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Loch Nessnig? Was es mit neuer Wörthersee-Serie auf sich hat
Angeblich gibt es sie, aber gesehen hat sie noch niemand. Der erste Trailer zur neuen Austro-Serie "Am Wörthersee" verspricht Großes. Was wirklich dahintersteckt, Newsflix auf Spurensuche.
Der Trailer legt spektakulär los: In der Veldener Bucht läuft ein Ausflugsschiff auf Grund, die Medien schalten Sondersendungen, die lokale Tourismusindustrie kriegt die Krise und ein Geologe prophezeit ein Austrocknen des Wörthersees binnen einer Woche. Armageddon im Angesicht der Karawanken, und das alles so fetzig in Szene gesetzt, als hätten Hollywoods erfahrenste Katastrophenfilmer einen kurzen Abstecher nach good old Carinthia gemacht. Aber alles an "Am Wörthersee", einer neuen, sechsteiligen Miniserie, die der Drei-Minuten-Trailer bombastisch anreißt, ist hausgemacht. Und sehr österreichisch.
(K)ein Aprilscherz? Der teuer, aufwändig und professionell produzierte Einstimmungsfilm für die Serie feierte in Wien Premiere, und zwar in Anwesenheit aller am Dreh beteiligten prominenten Schauspieler, wie Austro-Urgestein Reinhard Nowak (u.a. "Die Lottosieger", "Kaisermühlenblues"), Manuel Rubey (u.a. "Falco - Verdammt, wir leben noch!"), Newcomer Julian Waldner (spielte Franz Klammer in "Klammer - Chasing the Line") und Sarah Jung (u.a. "München 7"). Die Präsentation des Filmchens, zu der keine Medien eingeladen waren, fand dabei ausgerechnet am Ostermontag, dem 1. April, im Filmhaus am Spittelberg in Wien statt und kam auch für Menschen aus der Branche "out of the blue", wie man in Kärnten sagt, also vollkommen aus heiterem Himmel. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Viel Lob für den Trailer Auch wenn – bis auf Medienpartner "Krone" – keine Journalisten anwesend waren, überschlugen sich die Akteure mit Lob für den Film. "Es ist wahnsinnig amerikanisch gedreht", ließ Julian Waldner wissen. "Einen Dreh in diesem Ausmaß habe ich noch nie erlebt", sagt Reinhard Nowak. Und Manuel Rubey sekundiert: "Es ist unglaublich, wer sich bei diesem Projekt alles in Stellung gebracht hat."
Aber: Fragen nach dem Starttermin für die Serie oder auch nach möglichen Partnern aus dem Bereich der Streaming-Anbieter blieben indes unbeantwortet. Nur das Sendungsformat wurde noch verraten: Eine Mini-Serie sei es, sechs Teile à 45 Minuten. Immerhin.
Bitterschwarz und hedonistisch Dafür wurde die Story-Line in groben Zügen verraten. Eine "bitterschwarze, hedonistische Miniserie über Rachegelüste, soziale Ungerechtigkeiten und böse Vergangenheiten" soll "Am Wörthersee" sein. Und: "In der Karibik Österreichs, dem Wörthersee, bringt ein rachsüchtiger Geologe die Fassade der dekadenten Tourismus-Clans mit gezielten Explosionen zum Bröckeln. Wenn die ansässigen Hoteliers es nicht schaffen, seinen perfiden Plan zu durchkreuzen, verlieren sie ihr Leben – oder was noch verheerender wäre – ihren gesamten Reichtum." Klingt schon etwas weniger nach Hollywood und etwas mehr nach Austro-Küche à la "Braunschlag" oder "Altes Geld". Bitterschwarz halt.
Viele Rätsel am Tag danach Was es mit der Kärnten-Serie im Detail auf sich hat, die 30 Jahre nach dem lieblich-hausbackenen "Ein Schloss am Wörthersee" mit Roy Black Österreichs "Karibik-Bundesland" in ein neues, "bitterschwarzes" Fernsehlicht rücken soll, wurde auch am Tag nach der Trailer-Präsentation nicht klarer. Zumal man sich seitens der Produktionsfirma maximal bedeckt hielt. Nur eine Info wurde weitergegeben: Am 15. April finde eine weitere Präsentation statt, dann werde man alles erfahren über "Am Wörthersee".
