Lokale Kritik
Vendetta Istria á la Cuisinière: Sie isst noch immer, wie sie ist
Die Rache der Cuisinière am Alleingang des Connaisseurs geht in Istrien wie angekündigt in die kulinarische Verlängerung.
Zwischen Pula und Medulin, mitten im Wohnviertel von Banjole, liegt also diese "Konoba Batelina". Die Cuisinière vertraute der Kompetenz des freundlichen Personals und folgt den mündlichen Empfehlungen: eine kalte Pflicht-Fisch-Platte (12 Euro), die mit "Einfachheit, Aromen, Finesse und Feinheiten" total überzeugte, nur den Tuna empfand sie als etwas zu trocken. Die "Kugerln" zum marinierten Riblji (8 Euro) brachten sie zum Nachfragen, weil sie "soo gut" waren und sie wissen wollte, woraus diese genau seien.
Einwurf des Connaisseurs: "Also doch Fortbildung?! Was war es also?" Wie gesagt, beim Essen kennt sie keinen Spaß und bellte nur ein kurzes "A Ruh' is'!"
Noch immer wartet Der Connaisseur auf die Antwort.
Die kleine Portion Polenta mit Buchweizen (dem Vernehmen nach speziell für die "Konoba Batelina" von einer Mühle produziert) mit einer Bouillabaisse (6 Euro) "ohne Fisch-Karkassen" hergestellt, war auch eine Freude.
Und wieder mischt sich Der Connaisseur ein und fragt, wie man das ohne Karkassen zusammenbrächte …? "Denk ein bisserl nach! Was könnte man statt dem Skelett nehmen", ließ sie ihn ratlos wie beschämt zurück. Und erzählte schon von der "Spinat-Pasta mit Bottarga" (12 Euro), "erneut eine Bombe für sich!" Sein fragendes Gesicht deutend, erläutert sie dem Connaisseur sicherheitshalber neuerlich, was ein Bottarga ist, nämlich "ein eingesalzener, luftgetrockneter Fischrogen, meist von der Meeräsche oder vom Tuna". Und das Viertel Weiß um 2,75 Euro – "wo gibt es sowas noch" – von Franc Arman aus Porec eine sichere Nummer. "In wirklich guten Lokalen ist auch der vermeintlich einfache Schankwein eine absolute Empfehlung", spricht sie aus Erfahrung.
"Muss man dafür den ältesten Rebstock persönlich kennen?", verweist er auf ihre Maribor-Erkenntnisse.
Weil es ihr alles in allem so gefallen hat, reserviert sie gleich noch einmal für den nächsten Tag. "Wie fad", meinte er. Die Pragmatikerin entgegnete, "wenn etwas gut ist, sollte man es gerade im Urlaub genießen – ich bin ja nicht auf Weiterbildung!" Und kommt erneut nicht um einen kleinen Auszug von der kalten Fischplatte (6 Euro), dazu die Jakobsmuscheln (7 Euro) und die schon bekannten Riblji herum. Die Seezunge war auf der Liste, ob sie aus Istrien oder Dubrovnik kommt, ließ sie ungeklärt – in Erinnerung an die Debatte im "Ragusa". Vorerst zumindest. Denn sie wusste, Der Connaisseur wird diese Frage zweifellos stellen, und da wollte sie sich keine Blöße geben. Die wissende und Die Cuisinière glücklich machende Antwort: "Hier aus der Bucht! Aber ja, aus dem Atlantik sind die Seezungen größer und unterscheiden sich schon geschmacklich!"
Kurz bekam Die Cuisinière einen Schreck? Wurde sie gar gegoogelt? Haben die unseren Newsflix-Artikel übers "Ragusa" gelesen?
"Na, na, jetzt werden wir ein bisserl eingebildet!", holte sie Der Connaisseur auf den Boden zurück.
Die Rache ließ nicht lange auf sich warten: Bei dieser Reise habe sie die Kohlenhydrate stark reduziert, das könne sie dem Connaisseur ebenfalls nur dringend empfehlen … und dann ging sie in Deckung.
Selten, aber doch, bestellte Die Cuisinière ein Dessert. "Ich weiß, die Patisserie ist nicht so deins", ätzte Der Connaisseur. Das überging sie, denn der Mascarpone mit Mandel-Biskuit und Rotweinfeigen (4 Euro) war so sensationell, wie sie vorher vom Nebentisch hörte.
"Und Kohlenhydratfrei??!!"
Am nächsten Tag, bevor Kroatien das erste Europameisterschaftsspiel verlor, versuchte sie in Umag ihr Glück. Ein schöner Platz mit Blick auf den Sonnenuntergang, ohne von aufdringlichen Kellnern hineingezogen zu werden. Sie mag es nicht, wenn das Personal sich schon im Vorbeigehen mit Vornamen vorstellt und in ein Gespräch zu verwickeln versucht. Sie schaffte es und wurde gut platziert, bekam sofort die Karte, bat aber gleichzeitig um ein neues Tischtuch, befand sich doch darauf noch ein Auszug aus der Speisekarte der vergangenen Tage.
