neue richtlinie

"Blackbox": Wie uns die EU jetzt beim Fahren über die Schulter schaut

Seit kurzem muss jeder Neuwagen einen "Ereignisdatenspeicher" haben, der alle wichtigen Fahrdaten aufzeichnet. Wer die Daten bekommt, was erfasst wird.

Muss ich mir wegen dem EDR-Dingsda Sorgen wegen Überwachung und so machen?
Muss ich mir wegen dem EDR-Dingsda Sorgen wegen Überwachung und so machen?
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Newsflix Redaktion
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Seit dem 7. Juli 2024 muss jeder Neuwagen, der in der EU zugelassen wird, einen so genannten Ereignisdatenspeicher mit an Bord haben, der alle relevanten Fahrzeugbewegungen aufzeichnet, vergleichbar einer Blackbox in einem Flugzeug. Der Gedanke dahinter ist ein grundsätzlich lobenswerter: Hat das Fahrzeug einen Unfall, kann durch Auswertung dieser Daten möglicherweise die Fahrsicherheit für die Zukunft verbessert werden. So weit die Theorie.

Neue EU-Richtlinie Allerdings: Nicht wenige Autolenker befürchten, dass die EU mit der neuen Richtlinie zur Datenkrake wird, die jede unserer Bewegungen im Pkw aufzeichnet – und die gesammelten Daten im Zweifelsfall gegen uns verwenden kann. Zu schnell gefahren? Wir haben den Beweis. Blinker nicht gesetzt? Die Blackbox weiß alles!

ÖAMTC-Experte klärt auf Aber ist das wirklich so? Zeichnet der neue Datenspeicher jede unserer Handlungen im Cockpit auf? Und können diese Daten, etwa im Falle eines Unfalls, gegen uns verwendet werden? ÖAMTC-Techniker Toni Divkovic, beim Club Experte für Fahrassistenzsysteme, erklärt im Newsflix-Interview, was es mit der neuen Pkw-Blackbox wirklich auf sich hat.

Was macht und kann die "Blackbox", die seit 7. Juli in jedem Neuwagen, der in der EU zugelassen wird, eingebaut sein muss?
Der korrekte Name ist Ereignisdatenspeicher oder kurz EDR, und das sagt auch ganz konkret, worum es sich eigentlich handelt. Wenn einer der Sensoren des Wagens ein Ereignis wahrnimmt, das als Unfall interpretiert wird – also etwa, wenn die Airbags ausgelöst werden oder etwas Vergleichbares –, dann werden die relevanten Daten der letzten paar Sekunden vor diesem Unfall sowie alles, was danach im Wagen technisch passiert, aufgezeichnet.

Der Eventdatenrekorder (EDR) wird im Motorraum verbaut, aktuelle Chips sind klein und finden etwa im ABS-System Unterschlupf
Der Eventdatenrekorder (EDR) wird im Motorraum verbaut, aktuelle Chips sind klein und finden etwa im ABS-System Unterschlupf
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Welche Daten werden konkret aufgezeichnet?
Etwa die Geschwindigkeit des Wagens, der Lenkradeinschlag, der Status der diversen Assistenzsysteme, also ob diese aktiv waren oder nicht, und ähnliche Werte. Es ist eine lange, genormte Liste an Daten, die aufgezeichnet werden. Diese Liste wurde von der EU vorgegeben.

Wie funktioniert das technisch? Wird laufend alles aufgezeichnet und sofort wieder gelöscht?
Im Grunde ja. Der EDR verfügt über einen sehr kurzfristigen Speicher, der nur eine verhältnismäßig kleine Menge an Daten aufzeichnen kann, etwa immer die letzten fünf Sekunden einer Fahrt. Diese Daten werden sofort wieder überschrieben, außer es passiert eben ein Unfall, den das System als solchen erkennt. Dann erwacht die Datenspeicherung und hält alles fest, die letzten fünf Sekunden und was danach geschehen ist.

Muss das auf diese Art gelöst werden, oder könnte evtl. auch ein größerer Speicher verwendet werden, der eine längere Zeitspanne oder mehr Daten festhält?
In der EU-Richtlinie UNECE R160 ist ganz exakt ausformuliert, welche Daten in welcher Frequenz und welchem Ausmaß gesammelt werden sollen und unter welchen technischen Voraussetzungen das geschieht. Da gibt es so gut wie keinen Spielraum.

