neue Doku-Serie

Die Paten der Macht: "JFK, Sinatra und die Mafia"

Dass sie sich mochten, wusste man, wie weit die gegenseitige Unterstützung ging, darüber wurde bisher nur spekuliert. Jetzt beleuchtet eine neue Doku-Serie das Verhältnis zwischen US-Präsident John F. Kennedy, Sänger Frank Sinatra und der Mafia. Ab sofort auf Sky X.

Kannten sich seit den späten 1940er-Jahren: Der Sänger Frank Sinatra (l.) und der spätere US-Präsident John F. Kennedy in den 1950ern in Palm Springs, Kalifornien
Kannten sich seit den späten 1940er-Jahren: Der Sänger Frank Sinatra (l.) und der spätere US-Präsident John F. Kennedy in den 1950ern in Palm Springs, Kalifornien
Sky
Christian Klosz
Uhr
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Der eine kam aus einer wohlhabenden, irisch-katholischen Familie, war Harvard-Absolvent, früh politisch aktiv und erfolgreich, sein Weg durch den machtbewussten Vater quasi vorgezeichnet.

Der andere kam von "ganz unten", Sohn italienischer Einwanderer, die sich mehr schlecht als recht durchschlugen, aufgewachsen im amerikanischen Mafia-Umfeld, aber ein begnadeter Sänger, was sein Ticket aus der Armut werden sollte.

Verbindung zwischen Politik und Entertainment Die Mini-Dokuserie "Kennedy, Sinatra und die Mafia", in den USA als Spielfilm veröffentlicht, für Sky X in zwei 45-minütige Episoden gesplittet, untersucht die persönlichen und politischen Verbindungen zwischen John F. Kennedy, dem beliebtesten US-Präsidenten des 20. Jahrhunderts, und Frank Sinatra, dem größten Sänger-Entertainer dieser Zeit. Und, so wird nahegelegt, diese waren enger und bedeutender, als man eingestehen wollte.

Gemeinsam am Ziel: Frank Sinatra und John F. Kennedy auf dessen Inaugurations-Zeremonie Anfang 1961
Gemeinsam am Ziel: Frank Sinatra und John F. Kennedy auf dessen Inaugurations-Zeremonie Anfang 1961
mptv / picturedesk.com

He did it his way Die Serie befragt dazu Experten, Journalisten, Historiker und Zeitzeugen nach ihrer Einschätzung. Und die zeichnen ein recht klares Bild: Sinatra war nur durch Hilfe der Mafia groß geworden, da ihn die mächtigen Mob-Bosse in ihren lukrativen Lokalen auftreten ließen, er sich so einen Namen machen konnte, erste Aufträge im "seriösen" Showbiz bekam - und es es schließlich bis an die Spitze der Musik-, Entertainment- und Filmwelt schaffte.

Gekaufte Wahl? Und auch John F. Kennedy habe seine Präsidentschaft dem Mob zu verdanken, wird behauptet: Bereits sein Vater, der Unternehmer, Börsenspekulant und zu Zeiten der Prohibition Alkohol-Schmuggler Joseph P. Kennedy, knüpfte erste Kontakte zur organisierten Kriminalität. Und diese habe dem Sohn schließlich die nötigen Stimmen im Rahmen der Präsidentschaftswahl 1960 in den umkämpften "Swing States" "besorgt", über ihren Einfluss in den lokalen Communities und den Gewerkschaften.

Gemeinsame Benefizveranstaltung 1961 mit den Kennedys im Beverly Hilton in Los Angeles:Peter Lawford (am Podium ganz links), Elizabeth Taylor, Frank Sinatra, Robert F. Kennedy (rechts neben Sinatra), Eddie Fisher, Jack Benny und Kirk Douglas alle am Podium)
Gemeinsame Benefizveranstaltung 1961 mit den Kennedys im Beverly Hilton in Los Angeles:Peter Lawford (am Podium ganz links), Elizabeth Taylor, Frank Sinatra, Robert F. Kennedy (rechts neben Sinatra), Eddie Fisher, Jack Benny und Kirk Douglas alle am Podium)
mptv / picturedesk.com

Anstreifen am Mob Während der Versuch, die "Unions", also die Gewerkschaften, für sich zu gewinnen, historisch als belegt gilt und damals auch nicht unüblich war – immerhin vertraten sie viele Arbeitnehmer –, ist ein Wahlbetrug seitens Kennedy nicht belegt. Und da die Unions der damaligen Zeit nicht selten enge Verbindungen zur Mafia hatten, mussten Politiker, die sich um ihre Gunst bemühten, zwangsweise indirekt irgendwann auch am "Mob" anstreifen.

