"Nur noch ein einziges Mal"
Generation BookTok erobert nun auch Österreichs Kinos
Darauf haben Millionen Fans gewartet: Der Bestseller "Nur noch ein einziges Mal" von Colleen Hoover wurde nun von Hollywood verfilmt, das Ergebnis ist zwiespältig. Ab sofort im Kino.
Eine berührende Geschichte mit einer wichtigen Botschaft, schöne Darsteller, Millionen Fans weltweit: Die Bestseller-Verfilmung "Nur noch ein einziges Mal" nach einem Buch der Texanerin Colleen Hoover hat alles, was ein Blockbuster benötigt. Doch während Fans in den USA (wo der Film seit einer Woche läuft) die Kinos stürmen, halten sich vor allem die Kritiken in der Beurteilung des Films eher zurück. Und nun überschattet auch noch eine Auseinandersetzung zwischen Produzentin und Hauptdarstellerin Blake Lively und Regisseur und Co-Hauptdarsteller Justin Baldoni den Filmstart in Österreich. Was Sie über "Nur noch ein einziges Mal" wissen müssen:
Worum geht es in "Nur noch ein einziges Mal"?
Um Gewalt in der Familie, vor allem Gewalt gegen Frauen, und darum, wie die Thematik häuslicher Gewalt von einer Generation auf die nächste weitergegeben wird. Es ist außerdem eine Liebesgeschichte zwischen einer Frau und zwei Männern – doch das Thema Gewalt überschattet ihre Beziehungen zu beiden Männern gleichermaßen.
Wie geht die Geschichte?
Lily Bloom stammt aus einer Familie, in der der Vater die Mutter Zeit seines Lebens misshandelte, die Mutter jedoch bis zu seinem Tod bei ihm blieb. Lily ist sich dessen klar bewusst, denn beim Begräbnis ihres Vaters – einem hoch angesehenen Mitbürger in der Kleinstadt ihrer Kindheit – hält sie eine Trauerrede, bei der sie sagt, sie werde jetzt fünf Dinge aufzählen, die sie an ihrem Vater am meisten mochte. Dann schweigt sie einige Sekunden lang und verlässt schließlich das Rednerpult.
Doch ungeachtet dieser persönlichen Erfahrungen gerät Lily selbst ebenfalls in eine Beziehung mit einem Mann, der sie misshandelt. Sie heiratet ihn sogar, nur um dann festzustellen, dass die gewalttätigen "Einzelfälle" häufiger werden, auch als sie schwanger wird. Zur selben Zeit trifft sie ihre einstige Jugendliebe wieder, der nicht nur aus ihrer gewalttätigen Beziehung befreien möchte, sondern der auch noch romantische Gefühle für sie hegt.
Wer hat's geschrieben?
Colleen Hoover, eine mittlerweile 44-jährige Texanerin, die als Sozialarbeiterin und Lehrerin arbeitete, ehe sie 2011 als Autodidakt mit dem Schreiben von Büchern begann, die den Genres "New Adult" bzw. "Young Adult" zuzurechnen sind. Ihre mittlerweile 26 Bücher wurden weltweit mehr als 20 Millionen mal verkauft, das amerikanische "Time"-Magazin zählte sie 2023 zu den "100 einflussreichsten Personen der Welt". Ihr Roman "Nur noch ein einziges Mal" (im Original "It Ends With Us") erschien 2016, startete aber erst einige Jahre später so richtig durch, und zwar mit Hilfe der lesehungrigen Community auf BookTok, der Bücher-Plattform auf TikTok. Es ist bis heute Colleen Hoovers erfolgreichster Roman mit einer weltweiten Auflage von mehr als einer Million und seit mittlerweile mehr als 130 Wochen in der Bestsellerliste der "New York Times" vertreten.
Wer sind die Menschen, die das lesen?
Die noch sehr jungen Buch-Genres "New Adult" bzw. "Young Adult" behandeln primär Themen des Erwachsenwerdens, je nach Ausrichtung der Autorinnen (die überwiegende Mehrheit sind Frauen) mit mehr oder weniger explizitem Sex ("Spice") aufgeheizt. Und auch die überwältigende Mehrheit der Leser sind junge Frauen zwischen 14 und 25.
Hält sich der Film an die Buchvorlage?
Weitgehend, allerdings musste Regisseur Justin Baldoni, der übrigens auch die Hauptrolle des feschen, aber gewalttätigen Ryle übernommen hat, einige Kürzungen und Straffungen vornehmen, um die komplexe und vielschichtige Handlung des Buches in 130 Filmminuten Laufzeit unterzubringen. So wird der Film auch von manchen Kritikern als "gehetzt" beschrieben, weil zu viel in zu kurzer Zeit untergebracht werden musste. Auffällig ist auch, dass Lily im Roman 23 ist und im Film jetzt 35 – auch angepasst an das Lebensalter von Hauptdarstellerin Blake Lively. Die Autorin Colleen Hoover meinte dazu in einem Interview, sie wollte das im Film bewusst so umgesetzt haben, um "einen Fehler zu korrigieren", den sie beim Schreiben gemacht hätte.
