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Apple-Serie "The Studio": Wie Hollywood Hollywood parodiert
Perfektes Oster-Streaming: Mit der Satire "The Studio" läuft auf Apple TV+ die liebevollste Veräppelung der Filmmetropole seit Jahrzehnten. Die Serie glänzt mit Gastauftritten zahlreicher Hollywood-Größen, Insider-Wissen und jeder Menge Selbstironie. Tipp!

Vor einigen Wochen machten Berichte die Runde, dass Apple mit seinem Streaming-Service Apple TV+ jährlich eine Milliarde Dollar Verlust einfährt. Die Abonnenten-Zahlen würden stagnieren und hinter den Kulissen sollen die Apple-Chefs um Tim Cook sogar selbst zugeben, dass Apple TV+ eher als "Marketing-Tool" gesehen wird, mit dem man neue Kunden für andere Produkte anlocken will, denn als ernstzunehmendes Geschäftsmodell. Und Netflix-Chef Tony Sarandos erklärte, dass er den Dienst nicht als Konkurrenz betrachte.
Klasse schlägt Masse Zugleich liefert AppleTV+ aber immer wieder hochwertige Filme und vor allem Serien, die qualitativ oft weit über dem Niveau der Konkurrenz liegen. Das wiederum kann man als Resultat dessen sehen, dass der (finanzielle) Druck, ständig neuen Content zu produzieren, um neue Kunden zu gewinnen, bei Apple wohl um einiges geringer ist als bei Netflix, Disney+ und Co. Bei Apple gilt: Klasse schlägt Masse und die Film- und Serienmacher bekommen Freiheiten, um ihre künstlerischen Visionen umzusetzen.

Kreative (Un-)Freiheiten Genau hier lässt sich eine Verbindung zu Apples neuer Hit-Serie "The Studio" herstellen, die sich gleich auf mehreren Meta-Ebenen auftut. Denn dabei geht es um den idealistischen Boss eines (fiktiven) Hollywood-Studios, um das Ideal des "Autorenfilms", um kreative Freiheiten und finanzielle Zwänge, kurz: um die reine Liebe zum Kino. Und die Unmöglichkeit, "gute Filme" unter dem permanenten Druck und der Erwartungshaltung von Geldgebern, Publikum, Marketing-Abteilung und Markt umzusetzen.
Autoren-Serie über Autoren-Film Dabei ist die Serie "The Studio" genau eines dieser seltenen "reinen" Formate, um deren Überleben der Protagonist der Serie, Matt Remick (gespielt von Seth Rogen), permanent kämpft. Schwer vorstellbar, dass diese Serie auch auf einem anderen Streaming-Kanal in dieser Form hätte erscheinen können. Hier schließt sich der Kreis: Apple operiert aus Liebhaberei, nicht aus finanziellem Zwang. Nur so konnte diese Ode ans Filmemachen realisiert werden - ironischerweise als Streaming-Format.
Gespür für Details Es ist aber nicht nur diese Doppelung, die "The Studio" so sehenswert macht. Das Drehbuch zeichnet sich durch unfassbares Gespür für genau beobachtete Details, Rituale und Abläufe der Filmbranche aus, die die Serienschöpfer und Autoren Seth Rogen, Evan Goldberg, Peter Huyck, Alex Gregory und Frida Perez wohl aus ihrem eigenen Arbeitsalltag kennen.
Cineast vs. Kapitalist Im Zentrum der Serie steht der bereits erwähnte Matt Remick, der den Posten des "Film-Direktors" des Filmstudios Continental übernimmt, die Erfüllung eines lang gehegten Traumes. Remick ist ein Chaot, ein überzeugter, bisweilen etwas naiver Cineast und Idealist, der Regisseure, die Kunst des Kinos und den Autorenfilm abgöttisch verehrt. Continental-CEO Griffin Mill (Bryan Cranston) sieht die Sache freilich etwas anders: Er ist ein lupenreiner Kapitalist und Zyniker, dem die Qualität des Outputs nahezu vollkommen egal ist, solange nur die Einnahmen stimmen.

