subtile Signale zu, um Trump zu erreichen hätte sie mutmaßlich zusätzlich einen Holzhammer zur Anwendung bringen müssen. So aber amüsierte sich die eingeweihte Öffentlichkeit darüber, dass sie 2018 zunächst eine Blumenbrosche angelegt hatte, ein Geschenk von Trump-Vorgänger Barack Obama. Dann griff sie zu einem Erbstück von Queen Mum, das eigentlich nur bei Beerdigungen verwendet wurde, schließlich zu einer Brosche, die ihr Kanada geschenkt hatte, zu dieser Zeit mit den USA eher in gespannter Beziehung.
Die Queen hatte allen Grund zum Ärger. Trump soll die 92-jährige Königin zunächst zehn Minuten bei drückender Hitze von 27 Grad warten haben lassen. Dann ging er beim Abschreiten der Ehrengarde entgegen der guten Sitten vor ihr her. Einmal blieb er sogar so abrupt stehen, dass die Königin ihm ausweichen musste, um weiterzugehen zu können.
Craig Brown beschreibt die verstorbene Monarchin als jemanden, der nicht davor zurückschreckte, "ein diskretes Wort der Missbilligung" über einige der umstrittenen Staatsoberhäupter zu äußern, mit denen sie zusammentraf – und der US-Präsident bildete da keine Ausnahme. Der Biograf enthüllt im Wortlaut:
"Ein paar Wochen nach dem Besuch von Präsident Trump beispielsweise gestand sie einem Gast, dass sie ihn sehr unhöflich fand: Besonders missfiel ihr, dass er ständig über ihre Schulter blickte, als suche er nach anderen, die interessanter seien. Sie glaubte auch, dass Präsident Trump irgendeine Art von Vereinbarung mit seiner Frau Melania haben müsse, denn warum sonst wäre sie wohl mit ihm verheiratet geblieben?
Donald Trump, von Natur aus kein Sensibelchen, empfand das Treffen anders. Er war "überzeugt, dass er ihr Lieblingsgast aller Zeiten war. 'Manche sagen, sie hätten die Königin noch nie besser und lebhafter erlebt', sagte er später gegenüber Fox News," schreibt Craig Brown. Fiona Hill, eine ehemalige Beraterin des Weißen Hauses, habe geschrieben, der Ex-Präsident sei von der Monarchin "überwältigt" gewesen und fügte hinzu, er glaube, sein Treffen mit ihr sei ein Zeichen dafür, dass er es "im Leben geschafft" habe.
Dass er sich sogar beim Staatsbankett daneben benommen hatte, erwähnte er mit keinem Wort, vielleicht war es ihm auch gar nicht bewusst. Bei seiner Rede brachte er einen Toast aus, lobte die Queen als "großartige, großartige Frau" und legte ihr die Hand auf den Rücken – ein schwerer Verstoß gegen das Protokoll.
Zum Buch hat sich der Buckingham Palast nicht geäußert und dabei wird es wohl auch bleiben. Es ist allgemein üblich, Bücher oder Biografien nicht zu kommentieren. Dafür findet Autor Craig Brown im Klappentext zum Buch die richtigen Worte über die Queen: "Wenn die Leute von ihr sprachen, sprachen sie von sich selbst; wenn sie von ihr träumten, träumten sie von sich selbst."