Verschwörungstheorie oder Fakt? Die Serie legt aber nahe, Kennedy wäre ohne die Mafia-Connections seines Vaters nie Präsident geworden, bleibt jedoch alle Beweise für diese Behauptung schuldig. Es sind solche und ähnliche Anschuldigungen, die "Kennedy, Sinatra und die Mafia" immer wieder unglaubwürdig macht, das Dargestellte in die Nähe von Verschwörungstheorien rückt.

Szene aus dem Original-Film "Oceans Eleven" aus dem Jahr 1960: Richard Benedict, Clem Harvey, Buddy Lester, Norman Fell, Dean Martin, Henry Silva, Joey Bishop, Sammy Davis Jr., Peter Lawford und Frank Sinatra (v. l.)
Szene aus dem Original-Film "Oceans Eleven" aus dem Jahr 1960: Richard Benedict, Clem Harvey, Buddy Lester, Norman Fell, Dean Martin, Henry Silva, Joey Bishop, Sammy Davis Jr., Peter Lawford und Frank Sinatra (v. l.)
Everett Collection / picturedesk.com

"Old Blue Eyes" und die Cosa Nostra Frank Sinatras Bande zur organisierten Kriminalität sind bekannt und umfassend dokumentiert, auch wenn er selbst nie Teil einer Organisation war. Im Fall von Kennedy sieht die Sache anders aus. Nur weil einer Gewerkschaften umgarnt, macht ihn das nicht zum Mafia-Associate. Umso weniger, wenn seine Regierung später, unter Federführung seines Bruders Robert Kennedy, ebendiese Mafia in nie da gewesener Form bekämpft.

Ungewöhnliche Freundschaft, geteilte Hobbies Belegt hingegen ist, dass sich John F. Kennedy und Frank Sinatra kannten, schätzten, ja, befreundet waren. Kontaktstelle war dabei der Schauspieler Peter Lawford, einerseits Mitglied des legendären "Rat Pack", andererseits mit JFKs Schwester Patricia verheiratet. Unklarheit herrscht darüber, wie weit die Connection der beiden "Alpha-Männer" ging. Manche meinen, es ging in erster Linie um gegenseitige "Faszination", Respekt, aber auch um die geteilte Leidenschaft für Frauen. Immerhin: 1960 sang Sinatra sogar eine veränderte Version eines seiner Lieder für den Wahlkampf von JFK (siehe Video oben).

Der Schauspieler Peter Lawford, Mitglied des sogenannten "Rat Pack" um Frank Sinatra, und seine Ex-Frau Patricia Kennedy, die Schwester von John F. Kennedy, im Jahr 1966
Der Schauspieler Peter Lawford, Mitglied des sogenannten "Rat Pack" um Frank Sinatra, und seine Ex-Frau Patricia Kennedy, die Schwester von John F. Kennedy, im Jahr 1966
Everett Collection / picturedesk.com

Sinatra als Mafia-Agent? Die Interviewpartner in der Serie zeichnen hingegen ein sehr eindeutiges Bild einer gegenseitigen Abhängigkeit, das irgendwann übers Ziel hinausschießt: Sinatra erhoffte sich demnach Zugang zur Macht, auch wenn er, so die Darstellung, dabei nur Mittel zum Zweck seitens seiner Mafia-Freunde war. Und Kennedy wollte - gerade vor seiner Wahl - von der Popularität des damals allseits beliebten Entertainers profitieren.

