usa im ausnahmezustand

Showtime! So erlebte Amerika die Sonnenfinsternis

Das seltene Schauspiel wurde am Montag zum Mega-Ereignis, das ganz Nordamerika für mehrere Stunden verzauberte.

Prachtvolles Bild: So zeigte sich die Sonnenfinsternis in Bloomington, Indiana
Prachtvolles Bild: So zeigte sich die Sonnenfinsternis in Bloomington, Indiana
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Newsflix Redaktion
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Sogar Google spielte mit. Wer am Montagabend die Suchmaschine öffnete, bekam eine kurze Simulation der Sonnenfinsternis geboten. So konnte die ganze Welt dabei sein und nicht nur die amerikanische Nordhalbkugel – jetzt einmal abgesehen vom Livestream der NASA.

Nüchtern betrachtet, dauerte die Show gerade einmal eineinhalb Stunden, man wusste bereits vorher ganz exakt, wann und wo sie beginnen wird und wo sie endet und der Ausgang ist auch seit Jahrtausenden der gleiche. Jeder Super Bowl ist spannender. Und trotzdem: Es war ein Megaspektakel.

Vom emotionalen Aspekt her – und auf Emotionen versteht man sich in den USA bekanntlich – war die am Montag in Nordamerika sichtbare totale Sonnenfinsternis eine Once-in-a-Lifetime-Experience, wie man so schön sagt. Und tatsächlich gilt sie auch nach klassisch-astronomischen Gesichtspunkten als eine der spektakulärsten der letzten Jahrzehnte.

Die Niagara Fälle bei Buffalo wurden von den Besuchern gestürmt – trotz Bewölkung
Die Niagara Fälle bei Buffalo wurden von den Besuchern gestürmt – trotz Bewölkung
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Sonnenfinsternis der Superlative Es war die Bahn sowie die relativ große Breite ihrer sogenannten Totalitätszone, also jenes Streifens, in dem die Verfinsterung der Sonne 100 Prozent beträgt, die die Sonnenfinsternis am 8. April 2024 so außergewöhnlich machte. Denn während die letzten derartigen Ereignisse meist über spärlich oder gar nicht bewohntem Gebiet stattfanden, überquerte diese Sonnenfinsternis 15 US-Staaten und erreichte schließlich Neufundland in Kanada.

In diesem Korridor leben etwa 44 Millionen Menschen, die in Nationalparks, auf Dächern, in Stadien, bei den Niagarafällen auf Hochhäusern warteten, in Dunkelheit getaucht zu werden.

Eine bessere Chance, eine totale Sonnenfinsternis zu erleben, wird sich für viele Amerikaner in diesem Leben kaum mehr bieten. Die nächste totale Sonnenfinsternis, die den Kontinent so großflächig berühren wird, findet erst wieder im Jahr 2045 statt.

USA im Ausnahmezustand Und so befand sich das Land seit vielen Wochen im Prä-Sonnenfinsternis-Ausnahmezustand. Jene Regionen, die in der Totalitätszone liegen, wurden mit Hotelanfragen aus den ganzen Staaten überflutet, wer irgendetwas zu vermieten hat, wo Gäste nächtigen können, vermietet es teuer – bis zum zehnfachen Preis.

    Hinter der Freiheitsstatue in New York verdunkelt sich der Himmel
    Hinter der Freiheitsstatue in New York verdunkelt sich der Himmel
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    Los ging es aber in Mexiko. In Mesquite hatte es die letzte totale Sonnenfinsternis vor etwa 150 Jahren gegeben. Hunderte Menschen in der Innenstadt jubelten und pfiffen, als der Mond die Sonne dann ganz verdeckte, wurde die Menge noch lauter.

    Von Texas im Süden, wo die Finsternis um 18.30 Uhr Lokalzeit erstmals auf US-Boden traf (und wo Wolken sich erst im letzten Moment verzogen), über Austin und Dallas, Arkansas, Illinois und Indianapolis zog der Schatten weiter zu den Niagarafällen. Um 19.45 Uhr Ortszeit ließ die Sonnenfinsternis auf Neufundland schließlich den amerikanischen Kontinent hinter sich. Am längsten zu sehen war sie im nördlichen Mexiko, wo die Phase der Finsternis mit vier Minuten und 28 Sekunden berechnet worden war.