Keine Reaktion. Ein anderer Platz? Der nächste flapsiger Kellner zuckte mit der Schulter und fragte, ob sie endlich bestellen wolle, "ja", meinte sie, "wenn frisch gedeckt wird". Das hat ihn etwas aufgeregt und er wachelte mit Blicken und Worten herum und meinte, es sei ja nicht dreckig, was sie sich einbilde? Stimmt, Brösel, Dreck und Haare sind kein Grund, ein Tischtuch zu wechseln, dachte sie sich, stand auf und ließ den Kellner und das Restaurant "Amfora" wortlos hinter sich. Und hätte sich gerne in die Tage davor gebeamt.
Am Heimweg Richtung Österreich fiel ihr ein, das klassische Gericht ihrer Jugoslawien-Kindheits-Urlaube muss doch auch einmal sein – und gierte nach Ćevapčići.
Außerdem benötigte sie das nach den Erlebnissen in Umag. Denn auch das Hotel Boat & Breakfast hatte einen ähnlichen wenn nicht noch schlimmeren hygienischen Standard, wie das Restaurant davor. Also, danach brauchte sie etwas "Deftiges" und durch Zufall fiel sie in die "Taverna Lama" auf einem Campingplatz, mitten in einem herrlichen Pinienwald, samt Ausblick und Gusto auf grandiose und saftige Ćevapčići (15 Euro).
"Haben sie dich dort auch erkannt, liebe Cuisinière?", fiel dazu dem Connaisseur ein.
Letzte Station vor der Heimkehr war Portorož. Und wieder hätte sie es fast geschafft, den Abend ohne Abendessen zu beschließen. "Wirst du nicht gescheiter?", fragte Der Connaisseur, "beim Essen verstehst du doch keinen Spaß?"
In einer Seitengasse neben dem Sportplatz und mit einer Smoker-Wolke vor der Türe rechnet man nicht mit zwei Hauben! Aber die Profi findet die "Ribja Kantina Santa Lucia". Und war schwer begeistert, als sie der Kellner freundlichst und ohne Reservierung als Einzelgast um 21.45 Uhr in Empfang nahm. Der Karte nach meinte Die Cuisinière, mittlerweile Begierde-Istranerin, sie sitze in der Nähe von Abbazia oder Lovran. Das Tuna-Carpaccio mit Tartufo, Der Connaisseur als Tuna-Lover wäre nicht mehr aus dem Schwärmen gekommen, und das um 16 Euro!
Die gebackenen Erdbeeren entpuppten als gratinierte Erdbeeren ( 7 Euro ), was sie keinesfalls als negativ betrachtete. Aber Die Cuisinière musste im Nachhinein schon feststellen, dass die Übersetzungen der Speisekarten auf ihrer Reise gelegentlich fantasievoll waren. "Als Pseudo-Einheimische sollte man halt der Sprache mächtig sein", konnte sich Der Connaisseur nicht verkneifen.
Insgesamt meint sie, dass die Preisgestaltung in dieser Region Sloweniens und Kroatiens nicht immer nachvollziehbar sei, wie sie aus dem Kornaten-Reisebericht "Der Fisch muss schwimmen" weiß. Istrien ist zweifellos preislich günstiger und die wirklich guten Lokale sind tatsächlich – trotz ihrer hochwertigen Produkte und teilweise bemerkenswerten Portionsgrößen – oftmals erschwinglicher, doziert sie. Und da Der Connaisseur das letzte Wort haben muss, meinte er: "Immer auf Qualität schauen. Oftmals ist das Bessere nicht teuer!"
"Dieser Allgemeinplatz war jetzt wichtig!", schloss Die Cuisinière. Endgültig!
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Die Cuisinière & Der Connaisseur
- Die Cuisinière und Der Connaisseur arbeiten schon länger projektweise zusammen, haben sich gefunden, um über das Essen zu reden. Und nun auch andere daran teilhaben zu lassen. Es ist, wie es isst!
- Die Cuisinière ist Jacqueline Pfeiffer, Grand-Master Chef – bis vor kurzem Chef, jüngst She-Chef – genannt. War Kochlöffel in diversen Hauben- und Sternehütten in Mitteleuropa ("Adlon", Gstaad, "Marc Veyrat" usw.), irgendwann "Köchin des Jahres" und hatte in den 10er-Jahren im Wiener "Le Ciel" vier Hauben (nach neuer Gault Millau-Zeitrechnung) erkocht. Nunmehr ist sie als Enjoyment-Consultant mit ihrem PfeiffersGIG fast ausschließlich im diskreten gastronomischen Spitzenbereich unterwegs.
- Der Connaisseur heißt Wolfgang Fischer, war Journalist und Medienmanager, zehn Jahre CEO der Wiener Stadthalle, nunmehr Geschäftsführer der DDSG Blue Danube, bester Freund von Admiral Duck – und Gourmet wie Gourmand seit Jahrzehnten. Also ein klassisch übergewichtiger weiser alter Mann.