Kopfnüsse

Neue Zeiten, neue Feinde: Erleben die Medien jetzt ihr blaues Wunder?

Herbert Kickl beginnt mit dem Umbau des Landes. Das Tempo ist atemberaubend, aber niemand fällt ihm in den Arm, sein künftiger Regierungspartner schon gar nicht. Am FPÖ-Neujahrstreffen hielt der Noch-nicht-Kanzler seine erste Fast-schon-Kanzlerrede.

"Ich liebe Euch", ruft Kickl in der Pyramide Vösendorf seine Fans zu, seine Kritiker nennt er "frustrierte Ampler"
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Reuters
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Die neuen Zeiten vertrödeln nicht viel Zeit, um neue Zeiten zu werden. Das Land färbt sich in einer Geschwindigkeit blau ein, als gäbe es dafür ein Naturgesetz, eine Art politische Kräuterpädagogik voller Weihrauch und Myrrhe. Alles passiert mit einer erstaunlichen Selbstverständlichkeit. Wie nach Plan.

Österreich wird in seine Einzelteile zerlegt, Kräuterpädagoge Kickl setzt Bruchstück für Bruchstück nach seinen Vorlieben zusammen. Eine neue Republik entsteht. Sie sieht aus wie die alte, aber der Schein trügt.

Mit KI-Stimme: Erleben Medien ihr blaues Wunder?

Politischer Widerstand ist mit freiem Auge nicht erkennbar. SPÖ und NEOS befinden sich in Bildungskarenz. Man muss Gelegenheiten nutzen, solange sie noch geboten werden.

Die gescheiterten Regierungsverhandler scheinen wie im Trotz zu verharren. Es wirkt, als würden sie Land und Leute für ihr Scheitern verantwortlich machen. Alle Energie wird in die Aufarbeitung der Schuld gesteckt. Die Suche danach beginnt und endet beim jeweils anderen.

Jetzt bin ich aber neugierig, was sich der Stocker Christian auf den Zettel geschrieben hat
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Helmut Graf
Na Prost! Jetzt brauche ich einmal einen Schluck Hochquellenwasser
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Helmut Graf

Die ÖVP erträgt und erduldet ihr Schicksal. Sie erweckt stolz den Anschein, als hätte sie in den angelaufenen Regierungsverhandlungen viel zu reden. Tatsächlich wird die gedemütigte Partei auf den Status einer Schutzmantel-Madonna für die eigene Kern-Kundschaft reduziert. Mehr ist nicht drin, mehr lässt Kickl nicht zu. Es ist zu wenig zum Leben, zu viel zum Sterben.

Es gibt schon Protest, aber ihm fehlt – zumindest derzeit – die Kraft und der Glaube an den Erfolg. Er wird mit den Mitteln des 2000er-Jahres betrieben. Damals, als Wolfgang Schüssel und Jörg Haider die Regierung kaperten und der Lärm der Donnerstagsdemos Österreich eine Gegenmelodie gab, entfaltete das Kraft.

2017, als Sebastian Kurz die FPÖ unter Heinz-Christian Strache in die Regierung holte, wurde der Protest sanft wiederbelebt. Aber nicht "Es ist wieder Donnerstag" stürzte Türkis-Blau, sondern die Entfaltung einer Inselbegabung, beziehungsweise das Video davon.

Die erste Donnerstagsdemo gab es auch jetzt wieder. 25.000 bis 50.000 Menschen versammelten sich am Ballhausplatz, einige waren schon vor 25 Jahren dabei, auch manche Slogans haben Wind und Wetter überdauert: "Wir sind hier, wir sind laut, weil Ihr uns die Zukunft klaut". Funktioniert so etwas heute noch? Ich habe meine Zweifel.

Ein kleiner Schritt für die Menschheit, ein großer für Herbert Kickl
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Auch die Zeiten sind andere. Die FPÖ sitzt in fünf Landesregierungen. Sie stellt seit Kurzem einen Landeshauptmann. Es gibt einen freiheitlichen Nationalratspräsidenten. Europa im Gesamten ist nach rechts gerutscht. Gegen Schüssels Regierung gab es noch so etwas wie Sanktionen aus Brüssel. Heute ist Kickl dort fast schon Mainstream.

