Inklusive Emoji-Regel
Duden da! Mit Intimbehaarung, aber ohne Frigidär
Das wichtigste Wörterbuch der deutschen Sprache wurde überarbeitet. 3.000 Worte sind erstmals darin festgehalten, 300 wurden wegen Überalterung gestrichen.
Das wichtigste Wörter- und Rechtschreibregelbuch der deutschen Sprache erscheint am 20. August in seiner 29. Auflage. Die letzte Aktualisierung wurde vor vier Jahren durchgeführt und erschien am 12. August 2020, also mitten in der Coronazeit. Auf insgesamt 1.328 Seiten hat die Redaktion des Wälzers in der aktuellsten Version insgesamt 151.000 Worte in ihrer korrekten Schreibweise festgehalten, davon sind gut 3.000 Worte erstmals in dem Standardwerk enthalten.
Gleichzeitig wurden etwa 300 Worte, darunter auch einige Schreib-Varianten bestehender Worte, gestrichen, weil sie im allgemeinen Sprachgebrauch kaum mehr vorkämen. Und ein Wort, das bereits aus dem Duden gekickt worden war, feiert seine Rückkehr in den augenfällig gelben Schmöker. Was Sie über den neuen Duden wissen müssen, welche Worte man erstmals darin findet:
Was ist der Duden?
Kurz gesagt, ein Rechtschreibwörterbuch der deutschen Sprache, das erstmals im Jahr 1880 erschienen ist und über mehr als 100 Jahre die Grundlagen für eine einheitliche deutsche Rechtschreibung lieferte. Mittlerweile wird diese Grundlage vom "Rat für deutsche Rechtschreibung" geliefert, einer länderübergreifenden Versammlung von Experten für die deutsche Sprache. Aber nach wie vor bietet der Duden nicht nur zuverlässig den jeweils aktuellsten Stand der Rechtschreibung, sondern ist im deutschen Sprachraum das Synonym für richtiges Schreiben schlechthin.
Warum heißt der Duden überhaupt Duden?
Konrad Duden (1829 bis 1911) war preußischer Gymnasiallehrer, Philologe und Lexikograf und hatte es sich zur Aufgabe gemacht, aus den zahlreichen Dialekten, die seinerzeit im Deutschen Reich gesprochen wurden, eine einheitliche deutsche Rechtschreibung zu destillieren und festzuhalten. Dadurch wollte er vor allem Kindern aus sozial schwachen und bildungsfernen Schichten das Erlernen einer allgemein verständlichen Schriftsprache erleichtern. Bis dahin war es im gesamten deutschen Sprachraum durchaus üblich, dass so geschrieben wurde, wie man sprach – und das war eben aufgrund der zahlreichen Dialekte sehr unterschiedlich. Duden vereinheitlichte das und hielt es in seinem ersten Rechtschreibwörterbuch im Jahr 1880 fest. Von öffentlicher Hand wurden einheitliche Regeln für die deutsche Sprache erst 1901 beschlossen – auf Grundlage von Dudens Wörterbuch.
Wieviele Wörter sind neu?
Insgesamt fanden etwa 3.000 Worte und Begriffe erstmals Aufnahme im Duden. Diese wurden auf der Basis von allgemeinen Sprachtrends und gesellschaftlichen Entwicklungen in die Sammlung aufgenommen.
Wie werden diese Wörter ausgewählt?
Es werden dafür primär Texte in Zeitungen und sonstigen Medien, Romane, Sachtexte und dergleichen als Basis herangezogen und ausgewertet. Ein Computerprogramm filtert dabei jene Wörter heraus, die in der letzten Auflage des Duden noch nicht vorgekommen sind, danach werden diese Wörter nach der Häufigkeit ihrer Verwendung sortiert. Die Letztentscheidung obliegt der Redaktion, welche Wörter in die nächste Auflage des Sammelwerkes Eingang finden.
Welche Wörter sind jetzt neu?