    250 Millionen Zuschauer Die letzte totale Sonnenfinsternis auf amerikanischem Boden fand 2017 statt. Sie hatte eine wesentlich schmälere Totalitätszone – die war damals 115 Kilometer breit, während sie jetzt fast 200 Kilometer breit sein wird – und dauerte auch nicht so lange (maximal zwei Minuten und 40 Sekunden), war aber ebenfalls in weiten Teilen des Landes zu sehen. Nach NASA-Schätzungen sahen seinerzeit etwa 215 Millionen Amerikaner die Sonnenfinsternis, eine Zahl, die heuer locker getoppt wurde. Von bis zu 250 Millionen Beobachtern gehen Astronomen aus.

    Der damalige US-Präsident Donald Trump mit First Lady Melania am Balkon des Weißen Hauses bei der letzten totalen Sonnenfinsternis in den USA am 21. August 2017. Der Blick zum Himmel ohne Schutzbrille wurde dem Präsidenten seinerzeit massiv zum Vorwurf gemacht.
    Der damalige US-Präsident Donald Trump mit First Lady Melania am Balkon des Weißen Hauses bei der letzten totalen Sonnenfinsternis in den USA am 21. August 2017. Der Blick zum Himmel ohne Schutzbrille wurde dem Präsidenten seinerzeit massiv zum Vorwurf gemacht.
    Ron Sachs / Action Press / picturedesk.com

    Angst vor Unfällen und Chaos Und es wären nicht die USA, wenn es nicht auch massive Warnungen vor den möglichen Auswirkungen der Sonnenfinsternis gewarnt worden wäre. So fürchteten viele Bürgermeister chaotische Zustände in ihren Städten, wenn zigtausende Sonnenfinsternis-Fans bei ihnen einfallen. Und Verkehrsexperten rieten, das Auto erst sicher abzustellen, ehe man den Blick zum Himmel richtet. Andererseits wird in den USA auf den Deckel eines Heißgetränks auch die Warnung aufgedruckt, dass der Inhalt heiß ist …

    Euphorie-Hype Die Mehrzahl der unzähligen Vorab-Berichte in den US-Medien stimmte die Bürger des Landes aber vor allem auf den zu erwartenden euphorisierenden Charakter des bevorstehenden Ereignisses ein. So wurde etwa untersucht, dass Menschen, die die letzte totale Sonnenfinsternis 2017 im Totalitätspfad, also in der dunkelsten Zone, beobachten konnten, sich stärker als Teil eines Kollektivs fühlten als diejenigen, die sich außerhalb des Pfades befanden. Auch so ist wohl zu erklären, weshalb gefühlt ein ganzer Kontinent danach strebte, sich am Montag in einem knapp 200 Kilometer breiten Streifen des Landes aufzuhalten.

    Countdown zur "Total Solar Eclipse": Ankündigungstafeln wie diese in Erie, Pennsylvania, zählen derzeit in den gesamten USA die verbleibenden Tage und Stunden bis zum großen Moment.
    Countdown zur "Total Solar Eclipse": Ankündigungstafeln wie diese in Erie, Pennsylvania, zählen derzeit in den gesamten USA die verbleibenden Tage und Stunden bis zum großen Moment.
    Gene J. Puskar / AP / picturedesk.com
    Die nächste totale Sonnenfinsternis in Zentraleuropa wird am 3. September 2081 stattfinden
    Sie wird dann auch in Innsbruck und Villach zu sehen sein

    Sonnenfinsternis 1999 Wer allerdings die letzte totale Sonnenfinsternis in Mitteleuropa am 11. August 1999 selbst miterlebt hat, versteht die Aufregung der Menschen in Nordamerika. Es gibt wahrscheinlich nur wenige Ereignisse, die die Menschheit gleichermaßen kollektiv in Euphorie zu versetzen vermögen wie diese wenigen Minuten Himmelsschauspiel. Und auch für fast alle Menschen, die 1999 in Mitteleuropa dabei gewesen sind, wird es eine Once-in-a-Lifetime-Erfahrung gewesen sein. Die nächste Sonnenfinsternis, deren Vollschatten über Zentraleuropa führen wird, ist für den 3. September 2081 errechnet worden. In Österreich werden dann u.a. Innsbruck und Villach in der Totalitätszone liegen – falls Sie vielleicht schon einmal ein Zimmer reservieren möchten …

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    #Menschenwelt
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