Der Protest wird sich neu erfinden müssen und selbst dann gibt es keine Garantie auf Erfolg. Es fehlt eine Gegenerzählung, ein Bild von Österreich, das Herbert Kickl und seiner FPÖ entgegengesetzt werden könnte. Was er will, ist klar, aber was wollen die anderen?

Die Entfachung von Angst wird nicht reichen, fürchte ich. Das Benennen von Unsinn, das Aufdecken von Einzelfällen, das Enttarnen von Tricks und Täuschungen auch nicht. Man wird wieder damit beginnen müssen, eine eigene Geschichte zu erzählen. Sich damit zu begnügen, die der anderen verwerflich zu finden, wird nicht zur Rückeroberung von Köpfen und Herzen führen.

Es gehen auch die Figuren ab, deren Schultern einen Widerstand tragen könnten. Viele schweigen oder zucken mit den Achseln. Einige hoffen wohl, mit den neuen Machthaberern ins Geschäft zu kommen oder zumindest ihre laufenden Handelsbeziehungen nicht zu gefährden.

Nein, nein, der Befund ist wohl in aller Klarheit so zu stellen: Herbert Kickl hat freie Bahn.

"Du sollst keine anderen Götter haben neben mir": Christian Stocker, Johanna Mikl-Leitner, Erwin Pröll am Niederösterreichischen Bauernbundball
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Aber du bist sowieso mein einziger Polit-Gott, Erwin
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Aber der Stocker Christian ist halt so ein fescher Zapfen
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Komm, lass dich drücken, du Rose aus Wiener Neustadt!
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Er weiß das und er weiß das zu nutzen. Der Noch-nicht-Kanzler tritt neuerdings auf, als stünde er bereits einer Regierung vor. Er redet so. Er präsentiert seine Vorhaben so. Er zieht sich sogar so an.

Noch gibt es mit Alexander Schallenberg zumindest einen Teilzeit-Kanzler und eine Türkis-Grüne Bundesregierung, aber als Herbert Kickl am Samstag in der Pyramide Vösendorf zum Neujahrstreffen lud, hielt der Kräuterpädagoge eine Fast-schon-Kanzlerrede, und niemand rieb sich daran.

Die FPÖ startet traditionell mit einem Tusch in jedes neue Jahr. Diesmal am Wiener Stadtrand und die, laut Partei, 5.000 Fans erlebten einen runderneuerten Herbert Kickl. Er sah dem ursprünglichen recht ähnlich, aber er sprach anders. Kickl verteilte seine Wut von der Bühne herab neu.

Einmal im Leben einen solchen Fan haben wie Walter Rosenkranz
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Beim Neujahrstreffen vor einem Jahr hatte er Nehammer "Dead Man Walking" genannt, Babler "Bla bla", Kogler "zernudelt", Benko einen "Freier und Zuhälter der Huren der Reichen", Gusenbauer seine "fette Spinne". Am Politischen Aschermittwoch 2023 bezeichnete er den Bundespräsidenten als "Mumie", "senil" sei er obendrein.

Alexander Van der Bellen kam diesmal nur am Rande vor. Werner Kogler oder Beate Meinl-Reisinger fehlten. Kein Einziger aus der ÖVP fand Erwähnung. Außer Karl Nehammer. Auf seinem Rücken lud Kickl alle Versäumnisse der vergangenen Regierung ab.

"Karl Nehammer ist gescheitert", sagte er. Er habe einen "Scherbenhaufen" hinterlassen, die Österreicher seien "belogen worden". Das Land wurde "an die Wand gefahren".

Es war jetzt nicht so, dass Beflegelungen fehlten, sie wurden nur strategischer gestreut. Kickl sprach von "woken Marionetten", "Klimakommunismus" "frustrierten Amplern", deren "Debattierklub sei ein "elendes Gemurkse" gewesen.

Nicht ganz FPÖ-TV, aber es geht in die Richtung
Nicht ganz FPÖ-TV, aber es geht in die Richtung
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Seine neuen Erzfeinde sind die "Sozialisten". Mit der Sozialdemokratie ringt die FPÖ am Sonntag um die Macht im Burgenland, am 27. April will sie das rote Wien stürzen. Und auch sonst ist ihr die SPÖ gleichzeitig im Weg und ein Dorn im Auge.

Den burgenländischen Spitzenkandidaten, mit dem er sonst gute Beziehungen pflegt, nannte Kickl "Kim Jong Doskozil", er wünschte ihm eine "Entwöhnungskur für den Machtrausch".