Was sagen die Kritiken?
Auf Rotten Tomatoes, wo Filmkritiken gesammelt und nach ihrer Tendenz ausgewertet werden, wurde "Nur noch ein einziges Mal" bisher 145 Mal besprochen, 57 Prozent dieser Kritiken waren dabei positiv. Im deutschen Sprachraum, wo der Film dieser Tage anlief, bemängeln viele Kritiken vor allem die glatte, stylishe und teilweise sogar romantisierende Darstellung eines so schwierigen Themas, loben aber auch die ernsthafte und gleichzeitig breitenwirksame Auseinandersetzung mit häuslicher Gewalt.
Und die Zuschauer?
Die meisten lieben den Film, darauf lassen die Kommentare auf Social Media schließen. Und auch die bisherigen Besucherzahlen sprechen für "Nur noch ein einziges Mal". So wurden alleine in der ersten Woche bislang in Nordamerika mehr als 93 Millionen Dollar eingespielt, bei einem Budget von gerade einmal 25 Millionen Dollar.
Was macht den Film sehenswert?
Vor allem, dass die Mechanismen gezeigt werden, wie sich häusliche Gewalt langsam in eine Beziehung einschleicht. Und wie die unscharfe Wahrnehmung der Geschehnisse durch die Betroffenen deren Urteilsvermögen beeinflussen kann. Als etwa Ryle eines Tages im Streit Lily eine Treppe hinunterstößt, manipuliert er sie hinterher derart, dass sie sich selbst nicht sicher ist, was geschehen und weshalb sie im Krankenhaus gelandet ist. Und es wird auch sehr einprägsam vorgeführt, wie Warnsignale beiseite gedrängt werden, wenn sie nicht mit dem eigenen Empfinden in Einklang zu bringen sind.
Und trotzdem gibt es jetzt Streit bei den Filmemachern?
Offenbar gab es bereits bei der Produktion des Films Misstöne zwischen Regisseur und Hauptdarsteller Justin Baldoni einerseits und der Hauptdarstellerin Blake Lively, die bei dem Film auch als Produzentin fungiert. Baldoni, der ein Anhänger der Religion des Bahaismus ist, lenkte bei der Promotionsarbeit für den Film die Aufmerksamkeit der Medien regelmäßig auf das Thema der häuslichen Gewalt gegen Frauen, sprach dabei auch wiederholt überkommene gesellschaftliche Muster an und warb für Hilfs- und Beratungsstellen für Frauen, denen dergleichen wiederfährt.
Was ist dabei das Problem? Blake Lively wiederum promoted "ihren" Film als Feelgood-Movie (was er eindeutig nicht ist) und nach allen Regeln der Hollywood-Kunst – mit unzähligen Red-Carpet-Auftritten im Glitzerkleidchen, an der Seite ihres Ehemannes, Hollywoodstar Ryan Reynolds, und dessen Kollegen Hugh Jackman, mit dem Reynolds derzeit in "Deadpool & Wolverine" erfolgreich ist. Dabei wird von dem Trio meist für beide Filme gleichzeitig Werbung gemacht.
Auf Social Media erhält Lively deshalb derzeit zahlreiche negative Kommentare, weil sie das ernsthafte Anliegen von "Nur noch ein einziges Mal" mit einer ultrabrutalen Superhelden-Buddy-Comedy vermische. Und auch, dass sie im Zuge dieser Promo für ihre eigenes Alkohol-Label "Betty Booze" wirbt, wird ihr angekreidet – immerhin sei Alkohol einer der wichtigsten Auslöser von Gewalt generell und natürlich auch von häuslicher Gewalt. Im Internet, meinen Beobachter, braue sich deshalb gerade ein veritabler Shitstorm über Blake Lively zusammen.
Wird es einen zweiten Teil geben?
Autorin Colleen Hoover hat mit "Nur noch einmal und für immer" eine Fortsetzung ihres Bestsellers verfasst, die 2022 auch auf Deutsch erschienen ist. Mittlerweile haben mehrere Film-Protagonisten durchblicken lassen, dass sie ebenfalls durchaus offen für einen zweiten Teil wären, nur Regisseur Baldoni hat bereits abgewunken – ob Aufgrund der Auseinandersetzungen mit Produzentin Lively, sei dahingestellt. Tatsache ist jedenfalls, dass für eine Kino-Fortsetzung alle Voraussetzungen gegeben sind. Ob – und wann – es wirklich dazu kommen wird, bleibt abzuwarten.
"Nur noch ein einziges Mal", USA 2024, 130 Min., seit 15. August in den österreichischen Kinos