Trumpelpfad

Was die US-Zölle anrichten (egal, ob sie kommen oder nicht)

Donald Trump schlägt zu. Der neue Präsident will die US-Wirtschaft brachial stärken. Sein Machtinstrument: Sonderzölle. Was das für die Welt und Europa heißt. Und warum es fast egal ist, ob die Zölle eingeführt werden oder nicht, erklärt Geld-Expertin Monika Rosen.

US-Präsident Donald Trump unterschreibt Executive Orders wie andere Ansichtskarten
US-Präsident Donald Trump unterschreibt Executive Orders wie andere Ansichtskarten
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Monika Rosen
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Ob alle Umzugskartons im Weißen Haus schon ausgepackt sind, ist fraglich. Im Amt ist Donald Trump aber auf alle Fälle angekommen. Am Wochenende hat er sein großes Wahlkampfversprechen, Politik mit Zöllen zu machen, umgesetzt und eine erste Runde an Tarifen gegen Mexiko, Kanada und China verhängt.

Dass er die Maßnahmen gegen Mexiko und Kanada dann für einen Monat ausgesetzt hat, ändert nicht wirklich etwas an seinem Vorhaben. Die Unternehmen und auch die Börse haben auch so schon darauf reagiert. Das müssen Sie dazu wissen:

Was ist hier bisher eigentlich passiert?
Die Situation rund um die Zollpolitik von Donald Trump ist sehr fluide. Laut aktuellem Stand wollte Trump auf alle Importe aus Mexiko und Kanada Zölle in Höhe von 25 Prozent verhängen. Auf Energieträger aus Kanada (Öl, Gas etc.) hätten es 10 Prozent sein sollen.

Monika Rosen war über 20 Jahre lang Chefanalystin im Private Banking einer österreichischen Großbank. Sie ist auch Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft
Monika Rosen war über 20 Jahre lang Chefanalystin im Private Banking einer österreichischen Großbank. Sie ist auch Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft
Helmut Graf

Und, kommt das jetzt?
Die Maßnahmen wurden für einen Monat ausgesetzt, nachdem beide Länder verstärkten Grenzschutz versprochen hatten. Die Zölle auf Importe aus China in Höhe von 10 Prozent sind in Kraft getreten.

Wie hat China reagiert?
Sofort zurückgeschlagen und eine Reihe von US-Importen ab 10. Februar mit Zöllen belegt. Zu den betroffenen Waren gehören unter anderem Kohle und Flüssiggas. Außerdem gelten Ausfuhrbeschränkungen für einige Metalle und seltene Erden, die für die Herstellung von Elektronik-Artikeln unerlässlich sind.

Und was ist mit Europa? Sind wir bei den Zöllen aus dem Schneider?
Leider nein. Trump hat schon angekündigt, dass Zölle auf Importe aus der EU bald folgen werden.

Was will Trump mit dieser Vorgangsweise eigentlich erreichen?
Wie schon wiederholt festgestellt, ist Trump vor allem ein Geschäftsmann. Er glaubt an den sogenannten "Deal". Wenn er etwas will, dann droht er mit einer Maßnahme, die der Gegenpartei weh tut. Damit setzt er darauf, dass das Vis-a-Vis einlenkt und er seine Forderungen durchsetzen kann.

Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum versprach Trump mehr Grenzkontrollen und wendete (vorerst) die höheren Zölle ab
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Hatte er damit in dieser ersten Runde Erfolg?
Wie man's nimmt. Mexiko und Kanada haben Zugeständnisse gemacht und mehr Grenzschutz versprochen. Der Kampf gegen illegale Einwanderung zählte ja zu den Hauptversprechen, mit denen Trump im Wahlkampf gepunktet hat. Diese Haltung der beiden Nachbarländer führte zu einem Aufschub der Zölle um einen Monat.

Und China?
China blieb hart und hat seinerseits Gegenmaßnahmen (also eigene Zölle) verhängt. Spannend wird jetzt die Frage, welche Linie die EU einschlägt. Bis jetzt gewinnt man den Eindruck, dass man in Europa einmal abwartet, was passiert.

Wie sehen die wirtschaftlichen Folgen dieser Zölle aus?
Zunächst eine grundsätzliche Feststellung: die Zölle auf Importe aus Mexiko und Kanada wurden im letzten Moment ausgesetzt. Die Berechnungen der diversen Investmenthäuser fußen natürlich auf der Annahme, sie wären in Kraft getreten.

Wenn man das also voraussetzt, wie sehen die Schätzungen aus?
Die Investmentbank Barclays erwartet, dass die Gewinne im S&P 500 Index als Folge der Zölle um rund 2,8 Prozent niedriger ausfallen könnten.

