taylor swift in Wien

Wie Islamisten 195.000 ihr Sommermärchen zerstörten

IS-Anhänger sollen einen Terroranschlag auf ein Konzert von Taylor Swift in Wien geplant haben. Alle drei Shows wurden abgesagt. Die Hintergründe, was man bisher weiß, was nicht, die Wut und die Trauer der Fans.

Feb 11, 2024; Paradise, Nevada, USA;  
Recording artist Taylor Swift during the first half of Super Bowl LVIII between Kansas City Chiefs and San Francisco 49ers at Allegiant Stadium. Mandatory Credit: Joe Camporeale-USA TODAY Sports
Feb 11, 2024; Paradise, Nevada, USA; Recording artist Taylor Swift during the first half of Super Bowl LVIII between Kansas City Chiefs and San Francisco 49ers at Allegiant Stadium. Mandatory Credit: Joe Camporeale-USA TODAY Sports
USA TODAY Sports via Reuters Con
Newsflix Redaktion
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Es lag in der Luft, Mittwochabend um 21.45 Uhr war es dann traurige Gewissheit: Alle drei Wien-Konzerte von Superstar Taylor Swift sind abgesagt. Nur wenige Stunden zuvor hatte die Polizei bekanntgegeben, dass ein Terroranschlag auf eines der drei Konzerte im Ernst-Happel-Stadion geplant gewesen sei. Zwei mutmaßliche Täter seien im Laufe des Mittwoch festgenommen worden. Später sickerte durch, dass bis zu drei weitere Tatverdächtige noch auf freiem Fuß seien. Daraufhin zogen die Konzertveranstalter die Reißleine und sagten alle drei Konzerte ab – keine 24 Stunden, vor dem ersten Auftritt des Superstars in Wien.

Swifties bei den Merchandising-Ständen vor dem Happel Stadion am Mittwoch Vormittag. Nur wenige Stunden später wurden die drei Konzerte der Sängerin abgesagt
Swifties bei den Merchandising-Ständen vor dem Happel Stadion am Mittwoch Vormittag. Nur wenige Stunden später wurden die drei Konzerte der Sängerin abgesagt
Helmut Graf

195.000 Swifties bitter enttäuscht Für viele der insgesamt bis zu 195.000 erwarteten Konzertbesucher brach mit der Absage eine kleine große Welt zusammen. Die Konzerte des Superstars waren für sie DAS Sommer-Ereignis, auf das sie sich ein Jahr oder noch länger gefreut hatten. Die Nachricht verbreitete sich in den Sozialen Medien wie ein Lauffeuer, hunderte Fans ließen ihrer Trauer dort freien Lauf, nicht alle zeigten Verständnis für die Maßnahme.

Die Absage der drei Konzerte war der traurige Höhepunkt eines an Merkwürdigkeiten und anfänglich schwer einschätzbaren Ereignissen überreichen Tages. Was über die Terrorgefahr rund um die nun abgesagten Taylor-Swift-Konzerte bereits bekannt ist, welche Fragen derzeit noch nicht beantwortet sind:

Was ist eigentlich passiert?
Mittwoch Vormittag wurde bekannt, dass in Ternitz im südlichen Niederösterreich (Bezirk Neunkirchen) eine umfangreiche Polizeiaktion im Gange ist. Im Zuge dessen wurde ein ganzer Straßenabschnitt stundenlang abgeriegelt, ein Seniorenheim teilweise evakuiert, weitere Gebäude wurden geräumt. Spezialkräfte führten Hausdurchsuchungen und Sicherstellungen durch.

Am frühen Abend gaben dann der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Franz Ruf, und der Wiener Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl bei einer Pressekonferenz bekannt, dass im Zuge dieser Amtshandlung zwei junge Männer festgenommen worden seien, die Vorbereitungen für einen Terroranschlag im Großraum Wien getroffen hätten, einer in Ternitz, einer in Wien. Dabei sei auch eines der Konzerte von Taylor Swift als mögliches Anschlagsziel ausgemacht worden.

Die Polizei sperrte einen ganzen Straßenzug in Ternitz großräumig ab, nachdem man einen Hinweis auf mögliche terroristische Aktivitäten erhalten hatte
Die Polizei sperrte einen ganzen Straßenzug in Ternitz großräumig ab, nachdem man einen Hinweis auf mögliche terroristische Aktivitäten erhalten hatte
Lenger
Bei der folgenden Hausdurchsuchung kamen auch  Kriminaltechniker und Sprengstoffexperten zum Einsatz
Bei der folgenden Hausdurchsuchung kamen auch  Kriminaltechniker und Sprengstoffexperten zum Einsatz
Lenger

Was weiß man über die beiden Verdächtigen?
Der eine der beiden ist ein 19-jähriger österreichischer Staatsbürger mit nordmazedonischen Wurzeln. Er wurde am Mittwoch Vormittag in Ternitz festgenommen. Laut Polizei habe sich der 19-Jährige "im Internet radikalisiert" und habe erst vor wenigen Wochen "einen Treueschwur" auf die islamistische Terrororganisation IS abgelegt. Es bestand der Verdacht, dass der Mann Sprengstoff oder explosives Material besessen habe. Deshalb waren an dem Polizeieinsatz in Ternitz auch Sprengstoffexperten beteiligt. Es seien dabei Stoffe gefunden worden, die nun analysiert würden.

