spaniens königs-drama
Weshalb König von Ex-Geliebter 65 Millionen Euro fordert
Der emeritierte spanische Monarch Juan Carlos, der im Exil in Abu Dhabi lebt, fordert von einer ehemaligen Geliebten die Rückgabe von 65 Mio. Euro, die er ihr überwiesen hatte. Sie sagt, das Geld sei ein "großzügiges Geschenk" gewesen. Jetzt geht der Fall vor Gericht.

Ist der Ruf erst ruiniert …
Kein lebender Monarch auf der Welt kann auf eine derart lange Liste an Skandalen zurückblicken wie der emeritierte spanische König Juan Carlos I. Der mittlerweile 87-Jährige hat kaum etwas ausgelassen, seit er vor beinahe 50 Jahren den spanischen Thron bestiegen hat. 2014 dankte er zugunsten seines Sohnes Felipe ab, seit 2020 lebt er im Exil in den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Nun macht der Bourbone wieder Schlagzeilen – weil er angekündigt hat, eine seiner ehemaligen Geliebten wegen Verleumdung zu verklagen und auf juristischem Weg zudem 65 Millionen Euro zurückzufordern, die er ihr vor mehr als einem Jahrzehnt überwiesen hatte. Das berichtet die Londoner Times. Damit lenkt der Monarch einmal mehr die öffentliche Aufmerksamkeit auf eine Causa, über die gerade erst ein spärliches bisschen Gras gewachsen war. Und die den früheren spanischen König eher wie einen Raubritter denn einen Monarchen mit Sinn für gesellschaftliche Verantwortung erscheinen lässt.
Ein Adels-Drama in mehreren Akten, bei dem eine nicht sonderlich harmonische Herrscherfamilie, tote Elefanten, zahlreiche geheime Liebschaften und eine unfassbare Menge an Geld im Mittelpunkt stehen.

Die große Liebe seines Lebens, Teil 1
Um die Zusammenhänge im "Fall Juan Carlos" zu verstehen, muss man zunächst ins Jahr 2004 zurückgehen. Damals lernte Spaniens König, frische 66 Jahre alt und auf dem Höhepunkt seiner Virilität, die 40-jährige deutsch-dänische Geschäftsfrau Corinna Larsen, geschiedene zu Sayn-Wittgenstein-Sayn, bei einer Treibjagd kennen. Der Monarch entflammte sofort für die toughe Business Lady und es begann ein königliches Liebeswerben um ihre Gunst, dem Corinna zu Sayn-Wittgenstein-Sayn schließlich nachgab.
Getrennt von Tisch und Bett Der König, der nach eigenem Bekunden seit mehr als 30 Jahren nicht mehr das Bett mit seiner Ehefrau, Königin Sofía von Spanien, teilte und gerade erst eine 20 Jahre lange Liebschaft beendet hatte, begann eine Beziehung mit der um 26 Jahre jüngeren alleinerziehenden Mutter zweier Kinder. Das alles erzählte Corinna zu Sayn-Wittgenstein-Sayn im Jahr 2020 dem Magazin Stern in einem sehr langen und ausführlichen Interview.

Sorglose Jahre Es folgten Jahre der Zweisamkeit, in denen zu Liebe auch Freundschaft und intellektueller Austausch kamen, so die Geschäftsfrau. Etwa einmal im Monat hätte sich das Paar getroffen, für ihren jüngeren Sohn sei Juan Carlos eine Art Vater gewesen.
Millionen aus Saudi-Arabien Corinna begleitete den Monarchen bei vielen Anlässen, auch nach Saudi-Arabien, wo dieser mit dem damaligen König Abdullah eine fast brüderliche Beziehung gehabt hätte. Die sich auch dadurch ausgedrückt hätte, dass der arabische Herrscher seinen spanischen Amtskollegen mit teuren Geschenken und Millionen von Dollar bedacht hätte. Für das Mutterland rechtlich damals alles kein Problem, die spanische Verfassung erlaubte dem Monarchen derartiges Gebahren.