Knickte vor Trumps Aggression ein: Kanadas Premierminister Justin Trudeau
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Was ist mit Wachstum und Inflation?
Damit hat sich Goldman Sachs beschäftigt. Die US-Konjunktur könnte heuer geschätzte 0,4 Prozent an Wachstum einbüßen, während die Inflation um rund 0,7 Prozent höher ausfallen könnte. Die Deutsche Bank ist da wesentlich pessimistischer und erwartet eine zusätzliche Teuerung im Ausmaß von bis zu 1 Prozent.

Eine höhere Inflation ruft doch auch die Notenbank auf den Plan, oder?
Natürlich. Gerade die Inflationsproblematik ist heikel, könnte sie doch dazu führen, dass die US-Notenbank die Zinsen weniger stark senkt als bisher erwartet. Damit gibt es für die Unternehmen bei den Finanzierungskosten weniger Entlastung als erhofft, was wiederum die Aktienkurse nach unten zieht.

Gibt es dafür Anzeichen?
Schon bei der Jänner-Sitzung hat die Fed die Zinsen unverändert belassen, sprich keine Senkung vorgenommen. Fed Chef Powell hat in seinem Statement klar gemacht, die Währungshüter würden jetzt erst einmal abwarten, welche Schritte von politischer Seite kommen, bevor man die Zinsen weiter senkt.

Gibt es auch Prognosen bezüglich der Auswirkungen für Europa?
Ja. Schätzungen gehen davon aus, dass Zölle in Höhe von 10 Prozent auf europäische Waren die Gewinne der Unternehmen um 1 bis 2 Prozent belasten könnten. In Einzelfällen könnten es 5 Prozent oder mehr sein. Und sie würden, wenn sie lang genug in Kraft bleiben, namentlich Deutschland wohl ein weiteres Jahr in die Rezession stürzen.

China zeigt Geschlossenheit: Präsident Xi Jinping verhängte Sonderzölle auf US-Produkte
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Sind alle Sektoren gleichermaßen betroffen?
Nein, es gibt schon Branchen, die hier besonders viel zu verlieren haben. Erste Reihe Mitte sitzen sicher die Automobilfirmen. Sie haben gerade in Nordamerika ein besonders eng verflochtenes Netz an Zulieferfirmen. Die größte Autofabrik in Mexiko gehört Volkswagen, die dort Fahrzeuge zum Export in die USA erzeugen. Damit wird schon deutlich, dass diese Zölle (sollten sie in Kraft treten) nicht einfach nur eine Seite treffen.

Und wer ist noch besonders betroffen?
Ähnliches wie für die Autohersteller gilt auch für die Halbleiterproduktion. Auch in diesem Sektor stehen viele Produktionsstätten in Mexiko und China. Aber auch bei den Konsumgütern raschelt es schon im Gebälk. Man kann das beim britischen Spirituosenhersteller Diageo deutlich ablesen. 40 Prozent der in den USA verkauften Spirituosen von Diageo werden in Kanada bzw. Mexiko hergestellt. Als Reaktion auf die angekündigten Zölle hat das Unternehmen daher seine mittelfristige Umsatzprognose kassiert.

Österreichs Kanzler Alexander Schallenberg am EU-Gipfel in Brüssel mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron
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Warum das? Die Zölle wurden doch in letzter Minute ausgesetzt …
Das ist ein Schulbeispiel dafür, wie solche Maßnahmen funktionieren. Ob sie tatsächlich eintreten, ist eigentlich nicht mehr so wichtig. Allein die Tatsache, dass die Zölle im Raum stehen, bedeutet eine hohe Unsicherheit für die Unternehmen. Sie müssen im Rahmen einer ordentlichen Geschäftsgebarung mit dem Schlimmsten rechnen und agieren daher sehr vorsichtig. Man nimmt ihnen de facto die Planungssicherheit, und das ist im Geschäftsleben nie gut.

Wie reagieren die Aktienkurse auf all das?
Sie fallen. Die Börse hasst Unsicherheit, und Trump sorgt gerade für reichlich davon. Dazu kommt, dass die letzten beiden Jahre für die Wall Street sensationell gelaufen sind. Die Anleger sitzen also auf einem großen Polster an Kursgewinnen. Wenn da entsprechende Verunsicherung aufkommt, werden im Zweifelsfall schon einmal ein paar Gewinne mitgenommen.

Monika Rosen war mehr als 20 Jahre bei einer heimischen Großbank tätig, ist Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft und gefragte Spezialistin rund um alle Geldthemen

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