Ab herbst in Italien
Handy-Verbot, in Schulen kehrt Mitteilungsheft zurück
Italiens Bildungsminister der Regierung von Giorgia Meloni verfügte nun per Rundschreiben: Kein Smartphone mehr im Unterricht, Tablets bleiben aber erlaubt. Und: KI wird probeweise eingesetzt. Ist das klug?
Seit 12. November 2022 heißt das Bildungsministerium in Italien nicht mehr einfach Bildungsministerium. Mit Inkrafttreten des Gesetzesdekrets Nr. 173 wurde dem Namen ein Begriff hinzugefügt, der für intensive Debatten sorgte – auch weil sich niemand so recht erklären konnte, was damit gemeint sein könnte: "Verdienst". Seit Amtsantritt der rechtspopulistischen Regierungschefin Giorgia Meloni heißt Italiens oberste Schulbehörde "Ministerium für Bildung und Verdienst" (MIM). Aber warum?
Die neue Regierung marschiere geradewegs in die Vergangenheit, urteilten Fachverbände und Experten, geplant sei ein rückschrittliches Bildungssystem. Giuseppe Valditara, Minister für Bildung und Verdienst, verwies auf Artikel 34 der italienischen Verfassung. In der stünde schließlich, dass "die Fähigen und Würdigen, auch wenn sie keine Mittel haben, das Recht haben, die höchsten Studiengrade zu erreichen".
Absicht der Regierung sei es, so Valditara, die Infrastruktur und die Ausstattung der Schulen zu verbessern, sie sollen wieder zu einer "sozialen Aufstiegshilfe" werden. Wer sich bemühe, soll belohnt werden, nicht nur die Schülerinnen und Schüler, sondern auch die Lehrer. Der Begriff "Verdienst" soll die Wertschätzung dafür ausdrücken. Früher hätte man statt "Verdienst" vielleicht eher das Wort "Leistung" verwendet, aber da Verdienst im Italienischen "merito" heißt und das Bildungsministerium folgerichtig "il ministro dell'Istruzione e del Merito" war vielleicht auch der Sprachklang ein Kriterium.
Eineinhalb Jahre nach der Einsetzung, traf das Ministerium für Bildung und Verdienst nun eine weitreichende Entscheidung. Im Palazzo San Macuto in Rom fand am Mittwoch die Konferenz "Die künstliche Schule - Evolutionäres Alter und technologische Evolution" statt und in deren Rahmen kündigte Minister Giuseppe Valditara die Einführung eines Handyverbots in den Schulen an und das schon ab dem beginnenden Schuljahr.
Valditara stammt aus dem Stall der radikal rechtspopulistischen Lega (früher Lega Nord) von Matteo Salvini. Er hat an der Universität Mailand Rechtswissenschaft studiert und an der Uni Bologna in römischem und antikem Recht promoviert. Er stieg 1993 in die Politik ein, gehörte dem Senat an. Als 2023 zwei Gymnasiasten in Florenz von Rechtsextremen attackiert wurden, prangerte die Direktorin ihrer Schule die Gleichgültigkeit der Passanten in einem Brief an und zog einen Vergleich zum Ausstieg des Faschismus. Valditara, da schon Minister, verurteilte nicht den Angriff, sondern den Vergleich und kündigte Schritte gegen die "Verpolitisierung" der Schulen an.
Nun kümmert er sich einmal um Handys. "Heute habe ich ein Rundschreiben unterzeichnet, das ab dem nächsten Schuljahr die Verwendung von Mobiltelefonen für jegliche Zwecke, einschließlich Bildungszwecken, verbietet", sagte er im Palazzo San Macuto. "Ich glaube nicht, dass mit einem Mobiltelefon guter Unterricht möglich ist." Für Tablets oder Computer gelte das Verbot nicht, so der Minister, sie müssten jedoch "unter Anleitung des Lehrers genutzt werden".
An Italiens Schulen war bisher der Einsatz von Smartphones zu Unterrichtszwecken mit Genehmigung des Lehrers erlaubt, schon ab September sind Handys im Klassenzimmer aber faktisch für jeden Zweck verboten. Der Minister hatte vor einigen Monaten eine derartige Regelung angekündigt, jetzt wurde sie mit seiner Unterschrift auf dem Rundschreiben wirksam.
Als Ersatz für die Smartphones kehren nun Stift und Papier zurück – und das alte Mitteilungsheft, früher auch in Österreich über Jahrzehnte die Nabelschnur zwischen Lehrerschaft und Elternhaus. In dieses Mitteilungsheft sollen die Schülerinnen und Schüler nun alles Wichtige eintragen. Die bisherigen elektronischen Kalender bleiben erhalten, auch Eltern können sie weiter nutzen. "In dem guten, alten Mitteilungheft", so Valditara, "würden aber etwa die Hausaufgaben notiert werden, die Eltern hätten Einblick und die Kinder würden lernen, Stifte zu verwenden".
Italiens Schulen nabeln sich aber nicht gänzlich von der Digitalisierung ab. Im Rahmen von Pilotprojekten werde in Schulen der Einsatz von "KI-basierten Assistenten" ausprobiert, so der Minister. Es soll die Wirksamkeit dieser Assistenten bei der Verbesserung der Schülerleistungen bewertet und zudem überprüft werden, wie künstliche Intelligenz am besten in den täglichen Unterricht integriert werden kann. Dabei soll sichergestellt werden, dass "der Einsatz von KI ethisch vertretbar ist und die Privatsphäre respektiert". Da werden die Handys ganz schön Augen machen.