"Captain America", Teil 4
Woke Superhelden und ein Pseudo-Trump als Präsident
"Captain America: Brave New World" zeigt, was im Superhelden-Genre falsch läuft: Wirre Story, bombastische Action ohne Sinn und nicht einmal eine Idee von einer Botschaft. Darüber kann auch eine halbherzige Trump-Persiflage nicht hinwegtäuschen. Derzeit im Kino.

Seit einigen Jahren macht sich eine gewisse "Superhelden-Müdigkeit" breit: Waren Filme des Genres vor 10 Jahren noch garantierte Kino-Hits, mussten die erfolgsverwöhnten Studios Marvel und DC zuletzt einige schmerzliche Flops hinnehmen. DC traf es da noch härter, aber auch Marvel legte mit "The Marvels" 2023 einen ordentlichen Bauchfleck hin. Der Film wies mit etwas über 200 Millionen Dollar das schwächste Einspielergebnis aller Marvel-Filme bisher auf, dabei kostete er 250 Millionen.
"Woke" Krachbumm-Action? Doch die Superhelden-Übersättigung äußert sich nicht nur in schwachen Einspielergebnissen, sondern zunehmend auch in Kritik von mehreren Seiten: Fans vermissen Kreativität und frische Ideen und störten sich zunehmend an der "Politisierung" der Filme, denen eine "woke Agenda" unterstellt wurde. Und Filmkritiker verwiesen auf inhaltliche Dünne und darauf, dass die Filme abseits von Krachbumm-Action wenig zu bieten hätten.

Anders ist besser "Deadpool & Wolverine" konnte 2024 den Trend kurzzeitig umkehren (1,43 Milliarden Dollar Einspielergebnis) und sorgte für positive Kritiken, auch das Publikum war zufrieden. Dabei sind die Deadpool-Filme gerade deshalb erfolgreich, weil sie "anders" sind: Nicht jugendfrei, ultra-brutal und mit einem zynischen Humor, der Marvel-untypisch ist. Mit "Captain America: Brave New World" steht nun wieder ein "klassischer" Marvel-Superheldenstoff ins Haus, der auch zeigen wird, wohin die weitere Reise geht.
Ein neuer Captain America Der Film ist der vierte mit der Figur Captain America im Mittelpunkt, die in den bisherigen Umsetzungen von Chris Evans verkörpert wurde. Es ist eine direkte Fortsetzung der Mini-Serie "The Falcon and the Winter Soldier", in der Anthony Mackie als Sam Wilson erstmals in die Captain America-Rolle schlüpfte.

Verwirrende Marvel-Welt Wer bei den vielen Filmen und Serien unter dem Marvel-Logo nicht (mehr) ganz durchblickt, dem sei gesagt: So geht es mittlerweile vielen Zuschauern. Die gesamte Geschichte des Marvel Cinematic Universe (kurz MCU) mit allen damit verbundenen Filmen und Serien sowie allen Querverbindungen kann man hier sehr detailliert nachlesen.
Wer ist Captain America? Die Figur wurde ursprünglich von Jack Kirby und Joe Simon geschaffen und trat 1941 erstmals in einem Comic auf. Der Ur-Captain war ein ausgemusterter US-Soldat, der mit einem Serum "gedopt" wurde, das ihm Superkräfte verlieh. In der Anfangszeit kämpfe er in den Comics oft gegen Nazis und andere Feinde und diente mitunter der Kriegspropaganda. Über die Zeit gab es verschiedene "Alter Egos", die das US-Flaggen-Kostüm tragen durften und so zu Captain America wurden.

