GELD-PROFI MONIKA ROSEN

EU-Strafzoll für China: Welche Autos wie teurer werden

Die EU-Kommission will chinesische E-Autos mit Zöllen von bis zu 38,1 Prozent belegen. Was wirklich dahintersteckt, ob das klug ist, warum es auch Tesla betrifft. Geld-Expertin Monika Rosen analysiert.

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Ist es der richtige Schritt, um die Chinesen daran zu hindern, unseren Markt mit billigen E Autos zu überschwemmen? Oder schießen wir uns damit ein Eigentor, weil wir die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen fortsetzen?

In der vergangenen Woche setzte die EU-Kommission einen länger erwarteten Schritt. Mitte Mai hatten die USA beschlossen, Autoimporte aus China mit bis zu 102,5 Prozent versteuern, nun zog die Europäische Union nach. Was Sie dazu wissen müssen:

Was ist der Hintergrund der Entscheidung?
Nicht nur die Amerikaner gehen in einen neuen Handelskrieg mit China. Auch die EU ist dazu bereit. Mit der Ankündigung von Strafzöllen auf chinesische E-Autos dürfte sich die Stimmung zwischen China und den westlichen Industrieländern weiter verschlechtern. Wobei dazugesagt werden muss: Die Strafzoll-Entscheidung der Europäischen Union fiel vergleichsweise moderat aus und wirkt, als wolle man China nicht zu arg provozieren.

Monika Rosen war über 20 Jahre lang Chefanalystin im Private Banking einer österreichischen Großbank. Sie ist auch Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft
Monika Rosen war über 20 Jahre lang Chefanalystin im Private Banking einer österreichischen Großbank. Sie ist auch Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft
Helmut Graf

Warum macht die EU das?
Die Union will gestaffelte Strafzölle einheben. Bis zu 38,1 Prozent sind möglich. Da jetzt schon ein Zoll von 10 Prozent kassiert wird, käme die maximale Höhe dann auf fast 50 Prozent. In Kraft treten soll die Maßnahme am 4. Juli, wenn davor nicht noch eine andere Verhandlungslösung gefunden wird. Die EU-Kommission will damit verhindern, dass China den europäischen Markt mit billigen E Autos überschwemmt.

Wie stark könnten die Zölle Autos verteuern?
Fahrzeuge von BYD würden 17,4 Prozent teurer werden, jene von Geely 20 Prozent, jene von SAIC 38,1 Prozent. Zu SAIC gehört auch die Marke MG, der MG4 ist das momentan meistverkaufte E-Auto aus China in Europa. Von Jänner bis April 2024 wurden 17.668 Fahrzeuge abgesetzt. An der Spitze der Statistik steht das Tesla Model Y mit 67.560 verkauften Einheiten, vor dem Tesla Model 3 mit 31.731 Autos.

Welche Auswirkungen sind zu erwarten?
Es gibt vier Achsen der Betroffenheit. Chinesische Fahrzeuge, die in China produziert und nach Europa exportiert werden. Hier fällt der Strafzoll an. Europäische Autobauer, die in China Autos fertigen und sie dann nach Europa bringen. Hier fällt ebenfalls der Strafzoll an, es ist also ein Schuss ins Knie. Europäische Autobauer, die in China fertigen und ihre Autos in China verkaufen. Da hängen die Folgen von der Reaktion der Chinesen ab. Ebenso wenn europäische Autobauer Fahrzeuge nach China exportieren, dies passiert vor allem im Luxussegment.

Der chinesische Hersteller BYD ist einer der Sponsoren der Fußball-Europameisterschaft
Der chinesische Hersteller BYD ist einer der Sponsoren der Fußball-Europameisterschaft
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Wie viele Autos verkauft China in Europa?
Vergleichsweise noch wenig, aber für die nächsten Jahre ist eine massive Expansion vorgesehen und darauf zielen wohl die Strafzölle ab. BYD verkaufte im Vorjahr 15 644 Fahrzeuge in 19 europäische Länder, bericht4et die "NZZ". Bis 2026 wird aber ein Marktanteil von fünf Prozent in Europa angestrebt. Geely hält seit 2010 die Mehrheit am schwedischen Volvo, die E-Autos sind vor allem unter dem Markennamen Polestar bekannt. Laut "Times" verlagert der Konzern wegen der drohenden Strafzölle die Produktion für Europa nun stark nach Belgien.

Betreffen die Strafzölle auch Tesla?
Ja, klingt seltsam, ist aber so. Tesla ist zwar ein US-Autobauer und fertigt auch in Deutschland, das Model 3 für Europa kommt aber aus der Gigafactory in Shanghai, die in Europa erfolgreichste Serie Y zum Teil ebenfalls. Hier drohen nun Strafzölle von 21 Prozent.

