Harte Kritik
Kamera bis KI: Was taugen die neuen iPhones wirklich?
Bis zu 1.949 Euro teuer, aber die wichtigsten Neuerungen gehen in Europa gar nicht. Apple hat die neuen iPhone 16 vorgestellt. Die Geräte-Generation polarisiert wie nie zuvor. Technik-Profi Rene Findenig analysiert.
Apple-Chef Tim Cook stellte seine neuen iPhones gewohnt in Superlativen vor. Von "einer neuen Ära der iPhones" war die Rede, von "bahnbrechenden Möglichkeiten" und von "von Grund auf" neu konzipierten Smartphones. Doch nur Stunden nach der großen Apple-Show, die unter dem Motto "It’s Glowtime" stand, wollen die neuen iPhone-Modelle zumindest bei der Fachpresse und vielen Tech-Experten nicht so wirklich erstrahlen.
Was ist jetzt überhaupt wirklich neu?
Da bleibt nicht allzu viel übrig, wenn man sich die Vorgänger-Generation betrachtet. So gibt es größere Bildschirme, allerdings nur bei den Pro-Modellen des iPhone 16, verbesserte Kameras, stärkere Chips und eine neue Taste für verschiedene Kamera-Funktionen wie den Bildfokus oder den Zoom. Das zumindest erscheint praktisch.
Aber war nicht etwas mit KI geplant?
Das große Highlight hätte tatsächlich "Apple Intelligence" sein sollen, die hauseigene Künstliche Intelligenz des Unternehmens, die so gut wie alles übernehmen soll – Stimm-Assistent Siri könne damit den Nutzern die iPhone-Bedienung erklären, in Videos soll die KI gezielt bestimmte Tonspuren herausfiltern können und die Kameras sollen die fotografierten Objekte analysieren können. Starten soll das KI-Feuerwerk bereits in Kürze und auf Englisch.
Aber?
Das Problem ist dabei gar nicht so sehr, dass andere Hersteller die meisten beworbenen Funktionen bereits seit Monaten in ihren Modellen anbieten – sondern dass Europa vorerst leer ausgehen wird. Richtig: Das bis zu 1.949 Euro teure "ultimative iPhone" wird Nutzern hierzulande seine wichtigste Neuerung vorenthalten.
Warum geht das in Europa nicht?
Grund für die KI-"Sperre" in der EU ist der Digital Markets Act (DMA). Bei diesem liegen Apple und die EU im Clinch, denn der DMA sieht vor, dass "Gatekeeper" wie Apple anderen Anbietern Zugang zu Diensten geben müssen, um nicht eigene Angebote zu bevorzugen und den Markt zu kontrollieren.
Worum geht es in dem Streit?
Apples Fokus bei "Apple Intelligence" liegt allerdings darauf, dass die KI massiven Zugang zu Nutzerdaten auf den iPhones bekommt, um damit schneller und umfassender arbeiten zu können. Gleichzeitig sollen die Nutzerdaten umfassend abgesichert sein – Apple sieht durch den DMA die Privatsphäre seiner Nutzer gefährdet. Ein Streit, der noch Monate, wenn nicht gar Jahre dauern könnte. Und der einen baldigen Start der Apple-KI in Europa unwahrscheinlich macht.
Warum muss Apple jetzt Milliarden zahlen?
DMA ist nicht der einzige Streitpunkt zwischen Apple und der EU: Einen Tag nach der iPhone-Show hat Apple vor dem Europäischen Gerichtshof eine endgültige Niederlage erlitten. Die Richter gaben der EU-Kommission im Streit um "wettbewerbsverzerrende" Steuererleichterungen Recht, der Apfel-Konzern muss nun 13 Milliarden Euro an Steuern nachzahlen.
Was kosten die neuen iPhones eigentlich?
Preislich gibt es praktisch keine Veränderung.
Ab knapp unter 1.000 Euro ist man dabei
- iPhone 16 Ab 949,00 Euro
- iPhone 16 Plus Ab 1.099,00 Euro
- iPhone 16 Pro Ab 1.199,00 Euro
- iPhone 16 Pro Max Ab 1.449,00 Euro
Gibt es auch gute Kritiken für neue iPhone?
Die Einschätzungen der Fachpresse und von Tech-Experten fallen verhalten aus. Positiv lesen sich nur wenige Schlagzeilen, "Apple geht in die KI-Offensive" heißt es bei "Chip", iPhone 16 "mit vielen Verbesserungen vorgestellt" bei "Heise Online", das "iPhone 16 wird wieder interessanter" bei "t3n.de".
Was sagt der Rest der Kritik?
Doch der Großteil scheint nicht so positiv gestimmt. Das neue "iPhone befeuert Apples KI-Chaos", meint der ORF, "das reicht nicht für den großen Wow-Effekt" attestiert "Golem.de",“ Apples Produktfeuerwerk wollte nicht zünden“ befand "Die Presse". Noch düsterer klingt das bei "Watson.de": "Tim Cook stellt das neue iPhone 16 vor – und sorgt für große Enttäuschung".
Warum viele auf das iPhone 17 hoffen?
Beim aktuellen Modell "bleibt auf den ersten Blick nicht viel mehr als Modellpflege", klingt auch die "Bild" enttäuscht. Die "Futurezone" zweifelt daran, dass es für das iPhone 16 "schwierig werden" könnte, "zum Marktstart mit Verkaufsrekorden für Aufsehen zu sorgen" und weist im selben Atemzug auf "zahlreiche Gerüchte" hin, "wonach es beim iPhone 17 endlich tiefgreifende Neuerungen geben wird". Nicht die beste Ausgangslage für das iPhone 16, das es noch gar nicht, sondern erst am 20. September zu kaufen gibt.
Gibt es da zumindest in den US-Medien mehr "Hype"?
Bedingt, wie ein schneller Überblick zeigt.“ Am wichtigsten ist, dass es in Pink erhältlich ist“, spricht bei "Mashable" Bände, "Apple kommt zu spät zur KI-Party" bilanziert "The Verge".
Was sagen die Entwickler?
Auch bei den Content Creatoren will das Apple-Feuerwerk vorerst nicht zünden. Der YouTuber Marques Brownlee, der die Modelle bereits in der Hand hielt, sammelte mit einem ersten "Hands On"-Video in nur einer Stunde 600.000 Aufrufe. Brownlee gilt als der Tech-Experte unter den YouTubern schlechthin und setzt die iPhone-Modelle regelmäßig auf seine Bestenlisten.
Was hat Brownlee enttäuscht?
Auch er klingt dieses Mal zurückhaltend. Seine ersten Eindrücke: Beim iPhone 16 handle es sich um ein "sehr kleines inkrementelles Update", die am meisten "unterbewertete Hardware" seien die größeren Akkus und neben gelobten Verbesserungen wie der neuen Taste und den größeren Displays sei "wirklich enttäuschend", dass teure Smartphone-Flaggschiffe im Jahr 2024 weiter nur eine Display-Bildwiederholrate von 60 Hertz bieten würden. Klingt nicht gerade so, als würde sich für das iPhone 16 heuer der Titel "bestes Smartphone 2024" ausgehen.