Chicer Einsatzort: Der V8-Motor in einem "Muscle Car"
Chicer Einsatzort: Der V8-Motor in einem "Muscle Car"
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Das ist aber ganz anders, als es bei Verkehrsflugzeugen geschieht, oder?
Richtig, dieses System ist in keiner Weise mit einer Blackbox, wie sie in einem Verkehrsflugzeug eingesetzt wird, vergleichbar. Die Funktionsweise des EDR in den Autos ist komplett anders. Die einzige Gemeinsamkeit ist, dass die Daten auch nach einem Unfall auslesbar sein müssen.

Wie sieht so ein EDR aus?
Die Hersteller haben freie Hand bei der Gestaltung und Integration des EDR ins Fahrzeug, es müssen lediglich die Anforderungen der Verordnung umgesetzt werden. Der EDR ist ziemlich klein und simpel und die meisten Hersteller integrieren ihn entweder ins ABS-, oder ins Airbag-Steuergerät. Diese Steuergeräte sind kleine elektronische Bauteile mit diversen Schnittstellen – auch optisch ist das nicht mit den Flugdatenschreibern, wie der korrekte Name für die Blackbox ist, in Flugzeugen vergleichbar.

Und wo wird er eingebaut?
Die EU gibt auch das vor. Der EDR muss so verbaut sein, dass er entweder nur durch den Einsatz von Werkzeugen erreicht werden kann – also dass man im Motorraum zuerst andere Bauteile ausbauen muss, um zum Steuergerät zu kommen, in dem auch der EDR sitzt. Oder man muss Zutritt zum Fahrgastraum haben, um an den EDR zu kommen. Das funktioniert dann meistens über den Diagnose-Datenanschluss, der ebenfalls über das Armaturenbrett erreichbar ist, also jene Schnittstelle, wo die Techniker den Laptop anhängen, um Zugang zu den Daten des Fahrzeugs zu bekommen. Die Idee dahinter ist jene, dass der EDR keinesfalls für Unbefugte einfach erreichbar sein darf.

Können die Daten auf dem EDR mit einem simplen Laptop gelesen werden?
Nein, dafür benötigt man ein spezielles Gerät, das entweder über die serielle Schnittstelle an den EDR angeschlossen wird – also eben über das Armaturenbrett oder über den Motorraum. Oder dieses Lesegerät wird direkt an den EDR angeschlossen, etwa wenn das Fahrzeug einen Unfall hatte und ziemlich zerstört ist und der EDR ausgebaut werden musste, um ihn auswerten zu können.

Aufgezeichnet werden etwa die Geschwindigkeit des Wagens, der Lenkradeinschlag oder der Status der diversen Assistenzsysteme
Aufgezeichnet werden etwa die Geschwindigkeit des Wagens, der Lenkradeinschlag oder der Status der diversen Assistenzsysteme
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Können auf Wunsch noch mehr Daten aufgezeichnet werden, die nicht von der EU vorgeschrieben sind?
Nein, es ist exakt geregelt, was aufgezeichnet wird und was nicht.

Wofür werden die gewonnenen Daten eingesetzt?
Primär für die Unfallforschung. Je mehr Unfall-Daten man sammelt, desto besser kann man Schwächen, Signifikanzen oder sonstige Besonderheiten bei einzelnen Modellen oder in bestimmten Situationen herausarbeiten und in der Folge dann gemeinsam mit dem Hersteller beheben, wenn etwas behoben werden muss.

Wer darf die Daten aus dem EDR auslesen?
Nur befugte Personen, die in der Unfallforschung und -analyse tätig sind, sowie Sachverständige und Gutachter.

Dürfen die erhobenen Unfalldaten auch an die Exekutive oder an Versicherungen weitergegeben werden?
Nur, wenn es ein Richter anordnet. Sollte sich also aus einem Unfall ein Gerichtsverfahren ergeben oder zumindest eine juristische Untersuchung stattfinden, dann kann die Herausgabe der EDR-Daten beantragt werden und ein Richter muss dann entscheiden, ob die Daten herausgegeben werden dürfen oder nicht. Das ist vergleichbar mit anderen technischen Geräten, die bei Erhebungen und Untersuchungen eine Rolle spielen könnten, etwa Handys oder Computer. Auch da muss ein Richter erlauben, dass auf die Daten auf dem Gerät zugegriffen wird.

Gilt die Richtlinie in allen EU-Ländern gleichermaßen?
Ja, sie gilt unmittelbar und muss nicht erst in nationales Recht übernommen werden. Es besteht theoretisch die Möglichkeit, die Richtlinie durch Zusatz-Bestimmungen an nationale Besonderheiten anzupassen, aber bei uns sieht es derzeit nicht danach aus, als würde das passieren.

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