Kunst und Kompromisse Und er gibt Remick gleich zur Beförderung einen Auftrag mit: Einen Film über den "Kool Aid-Man", die Werbefigur eines bekannten amerikanischen Limonade-Pulvers. Mit dem Ziel "Studio-Boss" vor Augen sagt Remick zu, obwohl allein die Idee gegen alles geht, das ihm heilig ist. "Ich werde das schon irgendwie hindrehen", versichert er sich und seiner Entourage sinngemäß.
Scorseses Kool-Aid-Kunstfilm Bei einem Treffen mit Regie-Legende Martin Scorsese (gespielt vom echten Martin Scorsese in einem großartigen Cameo) jubelt Remick ihm den Filmtitel "Kool Aid" für dessen neues Projekt unter, das eigentlich vom Jonestown-Massaker handeln soll: Das "Kool Aid-Projekt" als subversiver Kunstfilm. Was Remick für einen Geniestreich hält, geht aber bald den Bach runter, der Studio-Chef muss den Film "killen", als Scorsese davon erfährt, bricht er in Tränen aus.

Der kunstaffine Studioboss Es sind solche und ähnlich absurde Szenen, beseelt von Insider-Wissen über die Gegebenheiten der Filmbranche, die "The Studio" sehenswert machen: Remick hetzt von Schauplatz zu Schauplatz, angetrieben von der Idee, Hollywood "great again" zu machen, ein Studioboss zu sein, der "wahre Kunst" fördert und von Regiegrößen bewundert wird. Doch das Ergebnis ist oft das genaue Gegenteil, Remick ist stetig mit den Realitäten des Business konfrontiert, die seine Vorhaben zum Scheitern bringen.
Hochklassige Cameos Getragen und aufgepeppt werden diese Szenen von unzähligen hochklassigen Cameos von Hollywoodstars und Regielegenden, die sich selbst spielen: Nicht nur Martin Scorsese ist dabei, auch Peter Berg, Paul Dano, Nicholas Stoller, Charlize Theron (alle Episode 1), Sarah Polley, Greta Lee (Episode 2), Anthony Mackie, Ron Howard (Episode 3), Olivia Wilde und Zac Efron (Episode 4).
Liebe zum Film Die allermeisten Serien oder Filme können von einer derartigen Star-Dichte nur träumen, "The Studio" schafft sie in nur 4 (von 10) Episoden. Was hat Scorsese, Howard und Co. wohl bewogen, mitzumachen? Vermutlich - neben der offensichtlichen Qualität - auch die spürbare Liebe zur Sache, die die Serie durchdringt, bei aller (Selbst-)Ironie und Satire. Die Liebe zu Film und Kino ist stets spürbar. Und die Autoren haben wohl einiges ihrer eigenen Überzeugungen in die Figur Matt Remick hineingeschrieben.

Gekonnte Umsetzung Diese Cinephilie, die Kenntnis der Filmgeschichte, zeigt sich auch in immer wieder gekonnt platzierten Zitaten aus Filmklassikern, die sich auch in der technischen Umsetzung zeigen: Schwebende Krankamera, Handkamera, unzählige "Walk-and-Talk"-Sequenzen, unterlegt von treibenden Drums. Episode 4 etwa ist als Detektivgeschichte im Stil der 1940er-Noir-Filme angelegt, bei der es um eine vom Set eines (fiktiven) Noir-Films verschwundene Film-Rolle geht.
Fazit "The Studio" ist tatsächlich ein Serien-Geniestreich: In ihr verbinden sich geniale Drehbucheinfälle mit hoher technischer Könnerschaft in der Umsetzung, ein detailreiches Porträt Hollywoods mit mit satirischer Schärfe. Zum Drüberstreuen gibt es ein Schaulaufen von Regiegrößen und Schauspiel-Stars, die sich selbst spielen, das man so selten oder noch nie gesehen hat. Fantastisch.
"The Studio", USA 2025, 10 Episoden à ca. 25-45 Minuten, Episoden 1-5 online, ab 23. April jede Woche eine weitere Episode, Apple TV+