E-mobilität

So sieht der VW-Chef die Zukunft der Verbrennerautos

Österreichs Kanzler engagiert sich in der Erhaltung von Benzin- und Dieselwagen. Thomas Schäfer, CEO von Volkswagen, sagt nun in der "NZZ", wie die Hersteller darüber denken. "Verlässlichkeit" heißt das Zauberwort.

Volkswagen-Chef Thomas Schäfer, hier vor einem legendären Käfer, glaubt an die E-Mobilität
Volkswagen-Chef Thomas Schäfer, hier vor einem legendären Käfer, glaubt an die E-Mobilität
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Newsflix Redaktion
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Gegen Ende des Wahlkampfes für die EU-Wahl bereicherte Österreichs Kanzler Karl Nehammer die Debatte um einen Autogipfel. Die Idee dazu entstand relativ spontan, die ÖVP-Meinungsforschung hatte erkannt, dass hier Stimmen zu holen wären. Nehammer positionierte sich also als Retter der Benzin- und Dieselautos. Genau genommen plädierte er für Technologie-Offenheit, der Kanzler räumte den so genannten E-Fuels große Chancen ein. Deshalb stemmt er sich gegen das Verbrennerverbot mit 2035, die EU hatte sich das als Ziel gesetzt. Angeblich!

Tatsächlich einigte sich die Europäische Union 2023 darauf, dass ab 2035 nur noch Neuwagen verkauft werden dürfen, die kein CO2 ausstoßen. Auf diesen Kompromiss hatte Deutschland hingearbeitet, die Autoindustrie im Land tut sich mit der Umstellung auf die E-Mobilität schwer. Also wird auf E-Fuels gesetzt, die etwas behübscht als grüne Technologie verkauft werden. In Wirklichkeit handelt es sich um die künstliche Herstellung eines Treibstoffes, dabei kommt Strom zum Einsatz, das Verfahren ist teuer und verbraucht recht viel Energie.

E-Fuels sollen deshalb hinkünftig vor allem in der Schifffahrt und im Flugverkehr, hier als Ersatz für Kerosin, eingesetzt werden, nicht aber in Privatautos. Nehammer glaubt aber an die Forschung, die eine Herstellung des künstlichen Treibstoffs günstiger machen soll. Der Autogipfel war nicht der erste seiner Art, schon bei der Präsentation des Zukunftsplans der ÖVP, "Österreich 2030", sagte der Kanzler, er werde sich in der EU dagegen aussprechen, "den Verbrennungsmotor zu verbannen".

Technologieklarheit: Wo der Einsatz von Wasserstoff und E-Fuels sinnvoll ist
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Wie aber sehen das die Hersteller, die Autobauer also? Österreich spielt vor allem in der Zulieferindustrie nach Deutschland eine bedeutsame Rolle. Im Interview mit der "Neuen Zürcher Zeitung" schildert Thomas Schäfer nun die Sicht der Industrie auf das Thema. Der gelernte Maschinenbau-Diplomingenieur ist seit 1. Juli 2022 Mitglied des VW-Konzernvorstands und CEO der Marke Volkswagen. Die wichtigsten Passagen aus dem Interview:

Ob der Verbrenner ein Comeback feiert
Die Verkäufe von E-Fahrzeugen sind rückläufig oder stagnieren. Das ist nicht nur bei uns so. Die Zulassung von reinen Elektroautos ging im Mai in Österreich um 16,5 Prozent zurück, Hybridantriebe konnten ihr Niveau halten. VW-Chef Thomas Schäfer sieht darin keinen Trend. 2Es mag sein, dass der hohe Strompreis und ein Rückgang bei der staatlichen Förderung temporär für eine Renaissance der Verbrenner-Antriebsformen sorgen", sagt er in der "Neuen Zürcher Zeitung". "Am Ziel des Ausstiegs aus dem Verbrennungsmotor zugunsten der Elektromobilität ändert das aber nichts. Das ist eine große Transformation, und die verläuft eben nicht linear."