- Vor allem Wörter und Begriffe aus dem Bereich Technik, z. B. ChatGPT, Prompten, Ladeschale, Handyticket oder Hyaluron
- Konflikte und Krisen: Russlandsanktion, Ukrainekrieg, Flugabwehrsystem, Vorkrisenniveau, Zwei-Prozent-Ziel, Gasmangellage, Extremwetterereignis, Entlastungspaket, Beitrittsperspektive, Dürresommer und Klimakleber
- Etwas Medizin: Antigenschnelltest, Coronapandemie, Coronaleugner/-in
- Anglizismen: Awareness, Bucketlist, Triggerwarnung oder nerdig
- Kulinarik: Kochbox, Granola, Fleischersatz, Erzählcafé, Gemüsekiste, Mocktail, Tahini, Gojibeere oder Onsen-Ei
- Ebenfalls neu im Duden: Lieblingsmensch, Balkonkraftwerk, Plauderlaune, Regenbogenfahne, Bürohund, Schwiegerfamilie
- Überraschende neue Wörter: meinungsstark, Kontaktgrill, Intimbehaarung und Sprachmodell
Welche Wörter wurden gestrichen?
Solche, die im allgemeinen Sprachgebrauch kaum mehr Verwendung finden, etwa: UMTS-Handy, Frigidär (altmodisch für Kühlschrank) oder Rationalisator (in der DDR waren das Beamte für Rationalisierungsaufgaben). Außerdem wurden alternative Schreibweisen diverser Wörter gestrichen, die sich nicht durchgesetzt haben, etwa Tunfisch und Spagetti ohne stummen H.
Und welches Wort fand zurück in den neuen Duden?
"Hackenporsche", eine umgangssprachliche Bezeichnung für einen Einkaufsroller, der hinter einem hergezogen wird.Das Wort war bereits gestrichen, erfreut sich aber offenbar wieder zunehmender Beliebtheit und wurde deshalb erneut in die Sammlung aufgenommen.
Wie ist das mit den Emojis?
Im Interview mit dem deutschen "Spiegel" erläutert Duden-Chefredakteurin Kathrin Kunkel-Razum, wie man die korrekte Verwendung von Emojis in Social-Media-Texten sieht: "Steht das Emoji korrekt vor oder nach dem Satzzeichen? Wir haben entschieden, dass es darauf ankommt, ob sich das Emoji auf ein Wort oder einen Satz bezieht. Es soll jeweils direkt dahinterstehen." Also bezieht sich ein Emoji nur auf ein einziges Wort, kommt es direkt nach diesem Wort. Bezieht es sich auf den ganzen Satz, kommt es nach dem Satzzeichen, der den Satz abschließt. Und: es kommt immer ein Leerzeichen, ehe ein Emoji gesetzt wird.
Warum erscheint der neue Duden gerade jetzt?
Das hängt mit den jeweils aktuellsten Beschlüssen des "Rats für deutsche Rechtschreibung" zusammen. Das internationale Gremium legt alle paar Jahre seine aktuellsten Änderungsvorschläge vor, diese werden dann von allen Ländern, in denen Deutsch eine Amtssprache ist, abgesegnet (oder diskutiert). Sobald das geschehen ist, werden diese in einer Publikation des Rates veröffentlicht und danach adaptiert auch der Duden seine Rechtschreibregeln auf der jeweils aktuellsten Basis. Duden-Chefredakteurin Kathrin Kunkel-Razum ist auch im "Rat für deutsche Rechtschreibung" vertreten.
Ist die 29. Auflage die letzte, die auch gedruckt veröffentlicht wird?
Davon geht jedenfalls Chefredakteurin Kathrin Kunkel-Razum nicht aus. Nach wie vor werde der gedruckte Duden vor allem von Schulen angekauft, zudem gebe es weiterhin genügend Menschen, die die Vorzüge einer gedruckten Version des Nachschlagewerkes zu schätzen wüssten, wie sie im Gespräch mit der "NZZ" sagt.
"Duden. Die deutsche Rechtschreibung", Duden Verlag, 37 Euro