Rückkehr der Avengers "Captain America: Brave New World" beginnt damit, dass Sam Wilson als Captain, gemeinsam mit dem neuen Falcon Joaquin Torres (Danny Ramirez), zum neu gewählten Präsidenten Thaddeus "Thunderbolt" Ross (Harrison Ford) bestellt wird, der die Avengers wiederbeleben will. An dem Abend findet im Weißen Haus auch eine internationale Enquete statt, bei der die Verteilung des neu entdeckten Metalls Adamantium unter den Großmächten verhandelt werden soll.
Angriff aus dem Nichts Just an dem Abend ist auf Wilsons Betreiben hin auch Isaiah Bradley (Carl Lumbley) dabei, ein Korea-Kriegsveteran, der 30 Jahre lang von US-Behörden eingesperrt war, an dem Experimente durchgeführt wurden und der verständlichen Groll hegt. Wie aus dem Nichts greift er den Präsidenten an, Unterstützung bekommt er dabei von Ross' Sicherheitsleuten.
Dubiose Mächte Sam Wilson ist sofort klar: Da geht es nicht mit rechten Dingen zu. Gemeinsam mit Torres findet er heraus, dass Bradley bei der Attacke nicht Herr seiner Sinne war. Ein auditiver Trigger löste eine "Trance" aus, er führte ohne sein Wissen den Auftrag böser Kräfte aus. Captain America und Falcon versuchen nun gemeinsam, die Hintermänner des Anschlags ausfindig zu machen …
Superhelden-Flop Dass der neue Captain America an den Erfolg des letzten Deadpool anschließen kann, ist sehr unwahrscheinlich. Denn der Film bietet all das, was zuletzt im Superhelden-Genre genau nicht funktioniert hat: Eine generische, uninteressante Story; Jede Menge substanzlose Action, die ermüdet; Und noch dazu eine äußerst schwammige politische Botschaft, bei der die Macher offenbar selbst nicht genau gewusst haben, wie sie sie gemeint haben.

(K)eine Politische Botschaft … Die Figur des Präsidenten "Thunderbolt" Ross, der bei Wutausbrüchen zum "Red Hulk" wird, weist deutliche Parallelen zu Präsident Donald Trump auf: Ein alter weißer Mann, der in erster Linie an sich selbst denkt und zu Cholerik neigt - viel eindeutiger könnte es nicht sein.
… und keine Trump-Kritik – oder? Als der Film geschrieben und gedreht wurde, rechnete allerdings noch niemand ernsthaft damit, dass Trump tatsächlich erneut ins Weiße Haus einziehen wird. Nun ist das aber der Fall. Und die Macher von "Captain America: Brave New World" sind plötzlich in zahlreichen Interviews bemüht, jegliche politische Absicht dahinter abzustreiten. Es sei ein reiner Unterhaltungsfilm, ließ Marvel wissen, Parallelen zur Realität seien keinesfalls beabsichtigt. Ein wenig seltsam ist es dennoch.

Oberflächliche Diversität Offenkundig ist, dass sich der Film um Diversität bemüht, was angesichts der aktuellen politischen Stimmung in den USA ziemlich nach hinten losgehen könnte: Der Held ist schwarz, sein "Sidekick" ein Latino, die Sicherheitsberaterin des Präsidenten eine Israelin (wobei, das könnte passen). Und am Regiestuhl nahm der in Nigeria geborene Julius Onah Platz. Zugleich wirkt all diese zur Schau gestellte Diversität aber auch zahnlos und sehr oberflächlich.
Nicht Fleisch, nicht Fisch Man schafft so das seltene Kunststück, sehr verschiedene Publikumsgruppen zu enttäuschen: Jene, die die Bemühungen um Diversität in dem Genre begrüßen, werden sich durch die relativierenden Aussagen der Macher, der Film sei nicht politisch und habe keine Botschaft, vor den Kopf gestoßen fühlen. Und die Gegenseite, die in diesen Bemühungen ohnehin einen Irrweg sah, wird mit dem Film aber ebenfalls nichts anfangen können, da die zeitgemäße Hurra-patriotische Botschaft fehlt.

Unterhaltungsfilm ohne Unterhaltungswert Blendet man all diese politischen Implikationen aus und sieht "Captain America" als reinen Unterhaltungsfilm, hat er aber leider auch nur wenig zu bieten. Die Ideenlosigkeit trieft aus allen Poren, die Dramaturgie wirkt wie die Kopie eine Kopie einer Kopie. Und das vorrangige filmische Mittel ist Reizüberflutung. Wenn Marvel sein MCU erfolgreich weiterführen möchte, muss man sich dringend etwas Neues überlegen. Sonst steuert das Superhelden-Genre direkt auf seinen Endpunkt zu.
Fazit "Captain America: Brave New World" ist einfach kein guter Film: Dramaturgische Einfallslosigkeit trifft auf ermüdende Action und schwammige politische Botschaften. Da hilft es am Ende auch wenig, dass Anthony Mackie seine Sache als Captain sehr ordentlich macht und Harrison Ford als cholerischer Präsident überzeugt.
"Captain America: Brave New World", USA 2025, 118 Minuten, jetzt im Kino