Andreas Babler und Michael Ludwig sind für ihn "Marxisten und Murksisten", die "Sozialisten" sowieso "Schuldenmacher von der DNA her" und "Ludwig der größte Abkassierer im Land. Mich wundert, dass er noch keine Gebühr für das Grüß-Gott-Sagen eingeführt hat". Es war schon so eine Art Kanzlerrede, aber sie wurde von einem geführt, der zwar im Anzug dastand, aber immer noch den Oppositions-Pyjama anhatte. Slimfit natürlich!

Für die SPÖ ist die neu entdeckte Kickl-Zuwendung ein Gottesgeschenk. Der FPÖ-Chef beförderte sie in die Rolle seines wichtigsten Widersachers und Herausforderers. Damit ist klar: Im Wahlkampf um Wien werden nur zwei Parteien relevant sein, SPÖ und FPÖ. Die anderen Fraktionen genießen das Privileg, sich das Duell in der ersten Reihe fußfrei anschauen zu dürfen.

Immerhin besser rasiert ist er als ich: Herbert Kickl, Christian Stocker bei der Budgetretter-Pressekonferenz
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Helmut Graf

In all die Großmäuligkeit hinein, merkte man Kickl das Bemühen an, in seine neue Rolle hineinzuwachsen. Besser jedenfalls als in seinen Anzug.

Manchmal war fast so etwas wie Demut spürbar. Sein "Regierungsprojekt" nannte er "keine leichte Sache". Das Erreichen eines Nulldefizits werde "ein hartes Stück Arbeit". Die "fünf guten Jahre", versprach Kickl erneut, aber "sie werden nicht morgen starten".

"Die Realität wird ein Rendezvous mit uns Freiheitlichen haben", rief er in den Saal. Aber gemeint war wohl auch: Die Freiheitlichen werden ebenso ihr Rendezvous mit der Realität haben.

Die ÖVP wird vieles mit Wohlgefallen vernommen haben. "Wirtschaft, das sind wir alle", sagte Kickl. Und: "Kein Freiheitlicher will aus der Europäischen Union austreten". Er lasse sich auch "von niemandem eine Russlandnähe unterstellen, weil es eine Russlandnähe nicht gibt." Die Außenpolitik wird nicht zum Knackpunkt von Blau-Schwarz, wenn überhaupt noch ein Knackpunkt übrig ist.

Ich hoffe, der Fotograf wurde keinen Kopf kürzer gemacht
Ich hoffe, der Fotograf wurde keinen Kopf kürzer gemacht
Helmut Graf

Die ersten Sparpläne der Noch-nicht-Regierung erwähnte Kickl mit keinem Wort. Klimabonus weg, Förderung für PV-Anlagen und Heizkessel weg, Pass und Führerschein teurer, Zigaretten kosten mehr, Pensionisten zahlen mehr für die Krankenversicherung: Wer sich die Kommentare auf der Facebook-Seite der FPÖ während der Kickl-Rede anschaute, bekam mit, dass der Unmut wächst.

Bauern und kleinere Unternehmen erhalten den Klimabonus weiter, Vermögende bleiben vorerst ungeschoren, außer sie legen sich den nächsten Tesla zu. Das mag seine Gründe haben. Aber wer in der Verteilung der Lasten keine Ausgewogenheit erzeugt oder zumindest erkennen lässt, wird sich rasch den Zorn der breiten Masse zuziehen und sie in ihrem Befund bestätigen: Am Ende muss immer sie die Suppe auslöffeln, egal wer sie eingebrockt hat.

Als Fotograf bin ich ein ziemlicher Fuchs ...
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Helmut Graf
... wenn das mit dem O'zwickten neben mir nix wird, kann ich umsatteln
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Helmut Graf

Der neue Zeitgeist betrifft auch die Medien und das mehr als ihnen lieb sein kann. "Weg mit der Haushaltsabgabe", forderte Kickl in Vösendorf und nur beim Thema Migration fiel der Jubel im Publikum lauter aus. Beliebtheits-Wettbewerbe gewinnen Journalisten bei der FPÖ momentan keine und die Partei setzt darauf. Und das mit allen Stilmitteln.