Der zweite Tatverdächtige ist laut Polizei 18 Jahre alt. Er wurde in Wien festgenommen und habe sich mit dem Ternitzer über einen Messengerdienst im Internet ausgetauscht. Aus "kriminaltaktischen Gründen" wollte die Polizei nicht einmal den Bezirk nennen, in dem der Verdächtige in Haft genommen wurde.

Sind damit alle Verdächtigen in Haft?
Das ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht klar. Im Anschluss an die Pressekonferenz der Polizei sickerte durch, dass möglicherweise bis zu drei weitere Tatverdächtige noch auf freiem Fuß seien, wahrscheinlich in Wien. Nach ihnen wird demnach gefahndet. Der "Kurier" berichtete in der Nacht von einer dritten Festnahme, bestätigt ist das nicht.

Der Wiener Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl und der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Franz Ruf, bei der Pressekonferenz Mittwochabend in Wien
Der Wiener Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl und der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Franz Ruf, bei der Pressekonferenz Mittwochabend in Wien
CHRISTIAN HABERHAUER / APA / picturedesk.com

Welche Stoffe wurden bei der Hausdurchsuchung sichergestellt?
Auch das ist noch nicht bekannt. Alle sichergestellten Materialien müssen jetzt einmal identifiziert und auf ihr mögliches Gefahrenpotenzial hin analysiert werden. Der mutmaßliche Islamist dürfte die Stoffe aber an seiner Arbeitsstelle gestohlen haben.

Wie kam man dem 19-jährigen Mann in Ternitz überhaupt auf die Spur?
Dazu hält sich die Polizei bedeckt. Man hätte einen Hinweis von einem befreundeten Nachrichtendienst erhalten, war aus Exekutivkreisen zu hören.

Gab der US-Geheimdienst den relevanten Tipp?
Das erscheint plausibel, eine Pressekonferenz im Weißen Haus in Washington am Mittwoch Nachmittag Ortszeit legt das nahe. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, wurde von einer Journalistin auf die Festnahmen im Zuge der Ermittlungen über ein geplantes Attentat auf ein Taylor-Swift-Konzert in Wien angesprochen. Sie erwiderte, dass "sie wisse, dass die örtlichen Strafverfolgungsbehörden die Führung in dieser Angelegenheit hätten und sie darüber hinaus nichts zu dem Thema beitragen könne (siehe Video unten). Das deuten Experten als Hinweis, dass der Tipp, der zur Verhaftung des 19-jährigen Ternitzers führte, aus den USA kam. Es ist jedenfalls bekannt, dass der amerikanische Nachrichtendienst NSA digitale Kommunikation rund um den Erdball routinemäßig nach unterschiedlichen Stichworten durchforstet, um möglichen Terrorplänen auf die Spur zu kommen.

Hat die Polizei die Konzerte abgesagt?
Nein, die Polizei hat explizit darauf hingewiesen, dass es ihre Aufgabe sei, dafür zu sorgen, dass die Konzerte mit der größtmöglichen Sicherheit für die Künstler und die Zuschauer über die Bühne gehen können. Es wurde auch sofort kommuniziert, welche zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen man ergreifen wollte, um die Konzerte dennoch stattfinden zu lassen, etwa den Einsatz von Scharfschützen. Gleichzeitig informierte die Exekutive aber natürlich auch den Konzertveranstalter über den Status quo und ihre Einschätzung der Bedrohungslage und legte die Entscheidung in seine Hände.

Die Homepage von Taylor Swift kurz nach Bekanntgabe der Absage der Wien-Konzerte
Die Homepage von Taylor Swift kurz nach Bekanntgabe der Absage der Wien-Konzerte
taylorswift.com

Wann entschloss sich der Veranstalter zur Absage?
Wenn man davon ausgeht, das die Polizei den Veranstalter, die Firma Barracuda Music, noch vor der Pressekonferenz über den Ermittlungsstand informierte, dann benötigte dieser nur ein paar Stunden, um sich für eine Absage zu entscheiden. Um 21.45 Uhr wurde die entsprechende Nachricht jedenfalls auf der Homepage des Veranstalters sowie auf Instagram publiziert und auch auf der Homepage von Taylor Swift bekanntgegeben.

