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"Becoming Karl Lagerfeld": Wie aus der Arbeitsbiene ein Mode-Genie wurde

Karl Lagerfeld (1933-2019) war der einzige deutsche Modeschöpfer von Weltrang. Die Serie "Becoming Karl Lagerfeld" erzählt, wie der gebürtige Hamburger wurde, was er schließlich war. Ab 7. Juni auf Disney+.

Der Modemacher und sein Lebensmensch: Karl Lagerfeld (Daniel Brühl, l.) mit seinem Partner Jacques de Bascher (Théodore Pellerin) im Jahr 1972 in Paris. Die neue Serie "Becoming Karl Lagerfeld" (ab 7. Juni auf Disney+) stellt die Jahre zwischen 1972 und 1981 in den Fokus
Der Modemacher und sein Lebensmensch: Karl Lagerfeld (Daniel Brühl, l.) mit seinem Partner Jacques de Bascher (Théodore Pellerin) im Jahr 1972 in Paris. Die neue Serie "Becoming Karl Lagerfeld" (ab 7. Juni auf Disney+) stellt die Jahre zwischen 1972 und 1981 in den Fokus
Hulu / Disney+
Newsflix Redaktion
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Seine ersten Sporen als Modemacher verdiente sich Karl Lagerfeld als 21-Jähriger, im Rahmen eines Nachwuchswettbewerbs in Paris, bei dem Amateure ihre Entwürfe einsenden konnten. Der junge Deutsche, der bereits mit 19 in die Mode-Hauptstadt der Welt übersiedelt war, zeichnete dafür einen Wollmantel – und gewann. Den Sieg in der Kategorie Abendkleid beim gleichen Wettbewerb errang ein junger Modeschöpfer, der zu diesem Zeitpunkt im Atelier von Mode-Gott Christian Dior arbeitete. Sein Name: Yves Saint Laurent.

Duell zweier Ausnahmekönner Hier der fleischige Deutsche – der "Teutone", wie er genannt wurde – mit seinem Wollmantel (der übrigens später bei Balmain in Produktion ging), da der schlanke Franzose mit seinem filigranen Abendkleid. Klarer konnten die Fronten nicht gezogen werden beim ersten Aufeinandertreffen zwischen den beiden späteren Superstars der französischen Mode. Und auch wenn die Männer zunächst freundschaftlich miteinander verkehrten, sollten schon bald Neid, Missgunst und Eifersucht das Verhältnis zwischen "KL" und "YSL" bestimmen – und vor allem für den Deutschen zum beherrschenden Thema seiner ersten Jahre in Paris werden.

Karl Lagerfeld (Daniel Brühl) und Yves Saint Laurent (Arnaud Valois) Anfang der 1970er-Jahre in Paris. Zu diesem Zeitpunkt kennen sich die beiden Modemacher bereit seit fast 20 Jahren
Karl Lagerfeld (Daniel Brühl) und Yves Saint Laurent (Arnaud Valois) Anfang der 1970er-Jahre in Paris. Zu diesem Zeitpunkt kennen sich die beiden Modemacher bereit seit fast 20 Jahren
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KL vs. YSL Die Rivalität zwischen dem Deutschen und Saint Laurent ist auch Thema der neuen Serie "Becoming Karl Lagerfeld", die dessen Aufstieg in der Pariser Modeszene in den Fokus stellt. Lagerfeld etablierte sich Ende der 1960er-, Anfang der 1970er-Jahre zusehends, was nicht all seinen französischen Kollegen gleichermaßen passte. Und dazu verliebte er sich auch noch in den Playboy Jacques de Bascher, der allerdings auch Yves Saint Laurent nahe stand. Es entspann sich schließlich eine Dreiecksbeziehung, die das Tuch zwischen KL und YSL vollends zerschnitt. "Becoming Karl Lagerfeld" ist ab dem 7. Juni auf Disney+ abrufbar.

Lagerfeld, die Serie Die sechsteilige französische Miniserie basiert auf dem Buch "Kaiser Karl" der französischen Journalistin Raphaëlle Bacqué (das es bislang nicht auf Deutsch gibt) und konzentriert sich auf die Jahre 1972 bis 1981. Zu diesem Zeitpunkt ist Karl Lagerfeld als Modedesigner wie Geschäftsmann zwar längst gut im Geschäft, gilt aber in der extrovertierten Pariser Modeszene aufgrund seiner wenig leutseligen Art eher als Außenseiter. Auch ist er optisch noch lange nicht jene "Marke", mit der man den Menschen Lagerfeld in späteren Jahren assoziieren sollte: kein gepuderter Pferdeschwanz, keine Sonnenbrillen, kein Fächer. Dafür einiges an Selbstzweifeln – und Zorn darüber, dass ihm jene Anerkennung verweigert wird, die er sich aufgrund seines Talents und seines Eifers erwartet.

