Vienna coffee festival

Warum der gute, alte Filterkaffee plötzlich wieder Kult ist

Was lange als Verlegenheitslösung für daheim galt, hat sich zum Kult entwickelt. Filterkaffee ist der heißeste Trend am Vienna Coffee Festival – sogar einen Weltmeister in dieser Disziplin haben wir.

Der jüngste Kaffee-Trend ist eigentlich ziemlich angejahrt: Filterkaffee. Otto Bayer vom "Café Bathasar" in Wien zeigt mit einer klassischen Aufbrühkaraffe von Chemex exemplarisch vor, wie's richtig gemacht wird
Der jüngste Kaffee-Trend ist eigentlich ziemlich angejahrt: Filterkaffee. Otto Bayer vom "Café Bathasar" in Wien zeigt mit einer klassischen Aufbrühkaraffe von Chemex exemplarisch vor, wie's richtig gemacht wird
Herbert Lehmann / picturedesk.com
Newsflix Redaktion
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Was vor noch gar nicht so langer Zeit als Sinnbild für Spießigkeit und Sonntagnachmittags-Kaffeekränzchen galt, hat sich mittlerweile zum "heißesten Sch …" der internationalen Kaffee-Szene gemausert: Filterkaffee. Also jener bittere dunkle Saft, der entsteht, wenn man Kaffeepulver in eine Filtertüte löffelt und mit heißem Wasser aufgießt. Nix Siebträgermaschine, nix 9 Bar auf dem frisch gemahlenen braunen Gold, der trendigste Kaffee derzeit wird genauso zubereitet wie weiland im Schwesternzimmer in der Schwarzwaldklinik.

Filterkaffee 2.0 Oder zumindest beinahe so. Denn der Trend wäre keiner, wenn er nicht mit allerlei Zauberei und Handwerkskunst zeitgemäß veredelt würde. Die Bohnen für den Filterkaffee werden natürlich immer frisch gemahlen, das Filterpapier sollte bestimmten Anforderungen entsprechen und die größte Kunst besteht darin, das Wasser von Hand so behutsam und zärtlich in den Filter zu gießen, dass es auch wirklich die ganze Power aus dem Kaffee herausholen kann, Tröpfchen für Tröpfchen.

Der Stoff, aus dem Barista-Träume sind
Der Stoff, aus dem Barista-Träume sind
Getty Images

Wir sind Filterkaffee-Weltmeister Einer, der das derzeit besser kann als alle anderen, ist Martin Wölfl. Der 33-jährige Niederösterreicher holte beim "World Brewers Cup" im letzten April in Chicago den Weltmeistertitel in dieser Disziplin. Wölfl ist derzeit einer der Stargäste beim "Vienna Coffee Festival" in der Marx-Halle. In Workshops gibt der Aficionado hier noch bis Sonntag, den 8. September, sein Wissen weiter. Und an Interessenten wird es nicht mangeln, denn das Coffee Festival, das heuer zum 10. Mal stattfindet, gehört mittlerweile zu den bedeutendsten einschlägigen Veranstaltungen in Mitteleuropa.

Hotspot für High-End-Kaffee Das Festival gilt als Get-together all jener Koffein-Junkies, die sich dem hochklassigen Kaffee verschrieben haben: Importeure, Röster, Hersteller von Equipment – und natürlich Genießer. In dieser speziellen Genuss-Nische hat sich Wien in den vergangenen Jahren zu einer wahren Hochburg in Europa entwickelt. Verteilt über die ganze Stadt, haben sich mittlerweile dutzende Klein -und Kleinströstereien niedergelassen, meistens mit ebenso winzigen integrierten Coffee-Shops. Hier zählen Individualität und Vielfalt, sowohl bei der Herkunft der Bohnen, wie auch bei deren Verarbeitung.