Nur Spekulationen Die Serie bedient diese Theorie, die nur eine mögliche Deutung von Bekanntem ist, allzu deutlich und stellt sie als eindeutige Tatsache dar. Dabei werden die Aussagen der Interviewten so verknüpft, dass eben genau dieses Bild herauskommt: Alles eine riesige Verschwörung. Das Problem dabei: Für viele dieser Behauptungen werden einfach keine Belege geliefert.

Frank Sinatra, Peter Lawford und
der damalige Generalstaatsanwalt Robert Kennedy (v. l.), Bruder von John F. und später ebenfalls einem Attentat erlegen, gemeinsam im Jahr 1961
Frank Sinatra, Peter Lawford und der damalige Generalstaatsanwalt Robert Kennedy (v. l.), Bruder von John F. und später ebenfalls einem Attentat erlegen, gemeinsam im Jahr 1961
Everett Collection / picturedesk.com

Trump-Erzählung Zu eindeutig soll hier wohl das Bild einer durch und durch korrupten "Elite" bedient werden, eine unheilige Allianz zwischen Politik, Unterhaltungsindustrie und organisierter Kriminalität, die seit jeher im Verborgenen die Geschichte der USA lenken würde. Ob beabsichtigt oder nicht: Damit wird auch eines der zentralen Narrative des "Trumpismus" bedient, nämlich die Erzählung eines "Systems", das sich gegen die Bevölkerung verschworen habe, und "es sich richtet".

Brüderliche Intervention Zu einem jähen Ende kam die Kennedy-Sinatra-Connection erst, als auch noch FBI-Chef J. Edgar Hoover involviert wurde: Er soll auf den Präsidenten Druck ausgeübt haben, ließ dabei Kenntnis über dessen zahlreiche Affären durchblicken, unter anderem mit Judith Campbell, einer jungen Frau, die zugleich etwas mit einem bekannten Mafia-Boss am Laufen hatte. Daraufhin soll Robert Kennedy, damals Justizminister, interveniert und seinem Bruder den Umgang mit Campbell, aber auch mit Sinatra untersagt haben, woran sich dieser auch hielt.

Sammy Giancana (1908-1975), Mafia-Pate und Boss des Chicagoer "Outfit", galt als einer der engsten Vertrauten von Frank Sinatra
Sammy Giancana (1908-1975), Mafia-Pate und Boss des Chicagoer "Outfit", galt als einer der engsten Vertrauten von Frank Sinatra
Library of Congress / Everett Collection / picturedesk.com

Interessante Infos, aber mit Vorsicht zu genießen Nun liefert "Kennedy, Sinatra und die Mafia" einerseits einen Haufen an spannenden Spekulationen, die man allerdings nicht zu ernst nehmen sollte. Andererseits aber auch durchaus interessante Informationen: Dass sich Kennedy und Sinatra nicht nur kannten, sondern durch Freundschaft verbunden waren, wissen viele bis heute nicht. Das ging so weit, dass Kennedy Sinatra nach seinem Wahlsieg sogar eine Party organisieren ließ, bei der sich das Who is Who Hollywoods die Klinke in die Hand gab. Dieser Blick hinter die Kulissen der Macht hat seinen Reiz, sollte aber mit Vorsicht genossen werden.

Fazit "Kennedy, Sinatra und die Mafia" bietet interessante und bei uns weitgehend unbekannte Einblicke in eine kurze, aber intensive Freundschaft zwischen zwei mächtigen Männern, die das 20. Jahrhundert prägten wie wenige andere. Dass die Serie viele der Informationen mit Spekulationen verknüpft, das eine nicht vom anderen unterscheidet und die präsentierte Geschichte als unumstößliches Faktum darstellt, schadet ihr allerdings. Denn so werden gängige Verschwörungsmythen über eine durch und durch korrupte "Elite" genährt. Ob das nun mit Absicht geschieht oder nicht, bleibt offen, ist aber letztlich auch gleichgültig.

"Kennedy, Sinatra und die Mafia", 2 Episoden à ca. 45 Minuten, ab sofort auf Sky X

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