Und wie schaut das mit europäischen Herstellern aus?
Nur ein Beispiel: Der deutsche Autobauer BMW lässt das E-Modell iX3 sowie den elektrischen Mini-Cooper in China für den EU-Markt produzieren. Laut "NZZ" fällt hier ebenfalls ein Sonderzoll von 21 Prozent an.

Kann Europa mit der Maßnahme erfolgreich sein?
Das wird sich zeigen. Im Vorjahr hat die EU chinesische E-Autos im Wert von 11,5 Milliarden Dollar importiert. 2020, also drei Jahre davor, lag der Wert nur bei 1,6 Milliarden Dollar.

Kein Autobauer verkauft in Europa mehr E-Autos als Tesla, sie kommen zum Teil aus China
Kein Autobauer verkauft in Europa mehr E-Autos als Tesla, sie kommen zum Teil aus China
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Wie sind die USA vorgegangen?
Die Vereinigten Staaten haben am 14. Mai verlautbart, ihre Strafzölle auf chinesische E Autos von zuvor 25 auf 102,5 Prozent anzuheben. 100 Prozent Strafzoll auf Fahrzeuge aus China, zuzüglich 2.5 Prozent für alle in die USA importieren Wagen. Im Vergleich dazu nehmen sich die Pläne der EU durchaus maßvoll aus.

Was unterscheidet das Vorgehen von Europa und den USA noch?
In den Staaten wurden die Maßnahme unmittelbar verhängt, die Strafzölle werden also schon eingehoben. In Europa sollen sie erst am 4. Juli gelten, das heißt es ist noch Raum für Verhandlungen. Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck reist diese Woche für Verhandlungen nach China.

Wie könnte eine Reaktion der Chinesen aussehen?
Wenig überraschend hat Peking die Maßnahme scharf kritisiert. Was die eigentliche Reaktion der Chinesen betrifft, so sind zwei Stoßrichtungen denkbar. Einerseits werden sie wohl versuchen, vermehrt in Europa (und auch den USA) zu produzieren, um damit diese Zölle zu umgehen. Der größte chinesische Produzent von E Autos, BYD, hat im Dezember schon den Bau einer neuen Fabrik in Ungarn angekündigt.

Andererseits befinden sich die Lieferketten für E Autos fest in chinesischer Hand. Mehr als drei Viertel der weltweiten Batterieproduktion kommen aus dem Reich der Mitte. Und über die Hälfte der globalen Produktion an Lithium, Kobalt und Graphit werden in China verarbeitet. Das Land hat also einen mehr als großen Hebel, um zurückzuschlagen.

Der vollelektrische Mini Cooper (hier auf der Autoshow in Peking) kommt ebenfalls aus China
Der vollelektrische Mini Cooper (hier auf der Autoshow in Peking) kommt ebenfalls aus China
Picturedesk

Was gegen China spricht?
Der Weg in die USA ist ihnen nunmehr versperrt. Sie können nicht riskieren, nun auch den europäischen Markt zu verlieren.

Wie wären die europäischen Autobauer betroffen?
Für sie würde der Schritt nichts Gutes bedeuten. Viele von ihnen produzieren in China und profitieren von lokalen Fördermaßnahmen. Wenn diese wegfallen, würden ihre Produktionskosten steigen. Davon abgesehen, hat China bereits gedroht, importierte Autos aus der EU mit großem Hubraum mit Zöllen zu belegen. Das wäre extrem nachteilig für BMW, Porsche oder Mercedes.

An sich ist E Mobilität ja ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu einer grünen Zukunft, oder?
Ja, und genau darin liegt ein weiteres wichtiges Argument gegen die Einführung der Strafzölle. Europa hat ambitionierte Ziele bei der Nachhaltigkeit und beim Ausstieg aus fossilen Brennstoffen. Die werden ohne E Mobilität schwer zu erreichen sein, insofern gibt es auch von dieser Seite immer wieder Bedenken gegen die Zölle.

Wie reagieren die Aktien der Autobauer?
Erwartungsgemäß hat die Ankündigung von Strafzöllen den Kursen der europäischen Autobauer zugesetzt. Seit Jahresbeginn liegt der Sektor bei plus / minus 0, was ein deutlich schlechteres Abschneiden als der Gesamtmarkt (+ 6,8% für den breiten Stoxx Index) darstellt.

Die Aktien der chinesischen Produzenten von E Autos sind paradoxerweise auf die Ankündigung von Strafzöllen der EU gestiegen. Offenbar hatte man ein schärferes Vorgehen der EU erwartet. Man hat die Obergrenze von 38 Prozent wohl in Relation zu den 100 Prozent der Amerikaner gesetzt und damit als vergleichsweise weniger schlimm empfunden.

Monika Rosen war mehr als 20 Jahre bei einer heimischen Großbank tätig, ist Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft und gefragte Spezialistin rund um alle Geldthemen

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