In den Jahren der Opposition haben sich die Freiheitlichen eine Medien-Supermarktkette aufgebaut, die Partei ist in der Nahversorgung mittlerweile recht autark. FPÖ-TV hat auf YouTube 228.000 Abonnenten, die Kickl-Rede sahen in den ersten fünf Stunden 32.000 Menschen. Auf Facebook hat die FPÖ 202.000 Follower, Herbert Kickl knapp 300.000, die Vösendorf-Sause lief überall im Live-Stream.

Laut Eigenangabe verzeichnen die Blauen über alle Facebook-Accounts hinweg 1,5 Millionen Abonnenten, auf Instagram sind es rund 300.000, auf TikTok hat die Partei mehr als 80.000 Follower, auf X 30.000, auf Telegram 70.000, auf WhatsApp 23.000. Aus dem losen Gebäudeverbund, der 2,4 Millionen Menschen erreichen soll, wird nun ein "FPÖ-Medienhaus" gezimmert, auch ein Radiosender soll dazu stoßen.

Dieses Medien-Imperium, das bisher einer Oppositionspartei zunutze kam, übersiedelt mutmaßlich bald ins Kanzleramt. "Die größte Medienorgel des Landes", nannte der frühere ORF-Generalintendant Gerd Bacher einmal sein eigenes Haus. Die größte Polit-Medienorgel des Landes wird bald vom Ballhausplatz aus gesteuert.

Für neue Pfeifen ist ausreichend Geld vorhanden. Die FPÖ erhielt im Vorjahr über alle Töpfe hinweg 48,7 Millionen Euro Parteienförderung, heuer werden es über 50 Millionen Euro sein. Damit lassen sich einige Stückerln spielen.

Völker, hört die Signale, oder wie war das?
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Helmut Graf

In der vergangenen Woche bekamen die anderen Medien des Landes einen Vorgeschmack auf die neuen Zeiten. Der Standard hatte über den Auftritt von hochrangigen FPÖ-Vertretern bei einem Simmeringer Stammtisch berichtet, der geheim mitgeschnitten worden war. Die ÖVP sei in einem "jämmerlichen Zustand" und "machtgeil", war zu hören, afghanische Geflüchtete seien "Gesindel", aus der EU müsse man "eigentlich eh austreten".

"5 gute Jahre, wenn es mit diesem 'Scheißblatt' endlich vorbei ist" schrieb der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp daraufhin auf X. FPÖ-Generalsekretär und Mediensprecher Christian Hafenecker kündigte eine Neuordnung oder Einstellung der Presseförderung an und will öffentliche Einschaltungen kürzen. Damit Medien "am eigenen Leib erspüren müssen, wie es ist, wenn es keine Inserate mehr gibt".

Es gab Proteste von vielerlei Seiten, der "Verein der Chefredakteur:innen" verfasste eine eher seidenweiche "Erklärung", aber natürlich kennt die FPÖ die Schwäche des Marktes. Viele Produkte sind nicht mehr gewinnbringend zu betreiben, es gibt Medienhäuser, die sich dem Qualitäts-Segment zurechnen, und in der Bilanz des letzten Geschäftsjahres zwei Millionen Euro Verlust ausweisen.

Das lässt sich auf Dauer nicht wirtschaftlich darstellen, außer man betreibt das Gewerbe aus Liebhaberei. Die Branche steht mit dem Rücken zur Wand und merkt nun, dass es diese Wand genau genommen gar nicht gibt.

Die Sigi Maurer hat sich auch ganz schön verändert
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Helmut Graf
Wieso nennt mich der immer Sigi mit Vornamen?
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Helmut Graf

Die einzelnen Medienhäuser könnten natürlich selbst eine Wand bilden, eine Brandmauer der Solidarität, aber dazu müssten sie über den eigenen Schatten springen und dafür fehlen Kraft und Wille.

Die Szene ist zerklüftet und gegeneinander so einfach ausspielbar wie eine Miniknaben-Fußballmannschaft. Der ORF hat andere Interessen als die Verleger. Die Verleger haben andere Interessen als der ORF. Die Verleger haben aber auch untereinander andere Interessen. Es geht ums Geld, vorrangig um das Geld, das der andere hat und nicht man selbst. Noch, das ist die Hoffnung.

