Lokale Kritik
Ob Weinstraße oder Untersteiermark: Es ist, wie es isst
Was den Wienern das Ausseerland, ist den Grazern die südsteirische Weinstraße. Eine kulinarische Kurzreise, knapp bevor Maroni und Sturm Überhand gewinnen. Ein Solo des Connaisseurs, sehr zum Missfallen der Cuisinière.
Der Connaisseur wird ihre Alleingänge nicht auf sich beruhen lassen, war der Cuisinière gleich klar, erschienen doch dort, wo man erfährt, wie es ist (und isst) gleich zwei (!) Solo-Läufe der Cuisinière über Istrien (Vendetta Istria und Die istrianische Rache). Dass auch Der Connaisseur schon vor ihr auf eigenen Pfaden wandelte, war ihr umso wichtiger zu betonen!
Dennoch nutzte er einen Kurzausflug in die Südsteiermark, die nicht nur Grazern ein Sehnsuchtsort ist, um diese traumhafte Region auch ein wenig kulinarisch zu vermessen.
Und da Die Cuisinière einige der angestrahlten Lokale selbst kennt und schätzt, war Ihr Widerstand überwindbar; dass sie nicht selber testen konnte, gefiel ihr weniger. Aber ein dezenter Hinweis des Connaisseurs auf ihre Vendetta Istria genügte …
Als guter Ausgangspunkt für Touren im Kernstück der Weinstraße, hat sich einmal mehr das traumhaft gelegene und hervorragend geführte "Winkel Art Hotel" erwiesen.
Praktisch für die Fortbewegung in dieser extrem hügeligen Landschaft sind zweifelsfrei E-Bikes – "Und gesund dazu!", bringt sich Die Cuisinière mit Blick auf die Figur des Connaisseurs ein! Und meinte wohl mehr den nicht vermeidbaren und offenbar bei ihm als dringend notwendig erachteten Kalorienverbrauch!
Nicht weit von der empfohlenen Bleibe im Sulztal, fußläufig, aber hügelig, ist es zum "Fischwirt im Urmeer". Allein wegen des unglaublichen Blickes und der überdachten und wenn notwendig beheizbaren Terrasse muss man das Restaurant des außerordentlich talentierten und erfolgreichen Gastronomen-Clans Grossauer besuchen.
Mit ihren Steakhäusern in Wien, Baden und Graz, der Gastro am Schlossberg und einigen mehr, fahren sie ein Konzept, das trotz der Größe und Vielzahl überall erste Qualität bringt, wie Die Cuisinière anerkennend bemerkt, "das ist wirklich gut gemachte Systemgastronomie".
"Fischwirt im Urmeer", der Name ist Programm, serviert wird Fisch in jeder Kreation – die Cuisinière-Frage "Urmeer??" wird auf später verschoben. Wenn es ums Essen geht, akzeptiert Der Connaisseur keine Ablenkungen.
Das "Sashimi vom Branzino mit Wasabi-Crunch und Zitrus-Mayo" (19 Euro) war tatsächlich nur ein "Happerl", aber sehr geschmackvoll und mit allen Aromen des Urmeeres.
Die Querverkostung der "Quellwassersaiblinge" ("Gebraten" – 23 Euro, bzw. "Auf Weinreben-Holz geräuchert" – 24 Euro) verlief fulminant.
"Und das, obwohl du von der "Fischerhütte am Toplitzsee" verwöhnt bist!?", zeigte sich Die Cuisinière überrascht. Seinen – zugegeben in die Jahre gekommenen – Kalauer "Auch andere Mütter haben schöne Töchter" fand sie jetzt weniger informativ. Und er ließ es dabei bewenden. Aber dafür kam ihre Frage vom Urmeer nicht mehr …
Wenig überraschend für diese Gegend, gibt die Weinkarte beim Fischwirt alle großen Namen und herausragenden Lagen der Region her, und das zu einem vernünftigen Preis ab 29 Euro.
Nicht weit entfernt im Urmeer liegt das "Weingut und Wirtshaus Maitz". Die kulinarischen Lokalkoloriten, von "Steirisches Backhendl" – 16,50 Euro – bis "Kürbisravioli" – 26,50 Euro – klassisch und gut. Und gelegentlich auch überraschend. Mit dem Foto vom "gebeizten Filet vom Duroc-Schwein" konfrontiert, wundert sich selbst die Top-Profi Cuisinière, dass obwohl das Urmeer doch schon lange versiegt sei, "Thunfisch auf den Teller kommt".
Und tatsächlich nennt Maitz das großartige, mit Berglinsen, Curry und Kren servierte Schwein wohlwissend "Steirischer Thunfisch". Die 17,50 Euro ist der "Eichelfisch" (frei nach dem Motto "Kommt ein Mann zum Rabbi") mehr als wert.
Das "Cremige Risotto mit Waldpilzen" kommt mit 27,50 Euro nicht ganz so wohlfeil, aber ebenfalls sehr schmackhaft.