Die Homepage des Veranstalters, Barracuda Music
Die Homepage des Veranstalters, Barracuda Music
Barracuda Music

Mit welcher Begründung wurden die Konzerte abgesagt?
Es wurde auf allen Plattformen die selbe Formulierung verwendet: "Auf Grund der Bestätigung durch Regierungsbeamte über einen geplanten Terroranschlag im Ernst-Happel-Stadion, haben wir keine andere Wahl, als die drei geplanten Shows zur Sicherheit aller abzusagen." Diese Wortwahl wurde vermutlich mit dem Management von Taylor Swift vorher abgestimmt.

Hat Taylor der Absage zugestimmt?
Bislang gibt es kein Statement von ihr zu den Vorgängen. Mn darf aber mit größter Wahrscheinlichkeit annehmen, dass Taylor Swift in den ganzen Entscheidungsprozess mit eingebunden gewesen ist.

Warum hat man sich so rasch zu Absage entschlossen?
Darüber kann man nur spekulieren. Aber wenn es stimmt, dass die Hinweise auf den möglichen Attentäter aus den USA kamen, dann spricht das dafür, dass Veranstalter und Management diese Hinweise für sehr glaubwürdig hielten. Dazu kommt, dass erst vor gut einer Woche in der englischen Stadt Southport ein Amokläufer drei kleine Mädchen erstach und acht weitere schwer verletzte, die in einer Tanzschule einen Kurs zu Songs von Taylor Swift belegten. Taylor war über dieses Drama sehr erschüttert und man kann annehmen, dass das mit eine Rolle dabei gespielt hat, weshalb man in Wien auf gar keinen Fall irgendein Risiko eingehen wollte.

Nach fünf Konzerten in London kehrt Taylor Swift nach Nordamerika zurück, wo sie ihrer "Eras Tour" mit Auftritten in den USA und Kanada am 8. Dezember beenden wird
Nach fünf Konzerten in London kehrt Taylor Swift nach Nordamerika zurück, wo sie ihrer "Eras Tour" mit Auftritten in den USA und Kanada am 8. Dezember beenden wird
REUTERS

Wird es Ersatzkonzerte geben?
Nein, die drei Wiener Konzerte wurden ersatzlos gestrichen. Der Tourplan ist wahnsinnig eng und streng getaktet – ab nächstem Donnerstag, dem 15. August, spielt Taylor noch fünf Konzerte im Londoner Wembley-Stadion, ehe sie nach Nordamerika zurückkehrt und dort ihre Tour am 8. Dezember in Vancouver beendet.

Wie bekommen die Besucher ihr Geld zurück?
Da sämtliche 195.000 Tickets personalisiert sind, werden die Käufer ihr Geld in den nächsten zehn Tagen automatisch rücküberwiesen bekommen, teilte der Veranstalter noch am Mittwoch in der Nacht mit.

Erleiden Taylor oder der Veranstalter dadurch einen finanziellen Verlust?
Auch das kann man nicht mit Sicherheit beantworten. Es ist aber davon auszugehen, dass eine Konzertreihe dieser Größenordnung – 152 Gigs rund um die Welt in 21 Monaten – auch entsprechend gegen unvorhersehbare Zwischenfälle versichert ist.

Das "Rosewood Hotel" im 1. Bezirk in Wien. Hier sollte Taylor Swift angeblich für die Dauer ihrer Wien-Shows wohnen. Aber auch das "Park Hyatt" in einer Gehminute Entfernung hatten manche als Unterkunft in der Ziehung. Tatsache ist aber, dass bis zuletzt niemand wusste, ob die Sängerin überhaupt schon in Wien war, als es zu den Absagen kam
Das "Rosewood Hotel" im 1. Bezirk in Wien. Hier sollte Taylor Swift angeblich für die Dauer ihrer Wien-Shows wohnen. Aber auch das "Park Hyatt" in einer Gehminute Entfernung hatten manche als Unterkunft in der Ziehung. Tatsache ist aber, dass bis zuletzt niemand wusste, ob die Sängerin überhaupt schon in Wien war, als es zu den Absagen kam
Denise Auer

Was macht Taylor mit der Zeit, die sie nun gewonnen hat?
Das weiß wohl nur ihr engstes Umfeld. Es war ja bis zuletzt nicht bekannt, ob sie überhaupt schon in Wien war, oder ob sie erst unmittelbar vor dem ersten Konzert angereist wäre. Es gab dazu sehr viele Spekulationen in verschiedenen Medien, konkrete Informationen hatte allerdings niemand.

Besteht die Möglichkeit, dass noch weitere Veranstaltungen abgesagt werden?
Das ist durchaus möglich. Laut Polizei gibt es ja eine Bedrohungslage für Veranstaltungen im Großraum Wien, das muss nicht zwangsläufig das Happel-Stadion sein. Gut möglich, dass also noch weitere Veranstaltungen abgesagt oder verschoben werden müssen. Das wird letztlich auch von den Fahndungs- und Ermittlungserfolgen der Polizei in den nächsten Tagen abhängen.

Akt. Uhr
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