Die große Liebe seines Lebens, Teil 2
Womit wir bei der zweiten, noch wesentlich größeren Liebe des Monarchen wären: jener zu Geld. Er habe in den Jahren, ehe er nach dem Willen des spanischen Diktators Franco den Thron besteigen durfte, unter massiven Entbehrungen gelitten, so Corinna zu Sayn-Wittgenstein-Sayn im Stern. Zumindest unter dem, was man sich in Adelskreisen unter massiven Entbehrungen so vorstellt. Deshalb sei hinterher seine Leidenschaft für den Mammon so ganz besonders ausgeprägt gewesen.
Ein Zimmer voller Geld Im Madrider Königspalast hätte er seine Geliebte einmal in einen Raum geführt, in dem überall Regale mit Bargeld gestanden seien, in verschiedenen Währungen. Was er mit all dem Geld mache, wollte sie demnach wissen. Er versorge damit alle Mitglieder seiner Familie, so die lakonische Antwort des Monarchen.
100 Millionen aus Arabien Im Jahr 2009, das ist heute aufgrund offizieller Ermittlungen bekannt, erhielt Juan Carlos eine Überweisung aus Saudi-Arabien über 100 Millionen Dollar, damals umgerechnet etwa 65 Millionen Euro. Das Geld ging auf ein Schweizer Konto, das der König für eine Briefkastenfirma in Panama hatte eröffnen lassen. Von dieser Überweisung will Corinna zu Sayn-Wittgenstein-Sayn nichts gewusst haben, wie sie im Stern-Interview erklärt.
Wofür all das Geld? Immer wieder wird gemutmaßt, dass die Zahlung damit zu tun gehabt haben könnte, dass damals ein Deal zwischen den Königreichen abgeschlossen wurde und bei dem es um den Bau und Betrieb einer Hochgeschwindigkeits-Zugverbindung zwischen den arabischen Städten Mekka und Medina gegangen ist. Bewiesen ist das allerdings bis heute nicht.

Aus Liebe wird Freundschaft
Im selben Jahr sei die Liebe zwischen ihr und dem König zu Ende gegangen, so die Geschäftsfrau weiter. Zwar hatte ihr Juan Carlos im Jänner einen Heiratsantrag gemacht – obwohl er noch mit Sofía verheiratet war und das übrigens bis heute geblieben ist. Aber als Corinna dann an das Krankenbett ihres Vaters eilte, der an Krebs erkrankt war, erkaltete die Beziehung sprichwörtlich.
"Nicht zur Verfügung gestanden" Nachdem ihr Vater verstorben war, gestand ihr Juan Carlos, dass er sich in der Zwischenzeit eine weitere Geliebte zugelegt hätte, weil ihm Corinna aufgrund der Krankheit ihres Vaters nicht zur Verfügungen gestanden sei, erzählt die Frau den Stern-Journalisten. "Nach diesem Geständnis bin ich nach Monaco zurückgekehrt, um zu trauern", so Corinna im Interview.
Tiefe Freundschaft Doch das Paar brach die Beziehung nicht ab und aus Liebe wurde mit der Zeit Freundschaft. Als Juan Carlos 2010 an der Lunge operiert wurde, sei Corinna zu Sayn-Wittgenstein-Sayn an seinem Krankenbett gesessen, erinnert sie sich. Nach überstandener Krankheit hätte der Monarch sein Testament vorbereitet und begonnen, Geschenke zu verteilen, auch an Ex-Freundinnen.
Ein 65-Millionen-Euro-Dankeschön So hätte Juan Carlos gewollt, dass Corinnas jüngerer Sohn "alle seine Jagdwaffen" bekommen solle. Sie selbst hätte den Lieblingsschmuck seiner Mutter bekommen – sowie eine Überweisung von 65 Millionen Euro. "Die Beziehung war nicht zu Ende, sie hatte sich zu einer engen Freundschaft entwickelt – enger als eine Liebesbeziehung. Juan Carlos sah in uns seine Familie", zitiert der Stern die plötzliche Multimillionärin.
Welche Millionen wurden da überwiesen? Ob die 65 Millionen für Corinna jene 65 Millionen waren, die der König aus Saudi-Arabien erhalten hatte, ist bis heute ungeklärt. Behörden vermuteten später, dass es sich hier um den Versuch von Geldwäsche gehandelt haben könnte, die Ermittlungen dazu verliefen allerdings im Sand.