Filterkaffee-Weltmeister Martin Wölfl und Unternehmer Oliver Goetz
Filterkaffee-Weltmeister Martin Wölfl und Unternehmer Oliver Goetz
Jürgen Hammerschmidt

"Tief drinnen" "Viele der Röster sind so tief in der Sache drinnen, dass sie sogar den Namen der Schwiegermutter jenes Kaffeebauern wissen, dessen Bohnen sie gerade rösten", formuliert es Oliver Goetz leicht überspitzt. Goetz spielt selbst seit 16 Jahren in der heimischen Kreativ-Kaffeeszene mit, führt mittlerweile die Rösterei "Wildkaffee" und widmet sich mit "25 Grams Cold Brew" auch dem trendigen kalt hergestellten Kaffeeaufguss.

Und noch ein Weltmeister Zudem ist er einer der Macher der Österreich-Sektion der "Speciality Coffee Association", einer weltweiten Vereinigung gleichgesinnter "Coffee-Heads", denen es um die Verbreitung und Weiterentwicklung der High-End-Kaffeekultur geht. Hier sind so ziemlich alle organisiert, die mit der Kafeewelt der großen Konzerne nichts zu tun haben möchten und sich in der Spezialisten-Nische sehr wohl fühlen. So etwa auch der junge Felix Teiretzbacher. Er holte 2022 den Weltmeistertitel im Rösten mit seinen Kaffees, die er unter dem originellen Namen "Kaffeelix" vertreibt.

Beim "Vienna Coffee Festival" in der Marx Halle wird noch bis Sonntag, den 8. September, gerochen, gekostet und fachgesimpelt
Beim "Vienna Coffee Festival" in der Marx Halle wird noch bis Sonntag, den 8. September, gerochen, gekostet und fachgesimpelt
Christina Karagiannis

Die 5 wichtigsten Kaffee-Trends

  • Filterkaffee-Comeback: Omas Filterkaffee ist wieder da! Während Espresso und Melange weiterhin ihre Fans haben, entdecken immer mehr Kaffeeliebhaber die Vorzüge des klassischen Filterkaffees neu. Besonders im Specialty-Coffee-Bereich setzen Baristas auf alternative Brüh-Methoden wie V60, Chemex oder AeroPress, um den Geschmack der Bohnen in seiner reinsten Form zur Geltung zu bringen. Und: Österreich hat in dieser Sparte mit Martin Wölfl einen amtierenden Weltmeister.
  • Der "neue" Espresso: Robusta-Bohnen, die traditionell für die Crema und die kräftigen Noten im Kaffee verantwortlich sind, werden immer teurer. Dadurch verändert sich auch der Espresso. Viele Röster setzen daher vermehrt auf Arabica-Bohnen, die in größeren Mengen bezogen werden können und dem Espresso einen weicheren, fruchtigeren Geschmack verleihen.
  • Kaffee aus Mikro-Röstereien: Auch in Österreich wächst das Interesse an kleinen, unabhängigen Röstereien, die sich auf hochwertige, fair gehandelte Bohnen spezialisieren. Mikro-Röstereien bieten Kaffees aus speziellen Regionen und Varietäten an, die eine transparente Lieferkette garantieren. Denn immer mehr Kaffeetrinker suchen nach besonderen Geschmackserlebnissen und achten verstärkt auf Nachhaltigkeit und Herkunft. Und auch Kaffees aus Direct Trade, die den direkten Bezug zu den Kaffeebauern betonen, werden zunehmend beliebter.
  • Cold Brew und Kaffee-Cocktails: Vor allem in der heißen Jahreszeit erfreut sich Cold Brew Kaffee immer größerer Beliebtheit. Diese kalt gebraute Kaffeespezialität erobert die Cafés und wird häufig in Kombination mit Aromen wie Zitrusfrüchten, Vanille oder Gewürzen serviert. Besonders innovativ sind Cold-Brew-Cocktails, die in vielen Bars mittlerweile angeboten werden.
  • Zero-Waste-Kaffee: Kaffee wird zunehmend umweltfreundlich. Immer mehr Cafés und Röstereien setzen auf nachhaltige Lösungen – von kompostierbaren Kaffeebechern und wiederverwendbaren Kapseln bis hin zu Recycling-Initiativen für Kaffeesatz, der als Dünger oder in Kosmetikprodukten verwendet wird. Viele Kaffeebauern und -händler unterstützen zudem Initiativen für faire Arbeitsbedingungen und regenerative Landwirtschaft, um den CO2-Fußabdruck von Kaffee zu reduzieren.
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