Neu im Kino
"Mad Max", Teil 5: Warum die Endzeit-Story immer noch so erfolgreich ist
In "Furiosa: A Mad Max Saga" steht erstmals eine Frau im Mittelpunkt. Der Faszination der Blockbuster-Reihe tut das keinen Abbruch, im Gegenteil. Ab 23. Mai im Kino.
45 Jahre ist es her, dass der damals blutjunge und unbekannte Mel Gibson mit Lederjacke, Schrotflinte und Muscle Car durch das postapokalyptische australische Outback raste und Jagd auf die Mörder seines Sohnes machte. "Mad Max", so der Titel des Streifens um den Polizisten Max Rockatansky auf Selbstjustiz-Trip, war 1979 der erste Spielfilm des Regisseurs und ausgebildeten Arztes George Miller und wurde mit so wenig Budget umgesetzt, dass der Filmemacher sogar seinen eigenen Wohnwagen für eine Verfolgungsjagd nutzen musste.
Die "Mad Max"-Saga Was folgte ist Filmgeschichte. Denn der teilweise ultrabrutale und punkto Selbstjustiz-Botschaft ziemlich tendenziöse Film wurde zum Kult, der die Weltkarrieren von Hauptdarsteller Mel Gibson und Regisseur Miller erst möglich machte. Das Besondere daran: "Mad Max" und alle seine filmischen Nachfolger punkten sowohl bei Action-Fans, als auch bei Cineasten. Die Streifen werden vom Publikum gefeiert, von Filmkritikern geliebt und mit Preisen überhäuft – "Mad Max: Fury Road", der vierte Teil des Spektakels, erhielt bei den Oscars 2016 sechs Oscars bei insgesamt zehn Nominierungen.
"Mad Max", Teil 5 Und so ist die "Mad Max"-Reihe längst eines der größten Phänomene im Film-Business geworden, das diese Woche in die nächste Runde geht. "Furiosa: A Mad Max Saga" ist der fünfte Teil des "Franchise" (so werden in Hollywood aufeinander aufbauende Film-Serien genannt), der einmal mehr das Hohelied von aberwitzigen Verfolgungsjagden, beinharter Action und dem Überlebenskampf in einer postapokalyptischen Welt singt. Am Regiestuhl saß zum ebenfalls bereits fünften Mal der mittlerweile 79-jährige George Miller. Und auch wenn "Mad" Max Rockatansky (bislang dreimal dargestellt und Mel Gibson und einmal von Tom Hardy) selbst in dem Actioner keine Rolle spielt – wer den langen Abspann über sich ergehen lässt, erhält einen Hinweis darauf, was in Teil 6 passieren könnte …
Darum geht es im Film "Furiosa: A Mad Max Saga" erzählt die Vorgeschichte zu den Geschehnissen von "Mad Max: Fury Road", dem vierten "Mad Max"-Film aus dem Jahr 2015. Die junge Furiosa (Alyla Browne als Jugendliche, später Anya Taylor-Joy) wird von einer Horde Biker um den Kriegsherren Dementus (Chris Hemsworth) entführt und versklavt. Ihr gelingt nach Jahren die Flucht, nur um in die Hände von Dementus' Widersacher Immortan Joe zu geraten, der sie zu einer seiner "Brüterinnen" machen möchte, die seine Kinder austragen sollen. Die junge Frau wird zwar nicht schwanger, zeigt aber ihr kriegerisches Geschick und arbeitet sich in der Hierarchie des Warlords langsam nach oben. Aber ihr eigentliches Ziel ist es, zurück in ihre Heimat und zu ihrer Mutter zu gelangen …
Mehr als zehn Jahre Vorarbeit Bereits vor Drehbeginn von "Fury Road", also Anfang der 2010er-Jahre, hatte "Mad Max"-Mastermind George Miller mit der Verfilmung der Vorgeschichte seiner einarmigen Heldin (wie sie ihren Arm verliert ist auch Gegenstand von "Furiosa") geliebäugelt. Entwicklung und Umsetzung zogen sich dann aber noch ewig, ehe von Mai bis Oktober 2022 gedreht werden konnte. Fertiggestellt war der Streifen schließlich Anfang 2023, nur um dann noch einmal für ein Jahr in der Schublade zu verschwinden, bis er bei den diesjährigen Filmfestspielen in Cannes (die am Sonntag, dem 25. Mai zu Ende gehen werden), Premiere feierte.
Old-School-Action Der Film, der eine Zeitspanne von 15 Jahren umfasst, erinnert laut Regisseur Miller dabei vom Stil her eher an die ersten beiden Teile, als an den geradezu aberwitzig überdrehten "Fury Road" mit seinen Verfolgungsjagd- und Stunt-Orgien. Was nicht bedeutet, dass es in "Furiosa" langweilig zugeht. George Miller und sein Team setzen auch dieses Mal vorwiegend auf Old-School-Action, computerunterstützte Bilder (CGI-Technik) kommen verhältnismäßig sparsam zum Einsatz. Auch der grundlegende Sound des Films, also das Grollen aus getunten V8-Motoren in absurden Monstertrucks und -bikes, Explosionen und nur wenige Dialoge, wurde beibehalten.