Ob er an das Aus für das Verbrenner-Aus in der EU glaubt
Die EU-Wahl hat einen Rechtsruck in Europa gebracht, auch einige konservative Parteien flirten wieder mit Benzin und Diesel, weil sie ihre Wählerschaften in diesem Segment vermuten. Schäfer hält das "nicht für die relevante Frage". Er finde die "Polemik rund um das Verbrenner-Aus nicht hilfreich", sagt er, aber: "Ganz ehrlich: Der eigentliche Punkt ist doch, wie wir die Mobilitätswende schaffen, um damit die CO2-Emissionen im Verkehrssektor deutlich zu reduzieren, wozu wir alle – Politik, Industrie und Gesellschaft – uns verpflichtet haben."

Bundeskanzler Karl Nehammer während eines Interviews
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Was für ihn die entscheidendsten Kriterien dafür sind
"Ladeinfrastruktur, erschwingliche Einstiegsmodelle und ein niedriger Strompreis."

Wie sich VW bei der E-Mobilität schlägt
Im Vorjahr machten die reinen E-Autos bei Volkswagen einen Anteil von nur rund acht Prozent im Verkauf aus. Bis 2030 hatte man sich das Ziel gesetzt, bei einem Anteil von 80 Prozent zu landen. Schäfer gesteht ein, dass es "vielleicht nicht genau auf diesen Anteil" hinausläuft, im Vorjahr habe man Probleme bei der Beschaffung von Halbleitern gehabt. Gegen Ende des Jahrzehnts werde aber ein Großteil der verkauften Fahrzeuge vollelektrisch sein.

Was Gift für den Verkauf ist
Das ist eine der zentralen Passagen des Interviews, denn diesen Vorwurf hört man aus der Wirtschaft gegenüber der Politik häufig. Sie sage einmal hü, dann wieder hott. Auf den Beschluss für das Auslaufen von CO2-Schleudern folge die Debatte, ob der Ausstieg klug sei. Es sei für die Käufer wichtig, sagt Schäfer, "dass damit eine Verlässlichkeit verbunden ist und Zusagen nicht abrupt verändert werden".

Ob die Regierung die E-Mobilität massiv fördern sollte
Auch hier können die Autobauer mit den Rösselsprüngen der Politik nichts anfangen. "Wenn sich die Förderkulisse von einem Tag auf den anderen ändert, verunsichert das die Kundschaft und die langfristig planende Industrie", sagt Schäfer. "Wenn der Umstieg auf die E-Mobilität gelingen soll, brauchen wir Verlässlichkeit. Da muss jeder seinen Beitrag leisten. Dazu gehört auch die Politik – in welcher Form auch immer."

2026 will VW ein E-Auto – Arbeitstitel momentan "ID.2all" – für unter 25.000 Euro auf den Markt bringen
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Wer es bei der E-Mobilität derzeit gut macht
Schäfer nennt zwei Beispiele. Prag, weil man E-Autos überall und zu jeder Zeit kostenlos parken könne. Und Norwegen, weil hier mit einem Mix aus niedrigen Steuern, günstigem Strom und einer engmaschigen Ladeinfrastruktur Anreize für einen Umstieg geschaffen würden.

Wann E-Autos billiger werden
Eine zentrale Rolle spiele hier die Batterie, sagt Schäfer. Sie mache bei einem E-Auto rund 40 Prozent des Kostenanteils aus. "Deswegen ist die Herstellung von kleinen E-Autos wirtschaftlich bisher kaum möglich." VW will 2026 den ID. 2all  auf den Markt bringen, der unter 25.000 Euro kosten soll.

Warum er vor China keine Angst hat
Weil die deutschen Autobauer inzwischen ihre Lektion gelernt haben. "Wir entwickeln in China für China – und zwar in chinesischem Tempo", sagt Schäfer. Und weil China seine Autos in Europa bauen wird müssen. "Einfach aus China heraus Produkte in Europa zu chinesischen Preisen anzubieten – das wird nicht funktionieren."

Was er von den EU-Strafzöllen für chinesische Autos hält
Offenbar wenig, obwohl China seine Autos mit hohen staatlichen Subventionen billig hält und den europäischen Markt so überschwemmen könnte. "Wände hochzuziehen, ist keine Lösung", sagt Schäfer. "Wir brauchen den freien und fairen Handel. Wir müssen aus eigener Kraft fähig sein, in Europa starke und wirtschaftliche Produkte herzustellen. Konkurrenz fördert dabei Innovation, und die kommt letztlich unseren Kunden zugute."

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