Rätselraten unter heimischen Filmschaffenden und vielen Medien war die Folge. Ist die sechsteilige Miniserie à 45 Minuten gar so etwas wie die Nessie vom Wörthersee?
Kein Anschluss unter dieser Nummer Anrufe bei der Produktionsfirma und bei Regisseur und "Creator" Patrick R. Neubäck blieben unbeantwortet, clevere Spürnasen wurden aber auf der Homepage von Neubäck fündig – jedenfalls ein bisschen. "Am Wörthersee" vereine "die übertriebene Gesellschaftskritik von 'Triangle of Sadness', den genialen Nervenkitzel von 'Law of Revenge' und den farbenfrohen Hedonismus von 'The Beach Bum' und erzählt die beispiellose Geschichte eines Tourismus-Hotspots, der schon bessere Tage gesehen hat. Neben schönen Urlaubserinnerungen lassen wir die Zuschauer in die tiefschwarze Seele der österreichischen Tourismusbranche eintauchen." Bittertiefschwarz.
Berauschende Vorbilder Das klingt ambitioniert, auch wenn die beiden Filme "Triangle of Sadness" (mit Hollywoodstar Woody Harrelson als zugedröhntem Kapitän einer Luxusyacht) und "The Beach Bum" (mit Matthew McConaughey als nicht minder zugedröhntem promiskuitiven Literaten in der Schreibkrise) ob ihrer brachialen Ruppigkeit unter Kinofreunden nicht nur Zustimmung erfahren haben. Und die philippinische TV-Serie "Law of Revenge" handelt von zwei ehemaligen Freundinnen, die zu Todfeinden werden, sie war Anfang der 2020er-Jahre ein Straßenfeger im südostasiatischen Inselstaat.
Karibische Gefühle Wie das alles mit dem Selbstbild Kärntens als "Karibik Österreichs" zusammenpasse, wollte Newsflix deshalb von den Tourismusmanagern im Süden wissen, allerdings auch hier ohne Erfolg. Weder Roland Sint, bis 31. März Geschäftsführer der Wörthersee Rosental Tourismus GmbH, noch sein Nachfolger Peter Peschel, wollten sich äußern. "Wir haben alle Geheimhaltungsverträge unterschrieben", so Roland Sint. "Bis 15. April gibt es keine Infos."
Allerdings: Die heimische Film- und Fernsehbranche ist kein süditalienischer Männerclub mit Schweigegelübde, und so plätscherten peu à peu dann doch noch einige Details über die Serie an die Oberfläche. Und das Bild, dass sich daraus ergibt, ist einigermaßen überraschend.
Doch ein Aprilscherz? Denn offenbar existiert neben dem bombastischen Drei-Minuten-Film noch nicht sehr viel von der neuen Serie "Am Wörthersee". Und der Trailer sei vor allem dazu gedacht, Aufmerksamkeit für den Stoff bei allfälligen Partnern und Investoren zu erzeugen und den Boden aufzubereiten für eine Umsetzung der ambitionierten Idee, mit der Serie ein ganz neues Bild von Kärnten und seinem größten See zu zeichnen. Ein interessantes Konzept, wenn's denn stimmt.
Und eines, das tatsächlich aufgehen könnte. Weit über 200.000 Aufrufe konnte der Trailer (siehe oben) nämlich bereits am ersten Tag auf YouTube verzeichnen, "Am Wörthersee" erhält also Aufmerksamkeit. Bleibt im Interesse der Filmemacher zu hoffen, dass Schauspieler Manuel Rubey mit seinem Statement in der Presseaussendung zur Serie nicht doch noch recht behält: "Obwohl 'Am Wörthersee' verdammt groß gedacht ist, fliegt uns das Projekt noch komplett um die Ohren."