Und so kämpfen Verlage, die sich dem Qualitätsbereich zuordnen, gegen Verlage, die dem Boulevard zugeordnet werden. Das Geld aus Inseraten wird verteufelt, weil es angeblich abhängig macht, das Geld auf Förderungen wird glorifiziert, weil es angeblich Unabhängigkeit garantiert. In Wahrheit handelt es sich in beiden Fällen um Steuergeld, es trägt nur ein anderes Mascherl.

Nun ließe sich natürlich einwenden, dass eine höher dotierte Medienförderung von einem unabhängigen Expertise-Gremium vergeben werden könnte (Interessenten scharren schon in den Startlöchern) und es dafür selbstredend klare Qualitäts-Kriterien geben sollte. Dieses "unabhängige Gremium" müsste allerdings von jemandem eingesetzt werden, vermutlich einem Politiker, und da ist die Unabhängigkeit schnell einmal beim Teufel.

Und Unabhängigkeit? In Österreich? Ich weiß, es ist Fasching, aber man kann es mit Jux und Tollerei auch übertreiben.

Noch Fragen? Keine Fragen! Danke! Mediensprecher Christian Hafenecker
Noch Fragen? Keine Fragen! Danke! Mediensprecher Christian Hafenecker
Helmut Graf

Aber da wären ja noch die Qualitäts-Kriterien. Selbstverständlich, das könnte die Mitgliedschaft im Presserat sein, die Frauenquote in Spitzenpositionen oder etwa die Zahl der Korrespondenten-Stellen. "Wunderbar", würden viele sagen, lasst uns doch die Presseförderung in die Höhe schrauben.

Tja, aber was ist dann, wenn die FPÖ Lust verspürt, die Qualitäts-Kriterien anders zu definieren? Heimatpflege? Verbreitung von volkstümlichem Liedgut? Mit Andreas Gabalier im Experten-Gremium? Ein Hirngespinst? Mutmaßlich. Aber man sollte nicht außer Acht lassen, dass Susanne Raab für die ÖVP das Medienkapitel verhandelt, da sind Überraschungen möglich.

Die künftige Regierung wird die Inserate drastisch einschränken, sie hat sich für die Ministerien sportliche Einsparungsziele verordnet. Das wird nicht allein den Boulevard treffen, sondern viele Medien, auch solche, die den Eindruck erwecken, sie würden momentan kein Stück vom Kuchen abbekommen.

Die meisten Einschaltungen von öffentlichen Stellen landen beim ORF, im ersten Halbjahr 2024 waren es 13,3 Millionen Euro, rund doppelt so viel wie die Krone erhielt. Der Standard bekam 4,1 Millionen Euro, 800.000 Euro mehr als Heute. Nur zur Orientierung, ich gönne jedem alles.

Nicht davonrennen, meine Damen, so wartet's doch auf mich!
Nicht davonrennen, meine Damen, so wartet's doch auf mich!
Helmut Graf

Es ist gut möglich, dass Blau-Schwarz die Presseförderung tatsächlich auf neue Beine stellt und mehr Geld dafür ausgibt. Der Empfängerkreis wird sich allerdings auch deutlich erweitern. Es ist nicht zu erwarten, dass die Freiheitlichen ihnen zugeneigte Medienportale vom Trog fernhalten.

Einigkeit wird nötig sein, um den Medienstandort zu retten und sie muss recht schnell hergestellt werden, denn ich rechne damit, dass es Anfang, spätestens Mitte Februar eine neue Regierung geben wird.

Ob es diese Solidarität geben wird? Ich habe da meine Zweifel. Ich hätte die "Erklärung" des "Vereins der Chefredakteur:innen" wirklich gern unterstützt. Darin wird kritisiert, dass Dominik Nepp den Standard als "Scheißblatt" bezeichnet hatte. Ich bin der schlichten Auffassung, dass kein Medium "Scheiße" genannt werden sollte und dass dies im Text auch zum Ausdruck kommen müsste. Darüber konnte leider kein Konsens hergestellt werden.

Als Kickl übrigens mit seiner Rede in Vösendorf fertig war, holte das traditionelle Leben die Partei ein. Ein paar Autos hatten einen Bus zugeparkt, die Kennzeichen wurden von der Bühne herab verlesen. Die Betroffenen mögen so nett sein und wegfahren. Könnten doch alle Probleme so einfach lösbar sein.

Ich wünsche Ihrem Sonntag freie Fahrt. Bis in einer kleinen Weile!

Die KI-Stimme: Wie Stocker in der ÖVP die Macht übernahm

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