Aber der Höhepunkt der kulinarischen Reise sollte noch folgen: die "Hisa Denk", in Zgornja Kungota, keine zehn Kilometer von der Grenze in der ehemaligen Untersteiermark. Der Connaisseur muss zugeben, der Tipp für dieses mit einem Michelin-Stern und vier Hauben zu Recht gekrönte Restaurant kam schon vor geraumer Zeit von der Cuisinière. "Irgendwie seid ihr euch ähnlich", befand Der Connaisseur, nachdem er schon seinerzeit Gregor Vračko, den Chef dieser kulinarischen Institution, kennengelernt hatte.
Ganz wusste Die Cuisinière nicht, ob das angesichts der bekannten Spitzen des Connaisseurs ein Kompliment gewesen sein soll. Das machte den Connaisseur irritiert und traurig: wie man nur so missverstanden werden kann - und er erläutert: "Unkonventionell, detailverliebt, unglaublich kreativ – und einfach anders!"
Schon hat ihm Die Cuisinière verziehen, dass sie bei ihrer letzten Reise nicht auch in der Hisa Denk war! Stattdessen zog sie Marburg vor – aber darüber breiten wir den Mantel des Schweigens.
Statt von der Cuisinière wurde Der Connaisseur von einer hochgradigen und außerordentlich fachkundigen Spitzen-Reisegruppe ("Wer?", zeigt sich Die Cuisinière neugierig. "Ich sage nur: Barroso – nicht das übliche Gesudere.") begleitet.
In diesem minimalistischen, luft- und lichtdurchflutenden Kubus in dem kleinen, slowenischen Dörfchen Sankt Kunigund wird ganz große Küche geboten. Ausschließlich drei-, fünf- oder siebengängige Degustations-Menüs (drei Gänge nur mittags) zu unglaublichen Preisen werden geboten.
"In der Südsteiermark sagen sie, Gregor ist zu billig", berichtet Die Cuisinière, "und ich muss ihnen recht geben." Denn wo bekommt man ab 58 Euro (in Worten: achtundfünfzig!) ein Ein-Stern-Menü, das eigentlich längst zwei Sterne verdienen würde!
Übrigens, auch die gut sortierte Weinkarte bietet viele wohlfeile und ausgezeichnete Rebensäfte. Slowenien hat hier viel zu bieten! Beginnen tut es, wie von derartigen Spitzen-Restaurants gewohnt, mit den Grüßen aus der Küche. Diesfalls Aal, Schwein, Kalbsschwanz, Miso-Butter und geräucherter Fisch.
Eines besser als das andere. Und auf diesem hohen Niveau, mit unglaublichen Aromen und Geschmacksexplosionen und mit neuen Gaumenknospen geht es weiter, mit Kartoffel-Nockerln mit Eierschwammerln, Forelle mit Hollandaise und Zucchini, ein Wangerl vom Sellerie, Jakobsmuscheln mit Yu-Zu Dashi, weißer Kalbspolenta, Kohlrabi, Stockfisch und dann die Nachspeisen Himbeer-Shiso – Sauerampfer und Pfirsich.
Ein einziges Bilderbuch kulinarischer Höchstleistungen! Und wenn man dann nicht mehr weiter kann, bietet Gregor Vračko in seiner "Hisa Denk" auch noch geräumige und günstige Nächtigungsmöglichkeiten. Auch sehr empfohlen!
"So enthusiasmiert habe ich dich ja noch kaum gesehen!", bringt Die Cuisinière seinen Bericht auf den Punkt.
Und wieder hat sie das letzte Wort! Diesfalls gerne und völlig zurecht!
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Die Cuisinière & Der Connaisseur
- Die Cuisinière und Der Connaisseur arbeiten schon länger projektweise zusammen, haben sich zusammen getan, um über das Essen zu reden. Und nun auch zu schreiben. Es ist, wie es isst!
- Die Cuisinière ist Jacqueline Pfeiffer, Grand-Master Chef – bis vor kurzem Chef, jüngst She-Chef - genannt. War Kochlöffel in diversen Hauben- und Sternehütten in Mitteleuropa ("Adlon", Gstaad, "Marc Veyrat" usw.), irgendwann "Köchin des Jahres" und hatte in den 10er-Jahren im Wiener "Le Ciel" (nach neuer Gault Millau-Zeitrechnung) vier Hauben erkocht. Nunmehr ist sie als Enjoyment-Consultant mit ihrem PfeiffersGiG selbst kochend fast ausschließlich im diskreten gastronomischen Spitzenbereich oder als Beraterin unterwegs.
- Der Connaisseur ist Wolfgang Fischer, war Journalist und Medienmanager, zehn Jahre CEO der Wiener Stadthalle, nunmehr Geschäftsführer der DDSG Blue Danube, bester Freund von Admiral Duck – und Gourmet wie Gourmand seit Jahrzehnten. Also ein klassisch übergewichtiger weiser alter Mann.