Und aus Freundschaft …
Bald nach der großzügigen Überweisung begannen sich die Dinge allerdings zu überschlagen. Juan Carlos reiste mit einer größeren Gruppe nach Afrika, um auf Elefantenjagd zu gehen. Auch Corinna und ihr Sohn sowie ihr erster Ehemann waren dabei, als es im Zeltlager der königlichen Entourage zu einem verhängnisvollen Zwischenfall kam. Juan Carlos, immerhin bereits 74 Jahre alt, stürzte und verletzte sich so schwer an der Hüfte, dass er sofort nach Madrid zurückkehren musste und operiert wurde.
Die Chance für das "Team Sofía" Jene Teile der königlichen Familie, die eher seiner gehörnten Ehefrau, Königin Sofía, nahestanden und die einen Wechsel an der Spitze des Königshauses wollten, sahen ihre Chance gekommen. Spanische Medien brachen erstmals ihr selbst auferlegtes Schweigegelübde und offenbarten Einzelheiten über die jahrelange Liebschaft des Monarchen mit der Geschäftsfrau. Das sei nicht ohne die Zustimmung relevanter Mitglieder des Königshauses passiert, sind sich Kenner der Szene bis heute sicher.
Ein Skandal jagt den anderen In der Folge wurde dem spanischen Volk Zug um Zug vor Augen geführt, was sich sein Regent alles erlaubt hatte, während es selbst mit den Auswirkungen der Wirtschaftskrise ab 2008 kämpfte: Liebschaften, Geschenkannahmen, kostspielige Jagdreisen (jene Elefantenjagd, bei der Juan Carlos so schwer stürzte, sei nicht die erste gewesen, bei der es um die Dickhäuter ging, so Corinna zu Sayn-Wittgenstein-Sayn) und auch sonst ein für einen modernen König eher unbotmäßiges Leben.
Abdankung … Dazu kamen Skandale in der Heimat – Juan Carlos' damaliger Schwiegersohn Inaki Urdangarin etwa wurde wegen der Veruntreuung öffentlicher Gelder zu mehr als 5 Jahren Gefängnis verurteilt. Im Juni 2014 dankte Juan Carlos I. schließlich als König ab und übergab das Amt an seinen Sohn Felipe, der seither als Felipe VI. Spanien regiert.

… und Ermittlungen In den darauffolgenden Jahren begann die spanische Justiz, sich genauer mit den Geldgeschäften des emeritierten Monarchen zu befassen. Es wurden Verfahren wegen "mutmaßlicher schwerer Geldwäsche" eröffnet und diverse Stiftungen unter die Lupe genommen. Auch jene 65-Millionen-Euro-Überweisung an Corinna zu Sayn-Wittgenstein-Sayn geriet ins Interesse der Justiz.
… wird etwas ganz anderes
Um den Ermittlungen der Justiz aus dem Weg zu gehen, entschloss sich Juan Carlos, einerseits mehrere Steuernachzahlungen in Millionenhöhe zu leisten und andererseits Spanien zu verlassen. Seit 2020 lebt er in Abu Dhabi in den Vereinigten Arabischen Emiraten im Exil. Aber nach wie vor zieht der mittlerweile über 80-Jährige von dort aus in der ganzen Welt seine Fäden. Und auch Corinna zu Sayn-Wittgenstein-Sayn hat der emeritierte Monarch noch längt nicht aus seinem Gedächtnis gestrichen.
Was wurde aus dem Geld? Die 65 Millionen Euro des Königs haben inzwischen viele Menschen beschäftigt. Die Schweizer Justiz hat Ermittlungen wegen diesbezüglich eingeleitet und mittlerweile wieder eingestellt, die spanischen Behörden haben ermittelt und ihre Erkenntnisse schließlich ergebnislos zu den Akten gelegt. Keiner konnte scheinbar feststellen, woher dieses Geld wirklich kam. Doch Juan Carlos hat sein Interesse an dem Geld noch längst nicht zu den Akten gelegt.