Kampf um Wasser – und Benzin Weshalb die Welt des "Mad Max"-Universums so dermaßen in Trümmern liegt, wie sie es tut, bleibt auch in Teil 5 unbeantwortet, tut aber auch nichts zur Sache. Und die grundsätzliche Thematik der Serie, also die Jagd nach Ressourcen, allen voran Wasser und Benzin, wurde ebenfalls beibehalten. Ob das tatsächlich als Kommentar auf den Klimawandel verstanden werden kann, wie einige Filmkritiker nach der Cannes-Uraufführung mutmaßten, sei dahingestellt.
Kino "wie damals" Aber so sehr Regisseur George Miller auch das Spiel auf der Action-Klaviatur beherrscht, wirkt der fünfte Streich der "Mad Max"-Saga in all seiner Testosteron-geschwängerten Verschwitztheit doch irgendwie aus der Zeit gefallen. Wie ein Relikt aus der großen Zeit des Action-Kinos in den 1980ern und frühen 1990ern, als neue technische Möglichkeiten und abenteuerlustige Regisseure Bilder schufen, die man niemals zuvor auf der Leinwand gesehen hatte.
Die Erfolgs-Faktoren der Reihe Dennoch – oder vielleicht gerade deshalb – unterhält "Mad Max" auch in seinem fünften Aufguss bis heute, und zwar sowohl das Popcorn-Publikum in den Kinocentern, als auch die Film-Connaisseure, die über die Qualität des Mediums wachen. Verantwortlich für diesen Spagat sind mehrere Faktoren, die die "Mad Max"-Reihe zu einem erfreulichen Unikum in der weiten Welt der Action-Reißer machen:
Warum die "Mad Max"-Reihe bei Publikum und Kritik gleichermaßen gut ankommt
- Atemberaubende Action – wenn Regisseur George Miller sagt, er drehe alle Actionsequenzen selbst, anstatt sie auf dem Computer entwerfen zu lassen, dann weiß er hundertprozentig, was er tut und weshalb er dafür vergleichsweise sehr viel Geld aufwendet. Denn die teils abenteuerlichen Verfolgungsjagden, die verrückten Designs der Kraftfahrzeuge (die wirklich so entworfen und gebaut werden) sowie die herausragenden Action-Sequenzen geben den Filmen einen authentischen und einmaligen Look, sie fühlen sich "echt" an.
- Bewegende Bilder – Regisseur Miller erarbeitet für all seine Filme eine besondere, einzigartige Optik, die diesen eine komplexe Visualität verleihen und im Gedächtnis der Zuschauer hängen bleiben. Jeder "Mad Max"-Film ist optisch anders (u.a. aufgrund seines Alters und der technischen wie finanziellen Möglichkeiten), aber alle sind immer sofort als "Mad Max"-Filme zu erkennen, ihre visuelle DNA ist die gleiche.
- Coole Charaktere – "Mad" Max Rockatansky, Furiosa, aber auch die "Bösen" sind verhältnismäßig vielschichtig und komplex in ihren Motivationen und Handlungen und tragen so erheblich zur Tiefe und Anziehungskraft der Filme bei.
- Detaillierte Dystopie – Die postapokalyptische Welt, in der die Filme allesamt spielen, wurde von Regisseur Miller nach und nach entwickelt und beeindruckt durch ihre detaillierte und teilweise originelle Darstellung. Die Gesellschaften, die sich unter diesen Vorzeichen herausgebildet haben, die sozialen Mechanismen, aber auch die gnadenlose Natur als gemeinsamer Feind, haben sich über mittlerweile fünf Filme entwickelt und werden visuell fesselnd und ziemlich unverwechselbar dargestellt.
- Einzigartige Energie – alle "Mad Max"-Filme sind eher arm an Dialogen, saugen dafür aber die Zuseher Kraft ihrer visuellen Energie und der gebotenen Action in die Handlung und treiben die Story nonverbal voran. Und am Ende ist man dann meistens überrascht, dass wirklich schon zwei Stunden vergangen sind.
Und so bleibt zu hoffen, dass das schwarze Muscle Car, das ganz am Ende des Films kurz in der Weite der Wüste auftaucht, tatsächlich jenen Mann am Steuer hat, den sich alle Fans wünschen. Und dass Regisseur George Miller die Zeit (und die Geldgeber) findet, die Geschichte um "Mad Max" und "Furiosa" zu einem erfüllenden Abschluss zu bringen.
"Furiosa: A Mad Max Saga", USA 2024, 148 Minuten, ab 23. Mai im Kino