Die Glamour-Welt wird aufmerksam Die Tugenden, mit denen Karl Lagerfeld die Modewelt dabei aufrollt, gelten als typisch deutsch: Er ist fleißig und diszipliniert, penibel, gut organisiert und streng mit sich selbst – kein Alkohol, keine Drogen. Nur so ist auch sein Arbeitspensum durchzuhalten – der Modemacher arbeitet Tag und Nacht. Für das Haus Chloé, für Fendi in Rom, für sein erstes eigenes Unternehmen. Seine Kreativität macht ihn auch für den jetset interessant und langsam kommen auch die ersten prominenten Kundinnen.

Karl Lagerfeld (Daniel Brühl) wird von Paloma Picasso (Jeanne Damas, re.), der Tochter des großen Malers, gefördert
Karl Lagerfeld (Daniel Brühl) wird von Paloma Picasso (Jeanne Damas, re.), der Tochter des großen Malers, gefördert
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Wie Lagerfeld zu Lagerfeld wurde Nicht ohne Grund heißt die Serie "Becoming Karl Lagerfeld", was so viel bedeutet wie: "Zu Karl Lagerfeld werden". In jenen Jahren, in denen die Serie spielt, wird dem Modeschöpfer offensichtlich erstmals bewusst, wie wichtig es ist, nicht nur solide Arbeit abzuliefern, sondern dem Publikum auch ein Bild zu geben, an dem es sich festhalten und an das es sich erinnern kann. Und so sehen wir ihn mit fortlaufender Handlung schließlich nicht mehr mit einer zentimeterdicken Haarmatte am Hinterkopf, sondern bereits mit dem sorgfältig gestriegelten Pferdeschwanz, der zu seinem wichtigsten Markenzeichen werden sollte.

Es wurde nicht gespart Die Umsetzung der Serie ließ sich Disney ordentlich Geld kosten, die Produktion beeindruckt mit Opulenz, egal wo man hinschaut. Das Paris der frühen 1970er wirkt zum Greifen plastisch, die Sets sind ausgesucht stilvoll. Insgesamt beschäftigte man 2.200 Statisten (!) und es wurden mehr als 3.000 Kostüme gefertigt. Der Soundtrack ist eine gelungene Mischung aus zeitgemäßer Discomusik, durchsetzt von einigen überraschenden Perlen, sowie einem eigens komponierten Score.

Daniel Brühl IST Lagerfeld Auch bei der Auswahl des Casts wurde nichts dem Zufall überlassen. Den Maestro spielt Daniel Brühl, als wäre er dabei gewesen – auch wenn sich seine persönliche Lagerfeld-Erfahrung auf ein kurzes Fotoshooting beschränkt, bei dem ihn Hobbyfotograf Lagerfeld einst abgelichtet hat. Für deutschsprachige Seher sticht zudem Sunnyi Melles aus der Besetzungsliste heraus. Sie gibt eine alternde Marlene Dietrich, die sich nach Paris zurückgezogen hatte und ihre Karriere langsam ausklingen ließ. Und die in Lagerfeld einen Komplizen in ihrer Skepsis gegenüber den  Deutschen, aber auch in ihrer Liebe zu dem Land und seiner Kultur, fand.

Disco! Nur selten lässt sich Karl Lagerfeld (Daniel Brühl) gehen, auch wenn die ganze Stadt Paris wie eine einzige lange Party wirkt in den frühen 1970er-Jahren
Disco! Nur selten lässt sich Karl Lagerfeld (Daniel Brühl) gehen, auch wenn die ganze Stadt Paris wie eine einzige lange Party wirkt in den frühen 1970er-Jahren
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Weiterhin viele Rätsel nach Lagerfelds Tod Aber während die Serie "Becoming Karl Lagerfeld" ein Streiflicht auf jene Zeit wirft, als der Modeschöpfer zu jenem Genie wurde, als das er später weltweite Bekanntheit erlangen sollte, hat der Tod Lagerfelds im Frühjahr 2019 einige bis heute nicht beantwortete Fragen aufgeworfen. Und auch darüber hinaus hat die Öffentlichkeit nur selten einen Blick hinter Lagerfelds sorgsam errichtete und gepflegte Fassade werfen können. Dabei gibt es einige Punkte im Leben des kreativen Genies, die bis heute der breiten Öffentlichkeit nahezu unbekannt sind. Newsflix hat die wichtigsten Antworten zusammengetragen:

Woran starb Karl Lagerfeld eigentlich?
Entgegen der breit gestreuten Vermutung, dass Lagerfeld an Bauchspeicheldrüsenkrebs gestorben sei, wurde nach seinem Ableben bekannt, dass er bereits jahrelang an Prostatakrebs gelitten hatte. Sein Chauffeur und Bodyguard Sebastien Jondeau erzählte, dass Lagerfeld vieles unternommen habe, um niemanden an diesem Geheimnis teilhaben zu lassen. Und als er am 18. Februar 2019 ins Amerikanische Krankenhaus in Neuilly-sur-Seine eingeliefert wurde, war ihm bewusst, dass es sein letzter Weg war. Lagerfeld erlag hier einen Tag später im 86. Lebensjahr seiner Krankheit.