"Geschenk" oder "zur Aufbewahrung"? Waren die 65 Millionen Euro ein "großzügiges Geschenk", wie Corinna zu Sayn-Wittgenstein-Sayn nicht müde wird zu betonen? Oder wurden sie ihr nur "zur Aufbewahrung" überheben, wie der Monarch argumentiert? Nachdem mehrere Versuche, die Geschäftsfrau zur Rückgabe des Geldes zu bewegen, gescheitert sind, hat Juan Carlos nun angekündigt, das Thema juristisch anzugehen. Einerseits möchte er die Rückgabe des Geldes erstreiten, indem er darauf drängt, dass sie die Überweisung nicht mehr als "Geschenk" bezeichnet. Außerdem hat er eine Verleumdungsklage wegen ihrer diesbezüglichen Aussagen gegen die Ex-Geliebte angekündigt, von der er sich zusätzlich eine "erhebliche Entschädigung" verspricht.
Was sich liebt… Corinna zu Sayn-Wittgenstein-Sayn hatte ihrerseits den Monarchen zuvor schon auf schlappe 146 Millionen Euro Schadenersatz verklagt, weil er sie in der Folge seiner Kalamitäten nach der verunglückten Afrika-Jagdreise vom spanischen Geheimdienst habe bespitzeln und verfolgen lassen, so die ehemalige Geliebte des Monarchen. Der offizielle Vorwurf: Belästigung. Doch ein Londoner Gericht wies diese Klage schließlich ab. Seither herrscht Eiszeit zwischen den einstigen "tiefen Freunden".
Der alte König in seinem Exil
Nun fragen sich vor allem in Spanien viele Kommentatoren, weshalb Juan Carlos nicht endlich Gras über die Sache wachsen lässt. Natürlich sind 65 Millionen Euro sehr viel Geld. Aber der emeritierte König gilt als einer der reichsten Monarchen der Welt, sein persönliches Vermögen wird auf etwa 2 Milliarden Euro geschätzt, in Europa sind damit nur der Großherzog von Luxemburg und der Fürst von Liechtenstein noch vermögender als der 87-jährige Bourbone.

Es geht um Juan Carlos' Erbe Beobachter verweisen in dem Zusammenhang allerdings darauf, dass 2025 für den Monarchen ein ganz besonderes Jahr ist. Im November vor 50 Jahren bestieg er den Thron und führte das Land aus dem Mittelalter der jahrzehntelangen Franco-Diktatur in die Moderne. Er stemmte sich Kraft seiner Autorität gegen einen Militärputsch im Jahr 1981 und stellte in der Folge viele Weichen so, dass das sehr rückständige Land mittlerweile längst im Europa des 21. Jahrhunderts angekommen ist.
Was bleibt All diese Leistungen und Errungenschaften sieht der alte König in seinem Exil überdeckt von jenen Skandalen, die seit gut 10 Jahren untrennbar mit seinem Namen verbunden sind. Und seine Ex-Geliebte, die er sogar heiraten, für die er sich scheiden lassen wollte, ist zum Symbol für all diese Verfehlungen und Eitelkeiten geworden.
Reinen Tisch machen Hier für klare Verhältnisse sorgen, noch einmal die Dinge gerade rücken und sich im kommenden November zum 50-jährigen Thronjubiläum feiern lassen für ein Leben, das – bei allem eitlen Hedonismus und aller Geldgier – auch viel Gutes gebracht hat für sein Land, das sei das Ziel des Monarchen, mutmaßen Kenner des spanischen Hofes.

Weitere Klagen und Prozesse
Dass dem tatsächlich so ein könnte, dafür sprechen auch einige weitere Klagen, die Juan Carlos bereits eingereicht oder zumindest angekündigt hat. Sie richten sich gegen einen ehemaligen Anwalt von ihm sowie gegen einen spanischen Lokalpolitiker, von dem sich der alte König verunglimpft fühlt. Immer geht es ihm dabei offenbar auch darum, sein Bild in der Öffentlichkeit gerade zu rücken.
Als Held abtreten Die spanische Zeitung La Vanguardia mutmaßt, dass Juan Carlos "für seine Rolle bei der Wiederherstellung der Demokratie nach dem Tod des Diktators General Francisco Franco im Jahr 1975 und bei der Abwehr eines Staatsstreichs im Jahr 1981 in Erinnerung bleiben" möchte. Ob ihm das gelingt – oder ob er den Spaniern eher als alter Mann, dessen Gier nach Geld, Privilegien und jungen Frauen schier unersättlich gewesen ist, in Erinnerung bleibt, liegt jetzt wohl erst einmal bei den Gerichten.