Besaß angeblich mehr als 300.000 Bücher: Karl Lagerfeld, der manische Sammler
Besaß angeblich mehr als 300.000 Bücher: Karl Lagerfeld, der manische Sammler
Eric Dessons / Action Press/Sipa / picturedesk.com

War Lagerfeld reich?
Ja, er war offenbar ein guter Geschäftsmann und hinterließ ein Privatvermögen von mehr als 350 Millionen Euro sowie zahlreiche Immobilien und weitere Besitztümer. So hatte er etwa eine riesige Sammlung von Art-Déco-Möbeln und angeblich ingesamt mehr als 300.000 Bücher, die er auf seine Wohnsitze verteilt hatte.

Wer hat sein Vermögen geerbt?
Das ist bis heute nicht abschließend geklärt. Lagerfeld hinterließ ein umfassendes und detailliertes Testament, in dem sieben Haupt-Erben benannt wurden. Doch diese Erben klagten gegen den von Lagerfeld eingesetzten Nachlassverwalter und erhielten Recht, worauf sich die gesamte Verteilung der Erbmasse massiv verzögerte. Aktuell werden offenbar nach wie vor Vermögenswerte zu Geld gemacht – etwa Lagerfelds riesige Pariser Wohnung im 7. Arrondissement. Diese wurde erst vor wenigen Wochen um zehn Millionen Euro versteigert. Wann das Testament des vor fünf Jahren Verstorbenen nun erfüllt wird, ist unbekannt.

Was wurde aus seiner Katze Choupette?
Die 2011 geborene weiße Birma-Katze mit blauen Augen ging an Lagerfelds Bekannte Françoise Caçote, die sich um sie kümmert und auch weiterhin vermarktet. Und auch der Instagram-Account des Kätzchens wird weiterhin mit News über die Samtpfote versorgt.

Wo wurde Karl Lagerfeld begraben?
Sein Leichnam wurde eingeäschert und die Urne wenige Tage nach seinem Tod beigesetzt. Ursprünglich hatte LAgerfeld den wunsch geäußert, dass ein Teil seiner Asche mit jener seiner Mutter gemeinsam verstreut werden solle und der zweite Teil mit der Asche seines langjährigen Partners Jacques de Bascher gemeinsam beigesetzt werden soll. Lagerfeld und de Bascher lebten von 1972 (mit Unterbrechungen) bis zu de Baschers Tod im Jahr 1989 zusammen. Danach hatte Lagerfeld nie wieder eine Beziehung.

"Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren" – hat Lagerfeld das wirklich gesagt?
Ja, hat er, und zwar in einem Interview mit einer deutschen Zeitschrift. Allerdings wird das Zitat meistens aus dem Zusammenhang gerissen verwendet. Was Lagerfeld damit ausdrücken wollte, war, dass er nur enge Hosen ohne Gummizug trage, um allfällige Gewichtszunahmen sofort zu erkennen. Würde man Jogginghosen tragen, verliere man diese Kontrolle. Lagerfeld hatte, bevor er diese Aussage machte, binnen kürzester Zeit mehr als 40 Kilo abgenommen und war sehr darauf bedacht, dieses Gewixht zu halten, was ihm dank seiner Disziplin auch gelang.

Karl Lagerfeld mit Prinzession Diane de Beauvau Craon (l.) am Wiener Opernball 1981. Der Modeschöpfer war in dieser Zeit auch Gastprofessor der Modeklasse am Wiener MAK
Karl Lagerfeld mit Prinzession Diane de Beauvau Craon (l.) am Wiener Opernball 1981. Der Modeschöpfer war in dieser Zeit auch Gastprofessor der Modeklasse am Wiener MAK
US-PRESS / Action Press / picturedesk.com

Hatte Lagerfeld einen Österreich-Bezug?
Ja –was heute kaum mehr jemand weiß: Von 1980 bis 1984 war Karl Lagerfeld der erste Modeschöpfer, der als Gastprofessor der Modeklasse an der Universität für angewandte Kunst (kurz MAK) in Wien lehrte. Während dieser Zeit war Lagerfeld übrigens auch Gast am Wiener Opernball. Mehr als 35 Jahre später, 2017, gestaltete er übrigens die Tiara für das Jungdamenkomitee des Opernballs.

"Becoming Karl Lagerfeld", Frankreich 2024, 6 Folgen à ca. 45 Minuten, ab 7. Juni auf Disney+

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